Animiert durch
KitKaos` wunderschöne Bilder von einer Ballonfahrt habe ich einen Bericht von meiner ersten Reise mit solch einem Gerät hervorgekramt, den ich seinerzeit für ein hauseigenes Blättchen verfasst hatte.
Dank der Anregungen und Hinweise durch meine Beta
Kitkaos wurde der trockene Bericht viel bunter und facettenreicher. Ich danke dir sehr dafür, liebe
KitKaos!!
Gelis' Himmelfahrt
Was empfindet Ihr, wenn Ihr einen dieser großen bunten Heißluft-Ballone am Himmel seht? Geht es Euch so ähnlich wie es mir ergangen ist?
Jedes Mal, wenn ich solch einen Riesenball erblickte, beneidete ich die Himmelfahrenden und wünschte mir sehr, auch einmal so leicht und frei wie eine Feder dort oben schweben zu können. Ich wollte so gerne dieses Gefühl erleben, ohne trennende Wände in der Luft zu sein, die Erdenschwere auf diese Art und Weise zu überwinden.
Dieser Traum sollte in Erfüllung gehen, denn von überaus lieben Menschen erhielt ich als Geschenk einen Gutschein für eine Fahrt in solch einem Ballon.
Wer dem Alltag will entflieh`n,
sollte per Ballongutschein
in den blauen Himmel zieh`n,
sich von aller Last befrei`n!
Denn so aus der Vogelschau
schrumpft die Welt und wird ganz klein.
Und was unten grau in grau
strahlt hier oben klar und rein!
Meine Freude war riesengroß, nur sehr ungeduldig überstand ich die Wartezeit bis zu dem angegebenen Termin.
Doch der erste Startversuch fiel leider schlechtem Wetter zum Opfer. Leichte Winde und kein Niederschlag sind die Voraussetzungen für eine gelungene Fahrt. Ein neuer Termin wurde angesetzt, das Warten ging weiter.
Beim zweiten Versuch an einem Abend im August hatten wir mehr Glück. Wir fuhren hinaus zu unserem Startplatz, einem großen Acker. Es waren insgesamt acht Ballone, die dort in die Luft gehen sollten.
Gebannt schauten wir Himmelsstürmer und unsere arme Begleitung, die unten bleiben musste, dem Aufbau unseres Riesenballes zu.
Zuerst wurde der Korb, der aus geflochtener Weide und Lederelementen bestand, mit Streben und Halterungen versehen und anschließend der Brenner in ihm installiert. Vier 20-kg Propangasflaschen wurden im Korb deponiert und dieser mit der am Boden ganz flach ausliegenden Nylonhülle verbunden.
Mit einem Gebläse wurde nun die Ballonhaut mit Luft gefüllt, bis sie ziemlich prall war. Ihr Fassungsvermögen betrug 3.000 cbm. Dann setzte Malcolm, unser Pilot, den Brenner in Betrieb, der die Innenluft des Ballons aufheizte, sodass dieser sich langsam aufrichtete. Die ganze Prozedur hielt ich natürlich mit dem Fotoapparat fest.
Normalerweise leide ich unter bestimmten Voraussetzungen unter Höhenangst. Hier hatte ich bei den Vorbereitungen weder Skepsis noch Bedenken, ich war so voller Vorfreude auf dieses Erlebnis, dass in mir einfach kein Platz für andere Gefühle war.
Als der Ballon stand, mussten wir Passagiere, drei an der Zahl, schnellstens zu unserem Piloten in die Gondel klettern, denn nur mit Mühe und Not konnten eifrige Helfer das Gefährt am Boden halten. Es zerrte an den Halteleinen wie ein Gespann temperamentvoller Pferde. Sobald wir an Bord waren und der Korb losgelassen wurde, ging es auch schon flott in die Höhe. Der Start war so schnell, dass ich nur dreimal den Auslöser meines Fotoapparates betätigen konnte, dann war auf dem Platz unter uns nicht mehr viel zu erkennen.
Unsere Reisehöhe war im Nu erreicht, in nordwestlicher Richtung schwebten wir davon. Den zuerst gestarteten Ballon konnten wir etwas weiter weg ausmachen. Bis zum weit entfernten Horizont gingen unsere Blicke.
Nun war mein Traum tatsächlich Wirklichkeit geworden! Leicht wie eine Feder trieben wir mit dem Wind dahin. Bis zu 450 m hoch stieg unsere ‚Montgolfiere‘. Genau so hatte ich es mir vorgestellt. Der Geschmack der Freiheit, der Losgelöstheit war förmlich zu schmecken.
Aus der Superman-Perspektive schauten wir hinunter auf die sanfte, hügelige Landschaft im Patchwork-Look. Sahen Felder, Wiesen, Bäume und Dörfer unter uns dahingleiten. Näherten wir uns Ortschaften, ging Malcolm etwas tiefer. Dadurch konnten wir gut freundliche „Hallo, ihr da oben“-Rufe hören, winkende Hände grüßten uns Himmelfahrende. Natürlich winkten wir fröhlich zurück.
Immer wieder machte ich Aufnahmen, um die Erfüllung dieses Traumes zu dokumentieren.
Wir im Korb unterhielten uns, machten uns gegenseitig auf verschiedene Dinge aufmerksam, wie zum Beispiel Rehwild auf einem Feld. Malcolm erzählte einiges von seinen Erlebnissen als Pilot. Er selbst hatte noch keine Bruchlandung erlebt, wusste aber von einem anderen Piloten, der mit seinem Ballon an einem Kirchturm hängengeblieben war. Die Insassen mussten unter beschwerlichen Umständen befreit und zur Erde zurück gebracht werden. Er erzählte die Geschichte so bildreich und ausgeschmückt, dass ich der Meinung war, dass das Ballonfahrer-Latein und Bestandteil jeder Fahrt wäre.
Er wusste auch von professionellen Wettbewerben zu berichten, von Alpenüberquerungen und Punktlandungen.
Die ganze Zeit stand er mit unserer Rückhol- oder Verfolgungsgruppe im Funkkontakt. Wir konnten ihren Autokonvoi öfter auf den Straßen unter uns ausmachen.
Windig konnte es natürlich nicht sein, weil wir ja mit dem Wind fuhren. Richtung und Geschwindigkeit wurden von ihm bestimmt. Und kalt war es auch nicht. Im Gegenteil, der Brenner heizte uns ganz schön ein. Durch seine Betätigung wurden Steigen, Sinken und Höhehalten bewirkt. Wenn er in Aktion war, erzeugte er über unseren Köpfen Lärm und Wärme, was aber mein Vergnügen nicht beeinträchtigte.
Ach, stundenlang hätte ich so weiter schweben können! Selbstverständlich hatte ich keinerlei Höhenangst. Nichts spürte ich von ihr oder von Schwindel oder Übelkeit! Rein gar nichts! Ich schaute und staunte und konnte mich an der Welt aus dieser Perspektive nicht sattsehen.
Doch leider gehen bekanntlich die schönsten Dinge im Leben immer am schnellsten vorbei. Natürlich auch hier!
Ein Fluss glitt unter uns hinweg, da suchte unser Pilot auch schon nach einem geeigneten Landeplatz.
Er fand ihn auf einem weichen, umgepflügten Acker am Ortseingang eines Dorfes. Unser Korb setzte auf und rutschte einige Meter über den Boden, bis er stand. Das war eine vorbildliche Landung, die Erde hatte uns (leider) wieder! Malcolm machte sofort den Brenner aus und wir kletterten aus dem Korb heraus.
Ungefähr eine Stunde hatte unsere Fahrt gedauert. Fast zwanzig Kilometer hatte uns der Wind weiter getrieben.
Vorbeifahrende Mitmenschen sahen unseren Ballon auf dem Feld stehen und kamen uns freundlicherweise zu Hilfe. Oben an der Hülle wurde die Reißbahn geöffnet, damit die Luft entweichen und die Ballonhülle eingepackt werden konnte. Unsere Rückholer trafen ein und bald war das Gefährt mit Hilfe aller Beteiligten wieder auseinander genommen und im Auto verstaut.
Als der König von Frankreich, Ludwig XVI., 1783 von der Erfindung der Brüder Montgolfier hörte, verkündete er einen Erlass. Dieser gestattete es nur Adligen, mit diesem Gerät in die Luft zu gehen. Dieses Edikt gilt bis heute.
Deshalb wird jeder Ballonfahrer in einer Taufzeremonie in den Adelsstand erhoben. Selbstverständlich auch wir drei.
Beim Verlesen des untenstehenden Taufspruches, den wir nachsprechen mussten, wurde eine Haarsträhne angesengt und mit Sekt gelöscht. Natürlich unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen. Jeder Täufling erhielt einen Adelstitel, festgehalten in einer Urkunde. So wurde ich ein adeliges Mitglied der Ballonfahrerzunft!
Deshalb, liebe Superman-Mitfans, kommt es, dass „
Gräfin Gelis, die flott Entschwebte“ ihr Unwesen in diesem Forum treibt.
Aber bitte, nennt mich ruhig weiterhin nur
„Gelis“! Der Taufspruch
Ehre dem, der alles hat geschaffen!
Er schuf als schönsten Teil der Welt
für uns das weite Himmelszelt.
Er hat das Feuer uns gegeben,
mit dessen Kraft wir uns erheben
und über Berg und Täler schweben.
Drum soll dich auch das Feuer taufen,
zum Löschen soll der Sekt nur laufen,
den Rest der Flasche sollst du saufen!
Brav wie ich bin, habe ich das natürlich ausgiebig getan. Alle wieder wohlbehalten gelandete Fahrer der acht Ballone und ihre Begleitung kamen an einem Treffpunkt zu einer kleinen Fete zusammen. Wir Fahrer mussten natürlich von unserer Himmelfahrt erzählen und erzählen und erzählen!
Zehn Jahre später hatte ich noch einmal das Vergnügen. Wie so oft im Leben war aber das „Erste Mal“ nicht zu übertreffen.
Sehe ich heute solch einen bunten Riesenball am Himmel, denke ich mit Freude und Genugtuung an meine Ballonfahrten zurück. Wie wunderschön, dass ich das erleben durfte!