Mörderische Kälte
Name: Lex Luthor, wofür war Lex die Abkürzung, Alexander? Alexis? Alexei
Alter: Unbekannt
Geboren in: Metropolis, wurde früh zum Waisen, angeblich schon mit 13 Jahren
Aufgewachsen in: Unbekannt, wahrscheinlich aber Metropolis
Haarfarbe: dunkelbraun
Augenfarbe: braun
Ausbildung: Unbekannt
Familienstand: Wie oft verheiratet, geschieden? - Verwitwet ? Unbekannt
Kinder: Unbekannt
Beruf: Magnat, Tycoon, Firmeninhaber, Aktionär
Firmenbeteiligungen: Gerüchten nach Energiefirmen, Medienfirmen, Transportunternehmen, Banken, Versicherungen. Genaueres ist unbekannt. Stille Teilhaberschaften?
Vermögen: Unbekannt, aber einer der reichsten Männer der Welt
Vorstrafen: Keine – erstaunlich, zog man zum einen die Gerüchte und zum anderen sein Firmennetz, seinen Einfluss und seine Macht in Betracht
Unzufrieden, um nicht zu sagen mürrisch schob ich das Blatt Papier mit Lex Luthors Steckbrief immer wieder auf meinem Schreibtisch hin und her. Er enthielt bei viel zu vielen Punkten ein Unbekannt. Luthor machte aus sich selbst ein gut gehütetes Geheimnis. Er war der einflussreichste Mann von Metropolis, wahrscheinlich von ganz Amerika und ich wusste fast nichts über ihn. Jedenfalls nichts, was nicht alle anderen auch wussten.
Am liebsten hätte ich den Steckbrief zerknüllt. Seit Monaten schon versuchte ich hinter das Geheimnis von Luthor zu kommen. Alle hatten sie mich gewarnt, die Kollegen, Perry und auch unser jüngster Kollege Jimmy. Er machte hin und wieder Recherchen für mich und das auch wirklich sehr gut. Wenn es etwas zu finden gab, so fand Jimmy es. Aber auch er hatte nichts weiter herausgefunden. Obwohl er wirklich ganz erstaunliche Quellen angezapft hatte. Ob die legal waren, wollte ich lieber nicht so genau wissen. Alle hatten sie gemeint, auch ich würde einen Luthor nicht knacken können. Doch davon hatte ich mich nicht abhalten lassen, im Gegenteil, ich hatte mir fest vorgenommen, ich würde die Erste sein, die ein Exklusivinterview bekam. Ich wollte den Mann hinter all dem Reichtum, der Macht und dem Glamour sehen. Ich wollte hinter die Fassade blicken, die er der Welt zeigte. Und ich würde es schaffen. Auch wenn ich heute zum ungefähr hundertsten Mal eine Absage erhalten hatte. Sekretäre und Sekretärinnen, Assistenten, Vorzimmerdamen, Menschen, die mit ihm Geschäfte machten, Manager, ja selbst Gegner. Ich hatte schon mit so vielen Leuten gesprochen, doch niemals kam ich bis zu Luthor persönlich durch.
Doch das Wort 'aufgeben' gab es im Vokabular von Lois Lane nicht!
In ein paar Tagen gab Luthor einen Ball und ich hatte Perry überreden können, dass ich eine der verfügbaren Einladungen erhielt. Doch wer sollte mich begleiten? Ich konnte unmöglich alleine dort hingehen. Mitchell? Ja, das ginge. Mitchell sah im Anzug recht respektabel aus, er konnte sich gut benehmen, und er war nichtssagend genug, um mir nicht die Show zu stehlen. Auf keinen Fall könnte ich einen Begleiter gebrauchen, der meinte mich mit langweiliger Konversation von meinem Vorhaben abzulenken oder gar abbringen zu müssen. Ich würde Luthor ansprechen, um jeden Preis. Wenn ich erst einmal in seinem Penthouse war, dann hatte ich definitiv die Chance an ihn heran zu kommen, persönlich an ihn heran zu kommen. Hauptsache war nur, dass Mitchell nicht wieder im letzten Augenblick wegen eines verstauchten Zehs, Ohrenkribbelns oder einem nervösem Augenzucken absagte.
Soweit mein Plan.
~ ~ ~
Der Abend senkte sich über die Stadt, ich hatte noch einige Protokolle zu lesen und musste für diesen Artikel der Tierschutzaktivisten noch das Tierschutzgesetz studieren. Die meisten Kollegen waren schon zu Hause. Dann sollte ich mir auch die Recherchen von Jimmy zu Dr. Platt und der ganzen Geschichte um das Raumfahrtprojekt Prometheus noch mal ansehen. Langsam machte sich eine leichte Nervosität bei mir bemerkbar. Es waren nur noch wenige Stunden bis zu Luthors Ball. Ich sollte auch nach Hause gehen, mich umziehen und vorsichtshalber Mitchell noch einmal anrufen.
Genau in dem Moment klingelte das Telefon auf meinem Schreibtisch. Ich nahm ab und meldete mich. Es war Mitchell! Nein, bitte das nicht. Er sagte mir näselnd und mit einer sehr leidenden Stimme ab.
Innerlich kochte ich vor Wut. „Nein, Mitchell. Ich bin dir nicht böse.“ Ich konnte meine Stimme so klingen lassen, als hätte ich Verständnis für ihn. „Wenn du Schnupfen hast, hast du eben Schnupfen... Ja, das könnte Komplikationen nach sich ziehen... Nein, nein. Ruf mich nicht an. Ich rufe dich an.“ Unglaublich. Männer! Und dann noch, wenn sie krank sind. Oder noch schlimmer, wenn sie glauben, krank zu sein! Schnupfen! Pah! Dieser Hypochonder!
Was glaubte er, wo ich so kurzfristig einen Begleiter hernehmen sollte? Ich wollte partout nicht alleine gehen. Wie sah das denn aus? Oh verdammt, Mitchell! Wage es ja nicht noch einmal bei mir anzurufen. Männer! dachte ich verächtlich. Aber ich brauchte einen Mann, um mich bei diesem Ball nicht lächerlich zu machen! Die halbe Stadt und jeder Reporter von jedem Konkurrenzblatt würde denken, dass Lois Lane niemanden, wirklich niemanden hatte, der sie begleiten wollte. Was konnte ich jetzt noch...?
Mein Blick wanderte im Raum umher. Da saß dieser... grüne Junge, dieser Provinztölpel, dieser Depp, Mister Nobody aus Nowheresville, den Perry mir als Assistenten, als Hilfe, als Laufbursche oder besser gesagt als Klotz am Bein aufgezwungen hatte. Er kam aus Kansas! Und ich sollte Babysitter spielen – nein, ich musste.
Gut, bei Lichte betrachtet könnte es sogar sein, dass er im Smoking besser aussah als Mitchell. Offensichtlich schien er auch keinen Schnupfen zu haben... und er war verfügbar. Er saß hier und er war der Einzige, den ich jetzt auf die Schnelle noch fragen konnte. Ich glaube Clark hieß er.
Natürlich wusste ich, wie er hieß. Perrys Worte hatte ich nicht vergessen. Was wäre ich für eine Reporterin, wenn ich mir Namen nicht merken könnte. Doch diesen würde ich eigentlich gerne vergessen. Aber die Situation ließ mir keine Wahl und so fragte ich ihn: „Sie haben nicht zufällig einen Smoking?“
Was machte daraufhin Mister Trottel aus Kansas? Nachdem ich ihm das gesellschaftliche Ereignis des Jahres auf dem Silbertablett serviert hatte? Es war das Ereignis schlechthin, jeder der Rang und Namen hatte, würde dort sein. Ich hatte mich herabgelassen und ihn gefragt und es hatte mich wirklich Überwindung gekostet. Und was machte er? Anstatt dankbar anzunehmen? Er zog eine tiefgründige Schnute und meinte, er überlegte wirklich, früh schlafen zu gehen! Das entlockte mir nur ein angewidertes und entsetztes Kopfschütteln. Oh, Lois, womit hast du das verdient? Nichts als Idioten um dich herum!
Doch glücklicherweise schien auch Kent über wenigstens zwei funktionierende Neuronen zu verfügen. Die Kriechströme zwischen diesen beiden begabten Neuronen führten dazu, dass so etwas Ähnliches wie Vernunft in seinem Hirn herrschte.
Er sagte zu und nur ein paar Stunden später bestätigte sich, was ich vermutet hatte: Er sah im Anzug wirklich nicht schlecht aus. Damit passte er durchaus zu mir. Denn ich sah fantastisch aus. Schließlich hatte ich diesen Abend von langer Hand vorbereitet. Ich fühlte mich gut.
Das Kleid, das ich an diesem Abend trug, war gewagter als die, die ich sonst tragen würde. Aber ich hatte schließlich eine Mission zu erfüllen. Es war weit ausgeschnitten und ließ Schultern und einen Teil des Rückens frei. Die Farbe passte zu meinen Ohrringen, dunkles, blaues Chiffon, vorne mit schwarzen Pailletten und Perlen bestickt. Ein Hingucker. Es war knielang und darunter trug ich einen langen schwarzen Rock. Die Haare hatte ich an diesem Abend hochgesteckt, nur eine Locke fiel lässig in die Stirn. Ein Meisterwerk.
Mit genau diesem Gefühl schritt ich, mit so viel Selbstbewusstsein wie ich aufbieten konnte, auf Mister Lex Luthor höchstpersönlich zu. Ich hatte ihn natürlich sofort erkannt, wie es wahrscheinlich jedem in Metropolis gelungen wäre. Von ihm gab es hunderte von Fotos, die bereits die Titelseiten sämtlicher Magazine geschmückt hatten. Und doch überraschte mich der erste Eindruck, den er auf mich machte.
Lex Luthor kam die Treppe mit einer lässigen und doch energischen Körperhaltung herunter. Sein schwarzer, maßgeschneiderter Smoking saß perfekt. Edle Manschettenknöpfe und eine Fliege vollendeten seine Erscheinung. Braunes Haar, leichte Locken und ein wirklich charmantes Lächeln. Er grüßte hier ein paar Leute, sprach dort ein paar zustimmende Worte. Ich wusste natürlich, dass er der mächtigste Mann der Stadt war. Ohne ihn ging kein größeres Geschäft über den Tisch. Jeder kannte ihn, alle respektierten ihn, viele fürchteten ihn. Manche glaubten, er hätte viele Leichen im Keller, doch niemand sagte so etwas laut. Sein Geschäftssinn grenzte an Genie. Alles, was er anpackte, war erfolgreich. Misserfolge schien es in seiner Welt nicht zu geben.
Mir war klar, dass dieser Mann eine Ausstrahlung haben musste. Doch ich hatte nicht damit gerechnet, dass er geradezu eine Aura von Selbstbewusstsein, Macht und Zuversicht ausstrahlte. Kein Foto oder Fernsehbericht konnte dieses Charisma widerspiegeln.
Ich bemerkte eine leichte Gänsehaut bei mir. Also straffte ich meine Schultern, hob meinen Kopf und sagte laut und deutlich: „Lex Luthor!“ Dann eine kleine taktische Pause. „Wieso haben Sie meine Anrufe nicht beantwortet?“
Überrascht, aber mit interessiertem Blick, sah er mich an. Er musterte mich und ich glaube, es gefiel ihm, was er sah. Ja, das Kleid war genau richtig gewesen!
Ich reichte ihm meine Hand. Seine Aufmerksamkeit hatte ich nun. Um uns herum standen bestimmt an die hundert Menschen. Doch niemand beachtete uns. Er sah mich an und ich ihn. Ich lächelte und fuhr triumphierend fort: „Lois Lane, Daily Planet.“ Es war, als wären wir alleine in dem Raum. Er hatte nur noch Augen für mich.
Ich versuchte seinen Blick zu ergründen. War es einfach nur Gastfreundschaft? Oder war es wirklich Bewunderung, die aus seinem Blick sprach? Bewunderung für mich? Dieses Glitzern seiner Augen war entweder nur Charme und eine der perfektesten Täuschungen, die mir je ein Mann geboten hatte oder es galt wirklich mir – der Frau Lois Lane.
„Ich versichere Ihnen, meine Liebe“, er nahm meine Hand, die ich ihm gereicht hatte und hauchte mir einen Handkuss darauf, „das wird nicht wieder vorkommen.“ Gewinnend, zuvorkommend und voller Achtung sagte er das. Himmel, diese Aura der Macht und dann dieser Charme eines formvollendeten Gentlemans. Hach... Wenn er lächelte, kräuselten sich seine Lippen ein wenig.
Inzwischen stand er ganz nah bei mir. Gleich einem wahren Gentleman verströmte er einen sehr dezenten Duft, einen interessanten Duft. Es war mir nicht möglich, eine bestimmte Note auszumachen. Er wirkte einnehmend und fesselnd. Ohne mich zu fragen, legte Lex Luthor seinen Arm um mich und begann mit mir zu tanzen. Er bescherte mir wirklich eine Gänsehaut damit, oh ja, er machte das sehr gut. Mit einem gewinnenden Lächeln sah er mir tief in die Augen...
Oh, dieser Charme eines bösen Buben... Lois, er flirtet mit dir! Mit dir! Mir lief ein Kribbeln über den Rücken. „Ich hoffe, Sie vergeben mir, dass ich so direkt war“, versuchte ich mein Vorgehen zu entschuldigen. Und ich flirtete mit ihm! Es gefiel mir, wie er mich ansah, bewundernd und doch distanziert genug, um nicht aufdringlich zu erscheinen. Es war ein Spiel mit dem Feuer.
Seine Stimme klang warm und selbstbewusst. „Ich finde es sehr attraktiv, wenn eine Frau direkt ist, Miss Lane.“ Erstaunlich. Ich hatte ihn so eingeschätzt, dass er unterwürfige Frauen bevorzugen würde. Nur, warum zum Teufel machte ich mir Gedanken darüber, welchen Frauentyp er favorisieren würde? Wie wichtig war es denn für mich, wie attraktiv er mich fand? Was ging mir da bloß durch den Kopf? Lois! Komm zum Thema zurück!
Ich lenkte das Gespräch zum Anlass meiner Unternehmung und sprach das Thema Interview an. Nach einem kurzen, sicherlich nur rhetorischen Zögern, sagte er mir ein exklusives Interview zu. Dies war ein Kampf um Eroberung und Sieg. Ja! Gut gemacht, Lois! Ich wusste es. Gleich darauf kam er mir ganz nah. Die Worte: „Und warum probieren wir es dann nicht – heute Nacht?“, hauchte Lex mir fast ins Ohr. Ich spürte sie eher als dass ich sie wirklich hörte. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Das Timbre seiner Stimme spürte ich mit meinem ganzen Körper.
Doch ich bekam keine Zeit, darüber nachzudenken, ob ich nun entsetzt sein sollte ob dieses zu eindeutigen Angebots, oder geschmeichelt aufgrund der Wirkung, die ich offensichtlich auf ihn hatte. Kent, dieser Idiot, dieser Tölpel, dieser... kam auf uns zu und klatschte ab. Da hatte ich Luthor schon so weit. Oh, ich könnte Kent...
~ ~ ~
Mein Interview – das Exklusivinterview – bekam ich nur eine Nacht später. Durch einen Anruf in der Redaktion erfuhr ich, dass ein Wagen mich um acht Uhr von meinem Apartment abholen würde, zu einem Abendessen mit dem versprochenen Interview. Er hielt Wort. Wie ich es erwartet hatte, ließ Lex das Essen in seinem Penthouse servieren, wahrscheinlich kreiert von einem ganzen Stab von Köchen. Was serviert worden war, konnte ich schon beim Verlassen von Lex' Stadtbehausung nicht mehr sagen. Ich war den ganzen Abend auf mein Gegenüber und die entscheidenden Fragen konzentriert gewesen
Ich war nicht mehr ganz so aufgeregt, wie noch am Abend des Balls. Dieses Abendessen war ein Ringen um das vorherrschende Gesprächsthema. Dies war ein Kampf um Dominanz und Einfluss. Während ich mich auf die dringendsten Fragen, die Lücken in Lex' Biografie konzentrierte, konnte ich mich kaum auf das Essen einlassen. Lex hingegen wollte das Mahl, den Abend und allem Anschein nach unser Rendezvous genießen. Das war es, was er bei mir mit seinem nonchalanten Lächeln für einen Eindruck hinterließ. Die Art, wie er das zum Ausdruck brachte, war ausgesprochen geschmackvoll. Er machte mir Komplimente über meine Intelligenz und mein Aussehen und, nun ja, das war überhaupt nicht anzüglich. Ich hatte ein wenig Befürchtungen gehabt diesbezüglich. Was würde ein Mann seines Einflusses und seiner Macht erwarten, wenn er sich eine Reporterin einlud, die über ihn schreiben wollte? Sicher wollte er mich für sich einnehmen, aber als Frau oder als Reporterin des Daily Planets?
Zwischen Hauptgang und Dessert, als er meine Hand nahm und sagte ich sollte meine Krawatte lockern, sah ich mich dann doch gezwungen, ihn in seine Schranken zu verweisen und ihn darauf aufmerksam zu machen, dass es mir ausschließlich um das Interview ging. Dies war ein Kampf um Stärke und taktischen Rückzug. Er reagierte darauf, indem er mir erklärte, dass er Leistung und Ehrgeiz anerkannte. Er sagte dann mit eindringlichen Worten etwas, was mir noch tagelang zu denken gab: „Mein Talent ist es nicht, Millionen zu machen, auch nicht große Firmen zu lenken, sondern Charaktere zu beurteilen. Und ich kann Dinge in Ihnen sehen. Möglichkeiten. Potenzial... Sie haben die Intelligenz, die Begabung, sich weit über den Durchschnitt zu erheben...“
Der Preis für diese Offenbarung, für diese Einsicht in seine Persönlichkeit war das Ende des Interviews. Spielte er mit Menschen wie auf einem großen Schachbrett? Er hatte mir mit dieser Einschätzung seiner Selbst gezeigt, dass eine seiner hervorstechendsten Eigenschaften das Einschätzen von Persönlichkeiten war. Auf jeden Fall hatte er etwas unglaublich Anziehendes an sich. Doch was war es nur? Natürlich war er ein Gentleman, weltmännisch, sehr intelligent und redegewandt. Aber die größte Faszination schien von seiner Zuversicht und seiner Lässigkeit auszugehen. Er vermittelte mir gegenüber den Eindruck, als fiel ihm alles, was er tat, leicht, als könnte er alles einschätzen, voraussehen und im Handstreich erledigen. Und das mit einer Leichtigkeit, als hätte er dieses Leben erfunden. Doch ein wirkliches Interview hatte ich nicht bekommen. Ich hatte es vermasselt.
Für den Heimweg zu meinem Apartment bot er mir seine Gesellschaft an. Etwas, das er sicher nicht allzu häufig machte. Durch Metropolis in einem Rolls Royce gefahren zu werden, hatte etwas Unwirkliches. Dieser Komfort und die Tatsache, dass alle Umgebungsgeräusche vollkommen abgeschirmt waren, beeindruckten mich auf unerklärliche Weise.
Während der Wagen vor meinem Haus anhielt, dachte ich bei mir, dass meine Befürchtungen, was er wohl von mir erwartet hatte, unbegründet gewesen waren. Vollendeter Ehrenmann, wie er nun einmal war, brachte er mich noch bis in mein Stockwerk und zum Abschied gab er mir einen Kuss. Warme, weiche Lippen, die die meinen sanft berührten. Das war ein Kampf... den ich verlor.
Es war überraschend und auch wieder nicht. Ich hatte damit gerechnet, dass er einen Annäherungsversuch starten würde. Nur hatte ich befürchtet, dass ein Mann seines Kalibers sich nicht mit einem Kuss auf einem Flur zufrieden geben würde.
„Ahhh ja“, Lucys Lippen wurden umspielt von einem kessen Lächeln, „an den Abend erinnere ich mich sogar. Du bist nach Hause gekommen und hast gesagt, du hast es vermasselt. Und dass er dich wiedersehen wollte. Dass er dich geküsst hat, hast du allerdings niemals erwähnt. Auch hast du nie ein Wort darüber verloren, wie viel Eindruck er wirklich auf dich gemacht hat. Was hatte Lex Luthor nur an sich?“ Sie sah mich provozierend an.
Ich versuchte meinen Blick in mein Innerstes zu lenken. Die Lois, die sich von der Fahrt in dem Rolls hatte beeindrucken lassen, schien eine gänzlich andere Frau gewesen zu sein. Jedes Wort abwägend, antwortete ich ihr nicht ohne eine gewisse Dramatik: „Das, meine Liebe, ist eines meiner dunkelsten Geheimnisse. Heute bin ich mir sicher, dass es eine seiner bedeutendsten Fähigkeiten war, seine Wirkung auf andere sehr exakt einschätzen zu können und Menschen zu manipulieren wie kein anderer. Er wusste, was er wollte und er wusste immer sehr genau, wie er die Menschen dorthin bekam, ihm dabei nützlich zu sein. Damals habe ich das etwas anders gesehen... Natürlich.“
Die Bemerkung, dass er Dinge in mir gesehen hätte, beschäftigte mich noch eine ganze Weile. Sprach er einfach nur von meinem Ehrgeiz, von dem ich glaubte, er würde mich eines Tages weiterbringen? Oder hatte er etwas in mir gesehen, was ich nicht zuließ? Eine verborgene, dunkle Seite? Seine Bemerkung hatte etwas Diabolisches gehabt. War es der Preis, den ich bereit war, für eine Story zu zahlen? Oder der Preis, den ich in Zukunft verliehen bekommen konnte? Der Pulitzer? Oder hatte er gar nicht von meiner Arbeit gesprochen? Aber, dunkle Seite...?
Seine Andeutung hatte etwas Beängstigendes und Faszinierendes zugleich. Ich hoffte, ihn wieder zu sehen. Um mehr über ihn und vielleicht auch über mich zu erfahren. Und was bitte hatte dieser Kuss zu bedeuten...?
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Die folgenden Wochen gehörten zu den chaotischsten in meinem Leben, verglichen mit dem, was ich bisher erlebt hatte. Alles schien sich um zwei sehr bemerkenswerte und außergewöhnliche Männer zu drehen. Da war der, den ich über alles liebte, der in mir eine Sehnsucht erweckte, die ich bisher nicht gekannt hatte. Der mich in meinem Herzen berührte, wie ich es niemals für möglich gehalten hatte. Doch Superman schien immer so distanziert, so kontrolliert.
Und Lex? Er war da, er war ein anregender Begleiter, war ausgesprochen nett, kultiviert und er zeigte mir seine Wertschätzung ganz offen. Es schmeichelte mir. Jawohl, ich musste es zugeben. Wenn ein Mann wie Lex Luthor eine Frau wie mich auch nur registrierte - es gefiel mir. Es gefiel mir sogar ausgesprochen gut. Außerdem wurde ich mir mit jeder weiteren Begegnung sicherer, dass Lex ein guter Mensch war. Jedenfalls ein besserer als viele das sehen wollten. Er setzte sein Vermögen in großem Umfang für karitative Zwecke ein. Er tat etwas für die Menschen. Und damit meinte ich nicht nur, dass er den Leuten Arbeit gab, nein, Metropolis lag ihm am Herzen.
Aber da war noch etwas.
Meine Grundhaltung Männern gegenüber war noch misstrauischer geworden. Seit Claude hatte es keine Beziehung mehr gegeben. Und ich konnte auch sehr gut damit leben. Bedürfnisse, die mich durcheinander brachten, ignorierte ich einfach. Ich erwartete nichts und fuhr recht gut damit. Triefende Schnulzenfilme und schmachtende Liebesromane lenkten mich, wenigstens kurzzeitig, ab. Alles war gut. Ich kam ohne Männer besser zurecht als mit ihnen. Doch in diesem Winter war etwas anders.
Ich war mir nicht sicher, ob es da einen zeitlichen Zusammenhang gab, aber seit ich das Gefühl hatte, mich zwischen diesen beiden Männern aufzureiben, mich zwischen ihnen gefangen fühlte, erwachten plötzlich wieder diese Sehnsüchte, dieses Verlangen. Ich hatte mich schon lange nicht mehr nach einem Partner gesehnt, nach einem Mann an meiner Seite, einer zärtlichen Hand, blindes Vertrauen. Einfach Harmonie und nächtelang diskutieren. Jemand mit einer starken Schulter, dem ich meine Sorgen und meine Hoffnungen beichten konnte. Jemand, bei dem ich ich selber sein konnte. Ein Freund, der mir zulächelte und sagte: 'Alles wird wieder gut', wenn ich es brauchte.
Wobei ich mich fragte, ob ein einziger Mensch all dies erfüllen könnte. In Büchern und Filmen, ja, dort gab es solche Menschen, aber in der realen Welt?
Superman, dem ich auf der Stelle mein Herz geschenkt hätte, dem ich blind mein Leben anvertraute, mit dem ich am liebsten alles geteilt hätte, war immer so unnahbar. Manchmal fragte ich mich, ob er so lieben konnte wie wir Menschen. Dabei war ich mir sicher, dass ich ihm etwas bedeutete. Aber was? Nur Freundschaft?
Und doch war genau er es, der das Bedürfnis nach Nähe in mir weckte. Nach Berührung, Zärtlichkeit, Leidenschaft, Offenheit, Vertrauen, alles teilen... Er weckte Sehnsüchte, Bedürfnisse, die ich sicherheitshalber so tief vergraben hatte und solche, die ich bisher noch gar nicht kannte.
Auf der anderen Seite Lex? Er strahlte mich an, wenn wir uns sahen. Er schickte mir Blumen, machte Komplimente. Er zeigte seine Gefühle so offen. Da gab es keinen Zweifel. Alles, was er mit seinem Werben ausdrückte, war, dass er sich wirklich bemühen würde, mich glücklich zu machen. Es war weder sein Reichtum, der mich beeindruckte, noch seine Macht. Aber er schien immer zur richtigen Zeit genau das Richtige zu tun. Ganz besonders, wenn es um mich ging. Er brachte mich zum Lachen, wenn ich Aufmunterung benötigte. Er hörte mir zu, nahm mich ernst, wenn ich reden wollte. Manchmal tauchte er unerwartet auf und gab mir einen Tipp für einen guten Artikel, wie im Fall von Toni Taylor und den Toasters. Er bot mir einen Platz in seinem persönlichen Bunker an, als die Welt von dem Meteoriteneinschlag bedroht wurde. Und einmal rettete er mir sogar das Leben, bevor Superman zur Stelle war.
Lex war über die Zeit zu einer verlässlichen Einheit in meinem Leben geworden.
~ ~ ~
Doch eines schönen Tages passierte das Unausweichliche. Mir war, tief in meinem Inneren klar, dass es passieren musste. Es war offensichtlich, dass wir genau darauf zugesteuert hatten. Ich hatte es die ganze Zeit geahnt, vermutet, befürchtet – und doch traf es mich so unvorbereitet, so überraschend. Die Zeit der Unverbindlichkeit war vorbei. Ich hatte Angst, schon vor der Frage. Aber erst recht vor der Antwort.
Das Kidnapping in Perrys Büro um Dragonettis Safe, die Stunden in Angst und Ungewissheit hatten uns zusammengeschweißt. Das war selbst mir bewusst geworden. Und Lex schien es genauso zu ergehen.
Er lud mich zu einem italienischen Essen ein. Als der Rolls dann zum Flughafen abbog und dort einen Lear-Jet ansteuerte, war ich Überrscht und ein wenig sprachlos. Und das Sprachlos-Sein nahm den ganzen Abend kein Ende mehr. Kaum war der Jet gestartet, öffnete Lex uns eine Flasche Champagner, der Himmel zeigte uns, fast als hätte er gewusst worum es ging, einen fantastischen Sonnenuntergang. Im Hintergrund spielte ein Violinist namens Ringo eine bewegende Melodie. Das ganze glich eher einem Traum.
„Lex, wo fliegen wir hin?“ Ich wollte nicht undankbar erscheinen, aber es war ja nicht so, dass man in Metropolis nicht gut essen konnte.
„Mailand“, sagte er mit einem weltmännischen Lächeln, „glaube mir, sie servieren dort die beste Pasta.“
Italien! Ich hatte noch nicht einmal eine Zahnbürste dabei! Aber das ließ sich bestimmt lösen. „Oh Lex, als du sagtest Italienisch, dachte ich nicht, dass wir gleich dorthin reisen. Was soll ich nur mit dir machen?“ Entgegen meiner Worte gelang es mir nicht wirklich, ihn streng anzusehen. Da schlich sich ganz von alleine ein Lächeln auf meine Lippen. Er gab mir das Gefühl, etwas Besonderes zu sein.
Sein strahlendes Lächeln wurde noch eine Spur selbstsicherer, während er mir ein Glas Champagner reichte. „Verbringe dein Leben mit mir“, sagte er ganz locker, fast beiläufig und sah mir dabei tief in die Augen.
„Was?!“ Ich hatte immer gefürchtet, dass unsere lockere Beziehung nicht ewig so weiter gehen würde. Zum Einkaufsbummel nach New York, nach LA zum Sonnenuntergang und jetzt nach Mailand um Pasta zu essen. Es war für Lex Luthor kein Problem sich diesen Luxus zu leisten. Sollte das hier wirklich ein Antrag werden? Würde er mir – Lois Lane – der ehrgeizigen Starreporterin des Daily Planet – wirklich einen Heiratsantrag machen?
Er griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein kleines Kästchen heraus, über dessen Inhalt ich mir sehr sicher war, dann wandte er sich wieder mir zu und sah mich an. In seinem Blick war nicht die Spur von Zweifeln. „Lois Lane“, sagte er mit bedeutungsschwerem Tonfall und der Situation mehr als angebracht, „willst du mich heiraten?“ Er öffnete das Kästchen, welches erwartungsgemäß einen Ring enthielt. Einen mit einem riesigen Stein.
Oh ja, das war ein Antrag. Aber damit würde sich alles ändern. Meine Gedanken überschlugen sich. Doch trotz meiner Überraschung, schaffte ich es, die Entscheidung aufzuschieben, indem ich ihm ein 'vielleicht' gab. Kein 'ja', kein 'nein', eben ein 'vielleicht'. So etwas konnte doch schließlich niemand aus einer Laune heraus entscheiden. Auf keinen Fall wollte ich mich bei der vielleicht wichtigsten Entscheidung über meine Zukunft nicht von einem Geiger oder dem fantastischen Sonnenuntergang beeinflussen lassen. Ich versprach ihm aber darüber nachzudenken.
Das tat ich auch, jede freie Minute, die er mir in Italien ließ. Wir waren natürlich nicht nur zum Pasta-Essen nach Italien geflogen. Das Magnifico servierte wirklich die beste Pasta, die ich je gekostet hatte. Abends waren wir dann in der Mailänder Scala in der Oper und es gab noch einen ausgedehnten Einkaufsbummel in Rom. Er ließ den Wagen vor einem sehr exklusiven Schuhgeschäft halten und gab mir generös seine Kreditkarte. Nur allein für diese Geste hätten ihm wahrscheinlich schon tausend Frauen ihr Jawort gegeben. Aber ich würde mich nicht kaufen lassen.
Ich dachte auch nicht, dass das seine Absicht war. Aber ich machte mir natürlich Gedanken, wie sich mein bisheriges Leben, der Planet, Perry, Jimmy und natürlich auch Clark in ein Leben an Lex' Seite integrieren lassen könnten. Meine Arbeit war bisher das Wichtigste in meinem Leben gewesen. Und was... was würde mit Superman sein? Wem gehörte mein Herz? Gab es da eine Chance? Wenn mir nun beide Männer ein gemeinsames Leben anbieten würden, wenn ich also wählen durfte? Wen würde ich wählen...?
Superman. Sofort. Da gab es keinen Zweifel. Tief in mir drinnen träumte ich einfach meinen märchenhaften Traum von der vollkommenen Liebesheirat, der reinen Herzensentscheidung, die über jeden Zweifel erhaben war.
Das bedeutete, Lex war nur meine zweite Wahl... Dieser Gedanke hatte etwas Erschütterndes. Und es machte mich traurig. Konnte es denn überhaupt gutgehen, wenn mein zukünftiger Ehemann nur ein Kompromiss war? Hatte ich die Chance glücklich zu werden, wenn meine Wahl sich pragmatischen Argumenten unterordnete?
Doch Superman hatte mir niemals einen Hinweis gegeben, dass er auch so für mich empfinden würde. War es nicht nur ein Hirngespinst? Eine Träumerei? In Wirklichkeit hatte er nur gesagt, er sei mein Freund. Konnte ich Lex für diese Träumerei hinhalten? Oder ihm ein 'nein' geben? War das fair?
Was war mit meinem Partner? Die Art, wie wir beide zusammen arbeiteten, war das Beste, was mir in den letzten Monaten passiert war. Ich hätte niemals gedacht, dass es überhaupt funktionieren würde und dann auch noch so gut. Ich hatte mich an ihn gewöhnt, ich wollte, dass Clark immer da war.
Ganz gleich, was passieren würde, was sich in meiner Zukunft ändern würde, wie auch immer ich entscheiden würde, ich wollte weiterhin mit Clark als Partner arbeiten. Er war der beste Partner, den ich je hatte, der Einzige, den ich je zu akzeptieren bereit war.
Gut, soweit war ich schon einmal sicher: Ich wollte weiterhin beim Planet arbeiten – und das mit Clark als Partner. Aber die anderen Männer - das lag eher noch im Nebel.
Kaum waren wir nach diesem Wochenende wieder in Metropolis gelandet, ich war einer Entscheidung noch nicht näher gekommen, da schien die Welt einzustürzen. Der Planet explodierte und hörte auf zu existieren.
Niemand von uns hatte sich jemals vorstellen können, dass der Planet überhaupt zerstörbar war, aber er war es. Als wenn das noch nicht schlimm genug wäre, stritten Clark und ich fortan nur noch. Ich hatte gedacht, wir wären Freunde... Gerade in dieser Zeit - ich hatte eine der schwierigsten Entscheidungen in meinem Leben zu fällen - brauchte ich einen Freund. Und Clark war mein bester Freund. Mein einziger bester Freund. Niemand kannte mich so gut, niemand akzeptierte mich so, wie ich war.
Doch Clark wollte sich einfach nicht abbringen lassen von seiner fixen Idee, Lex Luthor sei die Wurzel allen Übels in Metropolis. In dieser Situation brauchte ich natürlich nicht darüber nachdenken, ihn um Rat zu fragen, was Lex' Antrag betraf. Und ich hätte so dringend mit jemand reden müssen.
Meine Welt war vollkommen aus den Fugen geraten, ein einziger Trümmerhaufen. Meine Freunde ermittelten wahrscheinlich gegen den Mann, der den Rest des Lebens mit mir teilen wollte. Der Dreh- und Angelpunkt meines Universums, der Planet hatte aufgehört zu existieren. Mein einziger Freund und Partner riet mir, ich sollte doch ruhig mit dem Teufel ins Bett gehen. Und als wenn das alles nicht schon genug wäre, ließ mich Superman, gegen alle Erwartungen, abblitzen. Ich hatte alles auf eine Karte gesetzt und verloren. Auf eine Art, die ich überhaupt nicht verstand; er war so kühl, so undurchschaubar, unpersönlich. So ohne jede Hoffnung – unwiederbringlich.
In diesem Scherbenhaufen gab es nur eine verlässliche Größe, nur ein Fixpunkt, dessen ich mir sicher sein konnte - nur noch ein einziger Freund war übrig geblieben: Lex.
So nahm ich also seinen Antrag an, wenn auch nicht mit der Überzeugung, die ich mir selbst für diese Entscheidung gewünscht hatte. Oder vielleicht sogar, gerade weil ich mich emotional nicht so an ihn gebunden fühlte. Aber er war einfach für mich da, hörte mir zu, gab mir einen neuen Job und damit neue Motivation, er nahm mich ernst und riet mir, mich auszusöhnen mit meinen Freunden. Hatte ein Ohr für meine Nöte und versuchte alles, mich von meiner Trauer abzubringen.
Dann war da noch etwas, was mein Vertrauen Lex gegenüber ungemein steigerte: Ich hatte ihn gebeten bis zu unserer Hochzeitsnacht zu warten. Es war an dem Abend nur ein spontaner Impuls gewesen, doch in den folgenden Tagen merkte ich, wie froh ich darüber war, dass er akzeptiert hatte. Es klang vermutlich dumm, aber damals befürchtete ich, dass Lex seinen Antrag zurücknehmen könnte, wenn er erst einmal mit mir geschlafen hätte. Aus den vergangenen Affären konnte ich doch nur schließen, dass ich nicht in der Lage war, einen Mann glücklich zu machen, ihn zu halten. Das Risiko wollte ich nicht eingehen. Und danach? Nun, ich würde Zeit brauchen. Die Zeit würde sicher eine Lösung bringen.
Lex zeigte mir mit jedem einzelnen Tag, dass er mich achtete. Er wollte, dass wir heirateten. Wären meine Freunde, Perry, Jimmy und natürlich Clark, noch bei mir gewesen, hätte ich vielleicht den Mut gehabt über eine weiter Option nachzudenken: Einfach nein zu sagen und alleine zu bleiben. Keinen der Männer zu bekommen und weiterhin als Single durchs Leben zu gehen. Doch da war niemand mehr, außer Lex. Für ihn schien es ganz einfach der nächste logische Schritt zu sein. Er beteuerte mir immer wieder, dass er mit mir zusammen sein wollte. Damit schien er der einzige zu sein; meine Freunde, oder die, die ich mal so genannt hatte, hatten sich ja alle von mir abgewandt. Die Ehe mit Lex schien mir das Einzige zu sein, was mir Halt und Hoffnung geben könnte.
Der einzige Mensch auf meiner Hochzeitsfeier, den ich kannte, war meine Mutter. Meine Freunde hatten mich im Stich gelassen. Alle. Besonders schmerze es jedoch bei Clark. Ich hatte oft an ihn denken müssen, gerade in den letzten Tagen vor der Hochzeit. Oh verdammt, Clark, warum musstest du auch so dickköpfig sein? Warum musste ich so dickköpfig sein? Was, wenn er recht hatte? Wie gut kannte ich Lex denn schon? Was, wenn Lex den guten Menschen nur gespielt hatte? Und ich nur das gesehen hatte, was ich sehen wollte? Oder das, was er mich hatte sehen lassen? Was wusste ich denn schon von ihm? Mehr als den Lebenslauf hatte ich nicht herausgefunden.
Da stand ich nun vor diesem Spiegel, in meinem Brautkleid, ein Traum in weißer Seide mit einer meterlangen Schleppe. Aber es fiel mir so schwer, mich in diesem Spiegelbild wieder zu erkennen. War ich wirklich Lois Luthor? Lois Lane-Luthor? Warum mussten sich solche Bedenken gerade in diesem Moment in mein Bewusstsein drängen? Es war doch bereits zu spät um umzukehren... oder? Zweifelnd und unter Tränen sah ich mich an und wusste nicht, was ich mir selbst raten sollte. Zum x-ten Mal verschmierten meine Tränen die Wimperntusche und ruinierten mein Make-up. Superman hatte ich bereits verloren. Wenn ich Lex heiratete, verlor ich Clark. Das hatte er mir angedroht. Wenn ich einen Rückzieher machte, verlor ich sicher Lex.
War Clark nur eifersüchtig, oder hatte er wirklich einen begründeten Verdacht gegen Lex? Oder nur den richtigen Instinkt?
Weinend und schluchzend probierte ich meinen zukünftigen, möglichen Nachnamen aus, „Lois Luthor-Lane, Lois Lane-Luthor... Lois Lane-Kent...?“
Erst in diesem Moment wurde mir bewusst, wie sehr ich Clark vermisste. Wie sehr ich ihn schätzte. Wie viel er mir bedeutete. Und ich hatte es ihm niemals gesagt. Konnte ich denn jetzt noch umkehren? Da draußen saßen mehr als hundert geladene Gäste, die erwarteten, dass ich mich protokollgemäß verhielt. Ganz zu schweigen von Lex. Wie würde er reagieren, wenn ich doch 'nein' sagte?
~ ~ ~
Oh ja, ich konnte umkehren. Und ich tat es auch. Die letzten Meter auf dem Weg zum Altar sah ich nur noch Bilder von Clark und mir vor meinem inneren Auge. Erinnerungen an die letzten Monate. Verdammt noch mal, ich traf diese Entscheidung schließlich für mich! Nur für mich! Nicht für Lex und auch nicht für die hundert geladenen Gäste der High-Society von Metropolis. Oder für meine Mutter. Oder für sonst wen.
„Ich... kann nicht.“ Meine Stimme zitterte. Doch ich hatte es wirklich gesagt.
Zwar waren da immer noch Zweifel, aber ich spürte auch eine Erleichterung, die mich fast noch mehr erschreckte. Ich hatte nein gesagt und es ging mir gut dabei. Was hatte ich mir bloß bis vor ein paar Minuten gedacht? Hatte ich wirklich geglaubt, ich könnte in dieser Ehe glücklich werden. Könnte ich selbst sein? Mich verwirklichen? Würde akzeptiert werden von ihm? Scheinbar ja, sonst hätte ich doch seinen Antrag nicht annehmen können.
Dann überschlugen sich die Ereignisse mal wieder. Die Planet-Truppe und Henderson platzten in die gerade geplatzte Hochzeit und wollten Luthor verhaften. Er sollte doch der alleinige Drahtzieher der Planet-Zerstörung sein, was sie nun beweisen konnten. Luthor versuchte zu flüchten. Aber das war aussichtslos, das Gebäude war umstellt, überall war die Polizei. Doch ein Lex Luthor ließ sich nicht so einfach verhaften – nein! Er stürzte sich vor unseren Augen vom Lex-Tower in die Tiefe und entzog sich somit der Schmach einer Verhaftung.
Ich stand vor dem Haus, dem Lex-Tower und sah, wie alle anderen, gespannt in die Höhe. Wie alle, konnte ich nicht glauben, was ich sah. Doch im Gegensatz zu allen anderen fragte ich mich, wie ich mich so hatte täuschen können. Wie ich mich so hatte täuschen lassen von ihm. Ich hatte Lex vertraut. Ich war bereit gewesen mit ihm vor den Altar zu treten. Ich hatte in ihm meine Zukunft gesehen. Ich hatte geglaubt, Lex sei ein guter Mensch – weitgehend. Ich hatte mich in allem getäuscht. Wo war nur meine Menschenkenntnis geblieben?
Doch gleichzeitig fragte ich mich, warum er den Planet hatte zerstören wollen? Was hatte das für einen Sinn? Finanziell hatte es kaum Auswirkungen für ihn gehabt. Das einzige Ergebnis dieses Zerstörungswahns war das Zerschlagen der Planet-Crew und die Entzweiung von meinen Freunden und mir... Von Clark und mir. War es vielleicht sogar das, was Lex bezweckt hatte? Dieser Gedanke bescherte mir ein Frösteln, das mir bis tief in die Knochen drang.
So stand ich also in den Trümmern meines Traums. Meine geplatzte Hochzeit. Mein Bräutigam, der doch der kriminelle Psychopath war, für den ihn immer alle gehalten hatten. Nur ich hatte das nie sehen wollen. Blind, doch glücklicherweise unverheiratet, zweifelte ich jämmerlich an meiner Menschenkenntnis. Aber ich stand auch bei Perry, Jimmy, Jack – und Clark. Wir waren wieder vereint, wieder ein Team. Lex hatte ich verloren. Doch in diesem Moment fühlte ich mich nur noch ausgezehrt und leer. Dies alles überstieg das, was mein Herz und mein Kopf verarbeiten konnte.
~ ~ ~
Ich brauchte mehrere Tage, um mich wieder selbst im Spiegel betrachten zu können ohne gleich in Tränen auszubrechen. Clark war da und stand mir zur Seite. Nicht ein einziges Mal ließ er Schadenfreude oder ein bösartiges „Ich hab es dir doch gesagt“ verlauten. Er war einfach nur da, war mir ein Freund. Ein Freund, mehr auch nicht. Denn inzwischen hatte er mir gesagt, dass er mich gar nicht lieben würde, nicht so lieben würde. Sein Liebesgeständnis im Park hätte er mir nur gemacht, um mich von der Heirat mit Luthor abzubringen. Doch sollte ich ihm darum böse sein? Nein! Er hatte es getan, um mich zu schützen. Während ich mich emotional immer weiter von Luthor weg und auf Clark zu entwickelt hatte, hatte Clark nur meine Interessen im Sinn gehabt.
Ich blieb enttäuscht und alleine zurück.
Der Planet erlebte eine Wiederauferstehung, Clark und ich waren Freunde, Partner. Superman flog am Himmel, wachte über uns und die ganze Planet-Crew war wieder da. Es war alles wieder gut.
Dachten wir. Alle.
Lucy saß mir gegenüber so eingekuschelt, dass ich fast fürchten musste, sie sei eingeschlafen, aber der Eindruck täuschte. Sie meldete sich mit rauer Stimme zu Wort: „Im Grunde ist es erstaunlich. Du hast zwei Männer gleichzeitig geliebt. Der eine ist die Güte in Person, aber der will dich nicht. Der andere ist die Personifizierung des Bösen und dem sagst du ja. Warum hat Superman eigentlich nein gesagt, er ist doch Clark? Liebte er dich zu der Zeit noch nicht?“
Da hatte sie Recht, ich schien damals nach Vollkommenheit zu streben, entweder der vollkommen Gute oder wenn das nicht ging, dann eben der vollkommen Böse. „Nein, Clark sagt immer, er hätte sich in mich verliebt nur wenige Minuten, nachdem er mich zum ersten Mal gesehen hatte. Aber er wollte immer, dass ich den normalen Mann liebte – Clark. Nicht den Helden und das, was er tun konnte.“ Genau dafür brauchte ich aber noch Zeit.
Während der folgenden Monate bewegten Clark und ich uns also langsam, ganz langsam, geradezu im Schneckentempo aufeinander zu. Wir sprachen ganz vorsichtig über ein Date, verabredeten sogar einen Termin. Doch da machte uns jemand einen Strich durch die Rechnung, mit dem wohl keiner von uns jemals gerechnet hätte. Aber einen Lex Luthor sollte man niemals unterschätzen. Er hatte immer schon Mittel und Wege gehabt, Verbindungen und Beziehungen, alles Mögliche zu erreichen. Dass er in der Lage war, sogar den Tod zu überwinden, war jedoch selbst für seine Verhältnisse phänomenal. So unglaubwürdig das auch erscheinen mochte, er tauchte wieder auf. Wirklich und leibhaftig. Eines Winterabends, getarnt und maskiert als rollstuhlfahrerder alter, hilfebedürftiger Mann. Er fragte er mich, ob ich die Geschichte vom Phönix kannte. So offenbar gehandicapt kam er auf mich zugerollt, wohl wissend, dass ich natürlich nicht nein sagen würde, wenn mich dieser fremde Mann um Hilfe bitten würde. Dieser Kerl wagte es, sich erneut in mein Leben zu mischen.
Oh ja, wie ein Phönix aus der Asche stieg er auf und war bösartiger und heimtückischer als je zuvor. Er machte sich noch nicht mal mehr die Mühe, seine Ziele zu vertuschen. „Ich habe alles verloren, außer meinem Gefühl für dich. Wir müssen das Wunder meiner Wiederauferstehung als ein Zeichen nehmen. Ein Zeichen, dass nicht mal der Tod uns zu trennen vermag. Nein, wundere dich nicht über Wunder. Wir sind vereint, das ist alles, was zählt.“ Er sagte das im Brustton der Überzeugung.
Da stand ich nun in dieser Gasse, kein anderer Mensch weit und breit und war vollkommen vor den Kopf gestoßen, konnte nicht glauben, was ich sah und hörte..„Was? Nein! Nein, ich könnte niemals...“ Lex Luthor war wieder da. Er war es wirklich! Was empfand ich nur dabei? Eines wusste ich mit absoluter Sicherheit in diesem Moment: Wirklich geliebt hatte ich Lex Luthor nie. So blieb nur Entsetzen.
Mit der ihm eigenen Selbstsicherheit fuhr er fort: „Ich bin bei dir in Ungnade gefallen, ich kann es an deinen Augen sehen. Aber sicherlich wird doch ein Wesen von deiner Größe mir die Chance geben, mich zu rehabilitieren. Oder?“ Er stieg langsam und selbstsicher aus dem Rollstuhl aus, er hatte ihn sowieso nur benötigt, um sich mir zu nähern. Dann zog er sich diese Kunststoffmasse von seiner Gesichtshaut, mit der er sein Gesicht verändert hatte. Lex Luthor stand praktisch auf jedem Steckbrief des Landes, nachdem seine 'Leiche' gestohlen worden war. Er wusste all das und er hatte vorgesorgt. Je mehr er von der klebrigen Masse entfernte, umso näher kam er dem Bild des Lex Luthors, das sich in mein Gedächtnis gebrannt hatte. Das ich gehofft hatte, niemals wieder sehen zu müssen.
Ich konnte es nicht fassen. Er wollte dort weitermachen, wo wir geendet hatten! Er glaubte wirklich, ich hätte auf ihn gewartet! Oder könnte ihm verzeihen. „Ich... habe solche Gefühle nicht mehr für dich“, sagte ich tonlos. Ich hätte gerne noch so viel mehr gesagt, hätte ihn am liebsten angeschrien, ihn gefragt, was er sich einbilden würde. Er widerte mich an. Doch die Worte blieben mir im Halse stecken, ich wich nur einen Schritt zurück. Am liebsten wäre ich einfach fort gelaufen, doch meine Füße schienen gelähmt.
„Ich glaube das nicht.“ Selbst in dieser Bemerkung war kein Zweifel. Es war, als hätte er auch meine Ablehnung bereits vorausgesehen und kalkuliert.
Ich konnte einfach nicht glauben, was ich hier erlebte. „Wie kannst du das nur erwarten? Nach allem, was du getan hast“, schleuderte ich ihm entsetzt und widerwillig entgegen.
„Aber ja, ich habe Furchtbares getan, aber ich tat es nur um deinetwillen.“ Oh ja, er versuchte mich zu manipulieren. Das war Lex. Genauso funktionierte Lex Luthor. Ganz langsam merkte ich, wie mein Gehirn all die Informationen auch tatsächlich wieder verarbeiten konnte. Früher hatte seine Taktik gut funktioniert bei mir, genauso hatte er sich in mein Herz geschlichen, indem er mich manipulierte. Das sah ich in diesem Moment ganz deutlich. Hätte ich es doch nur schon Monate vorher gesehen. „Ich bin von dem strahlenden Licht deiner Schönheit geblendet worden.“ Nun versuchte er mir zu schmeicheln. „Aber wenn du mir nicht vergeben kannst, dann hier“, er reichte mir ein Mobiltelefon, „ruf die Polizei! Na los, ruf sie doch!“ Eine taktische Sekunde des Zögern, ehe er nachsetzte: „Du empfindest noch etwas für mich.“ Diese letzten Worte sagte er beschwörend, aber sehr selbstbewusst.
Einen kurzen Moment stand ich einfach nur etwas verunsichert da. Aber dies war nicht die Zeit für Rücksichtnahme, ich musste ihm eindeutig klar machen, dass er nie wieder eine Chance haben würde. Hatte er denn wirklich geglaubt, ich hätte auf ihn gewartet? „Nein. Ich glaube einfach nur, du hast schon genug gelitten.“ Meine Stimme klang so verächtlich, dass ich mich fast über meine eigene Aversion wunderte, aber auch nur fast. Mit diesen Worten drehte ich mich um und ging. Ich ging von ihm , ich hoffte, ihn nie wieder sehen zu müssen. Wie naiv! Ich glaubte, nur von meinem Wort ließe er sich so einfach von seinem Vorhaben abbringen. Wann würde ich es endlich lernen, diesen Mann, diesen Teufel in Menschengestalt, in seiner unendlichen Bösartigkeit richtig einzuschätzen?
Hätte ich in diesem Moment gewusst, was mir noch bevorstand, hätte ich vielleicht anders entschieden.
Sein wahres Gesicht zeigte er nur kurz darauf, dafür aber umso deutlicher, nachdem mich diese Ärztin, Gretchen Kelly, gekidnappt hatte. Sie war es gewesen, die seine Leiche gestohlen hatte und ihn ins Leben zurückgeholt hatte.
Luthor trat in einem heruntergekommenen Verließ auf mich zu. „Lois!“, schrie er mich an, „Wann wirst du endlich lernen, dass ich immer bekomme, was ich will?!“ Die Maske war gefallen. Nie zuvor hatte er mir so sehr sein wahres Gesicht gezeigt, wie in diesem Augenblick. Tief verborgen in mir hatte ich es längst gewusst und doch schmerzte es unendlich. Ich hatte diesen Mann fast geheiratet. War bereit gewesen, alles mit ihm zu teilen, hatte ihm vertraut... Diese Vorstellung brannte wie in ein Feuer in meiner Seele.
„Lex, bitte!“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen, „Bevor du die Dinge noch verschlimmerst...“ Dr. Kelly hatte mich hierher bringen, hatte mich ihm ausliefern müssen. Dabei war es nur zu offensichtlich, dass sie ihn liebte. Doch er – er wollte nur mich. Warum konnte er mich nicht endlich in Ruhe lassen? Warum wollte er nicht sehen, dass alles, was ich einmal für ihn empfunden hatte, inzwischen in Hass und Verachtung umgeschlagen war? Wir standen in einer Art Kellergewölbe, weit ab von Menschen, die helfen könnten, es war dunkel, nasskalt und stank nach vermoderten Abfällen – es passte zu meiner Situation.
Gereizt und auf eine dämonisch beschwörende Art fegte er meinen Einwand beiseite: „Ich habe das Schlimmste schon durchgemacht.“ Ja natürlich, er hatte sogar den Tod überwunden. Hatte zusehen müssen, wie all seine dunklen Taten, seine Verbrechen, Manipulationen und Korruptionen aufgedeckt wurden. Hatte ertragen müssen, von seiner Braut – mir – am Altar stehen gelassen zu werden. Hatte alles verloren und war gerade in diesem Moment wieder dabei noch einmal alles zu verlieren. Aber hatte er es nicht verdient...?
Superman rettete Luthor das Leben. In dem Moment, wo Superman in festsetzten wollte, versuchte sich Luthor, mal wieder, durch den Tod einer Verhaftung zu entziehen. Wenn Clark damals geahnt hätte, dass es nicht das letzte Mal war, dass wir beide Lex Luthor sehen würden, mit ihm zu tun haben würden, wer weiß, ob er auch so reagiert hätte...
~ ~ ~
Himmel, war ich nervös! Clark und ich hatten es endlich geschafft, wir hatten uns aufeinander einlassen können. Wir gingen aus, wurden ein Paar. Ich erfuhr die ganze Wahrheit über ihn, wurde sehr wütend und vergab ihm schließlich. Natürlich nicht so schnell und nicht so einfach, es war ein Prozess, der über Wochen ging. Wochen, in denen ich ihn wenigstens ein wenig so leiden lassen musste, wie ich gelitten hatte, als ich noch dachte, ich liebte zwei verschiedene Personen. Über Monate hatte ich mich zwischen Clark und Superman gefangen gefühlt, mich zwischen ihnen aufgerieben. Doch natürlich vergab ich ihm, seine Motive waren so edel und so nachvollziehbar. Das war die Voraussetzung, seinen Heiratsantrag annehmen zu können. Als ich das tat, war ich mir so sicher. Ich wusste einfach, es war genau das Richtige. Er war genau der Richtige für mich.
Doch in den letzten Tagen vor der Trauung wurde ich von einer unerklärlichen Unruhe beschlichen. Ich fühlte überall Zeichen und Hinweise. Es ging nicht um die Frage, ob ich heiraten wollte, oder ob Clark der Richtige war. Nein, darüber bestand nicht der geringste Zweifel. Ich hatte das Gefühl, es würde etwas passieren, etwas Unvorhersehbares, etwas Schreckliches. Zumal es bei Clark und mir ja immer so gewesen war: Wenn alles gut lief, ging etwas schief. Meine erste Eingebung war: Stress mit meiner Mutter. Das lag auf der Hand. Oder mit meiner Schwester, oder zwischen Mom und Dad... Aber meine Vorahnung sagte mir, es würde noch sehr viel grausamer werden als das.
Der Tag der Hochzeit kam also und entgegen meiner Vermutung verlief er gemäßigter als ich erwartet hatte. Jedenfalls war niemand aus unseren Familien ermordet worden oder so etwas.
Wir fuhren zu der Kapelle und ich fing sogar schon an, abergläubische Rituale zu praktizieren. Alles nur, um uns vor dem Bösen zu schützen, das ich auf uns zukommen sah. Ich hatte es überall gespürt. Doch selbst in meinen dunkelsten Alpträumen hätte ich es mir nicht so grausam ausmalen können.
Alles, woran ich mich später erinnerte, war, dass mich der Diakon in einen Nebenraum bat, weil ich unsere Urkunde noch unterschreiben musste. Er schloss die Tür und gleich darauf spürte ich, unerwartet aus dem Verborgenen kommend, einen Stich seitlich am Hals. Augenblicklich, bevor ich noch wusste, wie mir geschah, wurde mir sehr schwindelig, das Blut in meinem Kopf rauschte laut, alles um mich herum drehte sich, wurde undeutlicher und meine Beine knickten langsam ein. Dann wurde es dunkel... und mein letzter Gedanke galt Clark.
~ ~ ~Statistik: Verfasst von Magss — Di 11. Mai 2010, 12:03
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