Diese kleine, augenzwinkernde Episode entstand durch etwas, was ich mich nach Film 4 gefragt habe, und zwar: "Was passierte mit Kirks Brille?"
Hier meine Antwort darauf...
Kirks Brille
Mit nachdenklicher Miene blickte James Tiberius Kirk, wieder in den Rang eines Captain degradierter Offizier der Sternenflotte, zum Fenster seines Apartments hinaus auf die regennasse Landschaft. Vor etwa einer Stunde erst hatte der Regen aufgehört. Heute war sein Geburtstag und nachdenklich erinnerte er sich daran, dass vor genau einem Jahr, mit sicherlich dem trübsinnigsten aller seiner Geburtstage, eine Odyssee begonnen hatte, die ihn und seine engsten Freunde nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit geführt hatte. Sein bester Freund Pille hatte bereits vorletzte Woche seinen heutigen Besuch angekündigt. Pille wusste zwar genau, dass ihm Geburtstagsfeiern zuwider waren, aber dem Freund war dies herzlich egal, wie Kirk über die Jahre hatte erfahren müssen.
Im Hintergrund des nur mäßig erhellten Apartments prasselte ein Feuer im offenen Kamin. Auch hier bestand eindeutig eine Parallele zum vergangenen Jahr und unwillkürlich schweiften die Gedanken des Captains ab zu einem Ereignis, dass eigentlich nur am Rande bedeutsam schien. Doch es gab da eine Frage, die ihn beim Blick in die draußen herrschende Dunkelheit quälte. Und das nicht erst seit heute, sondern seit sie aus der Vergangenheit zurückgekehrt waren in die Gegenwart:
Wo war seine Brille?
Pille hatte ihm zum letzten Geburtstag eine Brille geschenkt, die er in der Vergangenheit hatte versetzen müssen, um an dringend benötigtes Geld zu kommen.
Kirk wurde abgelenkt, als der Türmelder aktiviert wurde. Er warf einen Blick zum Chrono an der Wand, der kurz vor 19:30 Uhr anzeigte. Das musste sein Freund sein, denn nur Pille kam zu Verabredungen einige Minuten früher, als angekündigt.
Seufzend gab er den Stimmenbefehl: „Computer: Schott öffnen.“
Die Tür glitt fast geräuschlos in die Wandfassung und die vertraute Gestalt des Bordarztes der USS ENTERPRISE trat in den gemütlich eingerichteten Wohnraum, der ein wenig dem Ausstellungsraum eines Museums glich, denn Kirk sammelte antike Waffen und Gegenstände, die in Vitrinen lagen, oder an den Wänden hingen.
„Hallo, Jim“, begrüßte der Arzt Kirk, noch bevor sich das Schott wieder vollständig hinter ihm verschlossen hatte. „Alles Gute zum Geburtstag.“
Deutlich weniger grimmig als ein Jahr zuvor antwortete Kirk: „Danke, Pille.“ Er deutete auf das nett verpackte Geschenk in den Händen des Arztes und fragte launig: „Ist wenigstens diesmal ein orionischer Liebestrank drin?“
„Knapp daneben, mein Freund“, grinste Leonard McCoy beinahe lausbubenhaft. „Es ist ein Buch über gutes Benehmen, von einem gewissen Knigge. Wer weiß, ob du es nicht irgendwann mal brauchen wirst. Wenn ich da nur an deinen Umgang mit den Klingons, in der letzten Zeit, zurückdenke...“
Kirk nahm das Präsent in Empfang, wobei er seinem Freund, bei der Erwähnung seiner Intimfeinde, ein schmerzliches Grinsen schenkte und ironisch erwiderte: „Du verstehst es eine Party in Schwung zu bringen.“
Pille dem im selben Moment bewusst wurde, dass er in ein Fettnäpfchen getreten war, denn es war ein Klingon gewesen, die Kirks Sohn ermordet hatte, setzte eine entschuldigende Miene auf, sagte jedoch nichts.
Kirk, der seinen Freund auch so verstand, nickte nur und machte sich schnell daran, das Päckchen zu öffnen. McCoy hatte tatsächlich die Wahrheit gesagt, denn es handelte sich tatsächlich um eine Abhandlung über gutes Benehmen. Mit rauer Stimme meinte er schließlich: „Ich hoffe, dass ich die Zeit finden werde es zu lesen.“
„Und den Inhalt zu behalten“, ergänzte der Arzt trocken.
Kirk, der sich zur Bar begeben hatte, legte das Buch sacht auf die Kante und fragte den Freund über die Schulter hinweg: „Was hältst du von einem Andorianischen Eisbrandy? Durch eine zähe Verhandlung mit einem andorianischen Offizier, im letzten Monat, bin ich günstig an dieses Gebräu gekommen.“
McCoys Augen begannen zu leuchten. „Da sage ich bestimmt nicht nein.“
Während Kirk die Drinks zubereitete, blickte er sinnend zu Pille und fragte nach einigen Sekunden nachdenklich: „Bevor du kamst habe ich darüber nachgedacht, was wohl aus meiner Brille geworden sein mag. Ob die Brille, die ich in der Vergangenheit versetzt habe, wohl tatsächlich die Brille ist, die du vor etwa einem Jahr gekauft, und mir anschließend geschenkt hast? Ist so etwas möglich, Pille?“
Der Arzt blickte etwas überfordert drein. „Was siehst du mich an? Ich bin Arzt, und kein Temporal-Experte. Wo ist Spock, wenn man ihn wirklich mal braucht?“
James Tiberius Kirk lachte leise. „Ja, unser Spitzohr könnte uns das hübsch auseinander pflücken, aber der weilt gerade auf Vulkan. Wundert mich ohnehin, dass der mal Urlaub macht.“
Mit den beiden Gläsern zu Pille zurückkehrend meinte er dann: „Zuerst werden wir uns mal einen genehmigen, und dann werden wir gemeinsam überlegen, was mit der verdammten Brille passiert sein kann.“
„Na dann, prost.“
Sie stießen an und nahmen beide einen großen Schluck. Genießerisch mit der Zunge schnalzend erklärte Pille: „Das Zeug ist fast noch besser, als dieses Romulanerbräu. Ist schon interessant, dass alle humanoiden Spezies etwas vom Schnaps brennen verstehen.“
„Haben wir ein Glück“, grinste Kirk zustimmend. Dann wurde er wieder ernster und nahm den Gesprächsfaden von eben wieder auf. „Pille, ich habe mir das, seit unserer Rückkehr aus der Vergangenheit, hin und her überlegt. Irgendwie stimmt etwas an diesem Kreislauf der Brille nicht, scheint mir. Denn wenn du die Brille gekauft hast, die ich in der Vergangenheit gelassen habe, nur damit ich sie kurz darauf wieder dorthin zurückbringe, wann wird sie dann erschaffen?“
Pille schüttelte den Kopf. „Du kannst vielleicht Fragen stellen. Warum soll das denn nicht gehen, Jim?“
Kirk nahm einen Schluck aus seinem Glas und erklärte: „Na überleg´ doch mal, Pille: Irgendwann muss jemand die Brille erzeugt haben. Das war lange vor dem Zeitpunkt, an dem wir mit der BOUNTY im San Francisco von 1985 gelandet sind. Sie wurde auf das 18. Jahrhundert datiert, wenn ich mich nicht irre. Wenn das stimmt, dann gibt es die Brille, ab dem Zeitpunkt unseres Eintreffens, an diesem Punkt der Zeitlinie, zweimal. Irgendwer hat die Brille, die einige Jahrhunderte alt ist, während der Pfandleiher das etwa dreihundert Jahre ältere Modell in seinem Laden liegen hat. Aus der Sicht der Brille wäre also alles okay.“
Pille trank sein Glas aus, stellte es auf den niedrigen Tisch neben sich und schnippte zustimmend mit den Fingern der rechten Hand. Dann sagte er: „Stimmt, Jim. So könnte es sein, wenn ich es recht bedenke. Die Brille würde in diesem Fall so lange parallel existieren – oder besser: existiert haben - bis zu dem Zeitpunkt, als wir zu unserer Reise durch die Zeit aufbrachen und wieder zurückkehrten.“
Kirk nickte anerkennend. „Ich wollte, Spock hätte dich hören können. Damit wäre zum guten Schluss wieder alles in Butter, Pille. Bleibt die Frage, wo die Brille heute steckt?“
„Hm“, machte der Arzt überlegend. „Vermutlich ist sie längst kaputt und wurde zu irgend etwas Anderem wiederverwertet. Ich habe nämlich jeden Laden in San Francisco abgeklappert, um wenigstens eine ähnliche Brille aufzutreiben. Fehlanzeige, mein Lieber.“
Kirk zuckte mit den Schultern, leerte ebenfalls sein Glas und seufzte schwach. „Das werden wir vermutlich nie erfahren, schätze ich.“
Pille nickte und meinte dann: „Du, Jim, ich kann heute leider...“
Die beiden Männer wurden abgelenkt, als der Türmelder ertönte. Beide blickten sich, gleichermaßen fragend, an.
„Erwartest du heute noch Besuch, Jim? Wenn das Sarek ist, dann schmeiß´ ihn bitte gleich wieder raus.“
Kirk grinste breit und gab dann den akustischen Befehl zum Öffnen des Schotts.
Wegen der herrschenden Lichtverhältnisse im Raum erkannten die beiden Männer zunächst nur eine schlanke Silhouette, gegen den helleren Hintergrund des Korridors. Erst als die Gestalt mit federnden Schritten den Raum betrat breitete sich auf den Gesichtern beider Männer Erkennen aus.
Die Frau, mit den schulterlangen, blonden Haaren und den ausdrucksstarken, grauen Augen, trug unverkennbar die Kleidung einer Zivilen Wissenschaftlerin der Sternenflotte, mit den Insignien einer Biologin auf der linken Seite des Brustteils. Sie war, im Zuge der erst fünf Monate zurückliegenden Ereignisse, aus dem zwanzigsten Jahrhundert mit ins dreiundzwanzigste Jahrhundert gereist.
„Gillian“, entfuhr es Kirk schließlich, der als Erster der beiden Männer die Sprache wiederfand. „Wie kommen Sie denn hierher?“
Pille begrüßte die Frau etwas förmlicher: „Guten Abend, Doktor Taylor.“
Die Frau nickte dem Arzt zu und wandte sich dann mit verschmitztem Grinsen wieder Kirk zu: „Hey, ich sagte Ihnen doch, dass ich Sie finden werde.“
„Deine amourösen Abenteuer der Vergangenheit holen dich gerade ein“, feixte McCoy und erntete dafür einen vernichtenden Blick seines Freundes.
„Benimm dich, Pille.“
„Hast du dich damals benommen?“, konterte der Arzt grimmig und wandte sich dann zu Gillian Taylor. „Ich bedauere, dass Sie mich gerade beim Aufbrechen erwischt haben. Aber ich habe noch etwas Dringendes vor und muss mich leider schon von Ihnen verabschieden, kaum dass Sie hier sind.“ Er wandte sich zu Kirk und zwinkerte ihm, beinahe jungenhaft, zu. „Wir sehen uns übermorgen, Jim.“
Damit verließ der Arzt das Apartment.
Kirk blickte dem Freund sinnend nach und wandte danach seine Aufmerksamkeit der blonden Frau zu, die er unter nicht ganz gewöhnlichen Umständen kennengelernt hatte. Erst jetzt bemerkte er ein kleines, länglichen Päckchen in ihren Händen, das liebevoll in Geschenkpapier eingewickelt, und mit einer roten Schleife verziert, war.
Gillian Taylor bemerkte den Blick des Mannes und lächelte hintergründig. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Captain.“ Sie horchte dem Klang ihrer Stimme nach und schüttelte ihren Kopf. „Nein, das klingt viel zu steif, also versuche ich es noch einmal, okay?“ Ohne wirklich auf eine Antwort Kirks zu warten trat sie dicht an ihn heran, gab ihm das Päckchen, nahm ihn bei den Schultern und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Leise lachend meinte sie: „Alles Gute... Jim.“
Kirk blickte in die vergnügt funkelnden Augen der Frau. Sie hatte ihn vor dem Abflug der BOUNTY irgendwie überfahren, und er wurde das Gefühl nicht los, dass sie es gerade wieder tat. Um keine Verlegenheit aufkommen zu lassen fragte er: „Was ist in dem Päckchen, Gillian?“
„Machen Sie es auf.“
Kirk zögerte einen Moment bevor er der Aufforderung der Wissenschaftlerin nachkam und das Geschenk auspackte. Als er die dunkle Holzschachtel öffnete starrte er verwundert und mit immer größer werdenden Augen auf den Inhalt. Fast andächtig nahm er die Brille darin heraus und hielt sie dicht vor seine Augen. Eines der Gläser war gesprungen, und Kirk wusste augenblicklich, was er dort in seinen Händen hielt. Für eine geraume Weile sprachlos, murmelte er endlich: „Aber das ist... Woher wussten Sie...?“
„Eine einfache Quantendatierung“, erklärte Gillian Taylor augenzwinkernd. „Ich fand diese Brille in einem Antiquitätenladen, auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für Sie. Dass Sie antiquierte Gegenstände sammeln hat mir Ihr Kommunikationsoffizier verraten. Natürlich war ich neugierig und wollte genau wissen, wie alt dieses Stück ist, und Sie können sich bestimmt meine Überraschung vorstellen, als diese Brille, bei der Quantendatierung, auf ein Alter von über achthundert Jahren angegeben wurde. Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass dies nur durch ihre Zeitreise zustande gekommen sein konnte, Jim. Ich bin sicher, dass Sie einen adäquaten Platz in einer ihrer Vitrinen für sie finden.“
Noch immer etwas fassungslos legte Kirk die Brille vorsichtig auf den Tisch und trat dann dicht an Gillian heran. Fast gerührt sagte er leise: „Ich danke Ihnen für dieses ganz besondere Geschenk, Gillian.“
Sacht legten sich seine Hände an ihre Oberarme.
Die Frau legte ihrerseits ihre Arme um Kirks Hüften, wobei sie leise fragte: „Wie kam es denn, dass sie ausgerechnet eine Brille in der Vergangenheit zurückgelassen haben?“
Kirk schmunzelte in der Erinnerung und erwiderte: „Das ist eine lange Geschichte.“
Gillian Taylor beugte sich leicht vor und küsste ihn erneut, diesmal richtig, und Kirk erwiderte ihren Kuss, sehr erfahren und sanft.
Als sie sich nach geraumer Weile von einander lösten grinste Gillian verführerisch und raunte leise: „Dann bleibe ich wohl am besten über Nacht, damit du dich nicht abhetzen musst, um mir diese Geschichte zu erzählen.“
ENDE
Statistik: Verfasst von Falkenhayn — Do 24. Jul 2014, 15:41
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