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Das deutsche Superman Kreativ-Forum Superman-Forum.net 2011-08-04T21:15:07+01:00 http://superman-forum.net/feed.php?f=88&t=906 2011-08-04T21:15:07+01:00 2011-08-04T21:15:07+01:00 http://superman-forum.net/viewtopic.php?t=906&p=12768#p12768 <![CDATA[Re: Der perfekte Zeitpunkt]]>
Lucy antwortete ganz spontan: "Ich an deiner Stelle würde Harry nehmen. Vorteil von beiden ist ja, sie wissen, dich gibt es nur im Doppelpack und wenn sie das nicht abschreckt, gut so. Du sagst, er ist nett, es gibt nichts Negatives von ihm zu berichten. Also, ich würde mit Harry ausgehen. Clark hat dich bereits einmal enttäuscht. Wer weiß, wovor er Angst hat. Probier doch einfach mal was Neues aus."

"Lucy, wir reden hier nicht von einer neuen Marmelade fürs Frühstück." Aber sie hatte Recht, wer weiß, wovor Clark Angst hatte. Männer, die Angst vor Beziehungen hatten, gab es reichlich und so etwas konnte sie jetzt überhaupt nicht gebrauchen. Aber zu Harry fiel ihr eigentlich nur sympathisch ein. Aber war sympathisch und verlässlich nicht besser als nichts?

Ellen Lane schien sich ihre Antwort gut überlegt zu haben. "Ich an deiner Stelle würde mit Clark ausgehen, da weißt du, was du bekommst. Du hast mal fast zwei Jahre mit ihm zusammen gearbeitet. Es gab Zeiten, da hast du fast ununterbrochen von ihm geredet. Es funktioniert mit euch beiden. Und dass er mal einen Rückzieher gemacht hat, mal einen Fehler gemacht hat, das spielt dir genau das richtige Argument in die Hand, ihn, sagen wir mal, unter Druck zu setzen. So mach ich das mit eurem Vater doch auch. Und es funktioniert prächtig."

Allein nur schon, weil ihre Mutter so gemein argumentiert hatte, sollte Lois genau das Gegenteil von dem machen, was sie ihr riet. Aber da gab es einen Wiederstand in ihr, den sie nicht wirklich verstand.

Jedenfalls brachte das Lois einer Lösung auch nicht näher. Sie plauderten dann noch über dies und das. Nachdem die beiden gegangen waren, rief Lois Clark an und sagte ihm, dass er Caleb jetzt ruhig bringen konnte. Bis er kam, verfiel Lois ins Grübeln.

Was für ein Glück, dass Lois bei zwei Auswahlmöglichkeiten nur zwei Leute eingeladen hatte. Eigentlich hatte dieses Gespräch mehr Fragen aufgeworfen als es Antworten gegeben hatte. Wovor hatte Clark Angst, wenn er denn Angst hatte? Wollte sie überhaupt ernsthaft über eine Beziehung nachdenken, oder wollte sie nur gelegentlich etwas Ablenkung? Was war das Beste für Caleb? Was war das Beste für sie? Und gab es eine Möglichkeit, diese beiden Dinge, wenn sie sie erst einmal herausgefunden hatte, zusammen zu bringen? Und wen von beiden mochte sie lieber? Harry, der wirklich sympathisch war, oder Clark, der ihr wirklich mal die Welt bedeutet hatte. Clark war ihr Partner, ihr bester Freund gewesen. Je mehr sie über ihn nachdachte, desto mehr von dem alten Gefühl schlich sich in ihre Erinnerungen. In Clarks Gegenwart hatte sie sich immer so gut gefühlt, bei ihm brauchte sie sich nicht anzupassen, sie konnte sich einfach so geben, wie sie war und wie sie sich gerade fühlte. Die Antwort auf diese Frage schien mit einem Mal so klar und doch traute sie sich noch nicht richtig zuzupacken.

Das Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Wie erwartet, war es Clark, der Caleb zurückbrachte. Ihr Sohn strahlte sie an und sie nahm ihn auf den Arm. "Hey, wie siehst du denn aus? Was ist es, Schokoeis oder Pudding? Scheint dir ja geschmeckt zu haben."

Clark hielt den Blick etwas gesenkt als sei es ihm peinlich, dass er den Kleinen so beschmiert nach Hause gebracht hatte. Aber er lächelte als er sagte. "Pudding, Schokopudding. Wir haben zusammen Pudding gekocht. Ich glaube, es hat ihm Spaß gemacht."

Lois sah Clark an und lachte. "Er liebt es, wenn jemand kocht. Denk daran, bei mir erlebt er das nicht oft. Aber dir scheint es ja auch geschmeckt zu haben, du bist fast genauso bekleckert, wie Caleb."

Während Lois Caleb auf den Boden ließ und er sofort in die Küche lief und dort anfing alles auszupacken, druckste Clark mit einem Mal herum.

"Lois, können wir mal reden?"

Ein Auge bei Caleb, der ganz entspannt die Küchenschränke ausräumte und dabei brabbelte, sagte Lois zu Clark: "Natürlich, was ist denn los? Ist etwas passiert?"

Clark atmete einmal tief durch, als überlegte er, wie er anfangen sollte. "Ich... Ich weiß, wer sein Vater ist... Es ist Superman."

Woher wusste er das? Wie hat er es herausgefunden? Lois drehte sich von Clark weg und ging zum Fenster. Was sollte sie dazu jetzt sagen?

Clark sprach stockend weiter: "Caleb hat... er hat mit meinem Druckerpapier gespielt und hat sich daran geschnitten..."

Abrupt drehte sich Lois um. Doch Clark fuhr schnell fort. "Nichts Schlimmes, nur ein ganz kleiner Schnitt. Aber du weißt sicher, was dann passiert. Die Wunde war nach kaum einer Minute bereits verheilt. Er hat Superkräfte. Und die kann er nur haben, wenn Superman sein Vater ist."

Lois kaute nervös auf ihrer Unterlippe. "Jetzt verstehst du vielleicht, warum ich ihn nicht in einen Kindergarten bringen kann." Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Okay, du hast es herausgefunden, jetzt wäre es mir ganz angenehm, wenn wir das Thema wechseln, ich möchte nicht darüber reden." Lois bemühte sich nach allen Kräften, ihren unterdrückten Groll nicht an die Oberfläche kommen zu lassen.

Clark sah sie verzweifelt an. "Da ist noch etwas...", flüsterte er.

"Was?", fragte sie ungeduldig. Ein unbestimmtes Gefühl warnte Lois, dass das, was jetzt kam, etwas von Bedeutung war. Würde Clark sonst soviel Aufhebens darum machen?

"Ich...", stammelte Clark, "warum hast du nur nie etwas gesagt? Ich wäre niemals gegangen, wenn ich das gewusst hätte."

Lois verstand kein Wort. "Wovon bitte redest du?", fragte sie ungeduldig.

"Lois, ich glaube inzwischen, dass es vollkommen gleich ist, wie ich es dir sage. Es ist sowieso viel zu spät, um es dir schonend beizubringen. Du wirst mir so oder so böse sein..."

Lois sah ihn ungeduldig an. Wovon redete er nur? "Was? Clark, du redest wirres Zeug."

"Lois, es tut mir leid, ich muss ganz dringend etwas zur Post bringen. Das muss heute noch raus, wirklich..." Damit drehte er sich um und verließ ihr Apartment.

Lois stand der Mund offen, sie glaubte das einfach nicht. Clark verschwand - wie immer! Es hatte sich wirklich nichts, aber auch gar nichts geändert. Warum fing er erst so merkwürdig an, 'da ist noch etwas...' und dann rückte er nicht raus damit. Was sollte das alles? Lois lief jetzt gereizt auf und ab. Am liebsten wäre sie ihm hinterhergelaufen und hätte ihn zur Rede gestellt. Sie hätte ihm auf jeden Fall gesagt, dass er dieses plötzliche Verschwinden gar nicht erst wieder anfangen sollte. Und sie hatte darüber nachgedacht, ob vielleicht doch mehr aus ihrer Beziehung werden könnte. Pah! Lois, vergiss es einfach! Der sollte mal morgen wieder in die Redaktion kommen, denn die Zeiten, wo sie noch spät abends zu ihm in die Wohnung gelaufen kam, waren eindeutig vorbei.

Lois hatte sich gerade so richtig in Rage gebracht, als es an ihrer Tür wieder klopfte. Ohne nachzusehen machte sie auf. Es war Clark.

"Was willst du?", fragte Lois hart und abweisend. Dieser Mann machte sie wahnsinnig und hatte keine Freundlichkeit verdient.

Clark zögerte. "Lois, ich glaube nicht, dass es noch einen besseren Zeitpunkt gibt. Je länger ich es vor mir herschiebe, desto schlimmer wird es. Du wirst mich... vielleicht sogar hassen, aber ich muss es endlich sagen. Ich... ich... ", stammelte er.

Jetzt wurde es Lois wirklich zu bunt. "Clark, wenn du nicht gleich sagst, was du sagen willst, werde ich dir einfach nicht mehr zuhören. Vielleicht sollte ich das sowieso nicht mehr tun. Also...?"

Clark schluckte einmal. "Ich bin Calebs Vater, ich bin Superman." Dann nahm er vorsichtig seine Brille ab, als hätte er wirklich Angst vor Lois.

Lois schnappte nach Luft. Doch ohne diese Brille... Warum hatte sie das nie bemerkt? Das war einfach unglaublich, das konnte nur bedeuten, dass... dass... aber das war unfassbar. "Du hast gelogen!", war das Erste, was ihr einfiel. Er hatte sie belogen, vom allerersten Moment an. Genau seit dem Augenblick, seit sie beide in ihr Leben getreten waren, hatte er gelogen. Und sie hatte es nicht bemerkt, die Ähnlichkeit der beiden, die ihr erst in diesem Moment auffiel. Aber natürlich, nie waren sie zur selben Zeit am selben Ort. "Du hast mich vom ersten Tag an belogen und das immer und immer wieder." Lois spürte, wie die Wut sich in ihr aufbaute, wie sie größer und größer wurde. Und sie wollte diese unbeschreibliche Wut rauslassen, sie wollte sie auslassen an ihm! Er sollte auch etwas von dieser Wut zu spüren bekommen! "Immer bist du weggelaufen mit diesen blödsinnigen Ausreden und als Clark hast du so getan, als wärst du schwach. Du hast mich glauben lassen, du wärst zwei verschiedene Personen. Und du hast zugelassen, dass ich mich zwischen euch beiden aufgerieben habe." Sie wurde jetzt immer lauter. Aber das lag außerhalb ihrer Kontrolle. Es war seit Jahren aufgestaut. Jahre, in denen sie all diese Gefühle verdrängt hatte. "Aber das Schlimmste ist, dass du mit mir gespielt hast. Du hast deinen Spaß gehabt und dann hast du dich davon geschlichen. Hast auch nur mal eine Sekunde daran gedacht, wie ich mich gefühlt habe? Wie es für mich ist? Wie ich das verarbeitet bekomme? Du bist ein jämmerlicher Egoist. Ein Feigling. Ein Lügner!" Böse funkelte sie ihn an.

Clark stand einfach nur da und ließ alles, was Lois sagte, über sich ergehen. "Lois, es tut mir so leid..."

Oh nein, er sollte nicht auf die Idee kommen, sich mit einer lächerlichen Entschuldigung freikaufen zu wollen. Die Masche zog bei ihr nicht mehr. Sie hatte Jahre gelitten, da sollte er nicht so einfach davon kommen. "Versuch jetzt nicht dich rauszureden!" Er sollte sich alles anhören. Er sollte ihr gefälligst zuhören!

Clark wirkte immer verzweifelter. "Lois, diese Nacht war ein Fehler..." Die Folge dieses 'Fehlers' hatte inzwischen mit dem Ausräumen des Küchenschranks aufgehört und beobachtete ängstlich, was die beiden Erwachsenen da so lautstark machten.

Das war zuviel! Ein Fehler? Da standen sie beide hier und stritten und er sagte, diese Nacht wäre ein Fehler gewesen. Ein Fehler! Lois konnte einfach nicht glauben, dass Clark Caleb als Fehler bezeichnete. Ohne noch weiter nachzudenken ging sie auf ihn zu und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Mit dem Klatschen auf Clarks Wange wurde es mucksmäuschenstill. Aber sie wurde sich auch bewusst, dass diese Ohrfeige ihr mehr weh getan hatte als ihm, schließlich war er derjenige, der mal eben zum Nachtisch eine Bombe verspeiste. Was war dagegen schon eine Ohrfeige?.

Doch Clark hielt sich erschrocken die Wange und sah sie verzweifelt an. Ob er einfach nur geschockt war oder ob sie ihn doch schmerzte, wusste Lois nicht, aber sie konnte jetzt unmöglich noch mehr von seinen gestammelten Entschuldigungen hören. Es brachte doch nichts. Und es würde Caleb nur noch mehr verschrecken. "Raus! Ich will, dass du gehst und zwar sofort! Clark, mach, dass du raus kommst!" Mit diesen Worten schob sie ihn zur Tür und auf den Hausflur. "Ich will dich nicht wiedersehen!" Sie sah ihn nicht an dabei. Clark ließ es geschehen.

Nachdem sie die Tür hinter ihm geschlossen hatte, genehmigte sich Lois ein paar Sekunden um inne zu halten. Sie hatte ihn schon wieder nicht ausreden lassen, wie Clark damals. Aber sie konnte sich jetzt nicht um Clarks Befindlichkeiten kümmern, sie musste sich um Caleb kümmern, der immer noch ganz verschrocken auf dem Küchenboden saß und sie mit großen schokobraunen Augen ansah. "Oh, Caleb mein Schatz, mach dir keine Sorgen, alles ist in Ordnung, mein Liebling." Sie ging auf ihn zu und nahm ihn auf den Arm, woraufhin er sie anstrahlte. "Du bist doch meine einzige große Liebe. Was mach ich denn bloß, damit du nicht auch so ein fieser Kerl wirst, wenn du mal groß bist?" Lois drückte ihren Sohn an sich, ihren Fels in der Brandung, der Einzige, auf den sie sich wirklich verlassen konnte. Dann wischte sie sich schnell die Träne weg, die ihr über die Wange rollte.

***

Clark konnte später niemals sagen, wie er diese Nacht überstanden hatte, er wusste weder, wie er von Lois' Apartment aus nach Hause gekommen war, noch was er den Abend über gemacht hatte. Seine Erinnerung bestand nur aus den Gedanken, die ihm durch den Kopf jagten. Erst die Erkenntnis, dass Caleb sein Sohn war, der Sohn Supermans. Er hätte es nie für möglich gehalten, dass sie gemeinsam ein Kind zeugen könnten. Es hätte sonst in seiner Verantwortung gelegen, das zu verhindern. Und wenn er gewusst hätte, dass sie schwanger war, so wäre er zurück gekommen, oder am besten gar nicht erst mit den Neu-Kryptoniern mitgegangen, wie sich die Situation auf Neu-Krypton entwickelt hätte. Aber all das hatte er erst heute erfahren. Und all das hätte er so gerne Lois gesagt, aber sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Ironischerweise konnte er sie sehr gut verstehen. Er hatte sich verhalten wie ein Schuft. Er hatte immer gewusst, wie sehr Lois in Superman verliebt war, es hätte ihm klar sein müssen, dass es zwischen ihnen keinen unschuldigen Kuss geben könnte. Indem er sie geküsst hatte, hatte er das ganze Drama ausgelöst. Es war alles seine Schuld.

Insofern hatte Lois völlig Recht in rauszuschmeißen, ihm eine Ohrfeige zu geben. Die hatte er zwar nicht gespürt, jedenfalls körperlich hatte sie nicht geschmerzt. Er hatte sie sicher verdient. Vielleicht würde sich Lois ja in ein paar Wochen soweit beruhigt haben, dass er die Chance bekam, seinen Sohn gelegentlich zu sehen.

Er hatte einen Sohn. Das war das Beste an dieser ganzen verkorksten Situation. Er hatte wirklich einen Sohn. Caleb war sein Sohn, Lois' und sein Sohn.

Auch wenn er geglaubt hatte, diese Nacht würde nie enden, irgendwann kam doch der Morgen und er konnte zum Planet gehen. Das würde ihn vielleicht etwas ablenken, aber er würde auch Lois wieder sehen. Ob sich ihre Laune, ihre Wut gelegt hatte? Jede Möglichkeit mit ihr zu sprechen beinhaltete die Chance, dass sie sich versöhnten, oder wenigstens annäherten, Waffenstillstand schlossen.

Doch kaum kam er in der Redaktion an, da bat Perry ihn sofort in sein Büro. Als Clark das Büro seines Chefredakteurs betrat, saß Perry in seinem Sessel und sah Clark finster an. "Clark, ich freue mich wirklich, das du wieder für den Planet arbeitest, deine Artikel sind immer noch so gut wie ich es erwartet habe, aber kaum bist du wieder da, macht Lois Probleme. Wir haben jetzt zwei Jahre hinter uns, in denen sie ihr extremes Verhalten fast normalisiert hat, aber jetzt ist es aus dem Ruder. Was ist da los bei euch?"

Hatte sie etwa gekündigt? Aber das würde Lois nie tun, der Planet war ihr Leben. "Was ist passiert Chef?", fragte Clark unsicher.

"Sie hat sich Urlaub genommen, auf unbestimmte Zeit. 'Ich muss mir über jemanden Klarheit verschaffen'. Wollte ein paar Tage wegfahren. Mit jemanden meint sie doch dich - oder?"

"Ich fürchte ja. Aber Chef, ich kann nicht darüber reden." Okay, Urlaub, sie hatte nicht gekündigt, das war erst einmal gut so. Sie würde wiederkommen, irgendwann.

Perry sagte in ganz ruhigem Ton zu ihm: "Gut. Wenn du nicht reden willst - bitte. Wie du das hin bekommst, ist völlig gleich. Wenn ihr es nur schafft, das zu regeln, ist es gut. Es ist besser für sie und besser für den Planet. Ich will mich nicht irgendwann entscheiden müssen, wer von euch beiden den Job behält. Wir verstehen uns?"

Clark nickte. Natürlich verstand er. Aber wie sollte er das hinbekommen. Lois war so sauer, so wütend, sie hatte ihn rausgeschmissen, hatte im eine Ohrfeige gegeben. Und das alles, weil er jetzt endlich ehrlich zu ihr war. Gut, es wäre natürlich besser gewesen, vor zwei Jahren ehrlich zu ihr zu sein. Aber das konnte er doch jetzt nicht mehr ändern. Was konnte er also tun?

Es gab nur eine Lösung, er musste mit ihr sprechen. Aber wie, wenn er doch nicht wusste wo sie war?

Die nächsten Tage verbrachte Clark damit, dass er tagsüber versuchte sich möglichst gut auf seine Arbeit beim Planet zu konzentrieren. Manchmal lenkte ihn das etwas ab, manchmal konnte er sich aber auch kaum auf den jeweiligen Fall konzentrieren. Jede freie Minuten sah er bei Lois' Apartment vorbei, um zu sehen, ob sie vielleicht wieder da sei. Aber ihre Fenster waren dunkel. Am liebsten hätte er die ganze Welt nach ihr abgesucht, aber er sollte doch auch respektieren, dass sie ihn nicht sehen wollte. Die Zeit schien fast still zu stehen. Alle Uhren schienen falsch zu gehen.

Eine Woche nach dieser denkwürdigen Ohrfeige klopfte es abends an Clarks Wohnungstür. Er hatte heute extra früh Schluss gemacht im Planet, da er sich immer noch nicht so recht konzentrieren konnte, aber zu Hause war es nicht besser. Er hatte gerade überlegt, ob er nach Kansas fliegen sollte. Noch war Superman nicht wieder aus der Versenkung aufgetaucht, aber in der Dunkelheit konnte er ohne Probleme fliegen. Doch genau in dem Moment, als er sich durchgerungen hatte zu seinen Eltern zu fliegen, riss ihn dieses Klopfen aus seinen Gedanken. Clark öffnete.

Es war Lois. Sie stand vor seiner Tür mit Caleb auf dem Arm. Und sie sah toll aus. Völlig entspannt spielte sie mit ihrem Sohn, brachte ihn zum Lachen. Und immer wenn sie das tat, wirkte sie so vergnügt.

Clark wusste gar nicht, was er sagen sollte. Und wenn sie wieder zu einer wütenden Tirade ansetzte, auch gut. Er würde es ertragen, alles war besser als dieses unerträgliche Schweigen.

"Lois... " Mehr fiel ihm einfach nicht ein. Zum einen war er wirklich völlig sprachlos, auf der anderen Seite hatte er auch große Befürchtungen, dass nur ein falsches Wort alles zunichte machen würde und sie wieder gehen würde.

Lois kam herein und sah sich um. "Komisch. Als ich das letzte Mal hier war, waren alle Möbel zugedeckt..."

"Du warst in meiner Wohnung, während ich weg war?" Clark lachte vorsichtig. "Ach ja, verschlossenen Türen waren ja noch nie ein wirkliches Hindernis für dich." Diese Frau war einfach unglaublich. Aber es bedeutete auch, dass sie mit Clark hatte reden wollen, nachdem er gegangen war.

Lois zog sich ihren Mantel aus und gab ihn Clark, dann zog sie Caleb aus. Der lief gleich darauf brabbelnd durch Clarks Wohnung. Er kannte sich hier ja bereits bestens aus. Dann setzte sich Lois auf das Sofa.

Zögerlich setzte sich Clark zu ihr, ganz ans andere Ende. Er hatte immer noch Angst, mit einer unbedachten Handlung oder einem falschen Wort alles kaputt zu machen. "Lois, ich bin so froh, dass du wieder mit mir redest."

Sie sagte ganz ruhig: "Nun ja, wir haben ein Kind zusammen, ich denke, da sollten wir miteinander reden."

Clark traute sich ein vorsichtiges Lächeln. "Alles ist besser als dieses Schweigen, sogar dein Wutausbruch. Und um es gleich vorweg zu nehmen, du hattest mit allem Recht." So viel hatte er eigentlich gar nicht sagen wollen, nicht bevor er wusste, was Lois von ihm wollte.

"Clark, ich habe viel nachgedacht die letzten Tage", sie stütze ihren Kopf in ihre Hand und wirkte sehr entspannt, während sie das sagte, "und eines ist mal klar, du hast ziemlich viel verkompliziert, indem du mir vorgemacht hast, du seist zwei Personen. Ich hingegen hab es dir auch nicht gerade leicht gemacht mit meiner ganzen Schwärmerei für Superman, den strahlenden Helden, den Unerreichbaren. Und meiner anfänglichen Verachtung für Clark, die erst nach und nach immer freundschaftlicher wurde. Aber im Gegensatz zu dir habe ich nicht gelogen, während du das vom ersten Tag an gemacht hast."

Clark wollte das erklären, er wusste doch die ersten Tage nicht, wie weit er ihr vertrauen konnte, er kannte sie doch nicht. Doch Lois ließ ihn nicht zu Wort kommen. Sie sah ihm direkt in die Augen und fuhr fort: "Ich kann das sogar verstehen, ich hätte an deiner Stelle vielleicht genauso gehandelt. Aber es gibt eine Sache, die ich einmal grundsätzlich klären muss..." Sie machte eine Pause und sah ihn aufmerksam an.

Clark, der immer noch auf den ausbrechenden Vulkan wartete, hielt die Spannung kaum noch aus.

Lois sprach immer noch genauso ruhig weiter, während sie ihn ernst ansah: "Diese Nacht... diese Nacht als Fehler zu bezeichnen ist das Letzte. Clark, die Folge dieses Fehlers räumt gerade dein Bücherregal aus. Es ist auch dein Fleisch und Blut und du sprichst von einem Fehler." Lois sah ihn aufmerksam an. Clark konnte die Wut, die sie unter ihrem kühlen, beherrschten Äußeren verbarg, nur erahnen.

"So habe ich das doch nicht gemeint." Langsam verstand er ihre ganze Wut. Das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben, verstärkte sich gerade wieder. Er holte noch einmal tief Luft. "Es war ein Fehler, dass ich als Superman zu dir kam. Es war ein Fehler, dich zu küssen, wo ich doch wusste, dass ich die Erde am nächsten Morgen für immer verlassen müsste. Ich hätte einfach ahnen müssen, was daraus werden kann, ganz besonders, nachdem du nicht noch einmal mit Clark gesprochen hast. Es war ein Fehler, dir erst am Morgen zu sagen, dass ich gehen musste, für immer, das habe ich doch damals noch gedacht, dass es für immer wäre. Und natürlich war es ein Fehler, dir nicht vorher die Wahrheit gesagt zu haben. Dieses Wunder", bei dieses Worten sah er zu Caleb, der vergnügt Türmchen aus seinen Büchern baute, "das ist doch kein Fehler. Es ist das Wunderbarste, was ich mir vorstellen kann. Ich möchte, dass du mir alles erzählst von ihm - alles. Ich habe doch alles verpasst."

"Clark, ich bin noch nicht fertig mit dir. Glaube ja nicht, ein paar Sätze von dir, die für sich genommen schlüssig klingen, können das aufwiegen, was ich durchgemacht habe. Die beiden wichtigsten Männer in meinem Leben, die Einzigen Freunde verlassen mich gleichzeitig und ich war schwanger! Schwanger von einem Außerirdischen. Hast du überhaupt eine Vorstellung, was ich für eine Angst hatte?"

"Lois, ich wusste doch nicht..."

"Lass mich ausreden, Clark! Ich sagte doch, ich bin noch nicht fertig. Ich hatte keine Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich wusste nicht, ob die Ärzte irgendetwas merken würden. Ich weiß doch noch nicht mal, wie sich eine normale Schwangerschaft anfühlt und dann bekam ich das Kind eines Unverwundbaren. Was, wenn das Kind auch schon unverwundbar wäre, was hätte das für mich bedeutet? Aber es ging alles gut. Doch dann war ich ganz alleine mit ihm. Clark, keine Nacht mehr durchgeschlafen. Ich habe doch gar keine Ahnung von Kindern. Und ja, du liegst vollkommen richtig, ich hatte Recht dich rauszuschmeißen, dir eine Ohrfeige zu geben und ich hatte Recht, wütend auf dich zu sein." Lois sah ihn an und atmete einmal durch. "Aber da ist noch etwas. Er ist einfach der süßeste Kerl, den ich mir vorstellen kann. Wenn er mich anlacht, geht einfach die Sonne auf. Und bei jedem Bauchweh oder bei jedem Zahn leide ich mit. Es bricht mir das Herz, wenn er weint. Und er sieht dir sehr ähnlich. Jedes mal, wenn ich ihn ansehe, blicke ich in deine Augen. Bis vor ein paar Tagen dachte ich noch, es wären die Augen von Superman." Lois schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. "Aber Clark... wenn wir überlegen wollen, wie es weitergeht, ob es weitergeht... mit uns meine ich, dann muss ich von dir wissen, kann ich mich auf dich verlassen?"

Clark glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, sie hatte 'uns' gesagt. Sie dachte über 'uns' nach. "Ich weiß, dass du in mir den Kerl siehst, der sich vor der Verantwortung gedrückt hat. Aber ich war Lichtjahre von hier entfernt. Ich habe doch nicht gewusst, dass du schwanger warst, dass du überhaupt schwanger werden könntest. Ich hätte nicht gedacht, dass wir beide soviel biologische Kompatibilität aufweisen, dass es überhaupt funktioniert. Wenn du mich nur lassen würdest, würde ich gerne zeigen, was Verantwortung für mich bedeutet. Eigentlich bin ich sehr verlässlich. Und ich wäre so gerne dabei gewesen, hätte so gerne alles miterlebt."

Lois zog ein Zettel aus ihrer Handtasche und grinste. "Okay, du bekommst Bewährung. Möchtest du sein erstes Ultraschallbild sehen? Ich habe es extra eingepackt." Clark nickte aufgeregt. Hatten sie jetzt endlich ihren Weg gefunden zu reden und alles zu klären? Und vielleicht sogar den Weg für eine Versöhnung zu ebnen? "Das war ein ziemlicher Schock für mich, das kannst du mir glauben." Sie hielt ihm das Ultraschallbild hin.

Ganz fasziniert sah Clark auf den kleinen Ausdruck, so klein, nur wenige Zentimeter und doch schon alles erkennbar. "Was hat dich eigentlich zum Arzt getrieben?" Clark wusste um Lois' Abneigung gegen Ärzte.

Sie lachte. "Mich? Gar nichts. Aber Perry, der hat mich gezwungen. Ich war so übel gelaunt wie noch nie in meinem Leben, mir war ständig schlecht und ich hatte auch ganz gut zugenommen. Ich denke mal, er hatte eher so etwas wie ein Magengeschwür erwartet, wie ich, ehrlich gesagt, auch. Tja, aber dieses Bildchen war doch sehr überzeugend. Ich habe dich gehasst dafür, bis zu dem Moment, wo sie mir den Kleinen das erste Mal in den Arm gelegt haben. Er war wunderschön und sah dir von ersten Tag an ähnlich. Weißt du, die ganze Schwangerschaft habe ich immer geglaubt, ich schaffe das alles nicht alleine. Aber es ist erstaunlich, was alles geht, wenn es muss. Und heute weiß ich einfach, er ist das Unglaublichste, was mir je passiert ist."

"Oh Lois, wenn ich das alles gewusst hätte, wäre ich niemals nach Neu-Krypton gegangen, ich wäre so gerne dabei gewesen. Ich hätte dir geholfen."

Jetzt sah Lois ihn verstohlen an. "Vielleicht ja... beim nächsten..."

"Lois, du meinst, wir beide...?" Beim nächsten? Wollte sie damit andeuten, dass sie sich soweit versöhnen würden, dass es ein 'nächstes' gäben könnte? Clark traute sich kaum zu atmen, so aufgeregt war er.

"Clark, ich weiß selber nicht so genau, wo das hingehen soll mit uns beiden. Aber da ist etwas zwischen uns, etwas, das ich nicht fassen kann. Aber wenn ich dran denke, wird mir ganz kribbelig. Lass es uns langsam angehen. Die schnelle Variante haben wir schon ausprobiert und die hat uns beide ins Chaos geführt. Das möchte ich nicht noch mal erleben."

Clark hatte das Gefühl, es täte sich der Himmel auf. Lois gab ihnen beiden eine Chance. Das war sehr viel mehr als er sich erhofft hatte. Und diesmal würden sie es richtig machen, keine Lügen mehr, kein gegeneinander ausspielen. Ab sofort würden sie sich alles sagen. "Ich würde dich gerne in den Arm nehmen, darf ich?"

Lois nickte und lächelte ihn mit gespielter Strenge an. "Aber kein Kuss. Wir wissen beide, wo das hinführt und wir sind nicht alleine."

Clark legte ihr seine Arme um die Schultern und zog sie etwas näher zu sich. Er hatte das Gefühl, mit dieser Umarmung fing sein Leben noch mal an. Nicht der Moment, an dem er zur Erde zurückgekehrt war, war so bedeutend. Nein, es war dieser Augenblick, in dem alles möglich war.



Ende

Statistik: Verfasst von Magss — Do 4. Aug 2011, 21:15


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2011-08-04T21:12:20+01:00 2011-08-04T21:12:20+01:00 http://superman-forum.net/viewtopic.php?t=906&p=12767#p12767 <![CDATA[Re: Der perfekte Zeitpunkt]]>
BRAUCHT DIE WELT SUPERMAN?


Es ist heute auf den Tag genau fünfzig Tage her, dass Superman die Erde verlassen hat, das sind 1200 Stunden, 72.000 Minuten und 4.320.000 Sekunden und die Erde dreht sich noch immer. Für immer - das waren seine Worte, das hat er in seiner Ansprache an die Menschen in der ganzen Welt gesagt, die hier im Redaktionsbüro des Daily Planet aufgezeichnet wurde. Von hier aus trat er dann auch seine Heimreise an zu seinem Volk. Von hier aus trat er seinen Weg an. Den Weg in eine ungewisse Zukunft und ließ uns alleine zurück.

Was hat er uns in den fast zwei Jahren, die er hier war, gezeigt? Er hat uns gezeigt, dass es Wichtigeres im Leben gibt als Geld verdienen, Karriere machen und den Egoismus des Einzelnen. Er hat uns gezeigt, wie wichtig Menschlichkeit heute noch ist, oder wie wichtig sie wieder wird. Er hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, Stellung zu beziehen, zu helfen und für andere da zu sein. Denn so sehr wir auch rufen, er ist nicht mehr da, er wird uns nicht mehr zur Hilfe eilen.

Seit er vor zwei Jahren plötzlich am Himmel aufgetaucht ist, hat er uns täglich gezeigt, was für ein außergewöhnlicher Freund er ist. Immer und immer wieder. Aber das hat weniger mit seiner Stärke zu tun. Ganz im Gegenteil; obwohl er über all diese Kräfte verfügt, ist es ihm nie in den Sinn gekommen, sie zu nutzen, um sich die Erde untertan zu machen. Nie hat er seine Macht missbraucht. Immer hat er seine Kraft und seine besonderen Fähigkeiten der Menschheit zur Verfügung gestellt und damit so manche Katastrophe verhindert. Manchmal nur für eine einzelne Person, manchmal aber auch für die gesamte Menschheit. Vor seinen Augen sind alle Menschen gleich. Jeder Einzelne, wie die ganze Welt.
Aber braucht die Welt einen Superman?


Sollten wir nicht eigentlich in der Lage sein, all diese Dinge selber zu sehen, statt sie uns von einem Wesen eines fremden Planeten zeigen zu lassen? Sollte es uns nicht zu denken geben, wenn ein Kryptonier mehr Humanist ist, als jeder Einzelne von uns? Wie konnte es passieren, dass wir unsere ureigensten Werte, Wahrheit, Gerechtigkeit und den amerikanischen Weg vergessen konnten?

Das ist ein gesellschaftliches Problem, Konkurrenz, Geltungssucht, Rücksichtslosigkeit und ein gesteigerter Ehrgeiz bestimmen unseren Alltag so sehr, dass wir den wirklich wichtigen Dingen keinen Platz mehr geben.

Braucht die Welt Superman?


Die Antwort lautet: Die Welt braucht keinen Superman, solange jeder von uns das Beste von ihm in sich trägt - und im alltäglichen lebt. Solange wir die Werte, die er uns wieder in Erinnerung gebracht hat, leben. Im Kleinen, wie im Großen. Und das Tag für Tag.

Aber es sollten noch weitere fünf Wochen folgen, bis sie den Satz '... solange jeder von uns das Beste von ihm in sich trägt' bitterlich bereute. Es war der Tag, an dem Dr. Mitchel ihr mitteilte, dass sie das Beste von Superman tatsächlich in sich trug, sie erwartete ein Kind von ihm. Das war wirklich das Letzte, was sie erwartet hatte. Denn auch, wenn es fast lächerlich klang, aber sie hatte nicht erwartet, schwanger werden zu können. Am Morgen nachdem er gegangen war, fragte sie sich nach Verhütung, schob den Gedanken aber völlig beruhigt beiseite, er war schließlich ein Außerirdischer, wie sollte das denn funktionieren? Doch die Evolution schien auch in diesem Fall gesiegt zu haben.

Die Schwangerschaft hatte für Lois drei Seiten, auf der einen Seite musste sie nach und nach allen Leute davon erzählen, schließlich würde es bald offensichtlich werden. Jedenfalls rief die Nachricht ungeahnte Reaktionen hervor. Perry übernahm dabei den väterlichen Part (Lois, wir werden dir helfen, alle, und das, wo es nur geht. Glaube mir, wir werden das hinbekommen, wenn wir alle zusammenhalten, wird es schon gehen. Und bei allen Songs von Elvis, ich will nicht wissen, wer sich da aus der Verantwortung geschlichen hat.) Ihre Mutter übernahm sofort den vorwurfsvollen Part (Ich hab es ja gewusst, auf die Männer ist einfach kein Verlass, Kaum, dass sie ihren Spaß hatten, verschwinden sie. Wenn es ernst wird, sind sie einfach weg. Das Wort Verantwortung hat in ihrem Sprachschatz wahrscheinlich gar keine Bedeutung...) Und Lucy zeigte sich überrascht (Schwesterchen, du und außerehelichen Sex. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Jedenfalls scheinst du dir dafür ja gleich den Richtigen ausgesucht zu haben. Auf und davon.), während ihre Kollegen sich meist nur mitfühlend zeigten (ausgerechnet Lois Lane, die nie Kinder wollte und das auch noch, wo sie jetzt ohne ihren Partner Clark Kent auskommen muss.) Diese Kommentare hörte sie jedoch nur mal versehentlich oder Jimmy berichtete ihr davon.

Auf der anderen Seite beschlich sie hin und wieder eine grausame Angst - sie erwartete das Kind eines Außerirdischen, eines Wesens, das unverwundbar war. Was war davon bereits bei dem Fötus ausgeprägt. Konnte es sie in Gefahr bringen? Würden die Ärzte davon etwas merken? Im Ultraschall oder auch bei der Entbindung? Würde bei dieser Schwangerschaft irgendetwas anders sein als wenn sie das Kind eines Erdenmannes erwarten würde? Und sie konnte ihre Angst mit niemandem teilen. Dass Superman der Vater war, oder besser gesagt der Erzeuger, denn seine väterlichen Pflichten würde er ja nicht übernehmen, all das würde sie nie jemand erzählen können. Um nicht zu viele Spuren zu hinterlassen, wechselte Lois zweimal ihren Arzt, wer wusste schon, wie lange eine kryptonischen Schwangerschaft dauern würde?

Doch neben diesen beiden negativen Aspekten fühlte sich Lois für den Rest der Schwangerschaft besser als sie es erwartet hatte. Sie war körperlich relativ fit und nachdem sie die Das-kann-nicht-sein-Phase hinter sich gebracht hatte, was glücklicherweise schon nach wenigen Tagen geschehen war, ging es ihr so gut wie schon lange nicht mehr. Vielleicht lag es ja auch daran, dass sie sich in dieser Zeit mehr Schokolade und Schokoeis gestattete, als sonst, sie würde ja sowieso dick und rund werden. Jedenfalls war ihre Laune besser als alle das erwartet hatten, auch sie selbst. Mit jeder Woche, die voranschritt, arbeitete Lois etwas weniger, was praktisch eine Entwöhnungsphase für die Zeit direkt nach der Geburt darstellen sollte und was Perry fürsorglich überwachte.

Mit einer ihrer bösesten Befürchtungen hatte Lois dann genau richtig gelegen, die Schwangerschaft dauerte tatsächlich länger als gewöhnlich. Ziemlich genau zehn Monaten nachdem Superman die Erde verlassen hatte, brachte Lois das Redaktionsbüro des Daily Planet völlig durcheinander, indem sie während der Morgenbesprechung verkündigte: "Oh-oh, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das könnten Wehen sein..."

Perry wollte sie zu der Zeit eigentlich schon gar nicht mehr hier sehen, aber Lois meinte, alleine zu Hause zu sitzen wäre doch viel unsicherer als hier im Planet, wo ständig jemand war.

Nur wenige Stunden später erblickte der Sohn Supermans in Metropolis das Licht der Welt, vollkommen gesund und völlig normal, wie ihr die Ärzte mehrfach bestätigen mussten. Und sie bestätigten ihr auch, dass es eine ganz normale und unspektakuläre Entbindung war. Obwohl Lois da im Stillen energisch widersprach. Der Moment, als ihr die Hebamme den Jungen in den Arm legte - faltig und noch ganz glitschig und doch war er das schönste Geschöpf, das sie jemals gesehen hatte - dies war ganz sicher das Spektakulärste, was Lois je erleben durfte.

Zur Namensgebung schlug sie alle Empfehlungen aus und nannte den Kleinen Caleb Elias. Wenn sie jemand fragte, sagte sie einfach, dass ihr der Klang gefiel, Caleb Elias Lane. Aber sie hatte den Namen natürlich ganz bewusst ausgesucht, in der Kurzform: Cal-El Lane. Irgendwann würde sie dem kleinen Cal-El von seinem Vater erzählen, von Kal-El. Aber schon heute danke sie Superman für dieses Geschenk, wenn auch nur in Gedanken.

***

Clark verließ das Raumschiff und flog den letzten Teil des Weges zurück zur Erde alleine. So bestand nicht die Gefahr, dass dieses Raumschiff trotz bester Tarnung auf irgendeinem Radar zu entdecken war. Kaum war er in die Erdatmosphäre eingetreten, erkannte er sofort den spezifischen Geruch dieses Planeten wieder. Welch ein Geruch! Es hatte etwas von Zuhause.

Er flog schnell auf die Erdoberfläche, spürte den Wind auf der Haut; nur auf diesem Planeten hatte er diese Kräfte. Und doch gestand er sich selbst nicht die Zeit zu, dieses Gefühl auszukosten.

Er konnte es kaum erwarten wirklich nach Hause zu kommen, nach Metropolis. Der Rückflug mit dem kryptonischen Raumschiff hatte ein paar Tage gebraucht und während dieser Zeit hatte er immer wieder überlegt, wo er als erstes hingehen sollte. Zum Planet, um Perry zu fragen, ob er seine alte Stelle in der Redaktion wieder haben konnte? Oder zu seinem Vermieter, der seine Wohnung für eine ganze Zeitlang freihalten wollte? Oder zu seinen Eltern nach Kansas, die sich sicher immer noch sehr viele Sorgen um ihn machten? All das waren vernünftige Ziele. Aber seine Gedanken wanderten immer wieder zu der Person, die ihm seit dem Verlassen der Erde nicht aus dem Kopf gegangen war - Lois. Das war sicher das unvernünftigste Ziel.

Aber er konnte nicht anders, er musste sie sehen. Es gab einige Menschen, um die es ihm sehr leid getan hatte sie verlassen zu haben, aber Lois verlassen zu haben schmerzte mehr als alles andere.

Sie würde wütend auf ihn sein, so wütend! So wütend wie nur Lois Lane sein konnte - und das mit Recht. Sie hatte damals, als er gehen musste, vor mehr als zwei Jahren, sehr gelitten. Ganz besonders weil sie sich beide hatten hinreißen lassen zu dieser Nacht. Diese Nacht, die nicht hätte sein dürfen und die doch die süßeste und schmerzlichste Erinnerung war, die er hatte. Aber das war ihm als Superman passiert und erst nachdem Clark Metropolis bereits verlassen hatte.

Er landete in der Gasse gegenüber des Hauses, in dem Lois damals gelebt hatte. Clark hatte lange darüber nachgedacht, wer zuerst wieder auftauchen sollte auf der Erde, in Amerika, in Metropolis, Clark oder Superman. Und er hatte sich für Clark entschieden. Er hatte immer das Gefühl, dass er Lois als Clark sehr viel näher sein konnte, als wenn er ihr als Superman begegnete. Und das war jetzt das Wichtigste für ihn, Lois nah sein zu können.

In der Dunkelheit der Gasse rotierte er in eine Jeans und ein blaues Sweatshirt. Dann betrat er das Haus, in dem sie damals gewohnt hatte. Was würde er tun, wenn sie umgezogen war? Wie sollte er sie dann finden? Sie würde wütend sein, aber diese Wut zu ertragen war besser als irgendwo anders zu sein. Er kam im fünften Stock an. Sie würde wütend sein. Sie würde ihn vernichten wollen. Sie würde ihn überrollen wie ein Hurrikan. Er war nervös. Aber besser die Wut ertragen. Und sie dafür wieder sehen. Endlich. Wenn sie nun gar nicht mehr hier wohnte? Wenn sie nicht mehr alleine wohnte? Clarks Puls raste.

Er klopfte vorsichtig und horchte auf alle Geräusche; gab es da irgendetwas Vertrautes, ihre Stimme vielleicht? Er versuchte das ganze Stockwerk abzuhören, doch da war nichts, was ihm bekannt vorkam. Dann trat jemand von innen an die Tür, sah durch den Spion und öffnete die diversen Schlösser. Clark hielt den Atem an. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen. Er hatte Angst.

Die Tür öffnete sich und da stand sie - Lois. Schöner als er sie in Erinnerung hatte, strahlender, zufriedener. Ihre Haare waren etwas länger als damals, sie hatte sie zusammen gebunden, sonst hatte sie sich nicht verändert. Und wie sah sie ihn an? Was war da in ihrem Blick? Brach jetzt der Sturm los?

Eine Sekunde stockte Lois der Atem, dann weiteten sich ihre Augen und überrascht rief sie aus: "Clark! Nein, das glaube ich ja nicht." Sah das vielleicht sogar nach freudiger Überraschung aus? Clark war sich noch nicht ganz sicher, konnte sein Glück, dass sie ihn nicht gleich umbringen wollte, noch gar nicht fassen. Oder war es nur die Ruhe vor dem Sturm? Lois fuhr fort und lächelte dabei: "Bist du zurück von deiner Weltumseglung, oder wo immer du gewesen bist? Naja, das haben wir ja damals nie besprochen, du hast mir nie gesagt, wo du hin wolltest, genau genommen habe ich dich nicht zu Wort kommen lassen." Genau wie jetzt, dachte Clark belustigt. Lois plapperte. War sie etwa auch nervös? Er hatte vergessen, wie sehr sie jemand an die Wand reden konnte und er hatte vergessen, wie sehr er das geliebt hatte. Lois sprach unbeirrt weiter: "Aber komm doch erst mal rein und setzt dich. Das kannst du mir ja noch alles erzählen. Aber weißt du was? Genau genommen schickt dich der Himmel. Du bist meine Rettung. Ich brauche dringend ein Bad. Ich bin so unglaublich verspannt. Vielleicht könntest kurz mal einspringen. Nur für eine halbe Stunde, dann bin ich wieder ein Mensch. Und dann bin ich für dich da. Würdest du das für mich tun?"

An die Wand geredet, genauso fühlte Clark sich. "Natürlich mache ich das." Was sollte er auch sonst sagen? Ganz davon abgesehen, dass er alles für sie tun würde.

"Okay, eine halbe Stunde, dann bin ich bei dir und wir können reden." Sagte sie, lächelte ihn an und legte das helle Tuch, das sie über ihrer Schulter liegen hatte, auf seine Schulter und verschwand im Bad.

Da saß er nun allein in ihrem Apartment, auf ihrem Sofa und konnte sein Glück gar nicht fassen.

Lois sah toll aus und der befürchtete Wutanfall war ausgeblieben. Er saß hier, hier auf ihrem Sofa, in ihrem Apartment. Und sie hatte ihm nicht den Kopf abgerissen, warum eigentlich nicht? Seit dem Moment, wo seine Rückkehr zur Erde im Bereich des Möglichen gelegen hatte, hatte er immer erwartet, dass Lois unglaublich wütend auf ihn sein würde, weil er damals einfach gegangen war. Aber vielleicht war sie wütender auf Superman. Aus ihrer Sicht könnte das, was er gemacht hatte, wie ein banaler One-Night-Stand ausgesehen haben. Wenn das der Fall war, hatte er den Sturm also noch vor sich, dann aber als Superman.

Was sollte nur dieses Tuch? Es strömte einen eigenartigen Geruch aus, durchaus bekannt, aber er konnte sich nicht erinnern. Clark sah sich um, es hatte sich kaum etwas verändert, oder? Aber je länger er sich umsah, umso anders erschien ihm alles. Lois war eigentlich immer relativ ordentlich gewesen, aber jetzt? Überall lag etwas herum, hier ein Stapel Zeitschriften, dort die Post von mehren Tagen. Ihre Jacke. Unter dem Tisch standen zwei riesigen Holzkisten, in denen völlig durcheinander irgendein Kleinkram lag. Vielleicht hatte sie im Moment wenig Zeit zum Aufräumen. Die Arbeit?

Mehr Zeit bekam er nicht, seinen Gedanken nachzuhängen. Ohne dass ihm klar wurde, wie schnell die Zeit vergangen war, kam Lois auch schon wieder zurück. Auch sie trug jetzt eine Jeans und ein einfaches und bequemes Sweatshirt. Während sich der süßliche Duft ihres Badeöls in ihrem Apartment verbreitete, setzte sie sich zu ihm.

"Clark, du warst meine Rettung, meine rechte Schulter war so verspannt, dass sie sich anfühlte wie Stein." Lois wirkte jetzt völlig entspannt. "Magst du etwas trinken, einen Kaffee, Cola oder ein Glas Wein? Aber warte mal, ich habe glaube ich gar nichts Alkoholisches da."

"Cola ist völlig in Ordnung." Lois erschien ihm völlig verändert und das lag nicht nur daran, dass er einen wütenden Hurrikan erwartet hatte. Sie wirkte viel gelassener, so als hätte sie sich mit ihrem Leben alleine - war sie denn alleine? - sehr gut arrangiert.

Während sie aus der Küche zurückkam mit zwei Gläsern kalter Cola, fragte sie ihn gelassen: "Und wie lange bleibst du in Metropolis?" Auch in dieser Frage fehlte der Lane'sche, spitze Unterton, den er erwartet hatte.

Und die Antwort war nicht gerade leicht, was sollte er antworten? Clark war auf Krypton gewesen und jetzt wollte er wieder in Metropolis leben, der Stadt, die er immer als seine Heimatstadt angesehen hatte? Dann konnte er ihr auch gleich mitteilen, dass Clark und Superman eine Person waren. Mit der Antwort würde er den erwarteten Hurrikan sicher herauslocken können. "Ich würde gerne für länger bleiben, mal sehen, ob ich meine Wohnung wieder bekommen kann." Etwas ausweichend, aber nicht gelogen, damit konnte Clark leben, vorläufig.

"Willst du wieder zum Planet? Warst du schon bei Perry?"

"Das würde ich wirklich sehr gerne und am liebsten auch wieder als dein Partner", rutschte es ihm leise heraus. Er griff damit etwas vor, wollte er dieses Thema doch erst später angesprochen haben.

Lois lächelte. "Oh, ich denke, das ist überhaupt kein Problem, Perry wird sicher alle Hebel in Bewegung setzen, dass du deine Stelle wieder haben kannst. Er mag dich, er mochte dich immer. Und er schätzt deine Arbeit. Was die Partnerschaft angeht...", hier druckste Lois nun etwas herum. Jetzt bekam Clark endlich seinen Dämpfer, er wusste es.

Ein wenig unsicher fuhr Lois fort: "Ich... nun ja, ich weiß, wie unglaubwürdig das jetzt für dich klingen mag, aber ich arbeite im Moment weniger als eine halbe Stelle, kaum mehr als drei, manchmal vier Stunden am Tag. Das ist wohl nicht das Richtige für eine Partnerschaft. Jedenfalls wäre es nicht fair."

Lois Lane und drei Stunden Arbeit am Tag?! Was machte sie den Rest des Tages?

In diesem Moment vernahm Clark ein Geräusch aus Lois' Schlafzimmer. Für ihn klang es wie ein Grummeln und so leise, dass er es ohne Supergehör wohl kaum vernommen hätte. Doch Lois stand auf und sagte locker: "Ach, ich hab es geahnt. Entschuldige mich." Sie ging nach nebenan und kam nur eine Minute später wieder zurück und hatte ein Kind auf ihrem Arm! So dunkle Haare wie Lois und vielleicht etwas älter als ein Jahr alt.

Während Clarks Kinnlade auf seiner Brust lag, versuchte Lois das Kind zu beruhigen. "Kannst du nicht schlafen? Böser Zahn. Sieh mal Caleb, wir haben Besuch. Den kennst du noch gar nicht, nicht wahr? Das ist Clark, das war früher mal Mommys Kollege beim Planet und jetzt kommt er vielleicht bald wieder. Dann wirst du ihn da auch mal sehen." Und zu Clark gewandt, "Ich rede einfach immer mit ihm, manchmal schläft er davon wieder ein. Obwohl ich nicht darüber nachdenken darf, dass ich so eine einschläfernde Wirkung habe..." Sie lachte entspannt. Inzwischen hatte sie sich zusammen mit dem Kleinen wieder zu ihm aufs Sofa gesetzt.

Clark hatte sich immer noch nicht von dem Anblick erholt, er saß vollkommen versteinert da, ihm blieb einfach nur die Luft weg und er konnte sich nicht rühren, als ihm plötzlich ein Gedanke durch den Kopf schoss, wer mochte der Vater sein? Hatte er ein Recht, Lois das zu fragen? Nein, Superman hätte es vielleicht noch gehabt, aber der war nicht hier. Clark rechnete fieberhaft nach, der Kleine war bestimmt etwas älter als ein Jahr, war also ungefähr vor zwei Jahren gezeugt worden. Gedankenverloren reichte er Caleb seinen kleinen Finger und sah ihn staunend an. Was für kleine Hände er hatte und Caleb griff beherzt zu und lächelte Clark an. Er musste unbedingt herausbekommen, wie alt der Kleine war, aber er konnte doch Lois nicht fragen, wann wurde er gezeugt - und von wem. Aber genau das war es, was er wissen musste. "Lois... du hast ein Kind?", stammelte er, "Sag, wie alt ist er denn, wann hat er denn Geburtstag?" Nicht besonders geschickt, aber vielleicht würde es ihm weiterhelfen.

Lois spielte immer noch mit dem Kleinen und sie wirkte so entspannt dabei. "Calebs Geburtstag ist schon ein wenig her, er ist jetzt ein Jahr und drei Monate alt, geboren ist er am 12. Januar, ein kleiner Steinbock, der wird sich schon durchbeißen, da hab ich keine Sorge. Wenn er erst mal den Kampf gegen diese bösen Zähne gewonnen hat."

Damit müsste seine Zeugung... einen Monat nach seiner - Supermans - Nacht mit Lois passiert sein. Also war er nicht der Vater. Puh, Glück gehabt, obwohl es auch wirklich ein schöner Gedanke gewesen wäre, wenn es etwas so Verbindendes zwischen ihm und Lois gegeben hätte. So ein kleines Wunder. Selbst auf die Gefahr hin, dass sie ihm noch im Nachhinein den Kopf dafür abreißen würde. Auf der anderen Seite würde es bedeuten, dass Lois nur einen Monat gebraucht hatte, um in die Arme eines anderen zu finden. Wer konnte das nur sein? So einen bleibenden Eindruck, wie sie auf ihn gemacht hatte, konnte er wohl bei ihr nicht hinterlassen haben. Clarks Gedanken drehten sich Kreis. Er war so froh wieder hier zu sein, hier bei Lois zu sein und in Metropolis. Aber es war auch alles so anders als er es erwartet hatte - so vollkommen anders.

Und es fiel ihm schwer, dass er niemanden zum Reden hatte, in den letzten zwei Jahren war in der Tat viel passiert, auch für ihn. Am liebsten würde er mit Lois reden, über Caleb, über sie, über sich. Aber dieses Gespräch konnte nur Superman mit ihr führen und der war noch nicht da. Verdammt, vielleicht hätte er doch erst als Superman wieder auftauchen sollen und ein paar Wochen später dann als Clark. Aber er hatte beschlossen zuerst als Clark zurückzukehren, weil Clark immer eine größere Nähe zu Lois hatte. Zwischen Superman und Lois hatte es immer eine viel größere Distanz gegeben. Diese besagte Nacht war sicher nur auf Lois' Schwärmerei zurückzuführen. Er würde ihr so gerne alles erklären, seinen Weggehen, Supermans Weggehen. Er musste sie unbedingt fragen, warum sie sich so schnell mit einem Anderen eingelassen hatte aber hatte er ein Recht dazu? Und wo war der Andere jetzt? Aber konnte er Lois nicht auch verstehen? Er wusste, warum er gegangen war, sie nicht. Er wusste, dass Clark und Superman ein und dieselbe Person waren, sie nicht. Er wusste, dass er sie liebte, aber sie wusste das nicht. Und er würde ihr am liebsten alles sagen, aber wenn sie von seiner zweiten Identität erfahren würde, könnte sie ihm das jemals verzeihen? Aber hatte er eine andere Chance? So viele Fragen.

Er sollte nach Kansas fliegen, es würde ihm gut tun zu reden. Nein, er musste reden - unbedingt, sonst würde er noch irgendwann platzen.

***

Zwei Tage später hatte Clark das Gefühl, dass er seine wirren Gedanken nun etwas unter Kontrolle hatte. Vieles hatte sich inzwischen geklärt. Perry hatte ihm tatsächlich seinen Job wieder gegeben, hatte ihn aber auch gleich darauf hingewiesen, dass eine Partnerschaft mit Lois wohl nicht in Frage käme. Nicht wegen der Stunden, da gäbe es sicher einen Weg, sondern... "Weißt du Clark, ich denke Lois ist nur auf den ersten Blick so entspannt. Mad Dog Lane ist aber unter der Oberfläche immer noch aktiv." Bei diesen Worten zog Perry vorsichtig ein paar Lamellen seiner Jalousie auseinander, um Lois genauer beobachten zu können. "Sie hat etwas von einem Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann. Und dann lasse ich sie nicht gerne mit Männern zusammen arbeiten, sie ist auf Männer nicht wirklich gut zu sprechen. Es wundert mich, dass sie überhaupt mit dir geredet hat, sonst ist sie nicht so freundlich. Ich denke, es ist die Wut auf den Kindsvater - aber frag mich nicht." Perry hob abwehrend die Hände. "Ich habe keine Ahnung, wer es ist. Sie hat es mit keiner Silbe erwähnt. Hier in der Redaktion gehen natürlich die wildesten Gerüchte um, angefangen bei dir, selbst Jimmy hat man das angedichtet, einige meinten für Lois Lane käme nur eine Spende von der Samenbank in Frage, wieder andere glauben, sie wisse es selber nicht, so eine ungewollte Folge einer durchzechten Nacht. Wie auch immer, dass du noch lebst, spricht dafür, dass du es nicht sein kannst."

Perry setzte sich wieder in seinen Schreibtischstuhl und sah Clark entspannt an. "Aber eines ist mal klar, alle lieben den kleinen Caleb. Eigentlich müsste ich es untersagen, dass sie ihn mit in die Redaktion bringt, aber ich bringe es nicht fertig. Und bis jetzt hat sich noch niemand beschwert. Es ist, als verzaubert der Kleine alle. Und ihre Arbeit hat nach wie vor Klasse."

Clark wollte die Chance nutzen, dass Perry so offen mit ihm sprach. Da gab es noch ein anderes Gerücht. "Was ist mit Harry?" Harry war ganz entfernt mit Perry verwandt und deswegen hatte er als Chefredakteur Harry die Möglichkeit eingeräumt, hier beim Planet einige Erfahrungen zu sammeln, ohne ihn zu bevorzugen, wie er immer wieder betonte.

Perry sah Clark nachdenklich an. "Harry vergöttert Lois, aber sie beachtet ihn nicht, manchmal glaube ich, sie sieht ihn nicht mal. Clark, ich weiß, dass ihr beide euch damals recht nahe gestanden habt, zeitweilig sah es ja fast so aus, als würdet ihr zusammen finden. Aber ganz ehrlich, ich bin mir wirklich nicht sicher, ob du dort weitermachen kannst, wo du damals aufgehört hast. Lois hat sich verändert, sie ist weicher geworden durch das Kind, was sie aber meist nicht zeigt. Und Männern gegenüber ist sie härter geworden. Was sie nun aber meist sehr deutlich zeigt."

'Es ist auf jeden Fall viel komplizierter geworden', dachte Clark, während er Perrys Büro verließ. Und da gab es noch etwas zu klären mit Lois, warum also nicht jetzt?

Er ging zu ihrem Schreibtisch, Caleb war nicht bei ihr, aber Clark konnte sein vergnügtes Quietschen aus einer Ecke des Büros hören. Clark drehte sich nach dem vergnügten Lachen um und sah, dass Caleb auf Harrys Beinen saß, während der ihm fröhlich ein Lied vorsang und ihn dabei immer mal ein wenig kitzelte. Harry ging toll mit dem Kleinen um und er schien ihn wirklich zu mögen. Inzwischen war sich Clark sogar sicher, dass Harry das nicht nur tat, um Lois zu gefallen, er mochte Caleb einfach. Und Caleb mochte Harry. Was auch eigentlich nicht so verwunderlich war, Harry war ein netter Bursche, immer freundlich, rücksichtsvoll, sympathisch, humorvoll und schlau. Clark konnte ihn nicht leiden. "Lois, hast du einen Moment Zeit für mich?"

Lois sah Clark nur kurz an und tippte dann weiter. "Klar, aber fass dich kurz, ich habe noch eine Menge zu tun."

"Ich habe deinen letzten Artikel über Superman gelesen." Clark musste langsam anfangen, seine Fühler auszustrecken, langsam mal vorzufühlen, was ihn erwarten würde. Bis jetzt war es ihm unglaublich schwer gefallen, nicht zu reagieren, wenn er einen Hilferuf gehört hatte oder wenn doch, dann nur ganz verstohlen und verdeckt. Superman sollte eigentlich erst in ein paar Wochen wieder auftauchen, aber inzwischen befürchtete er, dass er es nicht so lange aushalten würde. "Was wäre eigentlich, wenn auch Superman wieder käme?"

Lois sah ihn kurz an, hob ihre Augenbrauen und sagte kühl: "Wer?"

Und dieses eine kurze Wort ließ alle Hoffnungen Clarks zerbrechen. Es war in der Tat sehr viel komplizierter geworden.

***

Inzwischen waren ein paar Tage vergangen. Clark hatte immer mal wieder versucht, mit Lois ins Gespräch zu kommen, aber sie nahm sich keine Zeit für ihn. Sie hatte einfach keine Zeit, sich um seine Befindlichkeiten zu kümmern. Auch wenn es hin und wieder grüblerische Momente gab, in denen sie sich fragte, was sie eigentlich am Abend seiner Rückkehr angetrieben hatte, so zuvorkommend, so ausgesprochen freundlich zu ihm zu sein. Etwas, was sie selber nicht verstand. Vielleicht war sie ja auch nur beruhigt, endlich zu erfahren, dass es Clark gut ging. Aber diesen Fehler hatte sie nicht noch einmal gemacht. Nicht dass er noch auf die Idee kam, sie könnten dort weitermachen, wo sie vor mehr als zwei Jahren stehen geblieben waren. Auf keinen Fall. Sie wollte nicht noch einmal so verletzt werden wie damals. Nie mehr!

Lois sah sich nur noch einmal den letzten Absatz ihres Artikels durch, gut so, er war in Ordnung, dann schickte sie ihn ab. Sie war genau in der Zeit, wunderbar. Zeitmanagement war eines der wichtigsten Dinge als Alleinerziehende.

Ihr Telefon klingelte und bei der Rufnummernanzeige schwante ihr Böses, es war Julie, ihre Babysitterin. Kurz darauf legte sie fluchend auf und überlegte, was sie jetzt noch machen könnte - so kurzfristig. Sie zögerte einen Augenblick und beschloss dann zu Clark zu gehen.

Sie ging zu seinem Schreibtisch, zögerte einen Augenblick und räusperte sich dann. Clark hob den Kopf und sah sie gespannt an. Lois ließ ihren Blick durch den Raum gleiten, während sie sagte: "Hör mal, es gab mal Zeiten, da warst du mein bester Freund. Ist von diesem Gefühl noch etwas da?" Dann sah sie ihn direkt an. "Ich weiß, ich war nicht immer sehr freundlich zu dir in den letzten drei Wochen, seit du wieder da bist. Aber jetzt brauche ich Hilfe." Clark sah sie einfach nur an, sagte aber nichts. Dieses Schweigen war so Clark-typisch. Am liebsten würde sie ihn... Aber sie sollte lieber die Ruhe bewahren, sie wollte schließlich etwas von ihm. "Wie viel dann von meiner Freundschaft noch da ist, sehen wir dann. Also, wie sehr bist du noch mein Freund?"

Clark drehte seinen Bleistift zwischen den Fingern und grinste.

Was erlaubt er sich? Warum grinste er? "Was?"

Er lehnte sich amüsiert zurück. "Du hast mich gerade sehr an jemanden erinnert, die ich hier früher mal kennen gelernt habe - unwichtig. Was kann ich für dich tun?"

Lois bat nicht gerne andere Menschen um Hilfe, das machte abhängig. Aber wenn sie keinen Babysitter hatte, fiel die ganze Planung für heute ins Wasser. Am besten nicht lange darum herum geredet, sondern gerade heraus! "Meine Babysitterin hat gerade angerufen und sehr kurzfristig abgesagt, sie hat Schnupfen. Und naja, du kannst doch sehr gut mit Caleb... Meine Mutter und Lucy kommen und es hat Ewigkeiten gebraucht, bis wir einen Termin gefunden haben, an dem alle können, inklusive Julie, meine Babysitterin. Es sollte ausnahmsweise mal ein kinderfreier Nachmittag sein. Wir machen auch nicht so lange."

Clark nickte nur kurz. "Natürlich mache ich das für dich. Und lasst euch ruhig Zeit. Ich komme schon klar mit ihm."

So sehr Lois es auch verabscheute, von anderen abhängig zu sein, es war sehr nett von Clark, dass er ihr half. "Okay, er wird in ungefähr einer Stunde Hunger haben, das ist alles hier drin. Windeln, Tee, alles hier. Und hier sind seine Spielsachen." Mit diesen Worten reichte sie ihm zwei Taschen rüber. "Lass ihn nach dem Essen etwas schlafen, sonst ist er später unausstehlich. Wenn irgendetwas ist, ruf mich auf meinem Handy an. Und - danke Clark." Dann gab sie Caleb einen Kuss und ging. Hoffentlich würde Clark das hinbekommen.

Als Lois bei ihrem Apartment ankam, waren Ellen und Lucy Lane bereits dort und warteten vor ihrer Tür. "Tut mir leid, dass ich so spät bin", rief Lois gehetzt und öffnete ihre diversen Schlösser. "Meine Babysitterin hat absagen müssen, aber Clark ist eingesprungen. Ich hoffe, es geht alles gut. Kommt rein! Aber nach dem, was ich die letzten drei Wochen beobachten konnte, geht er toll mit Caleb um. Wird schon klappen. Kaffee?"

"Clark? Du meinst aber nicht Clark Kent, oder?", wollte Lucy wissen, die gerade ihre Jacke aufhängte.

Lois nickte, während sie den Kaffee aufsetzte. "Doch, er ist wieder da, seit drei Wochen."

"Wo war er denn überhaupt die ganze Zeit über?" Ellen strich sich gerade ihr dunkelblaues Kostüm glatt, nachdem sie den Mantel ausgezogen hatte.

"Mutter, du wirst es mir nicht glauben, ich habe keine Ahnung. Wir reden nicht so viel über Privates. Aber darüber wollte ich gerne mal reden mit euch - heute."

Lucy hatte es übernommen, den Kuchen mitzubringen und als gäbe es an diesem einen Tag keine Kalorien hatte sie eine kleine Mousse au Chocolat Torte mitgebracht, die sie jetzt auf Teller verteilte. "Worüber willst du reden? Über Clarks Abenteuerurlaub, oder was auch immer er gemacht hat? Oder darüber, dass ihr nicht redet?"

Eigentlich wollte Lois das Thema langsam aufbauen, aber wo sie jetzt schon mal dabei waren, konnte sie auch gleich die Karten auf den Tisch legen. "Nein, eher über Clark oder sagen wir besser noch allgemeiner - meint ihr...", sie zögerte. Es gab da definitiv etwas, worüber sie einfach mal reden musste. Bisher hatte sie gedacht, das sei nur so eine fixe Idee, aber in diesem Moment, wo es zur Sprache kam, merkte Lois selber, dass sie seit Tagen schon daran dachte, wenn auch bisher sehr viel unkonkreter. "Nun ja, meint ihr... ich sollte wieder ausgehen?" So, nun war die Frage raus. Sie brachte die Tassen ins Wohnzimmer.

"Wer steht denn zur Auswahl, Clark? Oder gibt es außerhalb der Redaktion des Daily Planet, was ja irgendwie deine ganze Welt zu sein scheint, noch einen großen Unbekannten?" Lucy sah ihre ältere Schwester erwartungsvoll an und lachte dabei.

Lucy und Lois hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht und Ellen saß ihnen im Sessel gegenüber. "Wieso außerhalb der Redaktion? Wo soll ich denn bitte jemanden kennen lernen? Nein. Genau genommen spreche ich von zwei Kollegen. Auf der einen Seite ist da tatsächlich Clark. Ich meine, seit er wieder da ist, versucht er ständig mich in irgendwelche Gespräche zu verwickeln. Ich glaube, er würde wollen, wenn ich es zuließ." Lois probierte von der Torte, das war jetzt genau das Richtige, viel Schokolade, viel Sahne, herb, üppig und zartschmelzend. "Hmmm Lucy, die ist einfach köstlich. Auf der anderen Seite ist da Harry. Das ist wirklich ein lieber Kerl und er betet den Boden an, auf dem ich gehe. Ehrlich, manchmal ist mir das schon etwas viel, aber er ist wirklich ein lieber Kerl, sehr sympathisch. Und er kann sehr gut mit Caleb."

"Aber die erste Frage ist doch, ob du überhaupt wieder ausgehen willst," sagte Ellen und Recht hatte sie, das war die wichtigste Frage. "Bisher hast du uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit glauben lassen, du hättest von den Männern die Nase voll."

In diesem Moment fragte sich Lois bereits, ob es eine gute Idee war, dieses Thema mit den beiden zu besprechen, aber jetzt kam sie da wohl nicht mehr raus. "Ja-ah, irgendwie schon. Eigentlich will ich mit denen nichts mehr zu tun haben - eigentlich. Aber mal ganz ehrlich, für Caleb wäre es sicher besser, wenn er sehen würde, dass Männer und Frauen eigentlich zusammen gehören. Gehören sie doch, oder? Ich muss jeden Tag damit rechnen, dass Perry mir nicht mehr erlaubt, ihn mit in die Redaktion zu bringen. Ich frage mich eh schon die ganze Zeit, warum er das noch zulässt. Und dann hätte er nur noch mich. Ich glaube, das wäre nicht gut für den Kleinen."

"Sehr vernünftige, typisch Lois kopflastige Argumentation, aber was ist mit dir, Schwesterchen? Würdest du denn wollen...?"

Statistik: Verfasst von Magss — Do 4. Aug 2011, 21:12


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2011-08-04T21:08:39+01:00 2011-08-04T21:08:39+01:00 http://superman-forum.net/viewtopic.php?t=906&p=12766#p12766 <![CDATA[Der perfekte Zeitpunkt]]>
Abgekupfert von SR, werden einige von euch sagen. Recht habt ihr. Nachdem ich kurz nach Weihnachten endlich SR (DVD vom Weihnachtsmann - danke an ihn) gesehen habe, muss ich gestehen, dass die Geschichte schon einen Eindruck auf mich gemacht hat. (Nur ein Wort am Rande, als Superman kommt für mich nach wie vor nur Dean Cain in Frage.) Und dann habe ich gedacht, übertrage doch dieses wirklich interessante Thema mal auf Lois & Clark, wobei ich die Geschichte mit der Erinnerungslöschung nicht leiden kann und natürlich nicht verarbeitet habe. Seht, was dabei rausgekommen ist.

Zeitlich wollte ich es praktisch direkt vor das Date (2. Staffel) setzen, da knistert es schon gewaltig zwischen den beiden, aber wie gesagt, noch gab es dieses Date nicht. Als Grund für Supermans Verschwinden habe ich die Neu-Kryptonier (Ende 3. Staffel) herangezogen. Ereignisse aus verschiedenen Staffeln und Folgen zu mixen haben schon ganz andere Leute geschrieben.

Ein riesiges Dankeschön an KitKaos, deren Beta wie immer sensationell gut ist! Danke

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.




Der perfekte Zeitpunkt

"Nun, Miss Lane, wann hatten Sie denn Ihre letzte Blutung?" Mit diesen Worten setzte Dr. Mitchel Lois den Schallkopf auf den Bauch.

Was war das denn bloß für eine überflüssige Frage. Lois fühlte sich abgespannt, gestresst und überarbeitet. Und gelegentlich machte ihr Magen leichte Probleme, hin und wieder auch mal ein wenig Übelkeit. Aber das war ja schließlich auch alles kein Wunder. Sie arbeitete zu viel, schlief zu wenig, aß zu unregelmäßig und eindeutig zu viel Schokolade und Eis. Das machte sie immer, wenn es ihr schlecht ging. Und schlecht ging es ihr in den letzten Wochen und Monaten. Aber wie gesagt, das war schließlich alles kein Wunder. Seit mehr als drei Monaten war ihr Leben nur noch Chaos.

Außerdem hasste Lois Arztpraxen, obwohl Dr. Mitchel, wie sie zugeben musste, sich wirklich alle Mühe gegeben hatte, diesen Räumlichkeiten ein sehr angenehmes Ambiente zu geben. Die Wände waren in einem freundlichen, warmen Gelbton gestrichen und sie hatte große Bilder von der Apfelblüte aufgehängt. Im Hintergrund lief leise Musik. Alles sehr angenehm, sie hätte es fast genießen können, wenn sie mehr Ruhe gehabt hätte.

Lois wusste eigentlich überhaupt nicht, warum Perry sich beschwert hatte und sie geradezu gezwungen hatte, diese Ärztin aufzusuchen. Sie arbeitete mehr als jeder andere in der Redaktion, manchmal zwölf, vierzehn oder auch sechzehn Stunden am Tag und das in gewohnter Lois-Lane-Qualität, wie ihr Perry immer wieder bestätigte. Aber ihr Chefredakteur hatte ihr in einem sehr ernsten Gespräch mitgeteilt: "Lois, ich mache mir Sorgen um dich. Du arbeitest wie eine Besessene und deine Arbeit ist gut, wie immer, aber du wirkst so... unausgeglichen. Und übernächtigt. Ganz ehrlich, es tut mir leid das sagen zu müssen, aber du siehst furchtbar aus. Und dann diese dauernde Übelkeit. Da ist doch etwas nicht in Ordnung. Und deswegen will ich, dass du zu dieser Ärztin gehst...", an dieser Stelle setzte Lois gerade an, um zu protestieren. Aber Perry sah sie derartig streng an und drohte mit dem Zeigefinger, dass sie lieber sofort verstummte. Sie hatte im Laufe der Jahre ein gutes Gespür dafür entwickelt, wann sie bei Perry lieber schwieg. "Also, es ist nur zwei Häuserblocks entfernt, sie heißt Dr. Mitchel und da hast du in zehn Minuten einen Termin. Und - denke nicht mal im Traum daran, diesen Termin zu versäumen!" drohte Perry.

Und so lag sie jetzt hier und sah auf eines der Bilder, kleine Weiß-Rosa Blüten in Großaufnahme.

Dr. Mitchel wiederholte ihre völlig unpassende Frage.

"Ich weiß es wirklich nicht. Hören Sie, ich habe wirklich viel Stress im Moment und leichte Magenprobleme - das ist alles. Geben Sie mir einfach etwas, um den Magen zu beruhigen und dann ist es gut." Lois versuchte einen möglichst energischen Ton anzuschlagen. Sie hatte wirklich keine Zeit hierfür. Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich noch Unmengen an Artikeln, die bearbeitet werden mussten.

Die Ärztin sah sie freundlich an und lächelte. "Nun, wir reden nicht über Magenprobleme, ich sehe etwa elf Zentimeter, also das sieht aus wie die dreizehnte Woche. Herzlichen Glückwunsch - Sie sind schwanger." Immer noch lächelte die Ärztin sie an.

Lois fühlte sich, als wäre sie von einem Truck überrollt worden - schwanger - das konnte einfach nicht sein - schwanger - aber wie sollte das denn passiert sein? - Schwanger - doch sie selbst konnte auf dem Ultraschallmonitor, den die Ärztin ihr nun zugedreht hatte, ganz deutlich erkennen, dass da etwas war, mit einem Kopf, zwei Beinchen und zwei Ärmchen und es lag genau dort, wo man es erwarten konnte - schwanger... Sie war schwanger!

"Hören Sie, Dr. Mitchel", sagte Lois und sie war selbst überrascht, wie wenig überzeugend sie dabei klang, "das kann einfach nicht sein." Den Gedanken 'Das darf einfach nicht sein' behielt Lois besser für sich. Aber das Ultraschallbild war so überzeugend eindeutig.

Alles weitere, was Dr. Mitchel ihr erklärte und an Tips mit auf den Weg gab, hörte Lois kaum noch. Sie war völlig in ihre wilden, durcheinander sprühenden Gedanken versunken. Natürlich, es war ungefähr drei Monate her, aber sie hatte doch niemals gedacht, dass sie dabei schwanger werden konnte, dass sie beide genügend biologische Kompatibilität besaßen, dass daraus wirklich ein Kind werden könnte!

Das hieß, dass sie jetzt wirklich ein echtes Problem hatte. Sie erwartete das Kind eines Außerirdischen, der seinerseits die Erde vor drei Monaten verlassen hatte, zurückgekehrt zu seinem Volk. Lois hatte wirklich keine Ahnung, was jetzt auf sie zukam. Der maximal mögliche Termin für einen Abbruch war mit der dreizehnten Woche auch bereits überschritten. Nicht dass sie darüber wirklich nachgedacht hätte. Aber wie, verdammt noch mal, sollte sie denn ein Kind großziehen und das auch noch völlig alleine? Denn alleine war sie. So alleine wie noch nie zuvor. Es kam ihr in diesem Moment so vor als hielte das Leben wirklich alle schweren Prüfungen für sie bereit - was hatte sie denn bloß verbrochen?

Alles hatte damit angefangen, dass während Lane & Kent den Scherzbold bekämpften, der es diesmal auf den Präsidenten abgesehen hatte und Superman kaum eine Hilfe für sie war. Es war, wie sie dann später erfuhren, als würde jemand Superman prüfen, seine Fähigkeiten testen. Eine Raumstation drohte bei Eintritt in die Erdumlaufbahn zu verbrennen und Superman schaffte es erst im letzten Moment, sie wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Dann stellten Lois und Clark bei ihrer Recherche fest, die Raumstation war so programmiert, dass sie sich selbst gerettet hätte. Eine Bombe konnte Superman nur in letzter Sekunde durch Lösen eines Rätsels finden und entsorgen, indem er sie in den Orbit schleuderte. Und er musste sich entscheiden, ob er lieber Perry und Jimmy rettete oder eine Million fremder Menschen. Superman war wirklich schwer beschäftigt.

Einen Tag nachdem sie den Artikel über den Scherzbold fertig und ihn überführt hatten konnte Lois dann eine veränderte Stimmung bei Clark und auch sich selber feststellen. Sie selber spürte eine leichte Aufregung, dachte sie immer häufiger darüber nach, ob sie sich nicht doch endlich trauen und ein Date mit Clark haben sollte. Und genau in dem Moment, wo Lois dachte, dies sei jetzt der perfekte Zeitpunkt dafür, durchkreuzte Clark ihr Vorhaben.

Er seinerseits hatte den ganzen Morgen schon irgendwie angespannt gewirkt als gab es etwas, dass ihm auf der Seele brannte als wollte er über etwas reden. Zweimal hatte es ausgesehen als käme er zu ihr und kehrte dann doch um. Doch plötzlich stand er vor ihrem Schreibtisch, machte ein wirklich betretenes Gesicht und fragte sie verstohlen: "Lois, können wir bitte reden?"

Ihre Gedanken kreisten immer noch um das Date und einen kurzen Moment dachte sie, ob Clark womöglich genau die gleiche Idee hatte, doch er sah so ernst aus, während sie aufmunternd zu ihm sagte: "Ja klar, was gibt es denn?"

Betreten sah er an ihr vorbei und sagte zögerlich: "Ich... wie sage ich das jetzt? Am besten gerade heraus... also, ich werde... Metropolis verlassen - für immer." Er sah sie immer noch nicht an.

Lois stockte der Atem; wenn dies ein Scherz war, so war es ein schlechter. "Clark, ich... wieso? Wohin? Wann? Was bitte hat das zu bedeuten?" Lois wusste nicht, welches Gefühl bei ihr gerade die Oberhand hatte, Entsetzen, Wut, Unverständnis, Neugierde oder Enttäuschung.

Clark sah ihr immer noch nicht in die Augen. "Es ist etwas Persönliches...", stammelte er vorsichtig.

"Und? Bin ich Lewis aus der Buchhaltung? Wie persönlich ist es denn, dass du es mir nicht sagen kannst? Und wo bitte willst du denn hin? Habe ich dir irgendetwas getan?"

Clark sah Lois mit unsicherem Blick an. "Es hat nichts mit dir zu tun." Dann senkte er seinen Blick wieder.

Von all den Gefühlen, die Lois abwechselnd durchströmten, gewann die Wut jetzt die Oberhand. Warum konnte er nicht endlich sagen, was denn überhaupt los war? "So, es hat nichts mit mir zu tun", sie hörte den sarkastischen Unterton in ihrer eigenen Stimme, sah aber keine Veranlassung, den heraus zu nehmen, "da bin ich aber froh, wirklich froh. Nun, wer weiß, vielleicht erfahre ich sogar noch, womit es denn zu tun hat." Aber Lois hatte sich inzwischen so in Rage geredet, dass sie ihm nun gar nicht zuhören konnte. "Wie immer hast du diese Entscheidung nur mit dir selber ausgemacht. Ja, bloß mit niemandem reden! Was kann denn schon so wichtig sein, dass du dafür gleich die Stadt verlassen wirst? Und ich bin sicher die Letzte, die es dann erfährt. Hast du schon mit Perry gesprochen?"

Clarks Nicken bestätigte nur ihre Vermutung, dass alle bereits Bescheid wussten. "Dann werde doch glücklich, wo immer du auch hingehen magst!", schleuderte sie ihm schnippisch entgegen und ging zu ihrem Schreibtisch. Dort blätterte sie demonstrativ in ihren Unterlagen und als Clark auf sie zuging, nahm sie genauso demonstrativ den Telefonhörer. All das sollte nur zum Ausdruck bringen, dass das Gespräch für sie zu Ende war und genauso verstand er es auch.

Auch im Laufe dieses Tages und des folgenden änderte Lois ihr Verhalten ihm gegenüber nicht. Sie strafte ihn mit Nichtachtung. Aber sie wurde sich Stunde um Stunde mehr bewusst, wie viel er ihr bedeutete, und genau das machte sie fast schon wieder wütend.

Am Ende des zweiten Tages machten sich aber Unsicherheiten in ihrer strengen Haltung bemerkbar. Indem sie das Gespräch so rüde beendet hatte, wusste sie bis zum jetzigen Zeitpunkt noch immer nicht, was der Grund für seinen Weggang aus Metropolis und scheinbar aus ihrem Leben war. Und wo er hin wollte. Es war bereits später Abend und das Redaktionsbüro lag vollkommen im Dunkeln, bis auf die Schreibtischleuchte an Lois' Arbeitsplatz. Inzwischen war sie ganz alleine in der Redaktion, Clark war heute bereits früh gegangen. Und so beschloss Lois, zu Clark in seine Wohnung zu gehen und noch einmal zu versuchen mit ihm zu reden, selbst wenn es wirklich ein Abschied sein sollte.

Eine halbe Stunde später stand Lois vor Clarks Wohnungstür, die natürlich verschlossen war und auf ihr Klopfen kam keine Reaktion. Nach einem kurzen Moment mit Skrupeln suchte Lois in ihrer Handtasche kurzerhand ihr Werkzeugetui, das ihr beim Öffnen von Türen schon so wertvolle Dienste geleistet hatte. Kaum eine Minute später stand sie in Clarks Wohnung.

Lois glaubte, sie sei in einer anderen Welt, in einer nicht realen und hoffte, dass sie gleich aufwachen würde. Alle Möbel waren mit Tüchern abgedeckt. Die Regale waren leer. Der Kühlschrank war abgetaut und stand offen. Der Strom war abgestellt und so lag alles in einem diffusen Dämmerlicht. Die Wohnung wirkte so leer und kalt, als wäre Clark schon seit Monaten weg, dabei konnten es gerade mal ein paar Stunden sein.

Er war weg! Definitiv und unumstößlich.

Und sie war zu spät gekommen.

Sie stand einfach nur da und konnte es nicht fassen. Kein Gespräch mehr, kein Abschied und keine Antworten. Nie würde sie erfahren, was denn eigentlich los war. Lois hörte ihren eigenen Atem, es war als bliebe ihr die Luft weg. Und das Schlimmste daran war, dass sie es vermasselt hatte. Durch ihre sture und ablehnende Haltung hatte sie sich selbst darum gebracht den Grund zu erfahren und sie hatte sich um die Möglichkeit gebracht, ihm zu sagen was wirklich wichtig war. Am liebsten hätte sie geschrieen, aber wer würde das noch hören? Sie war so wütend auf ihn. Nicht er, sondern sie selbst hatte sich die Möglichkeit genommen ihm zu sagen, was er ihr bedeutete, als Freund, als Partner und wer weiß, was sonst noch.

Hier konnte sie nichts mehr tun. Schweren Herzens machte sie sich auf den Weg in ihr Apartment. Auch wenn es nichts gab, was sie dorthin lockte. Aber ihr eigenes Apartment kam ihr dann auch kalt und leer vor, obwohl sich hier seit dem Morgen natürlich nichts verändert hatte. Aber es spiegelte den Zustand in ihrem Inneren wieder. Ob sie noch genug Eis im Gefrierschrank hatte? Dies würde eine Nacht mit sehr viel Eis werden.

Doch kaum hatte es sich Lois auf ihrem Sofa mit der ersten Familienpackung Schokoeis bequem gemacht, ihre Jacke und Tasche hatte sie einfach irgendwo fallen gelassen, hörte sie von ihrem Fenster ein sehr vertrautes Geräusch: Superman landete auf ihrem Fenstersims. Woher hatte er nur die Eigenschaft, bevorzugt immer dann aufzutauchen, wenn sie sich in Selbstmitleid wälzte?

"Guten Abend. Stör ich?", fragte er, während er leichtfüßig ins Zimmer sprang.

"Superman, nein", sie lächelte ihn aufrichtig an. Das war jetzt genau die richtige Ablenkung, "du störst nicht. Komm doch rein", was natürlich eine überflüssige Bemerkung war, da er ja bereits im Zimmer stand, "ich freue mich, dich zu sehen."

Er kam näher und setzte sich zu ihr aufs Sofa. Dann lächelte er sie an, auf eine Art und Weise, die nur ihm eigen war, so warm, dass sie alles um sich herum vergaß. Sie vergaß Clark, seinen ungeklärten Weggang, den Streit mit ihm und die bittere Erkenntnis, dass sie ihn vielleicht wirklich nie wieder sehen würde. Und sah nur noch in diese Augen, diese schokobraunen Augen.

Superman lächelte jetzt etwas belustigt. "Du hast da ein wenig Eis auf der Nase...", dann wischte er es mit seinem Finger fort.

Obwohl es Lois peinlich war, dass sie sich mit dem Eis bekleckert hatte, genoss sie dennoch seine zarte und fürsorgliche Berührung. Ihr war nie aufgefallen, wie warm seine Hände waren. Und wie sanft, bei all der Kraft. Aber sie hatten sich ja auch nicht so oft berührt. Eigentlich hatten sie sich immer nur dann berührt, wenn er sie gerettet hatte, wenn er mit ihr geflogen war. Und in den Momenten, in denen sie sich im Traum begegnet waren, was für einen Vergleich natürlich nicht zählte, es waren schließlich ihre Träume. Aber das war, bevor sie ihr Herz Clark gegenüber geöffnet hatte. Doch Clark hatte sie verlassen, im Stich gelassen, alleine zurückgelassen und sie wusste immer noch nicht, warum eigentlich. Innerlich versuchte sie ihre Gedanken von Clark weg zu lenken, schon aus Höflichkeit Superman gegenüber, was konnte der denn für Clarks Verhalten - gar nichts. Dann doch lieber an die Träume mit Superman gedacht... Und bei dem, was sie in ihren Träumen mit Superman alles angestellt hatte, konnte sie noch heute erröten. Das durfte niemals jemand erfahren! Das würde auch nie jemand erfahren. Sie sollte besser an etwas Anderes denken.

Superman sah sie mit einem Blick an, den sie gar nicht deuten konnte. Da war so viel Wärme und Zuneigung, und sein Blick berührte sie ganz tief im Herzen. Aber da war noch mehr. Es war, als spiegelte sich ihre Sehnsucht in seinen Augen. Dieser Blick hatte sehr viel gemeinsam mit dem, wovon sie bisher nur geträumt hatte. 'Lois Lane, reiß dich zusammen, jetzt träumst du schon mit offenen Augen!' Aber sie konnte sich nicht losreißen, es war wie ein Strudel, sie verlor sich fast in seinen Augen.

Und dann macht er einen großen Fehler, einen wirklich großen Fehler, einen riesengroßen, nicht wieder gutzumachenden Fehler.

Wäre sie in dieser Zeit nicht so verwirrt gewesen, hätte sie damit umgehen können, hätte sie diese kleine und doch so verhängnisvolle Geste vertragen können, abwehren können oder sie schlicht und einfach übergehen können. Einfach so tun als wäre nichts passiert. Aber sie war so verwirrt, so durcheinander, so wütend auf Clark, der sie einfach im Stich gelassen hatte, so wütend auf die ganze Welt, die all dies hatte passieren lassen und verzweifelt, weil sie nicht verstand, warum ihr das passierte und warum ihr immer wieder so etwas passierte. Kaum hatte sie ihr Schneckenhaus verlassen, hatte sich einem Menschen geöffnet, hatte sich Schritt für Schritt immer weiter auf Clark zu bewegt, da verließ der einfach die Stadt.

Und jetzt saß ihr Superman gegenüber und sah sie auf eine Art an, bei der ihr schwindelig wurde. Wie oft hatte sie davon geträumt, dass er sie so ansehen würde?

Aber das Gemeinste an diesem Gefühl war die Sehnsucht, die damit einher ging. Je näher sie Clark in den letzten Wochen gekommen war, je weiter sie sich auf ihn zu bewegt hatte, je mehr sie sich geöffnet hatte, desto mehr Sehnsucht hatte sie gespürt. Die Sehnsucht, dass jemand für sie da wäre, die Sehnsucht nach einer Umarmung, wenn sie sie brauchte, die Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Nach Zärtlichkeit, Berührung und Nähe...

Und genau das gab ihr Superman, in dem Augenblick, da er ihre Wange mit seiner Hand berührte. Das war die Wärme und Zuneigung, die sie spüren wollte, die sie brauchte. Das war die Nähe, die sie so dringend haben wollte.

In diesem Augenblick hatte sie dem nichts, absolut nichts entgegen zu setzen.

Sie schmiegte sich in diese fast flüchtige Berührung, schloss die Augen und ließ dieses Gefühl zu. Versuchte sich jede Einzelheit einzuprägen, versuchte jeden Finger zu erspüren, den Moment vollkommen auszukosten. Und während sich noch ihre ganze Wahrnehmung auf seine Berührung konzentrierte, spürte sie seine Lippen auf den ihren. Warm, sanft und zärtlich. Es gab einen kurzen Moment der Überraschung. Fragen, Fragmente ihrer eigenen Argumentation schossen ihr durch den Kopf, Superman?! Clark? Wem fühlte sie sich verpflichtet? Wem fühlte sie sich mehr verpflichtet? Warum jetzt, wo Clark sie verlassen hatte? Spielte das eine Rolle? War dies nicht der ursprünglichste Wunsch, den sie jemals hatte? Und dann schien es das Natürlichste von der Welt zu sein. Alles in ihr verlangte nach diesem Trost. Auch Superman war jemand, den sie liebte und den sie begehrte. Nie hatte dieses Gefühl für ihn aufgehört. Und wenn er ihr geben würde, wonach sie sich so sehr sehnte, wonach sie sich verzehrte, so sollte es vielleicht so sein. Lois öffnete ihm weit mehr als nur ihre durstigen Lippen. Sie spürte eine Aufregung, wie sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Ihr Herz schlug wild.

Und dann traf sie eine Entscheidung und dieses eine Mal gab es nicht die Spur eines Zweifels. Ratio, Vernunft, die schlechten Erfahrungen von Jahren und alle Menschen dieser Welt, die irgendetwas einwenden könnten, existierten in diesem Zimmer nicht mehr, beiseite gefegt von der Glut dieses Kusses. Hier und jetzt gab es nur noch ihn und sie, gab es nur noch das 'Wir', gab es nur noch Verlangen. Es war, als hätten sie sich seit Monaten, oder seit Anbeginn der Zeit auf genau diesen Punkt zu bewegt. Beide schienen sie bereit für den Sturm der Leidenschaft, der sich dann entfachte, der alles mitriss, ungebändigt und so gierig, losgelöst und doch so zart...

In der Morgendämmerung, gerade als die Nacht ihr tiefstes Schwarz verlor, öffnete Lois ihre Augen. Auch wenn sie sich sicher war, sich bis vor kurzem noch an seine Schulter geschmiegt zu haben, so waren ihre Arme leer, gingen ihre Hände ins Leere. Aber das beunruhigte sie gar nicht, sie wusste instinktiv, er war noch da. Nicht dass sie irgendwie übersinnlich veranlagt war, aber sie war sich sicher, nach so einer Nacht ging niemand einfach so fort. Lois drehte sich ruhig um und ließ ihren Blick durch das halbdunkle Schlafzimmer gleiten und am Ende des Bettes erblickte sie ihn. Er saß dort und wandte ihr den Rücken zu, was ihr die Möglichkeit gab ihn eingehender zu betrachten. Das schwache Licht zeichnete jeden seiner Muskeln um so deutlicher. Was für ein Rücken, dachte sie schwärmerisch, was für ein Körper. Und was für ein unbeschreibliches Vergnügen ihn berührt zu haben. Die Erinnerung daran trieb ihr ein Lächeln auf die Lippen. Und sie würde es wieder tun, immer wieder würde sie ihre Hände über seine Haut gleiten lassen und ihn damit um seinen Verstand bringen. Lois setzte sich auf und schmiegte sich an ihn, ließ ihre Hände über seine Schultern gleiten und küsste ihn zwischen die Schulterblätter. Da erst bemerkte sie, dass er seinen Kopf nachdenklich in seine Hände gestützt hatte.

Unter ihrer Berührung merkte er auf, hob den Kopf und sah sie erschrocken an. "Ich wollte dich nicht wecken."

Sie stockte in ihrem Streicheln. Was ging hier vor? Diese Haltung von ihm, dieser Blick. Bereute er, was sie getan hatten? Lois schüttelte den Kopf, als könnte sie damit die negativen Gedanken verscheuchen. "Hast du nicht. Aber was ist los?" Lois beschlich Angst. Er war gerade dabei, dies hier zu einem 'Morgen danach' werden zu lassen. Würde er sich als ein ganz und gar irdischer Mistkerl erweisen und nach dieser Nacht einfach gehen wollen? War es für ihn ein Abenteuer, eine unerwartete Zwischenlandung, oder einfach nur ein One-Night-Stand? Wo waren die Ideale Supermans geblieben? Zu der Angst gesellte sich jetzt eine dumpfe Wut.

Er drehte sich jetzt ganz zu ihr um und legte ihr seine Hände auf die Schultern. Sein Gesicht sah nach Geständnis aus, das war es, woran der gesenkte Blick und die ernste Miene um seine Mundwinkel sie erinnerte. Lois war hin und her gerissen, wenn er jetzt tatsächlich sagte, er würde gehen, wollte sie seine Zärtlichkeit nicht mehr, konnte sie sie nicht weiter ertragen. Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Aber die andere Seite in ihr wollte diesen Moment bis zur letzten Sekunde ausschöpfen.

"Lois", begann er vorsichtig, als wog er jedes Wort ab, "ich bin gestern aus einem bestimmten Grund zu dir gekommen. Dass dies hier", er deutete mit seinem Blick auf das Bett, "passierte, war nicht geplant. Nicht... dass ich es bereue, wirklich nicht. Es war das Beste, war ich je erlebt habe. Und ich bin froh, dass du es bist, die mir diese Welt eröffnet hast, bevor... bevor ich gehen muss. Für immer."

Gehen? Immer? Erbost schlug Lois ihm seine Hände von ihren Schultern. "Ich will keine Erklärungen." Er war wirklich der Mistkerl, von dem Lois gehofft hatte, dass sie ihn nie wieder ertragen musste. Aber dass es Superman war, der ihr diesen Dolchstoß verpasste, war das Schlimmste überhaupt. Wütend schleuderte sie ihm ihre Worte entgegen: "Wenn du gehen willst, dann geh! Sofort! Nichts kann das erklären. Es gibt keine Worte dafür. Wenn es für dich nur eine Nacht war... Dann verschwinde aus meinen Augen! Und aus meinem Schlafzimmer! Ich will dich nie wieder sehen!" Tränen brannten in ihren Augen.

"Bitte Lois, hör mir zu!", rief er verzweifelt, während seine Hände wieder zu ihren Schultern gingen, aber kurz bevor sie sie berührten, stockte er, "Ich will, dass du es verstehst. Und ich werde nur gehen, wenn du es willst. Wenn du es verstehst."

Lois kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals, der sie fast zu ersticken drohte. "Wie wird es sein, wenn wir uns wieder sehen? Oder heißt für immer, dass du diesen Planeten verlassen willst?", fragte Lois ironisch, wobei sie das Wort 'Planet' besonders betonte.

In diesem Augenblick wurde sie sich der Situation bewusst, in der sie sich befanden. Sie saßen sich auf ihrem Bett gegenüber, beide nackt und damit verletzlicher als sie es ertragen konnte. Doch statt über die wunderbare Erfahrung dieser Nacht zu sprechen, mit ein paar letzten Streicheleinheiten den Morgen zu begrüßen, sprachen sie über Abschied.

Er senkte seinen Blick. Seine Stimme war nur noch ein Krächzen. "Wenn ich meinen Weg weiter gehe, werde ich tatsächlich die Erde verlassen und wir werden uns niemals wieder sehen..."

"WAS? Was soll das denn bedeuten?" Vor wenigen Augenblicken dachte sie noch, es könnte nicht mehr schlimmer kommen. So etwas sollte man niemals denken, es kommt immer noch sehr viel schlimmer.

"Du erinnerst dich an diese merkwürdigen Tests für Superman vor ein paar Tagen?" Lois nickte stumm. "Jetzt werde ich dir alles darüber erzählen." Er machte auf sie den Eindruck, als hätte er diese Ansprache einstudiert, dann atmete er einmal tief durch und fuhr fort. "Die Mondfähre, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre zu verglühen drohte, die sich aber selber gerettet hätte, wie du und Clark hinterher herausgefunden habt. Die Bombe direkt vor dem Planetgebäude, die ich erst im letzten Moment in den Orbit geschleudert habe. Die aber gar keinen Sinn machte. Und dann die Entscheidung, Perry und Jimmy zu retten oder Millionen fremder Menschen. Du hattest Clark gegenüber geäußert, dass es so aussehen würde, als würde mich jemand testen. Und genau das war es auch. Es waren Tests."

"Wer?" Die Wut und die Entrüstung waren wenigstens vorläufig der Neugierde gewichen. Wo würde diese Geschichte hinführen, wie würde er die Kurve bekommen und ihr schlüssig klarmachen, was die wahnsinnigen Taten von einigen kriminellen Idioten damit zu tun haben sollten, dass er die Erde verlassen wollte. Und wie lange bitte sollte 'für immer' dauern?

Superman fuhr ruhig fort, als hätte er sich seine Worte vorher genau überlegt. "Vor einiger Zeit sind auf der Erde ein paar weitere Kryptonier gelandet. Und sie sind meinetwegen gekommen. Ich wusste doch nicht, dass es Überlebende gegeben hat. Aber einige konnten sich damals, als Krypton explodierte, retten und haben Neu-Krypton gegründet..."

Er berichtete ihr von dem neuen Gesellschaftssystem der Kryptonier und dass sie Probleme hatten, drohten in einem Bürgerkrieg zu versinken, weil ihr vorbestimmter Herrscher nicht da sei. Denn dieser vorbestimmte Herrscher sei er, Kal-El. Und er hätte sich nun entschlossen mit ihnen zu gehen und die Gesellschaft Neu-Kryptons zu retten.

Da war so viel Trauer in seinem Blick, als er sie fragte: "Und, soll ich gehen? Wenn du es willst, bleibe ich hier."

Er legte seine Zukunft in ihre Hände? Er eröffnete ihr hier eine Möglichkeit, von der sie bisher nur in ihren wildesten Fantasien geträumt hatte. Sprach er denn damit nicht auch von einer gemeinsamen Zukunft? Sie hatte ihn das schon einmal gefragt und damals hatte er es kategorisch abgelehnt. Es wäre so einfach, zu sagen 'Bleib, lass mich nicht alleine, niemals'. Und doch war ihr etwas klar.

Ruhig und abgeklärt sagte sie zu ihm: "Wenn du hier bleiben würdest, hier bei mir und wir würden... zusammen sein", damit hatte sie diese Andeutung schon einmal in Worte verpackt, "wann würdest du dich fragen, ob deine Entscheidung zu bleiben, richtig war? Wann würdest du beginnen, die unschuldigen Opfer dieses Bürgerkriegs gegen dieses Gefühl aufzuwiegen? Wann würdest du mich dafür verachten, dass ich dich davon angehalten habe, deinen vorbestimmten Weg zu gehen?" Lois hatte das Gefühl, diese Worte kamen nicht aus ihrem Mund, sie wollte doch genau das Gegenteil von dem, was sie sagte. Sie wollte schreien 'Bleib! Lass mich nicht alleine, berühre mich, wie es du es die letzten Stunden getan hast, lass uns alles teilen', aber ihr war klar, das war ihr Herz, was da so verzweifelt rief. Ihr Kopf wusste, es würde nicht gutgehen, sie hatten keine Chance. Würde er bleiben, würden sie alles Gefühl verlieren, würden sich irgendwann hassen.

Und so ließ sie ihn gehen.

Er sagte beim Abschied, dass er gewusst hatte, dass sie ihn verstehen würde, dass sie ihn bestärken würde. Schön zu wissen, dass sie im Abschied so übereinstimmten, dachte sie sarkastisch.

***

Lois versuchte die nächsten Tage zu überleben, indem sie sich mehr in die Arbeit stürzte als sie es jemals getan hatte und das war auch in der Zeit davor nie wenig gewesen. Wann immer Perry fragte 'Wer macht das?' schnellte ihre Hand blitzschnell in die Höhe. Sie versuchte jede Minute Freizeit zu vermeiden, Zeit in der sie ins Grübeln verfallen konnte. Nur bei einer Aufgabe, die Perry zu verteilen hatte, hielt Lois sich zurück. Die Frage, was die Erde jetzt, da Superman uns verlassen hatte, machen würde; diesen Artikel wollte Lois nicht schreiben. Aber diesmal war Perry der Unerbittliche, kam doch in der Vergangenheit fast jeder Artikel, den der Daily Planet über Superman gedruckt hatte, aus ihrer Feder. Abgesehen von den wenigen Ausnahmen, die Clark geschrieben hatte, aber der war ja auch nicht mehr da.

Lois schob diesen Artikel von Tag zu Tag vor sich her, schrieb ein paar Zeilen und verwarf sie wieder, schrieb einen Artikel, der eine ganze Seite gefüllt hätte, musste dann aber feststellen, dass er viel zu persönlich war, viel zu viele Details enthielt. Dann brachte sie manchmal nur drei Zeilen zustande, verwarf aber auch die wieder. Perry ließ ihr erstaunlicherweise die Zeit, die sie brauchte.

Sie machte in diesen Wochen eine Wandlung durch. Die ersten Tage nach Supermans Abschied reagierte sie auf jede menschliche Regung ihrer Umgebung gereizt und ablehnend. Die Kollegen bekamen das deutlich zu spüren, auch Lois spürte das, aber sie konnte nichts dagegen machen. Wie auch, sie konnte sich selbst nicht leiden. Sie verachtete sich dafür, so abhängig von den tiefen Emotionen gewesen zu sein, zuerst von Superman, dann von Clark und dann wieder von Superman. Und dafür, auf diese Männer reingefallen zu sein, sich mal wieder getäuscht zu haben. Als diese Verachtung sich selbst gegenüber abnahm, beschloss sie, dass sie nie wieder einen Mann auch nur ansehen würde, egal ob er von der Erde oder woher auch immer stammen würde. Damit änderte sich wenigstens ihr Verhältnis zu den weiblichen Kollegen. Den männlichen Kollegen gegenüber zeigte sie sich nach wie vor biestiger denn je.

Nach sieben Wochen war Lois mit dem Artikel soweit, Wochen die scheinbar endlos lang waren, die nur aus Arbeit bestanden. Und doch hatte sie zwischen Börsenberichten, Drogenhandel und Autoschiebereien, Menschenhandel und Korruptionsskandalen Zeile für Zeile versucht auszudrücken, was in ihr vorging, ohne zu viel von dem zu berichten, was niemanden etwas anging.

Statistik: Verfasst von Magss — Do 4. Aug 2011, 21:08


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