A/N: Diesmal wäre der Teil fast nicht mehr zum Post-Termin fertig geworden (Stress, Erkältung, Musenstreik im letzten Augenblick) – dass er doch noch im Zeitfenster ist, verdankt er einzig und allein der besten Beta von allen: Magss! Ganz ganz vielen Dank für das Immer-wieder-drüber-lesen, für den ganzen Input und besonders auch für die absolute Last-Minute-Beta diesmal!!! 
Die Disclaimer von oben gelten hier natürlich auch. Außerdem stammt "Trying Love" aus der Feder unserer Mel, meiner Vocalistin.
Für alle, die wollen, sind hier auch wieder die Outfits zu Teil 3.
Fire!
Teil 3
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Nur wenig später trat Lois aus ihrer Wohnung, frisch geduscht und mit entsprechendem Augen-Make-up und Sonnenbrille, um die dunklen Ringe zu verstecken. Statt ihres üblichen Kostüms hatte sie sich für eine ordentliche, körperbetont geschnittene Dreiviertel-Jeans, eine helle, luftige Bluse und Ballerinas entschieden. Wenn sie schon schlecht geschlafen hatte, dann wollte sie sich wenigstens so wohl wie möglich fühlen.
Sie wusste, in der Redaktion würde Jimmy sie mit einem herrlich belebenden Kaffee erwarten. Sie mit einem Lächeln begrüßen.
Allerdings klang diese Vorstellung verlockender als sie sich anfühlte... Was war nur in sie gefahren?!
Jimmy würde dafür sorgen, dass es ihr an einem Tag wie diesem an nichts fehlte. Lois musste unwillkürlich schmunzeln über ihren jungen Kollegen – Freund, erinnerte sie sich selbst; nach dem Abschiedskuss am gestrigen Abend waren sie nun wohl offiziell zusammen...
Doch so ganz wusste sie immer noch nicht, wie sie sich dabei fühlen sollte. Gerade auch nach den wirren Träumen der letzten Nacht – ausgerechnet vom stillen Bassisten, CK, und aus einem Grund, der im Traum noch sehr viel Sinn gemacht hatte, war sie wegen Jimmy im Gefängnis gelandet – herrschte in ihrem Inneren einiges an Verwirrung und Chaos.
Sie musste und wollte sich erst einmal über ihre Gefühlslage ein wenig klarer werden, bevor sie Jimmy wieder gegenüber trat...
„Uff!“
Es war, als liefe sie plötzlich gegen eine massive Wand. Eine Wand aus Leder und Stoff. Lois begann bereits, sich bei der Person zu entschuldigen – als sie aufsah. Und sich mit einem Mal einem Paar strahlend blauer Augen gegenüber fand. Sie kannte das Gesicht, die hohen Wangenknochen, das markante Kinn, das zurückhaltende und doch warme Lächeln. CK, der rothaarige Bassist. Hastig verdrängte sie auch die letzten Reste ihrer verstörenden Träume. Er war nur ein Musiker.
„Miss Lane, das...“ Er schien nach Worten zu suchen. „Was machen Sie denn hier?“ fragte er nach kurzem Zögern.
Er sah anders aus als gestern. Natürlicher? Verkrampfter? War beides gleichzeitig möglich? Lois schüttelte innerlich den Kopf. Ganz ausmachen konnte sie es nicht. Musterte ihn von unten bis oben, um doch noch auf den Unterschied zu kommen. Er trug ausgewaschene Chucks, einfache bequeme Jeans, ein graues T-Shirt, auf dem in den typischen Lettern bestimmt eine Sportmannschaft stand. Smallville Crows, las sie, als sie sich doch noch die Mühe machte. Darüber eine bequem aussehende schwarze Lederjacke und auf dem Kopf ein hellgraues Golf-Cap, das einen großen Teil seiner Haare bedeckte. Der Look stand ihm. War es die Frisur, die unter der Kappe versteckten Haare, die ihn anders wirken ließen?
Endlich registrierte ihr Verstand, dass er sie ja etwas gefragt hatte. „Ich...“ Sie konnte ihm schlecht von ihrer Nacht erzählen. „Ich war auf dem Weg zur Arbeit,“ antwortete sie schließlich resolut. Erstaunlich resolut, auch für ihre eigenen Ohren. „Und Sie?“
„Ich...“ Er zögerte kurz. Vergrub seine Hände tief in den Hosentaschen, bevor er sie beinahe schon schüchtern anlächelte. „Darf ich Sie...?“ Von der Schüchternheit in seinem Blick war in seiner Stimme nichts zu hören.
„A few months ago when she had nothing else to do,
She went out, looking for something new.
She had decided to try out love,
A new one that should fit like a glove...“
„Oh, Entschuldigung!“ Lois' Augen weiteten sich, als die Melodie sie so plötzlich unterbrach.
Hastig wühlte sie in ihrer Tasche nach ihrem Handy. Und mit einem Mal war es ihr peinlich, ausgerechnet Neskayas Trying Love als Klingelton ausgesucht zu haben – aber waren nicht auf ihre Weise alle Klingeltöne peinlich, rief sie sich selbst zur Ordnung.
Als sie ihr Handy endlich gefunden hatte, war es schon wieder verstummt. Der Anrufer war bereits auf die Mailbox weitergeleitet worden. „1 Anruf in Abwesenheit“ blinkte ihr entgegen. Darunter Lucys Nummer. Na toll! Einen Augenblick lang überlegte Lois, ob sie gleich zurückrufen sollte oder ob es warten konnte – es war Lucy, vielleicht war etwas mit ihrer Mutter oder dem General, oder mit Sammy? Andererseits – es war Lucy, die oft auch wegen den unwichtigsten Dingen anrief...
Noch während Lois das Handy in ihrer Hand ansah und überlegte, klingelte es erneut... „A few months ago when she had nothing else to do,...“ – Sie musste diesen Klingelton ändern!...
„DP – Jimmy O.“ blinkte sie freudig an. Wie von selbst ging ihr Daumen zur Abweisen-Taste. Sie konnte jetzt nicht mit ihm sprechen. Noch nicht seine freudige, seine nette, sanfte Stimme wieder hören. Noch nicht. Sie bräuchte zuerst...
„Ich brauche einen Kaffee. Wollen Sie mitkommen?“ fragte sie den Bassisten unvermittelt.
Er sah sie mit großen blauen Augen an, die Überraschung war auf seinem Gesicht deutlich sichtbar. Anscheinend hatte sie ihn kalt erwischt. Gut... Lois konnte richtiggehend sehen, wie sein Verstand aufholte, wie er realisierte, was sie gesagt hatte – schließlich nickte er heftig, bevor er seine Stimme wiederzufinden schien. „Ja... Ja, klar, gern.“
Lois lächelte erleichtert, auch wenn sie nicht so ganz wusste, warum.
Ihr Handy vibrierte sanft in ihrer Hand. Eine SMS. Sie war von Jimmy. Ach ja, darum, erinnerte sie sich und spürte, wie sich ihr innerlich alles verkrampfte.
„Alles ok bei dir? Wo bist du? Lucy hat angerufen, kann nicht weg, Ron auf Termin + Sam will zu Comicladen. Perry sagt ok, wenn wir bis 12 Artikel fertig haben. <3, J“
Lois seufzte leise. Die Welt hatte sich gegen sie verschworen. Und Jimmy konnte so eine Glucke sein – auch wenn sie zugeben musste, dass er dabei wirklich süß war. Warum ging sie ihm eigentlich gleich wieder aus dem Weg?...
„Miss Lane, alles in Ordnung?“ riss CK sie aus ihren Gedanken. Er stand immer noch da, sah sie besorgt an.
Oh-oh, hatte sie etwa ein so verzweifeltes Gesicht gemacht? Schnell winkte Lois ab. „Alles in Ordnung,“ antwortete sie bestimmt. „Lassen Sie uns einen Kaffee trinken gehen! Ich weiß da genau den richtigen Ort.“
Sie stürmte bereits in Richtung ihres Lieblings-Cafés – Oromo – davon, ohne wirklich zu sehen, ob der Bassist ihr folgte.
Im Gehen tippte sie noch rasch eine Antwort an Jimmy: „Koffein! Bei Oromo. In 30 min dort?“ – Die Antwort ihres Freundes folgte auf dem Fuße: „Hol dich dort ab. Bis gleich. <3“
Pfadfinder! Mit einem zufriedenen Schnaufen stellte Lois das Handy auf lautlos und steckte es zurück in ihre Tasche – keine weitere Störung bei ihrem dringend nötigen Morgenkaffee!
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Das Café war in hellen, warmen Erdtönen eingerichtet; viel Holz, viel Licht, auf den runden Tischen etwas Grün als Kontrast. Es strahlte die gemütliche Natürlichkeit aus, die hippe Studenten dieser Tage bevorzugten. Und es roch einfach himmlisch nach frisch gebrühtem Kaffee und frischem Gebäck. Lois wusste, dieses Versprechen wurde mehr als gehalten; nur selten hatte sie so perfekten Kaffee getrunken.
Ihr Begleiter sah sich neugierig um und rückte seine Kappe zurecht – natürlich, abnehmen konnte er sie nicht, wenn er hier halbwegs ungestört sein wollte. Seine roten Haare waren bestimmt das auffälligste Erkennungsmerkmal an ihm...
CK schien ihren Blick bemerkt zu haben und lächelte sie beinahe schon ertappt an. „Die wenigsten schauen weiter als bis zu den Haaren,“ bestätigte er ihr. „Bis jetzt zumindest. Aber ich bin ganz froh darüber. Im Gegensatz zu Art hab ich's so recht einfach, ein bisschen Privatleben zu kriegen.“
„Das muss anstrengend sein, immer überall erkannt zu werden,“ nickte Lois gedankenverloren. „Besonders, da das ja bei Ihnen doch recht plötzlich gegangen ist... Einen doppelten Espresso, stark, kein Zucker.“ Die letzten Worte waren an den jungen Barista gewandt, der ihre Bestellung aufnahm.
„Kommt sofort, Miss Lane.“
Und während bereits die Cimbali losbrodelte und Lois sich nach einem ruhigen Plätzchen umsah, hörte sie plötzlich den jungen Mann hinter dem Tresen ein überraschtes „Sie sind doch der Bassist von Fire!, oder?“ von sich geben.
Lois wandte sich nun doch wieder dem Geschehen am Counter zu. Oft zeigte sich ja gerade beim Umgang mit Anderen die wahre Natur vieler Leute. So gut wie sie schienen, konnte diese Band doch gar nicht sein! Außerdem wäre es sicher spaßig zuzusehen, wie dieses Musiker-Indies-Bürschchen sich da heraus wand. Nachdem sie diesen Artikel niemals gewollt hatte, wäre das vielleicht eine kleine Entschädigung.
Für einen Augenblick konnte sie den Blick des Bassisten hilfesuchend hin und her huschen sehen und versuchte das schadenfrohe Grinsen von ihrem Gesicht fernzuhalten.
Dann jedoch nickte CK lässig. Lächelte. „Erwischt. Ich bin hier für ein Interview mit Miss Lane.“ Er warf Lois einen kurzen Blick zu und sie hoffte, ihre Verwirrung in diesem Moment war ihr nicht allzu deutlich anzumerken. Und wie leicht ihm diese Ausrede über die Lippen ging!...
„Alles klar. Ich sorge dafür, dass Sie nicht gestört werden... Aber könnte ich noch eine Autogramm bekommen? Meine Freundin steht total auf eure Musik,“ flüsterte der Barista konspirativ, wenn auch von einem Ohr zum anderen grinsend. „Die Getränke gehen natürlich aufs Haus.“
CK unterschrieb, bestellte und bestand darauf, das Geld wenigstens zu spenden, wenn er schon nicht zahlen durfte. Nur wenige Augenblicke später fanden sie auch gleich einen Tisch in einer ruhigen Ecke. Lois überlegte einen Augenblick, griff sich dann jedoch mit einem entschlossenen Nicken noch einmal ihre Tasche. Das hier war ihre Chance, wenigstens eine der beiden Sphinxen dieser Band aus der Reserve zu locken und ein paar saftige Details zu bekommen. Also folgte sie ihrer Eingebung.
„Miss Lane, was machen Sie da?“ fragte CK mit leichtem Misstrauen im Blick, als sie endlich ihr Aufnahmegerät gefunden hatte und es vor ihnen auf dem Tisch platzierte.
Lois lächelte und erwiderte zuckersüß, „Sie haben gesagt, Sie würden mir ein Interview geben, CK.“
Gespannt beobachtete sie seine Mimik, als sein Blick für einen Augenblick hinüber zur Theke wanderte. „Ähm, ich...“ Dann nickte er jedoch. „Okay, ein Interview also.“ Und als er sie ansah, reichte sein Lächeln bis zu seinen überirdisch blauen Augen. Er hielt ihren Blick, vielleicht einen Augenblick länger als es Lois lieb gewesen wäre – doch konnte auch sie nicht wegsehen in diesem Moment.
Hastig schluckte sie den Kloß in ihrem Hals hinunter und trank einen Schluck von ihrem Espresso. Sie hätte doch lieber einen Double-Choc-Moccha bestellen sollen, mit viel Zucker!...
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Hatte er es wirklich gerade geschafft, dass das Herz der Reporterin für einen Augenblick mehr Allegro denn Adagio geschlagen hatte? Oder hatte er sich das eingebildet? Der Funke der Hoffnung, der sich in seinem Inneren rührte, seit sie ihn eingeladen hatte mitzukommen, wuchs.
Sie schaltete das Gerät ein und er konnte sehen, wie sie mit einem Mal wieder so komplett und vollkommen in ihrem Element war. „Fangen wir mit einer einfachen Frage an: Passiert so etwas oft?“
„...“ Passierte was oft? Das war eine einfache Frage?... Einen kurzen Augenblick verfolgte er mit den Augen alle ihre Schritte zurück, seit sie das Café betreten hatten. Blieb an dem Diktiergerät auf dem Tisch hängen...
Und er nahm all seinen Mut zusammen. Was hatte er jetzt noch zu verlieren?
Alles. Aber daran wollte er nicht denken.
Er legte seine Finger um seine große Tasse Cherry Chocolate Latte, hoffte damit ihr Zittern zu verstecken. Versuchte seine Nervosität mit einem weiteren warmen Lächeln zu überspielen. Er konnte einfach die Augen nicht von Lois abwenden. „Dass ich lügen muss, um mit einer schönen Frau ungestört zu sein? Viel zu selten.“
In seinen eigenen Ohren hörte er sich an wie Art – und zuckte innerlich zusammen. War es wirklich schon wieder so lange her, dass er versucht hatte, mit einer Frau wirklich und wahrhaftig zu flirten? Er rechnete im Kopf nach. Ja, war es. Er seufzte leise in sich hinein. Wenn sie ihm jetzt nicht glaubte, dass so etwas selten vorkam...
Doch auch wenn er erneut ihren Puls in die Höhe gehen hörte, räusperte sich Lois lediglich und meinte, „Am besten halten wir dieses Gespräch rein geschäftlich, okay?“ Es war keine Frage. Ihr Gesicht schien wie eingefroren.
Clark nickte. „Okay.“ Er spürte seine Schultern unwillkürlich sinken. Am liebsten hätte er sich in diesem Moment in Luft aufgelöst – und für einen Augenblick erschien ihm diese Möglichkeit auch sehr verlockend. Er wusste, er konnte sich so schnell bewegen, dass es das menschliche Auge nicht wahrnähme...
Im nächsten Moment jedoch wusste er, dass er das nicht tun konnte. Also wählte er die nächstbeste Alternative: Clark versteckte sich hinter seiner Jumbo-Tasse, nahm einen großen Schluck von seinem Latte. So musste er Lois nicht in die Augen sehen...
Er konnte hören, wie die Reporterin sich erneut räusperte. „Gestern meinten Sie ja, der größte Teil der Songs stammt aus Ihrer Feder? Es kommt selten vor, dass ausgerechnet der Bassist einer Band das den Sound prägende Element ist.“ Verwirrt blickte Clark von seiner mittlerweile leeren Tasse auf. Sie klang nachdenklich, um eine entspanntere Atmosphäre bemüht. „Wie kam das?“
Zur Sicherheit behielt er die große Tasse in seinen Händen, drehte sie hin und her, blickte auf die letzten Reste des Milchschaums am Tassenboden, während er antwortete. „Na ja, das hat sich schon recht früh ergeben. Ich hab damals schon Musik-Komposition studiert. Und auch nebenher schon immer Songs geschrieben. Irgendwann hab ich mich dann doch getraut und den anderen ein paar davon gezeigt. Und sie haben ihnen gefallen, so dass es ab dem Zeitpunkt immer mehr eigene und immer weniger Cover-Songs wurden.“
Er riskierte einen verstohlenen Blick auf sein Gegenüber – sie wirkte überrascht, wovon konnte er nicht sagen. Und er kam auch nicht mehr dazu dem nachzugehen, denn im nächsten Augenblick wanderten ihre Mundwinkel nach oben und sie schien sich ernsthaft auf die Unterlippe beißen zu müssen, um nicht laut loszulachen.
Unwillkürlich spürte Clark eine warme Röte in seine Wangen steigen. „Was? Hab ich irgendwo...?“
„Sie haben da Milchschaum auf der Oberlippe...“ Lois deutete, immer noch ein verkniffenes Grinsen im Gesicht, in die generelle Richtung.
Oh... Hastig fuhr er sich mit der Zunge über die Oberlippe – tatsächlich, schmeckte eindeutig nach Milchschaum. Er spürte, wie seine Ohren inzwischen regelrecht brannten – gleichzeitig stahl sich ganz von selbst ein verlegenes Lächeln auf seine Lippen. „Alles weg?“ Zur Sicherheit griff er noch nach einer Serviette.
Sein Gegenüber nickte und lehnte sich ein wenig in ihrem Sessel zurück. Zu Clarks Erstaunen blieb das Lächeln, auch als sie fortfuhr, „In sieben Jahren hat Fire! also insgesamt 71 Songs veröffentlicht, der größte Teil davon aus Ihrer Feder. Darauf sind Sie bestimmt stolz?“
Vielleicht bildete er sich das nur ein, doch meinte Clark einen kleinen anerkennenden Unterton in ihrer Stimme wahrzunehmen. Und er merkte, wie er langsam ebenfalls wieder ein wenig entspannter wurde. Und seinerseits auch ein wenig überrascht. Sie wusste die Anzahl ihrer Songs? Nicht einmal Azzie wusste das auswendig. Also hatte sie es wirklich für wichtig genug erachtet, ihre knappe Zeit mit Recherchen über die Band zu verbringen?... Ob ihr der harte Ton von gerade eben vielleicht sogar ein klitzekleines bisschen leid tat? Clark wusste, er wollte hier Dinge sehen, die wahrscheinlich nicht existierten – besonders da er ja derjenige war, der sich im Ton vergriffen hatte... Aber sie war noch hier und schien ihm eine zweite Chance zu geben...
„Das bin ich wirklich. Die eigenen Songs wirklich fertig zu sehen, zu sehen wie sie andere Menschen berühren, sie spielen zu können, mit guten Freunden, das ist ein wahnsinnig tolles Gefühl. Das hätte ich nie für möglich gehalten, als ich damals angefangen habe.“ Unwillkürlich trat ein versonnenes kleines Lächeln auf seine Züge.
„Als Sie angefangen haben?“ Lois nippte erneut an ihrem Espresso, sah ihn direkt mit offenem, freundlichem Blick an. „Wie kamen Sie denn zur Musik? Ich meine, Sie haben ja schon gesagt, dass Sie am College Komposition studieren wollten, aber wer hat Ihnen zum Beispiel Ihren ersten Bass geschenkt?“
„Meinen ersten Bass hab ich mir selber gekauft, aber mit der Musik allgemein hab ich schon sehr früh angefangen. Mein erstes Instrument war ein altes Cello von meiner Mom.“
Er erinnerte sich noch genau an den Abend, als seine Mom sich das erste Mal mit ihm auf die Veranda gesetzt und ihm erklärt hatte, wie man spielte. Das war nun 21 Jahre her. Er war damals von der Schule nach Hause gerannt; wie er schneller als der Schulbus hatte sein können, war ihm damals ein großes Rätsel gewesen. Aber er hatte gewusst, er wollte zusammen mit seinem Freund Pete Ross ins Little League Football-Team der Schule und mit seiner Stärke und Schnelligkeit würde er es auch auf jeden Fall schaffen. Seine Eltern hatten sich mit ihm zusammen gesetzt und ihm erklärt, warum er das besser nicht tun sollte. Warum es niemals ein faires Spiel werden würde... Natürlich war er enttäuscht gewesen, doch er hatte schließlich eingesehen, dass sie recht hatten.
Also hatte er sich abgelenkt – mit etwas, bei dem ihm seine seltsamen Fähigkeiten keinen unfairen Vorteil verschaffen würden. Er hatte seine Mom nach dem alten verstaubten Cello in der Ecke gefragt – ihrem alten Cello. Musik hatte er schon immer interessant und faszinierend und verzaubernd gefunden. Außerdem war Lana Querflötistin im Schulorchester gewesen, und er hatte sich gedacht, wenn er schon nicht mit Pete zusammen spielen könnte... Aber er wollte jetzt nicht an Lana denken...
„Und nicht lange darauf haben Sie angefangen eigene kleine Melodien zu schreiben?“ holte Lois' warmer Alt ihn aus seinen Gedanken.
Woher wusste sie das? Sie war wirklich gut. Clark nickte anerkennend.
Doch Lois fuhr bereits fort. „Aber Ist das nicht schwierig in einer Band, bei einer so klaren Verteilung der Lorbeeren noch freundschaftlich miteinander umzugehen? Ich meine, entstehen da nicht sehr schnell Eifersucht und Missgunst?“
„Nein, zum Glück haben wir das bis jetzt nicht erlebt. Was eher unsere Freundschaft immer wieder auf die Probe stellt, ist das viele Aufeinander-hängen bei Touren. Das kann hin und wieder anstrengend sein, aber ich bin sehr froh, dass wir das bisher alles sehr gut hinbekommen haben. Wir sehen uns auch außerhalb der Arbeit nach wie vor gern und unternehmen etwas zusammen. Ich denke, dass wir uns alle schon seit dem College kennen und auch schon einiges miteinander durchgemacht haben, hat unsere Freundschaft nur noch gestärkt.“
Lois nickte, bevor sie sich näher zu ihm herüber lehnte. Der Ausdruck in ihren Augen wurde gefährlich. Clark merkte, wie ihm mit einem Mal das Herz bis zum Hals schlug. Was hatte sie vor? „Was sagen Sie zu den Gerüchten, dass das Verhältnis Ihrer Bandleaderin zu Ihnen dreien mehr als einfach freundschaftlich ist?“
Unwillkürlich zog Clark eine fragende Augenbraue nach oben.
Sie hakte nach, zuckte die Schultern, „Nicht, dass es mich interessieren würde.“ Ein entschuldigendes Lächeln trat auf ihre Lippen. „Aber das ist eben einer der Punkte, die wohl die klatschsüchtige Öffentlichkeit am liebsten wissen würden.“ Clark nahm ein kleines Seufzen von ihr wahr.
Und er glaubte ihr. Nur, was sollte er ihr antworten? Azzie pflegte die Gerüchte, die sich um sie rankten, das wusste er. Dass sie bereits seit College-Tagen glücklich mit Jeff zusammen war, war nicht sein Geheimnis, also würde er es auch nicht erzählen. Aber was dann?...
„Wissen Sie was, vergessen Sie's einfach,“ winkte Lois in diesem Moment jedoch bereits ab. „Ich komm mir schon beim Fragen wie Cat Grant vor...“
„Wer?“
„Egal. Der Punkt ist, ich bin keine Klatsch-Reporterin und hab dieses Interview nur von meinem Chef aufgedrückt bekommen...“ meinte sie trocken.
Clark spürte sein Herz in seiner Brust hämmern, spürte seine Mundwinkel nach oben wandern. Lois Lane schien ihm wirklich gerade einen kleinen Einblick in ihr Leben zu gewähren. Von sich aus, ohne sein wild gewordenes Gehör, ohne dass er sich schuldig fühlen musste... Er wurde mutiger. „Sie haben dieses Treffen also von Anfang an geplant?“ grinste er.
„Natürlich,“ grinste sie zurück, ging wirklich auf sein Spiel ein. „Wenn ich Sie jetzt noch mit dem Krieg in Nahost, Waffenschmuggel, Drogenhandel, Terrorismus und der Bankenkrise in Verbindung bringen kann, dann wird das hier mindestens ein Pulitzer.“ Hatte sie ihm wirklich gerade zugezwinkert? Nein, das hatte Clark sich eindeutig eingebildet!
„Tja, ich fürchte, da muss ich Sie leider enttäuschen,“ antwortete Clark gespielt niedergeschlagen. Nachdem er nicht wirklich genau wusste, wie weit er bei dieser viel zu tollen Frau gehen konnte, beließ er es fürs erste dabei.
Auch Lois schien darüber gar nicht so unglücklich zu sein. „Verdammt! Und ich war im Geiste schon an meiner Dankesrede...“ Das verschmitzte Lächeln auf ihrem Gesicht konnte nicht verhindern, dass er trotzdem ihre leicht zittrigen Finger bemerkte, als sie erneut nach ihrer Espresso-Tasse griff.
Er wollte gerade noch etwas hinzufügen – schließlich bräuchte sie ja trotzdem etwas für ihren Artikel –, als Lois' Blick hinüber zur Tür wanderte.
In diesem Moment stand Jimmy Olsen im Eingang, an seiner Hand der kleine Lockenkopf, den Clark bereits beim Konzert gestern gesehen hatte. „Lois,“ rief der Reporterkollege zu ihnen hinüber, als er sie entdeckt hatte und setzte sich erneut in Bewegung.
Lois winkte mit einem für Clarks Empfinden etwas zu breiten Lächeln zurück und stand auf, als die beiden an ihrem Tisch angekommen waren. Der junge Reporter schloss sie sofort in eine Umarmung und gab ihr zur Begrüßung einen raschen Kuss auf die Lippen. „Alles okay bei dir? Ich hab nochmal versuch anzurufen, aber...“
Einen kurzen Moment lang wirkte Lois von der ganzen Situation völlig überfordert, dann jedoch schien sie sich unter Kontrolle zu bekommen und antwortete freundlich, fast schon beiläufig, „Ach, mein Handy war leise gestellt...“
Clarks Herz sank. Beinahe hatte er vergessen, dass Lois bereits vergeben war. Mit einem leisen Seufzen erhob er sich ebenfalls, setzte sein tapferstes Lächeln auf und begrüßte erst einmal den Kleinen, der ihn gerade mit großen Kinderaugen ansah.
Die Hand zu ihm ausgestreckt, kam ihm der Junge jedoch bereits zuvor. „Hallo! Ich bin Sam Troupe. Wow, du bist CK von Fire!. Du hast Tante Lois ein Interview für die Zeitung gegeben, oder? Ich hab dich gestern beim Konzert gesehen. Das war toll. In Echt bist du ja noch größer. Du bist einer von meinen großen Helden und wenn ich groß bin, will ich auch mal Gitarre spielen. Außerdem will ich noch Superbösewichte besiegen, wie Super Sentai Sayajin. Kennst du Super Sentai Sayajin? Der ist cool.“
„Sammy,“ mahnte Lois mit einem entschuldigenden Blick zu Clark, „Belagere den Mann doch nicht gleich.“
Während Sams Worten hatte sich ein belustigtes Grinsen auf seinen Zügen ausgebreitet. „Überhaupt kein Problem, Lois. Wirklich...“ Er ging vor dem kleinen Mann in die Hocke. „Schön dich kennenzulernen, Sam. Super Sentai Sayajin kenn ich noch nicht. Was macht der denn so?“
Erneut wurden Sams Augen groß. „Du kennst den echt nicht? Boah... Na, der kann fliegen und ist superstark und und und rettet die Menschen und kämpft gegen so böse Schurken wie Darkseid oder Gog oder Braniac. Ich kann dir ja mal ein Comicheft leihen. Oder komm doch jetzt einfach mit zum Laden. Tante Lois und Jimmy haben da sicher nichts dagegen,“ strahlte der Kleine.
„Das ist nett von dir, danke.“ Clark sah von Sam zu Lois und Jimmy, biss sich bei dem Anblick der beiden auf die Unterlippe. „Aber ich muss dann leider auch weiter. Wir haben bald Probe, weißt du...“ Er konnte sehen, wie Sams Schultern sanken. „Aber komm doch mal bei den Proben vorbei, wenn du magst.“
„Echt?“
Clark nickte und sah dem Kleinen fest in die Augen. „Echt,“ versprach er.
„Cool!“ Sam drehte sich begeistert zu seiner Tante um. „Können wir nach dem Comic-Laden noch zu den Proben, Tante Lois? Biiiitte?“
„Nein.“ Clark konnte Lois' Herz in ihrer Brust rasen hören, doch ihr Ton sowie ihr Gesicht bei dieser kurz angebundenen Antwort waren ausdruckslos. Sie sah ihn an, nicht Sam. Im nächsten Moment schien sie jedoch die überraschten Blicke der beiden Männer in ihrem Leben zu bemerken und fügte, weicher, hinzu, „Heute nicht, Sammy.“
„Naaaa guuuuut,“ seufzte der Kleine theatralisch.
Jimmy schaltete sich nun ins Gespräch ein, zwinkerte Sam verschwörerisch zu, „Na komm, Champ, dafür kannst du dir heute einen extra Comic aussuchen, okay?“ Das schien die Laune des Jungen wieder zu heben. „Also, wer als erster da ist.“
„Okay. Auf Wiedersehen, CK! War schön, Sie kennenzulernen.“ Damit setzte Sam sich in Bewegung.
Jimmy gab Lois noch einen Kuss auf die Wange und hastete dann dem Jungen nach, der bereits halb zur Tür hinaus war.
Neben Clark folgte Lois den beiden mit den Augen, packte eilig ihre Tasche. „Tut mir leid, aber ich muss. Vielleicht sollten Sie mir zur Sicherheit noch Ihre Telefonnummer geben, für den Artikel und so.“ Sie hielt ihm bereits Zettel und Stift entgegen.
Clark blinzelte. Lois fragte ihn gerade nach seiner Telefonnummer? Wie in Trance nickte er, notierte seine beiden Nummern, die seines Hotels und seine Handynummer, gab ihr Zettel und Stift zurück.
Ohne einen weiteren Blick auf die Nummern zu werfen ließ Lois alles kurzerhand in ihrer Tasche verschwinden. „Danke! Dann machen Sie's gut, CK! Man sieht sich.“ Sie schenkte ihm noch ein Lächeln – und schon sprintete sie davon, den beiden anderen nach.
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Er hatte nie gerne getanzt – hatte sich immer darum gedrückt. Doch er wusste, er wollte diesen Tanz lernen – diesen einen speziellen Tanz, der so ganz anders war als alles andere, das er bisher kennengelernt hatte. Musste ihn lernen, wenn er nicht untergehen wollte.
Vor seinem inneren Auge stiegen erneut wirbelnde Farben auf. Tänzer. Meere von Tänzern, die über ihn hinweg wuschen. Er wollte einer von ihnen werden. Wollte den Rhythmus nicht nur spüren, er wollte ihn machen. Sie beherrschen...
Als er sich umsah, nahm er jedes kleine Detail wahr, feinste Schattierungen von Hell und Dunkel. Der Raum war klein und voll. Jede Menge alter Erinnerungen, ein Mausoleum aus Holz und Papier.
Erneut konzentrierte er sich auf die Kerze vor ihm, auf dem kleinen Tisch. Ihr Tanz war simpel, klein... und doch voller Versprechen...
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To be continued...
Statistik: Verfasst von KitKaos — Do 14. Okt 2010, 20:28
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