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Presserummel

FanFiction zur TV-Serie "Superman - die Abenteuer von Lois und Clark" (orig. "Lois and Clark - the New Adventures of Superman")

Presserummel

Beitragvon Magss » Sa 23. Jan 2010, 17:44

Okay... auf Wunsch einer einzelnen Dame starte ich einen Ausflug in schon ältere FFs von mir. Hier kommt als erstes ein Beitrag zu einem Ficathon, dessen Oberthema Revelation lautete. Ich liebe Revelations und habe ihnen inzwischen eine eigene Reihe gewidmet, aber als wir alle eine Revelation schreiben sollten, habe ich hin und her überlegt, wie es mir gelingen könnte, eine zu schreiben, die aus der Reihe fällt. Seht, was dabei herausgekommen ist.

Einen ganz lieben und herzlichen Dank an KitKaos für ihr Beta, das wie immer ungewöhnlich konstruktiv, hilfreich und motivierend war und ist.

Disclaimer: Superman, Lois & Clark und alles aus dem Universum gehört mir nicht, ich verdiene kein Geld damit und schreibe nur zum eigenen Vergnügen.

Ich freue mich über jede Art von Kritik, positive wie negative – aber nun erst einmal viel Spaß!



Presserummel

KAPITEL 1 - Clark flog so hoch, dass er die Stadt Metropolis als Ganzes überblicken konnte, New Troy, West River, die vielen Brücken, den Hafen konnte er erkennen, das Meer und die weite Ebene im Westen. Einen Moment verharrte er in dieser Höhe, blickte sich um; von hier aus konnte er am Horizont bereits deutlich die Krümmung der Erdoberfläche sehen. Selbst in dieser Höhe vernahm er noch ein angenehmes Brummen, die Betriebsamkeit der Metropoliser, diese Stadt lebte, atmete und vibrierte. Vom Ozean, tiefblau und klar zogen ein paar kleine Cumuluswolken heran, die winterliche Sonne schien schräg durch die Atmosphäre und tauchte alles in ein warmes Licht, heute gab es noch nicht einmal Smog. Es erstaunte Clark immer wieder wie grün es um Metropolis herum war, grün, saftig und fruchtbar - was für ein Anblick! Die Schönheit verschlug ihm fast den Atem. Und von diesem Punkt aus ließ er sich dann fallen, stürzte einfach Richtung Erde, gab die Schwebe auf, breitete seine Arme auseinander, um die Luftreibung mit seinem ganzen Körper zu spüren. Er genoss die Beschleunigung im freien Fall, bemerkte wie sein Magen reagierte, sich ganz leicht zusammen zog, aber auf eine angenehme, kribbelige Art. Der Wind der an seinen Haaren zerrte, er brannte fast ein wenig in seinen Augen. Er musste sich beherrschen, keinen lauten Jubelschrei hören zu lassen. Nur Sekunden, die Erde kam näher und immer näher, die Stadt wurde größer und als er Gebäude und Straße wieder differenzieren konnte, bremste er abrupt ab und hielt sich in der Schwebe. Er schloss die Augen und sog die Luft der Stadt langsam und genüsslich ein, nahm ihren Duft in sich auf. Fliegen - von all seinen Kräften war ihm das immer das Wichtigste, das Erhabenste gewesen. Hier oben vergaß er seine Probleme, die Sorgen verflüchtigten sich, alles Unlösbare erschien auf einmal klein und unbedeutend.

Der heutige Tag war einfach nur fantastisch gewesen.

Da war eine DC-10 mit einem defekten Triebwerk gewesen - und er hatte sie vollkommen unbeschadet gelandet, keiner der Passagiere war verletzt worden. Ohne sein Eingreifen hätte es ein Inferno auf dem Flughafen gegeben. Bei dem Gedanken daran schlug er in der Luft einige Purzelbäume.

Ein Schulbus mit abgenutzten Reifen war in den kurvenreichen Serpentinen ins Schleudern geraten und drohte den Hang herunter zu stürzen. 57 kleine Kinder, sie schrien durcheinander, die meisten von ihnen weinten vor Schreck - doch sie lebten. Clark reckte bei dieser Erinnerung stolz die Siegerfaust in die Luft.

Und dann der Brand in der Ölraffinerie, ohne seine sofortige Löschung hätte es nördlich der Stadt ein ökologisches Desaster gegeben. Bei der vorherrschenden Windrichtung wäre eine dicke und schädliche Wolke über die Stadt gezogen. Von den Mitarbeitern ganz zu schweigen. Glücklich hatten sie ihn angesehen, ihm still gedankt. Einige von ihnen würden diesen Tag vielleicht als einen zweiten Geburtstag erleben.

Er hatte seine Kräfte eingesetzt um den Menschen zu helfen, als wäre es die natürlichste Sache der Welt - und doch hatte er es heute das erste Mal seit drei Jahren wieder getan.

Und er hatte es genossen. Er war wieder da!


KAPITEL 2 - Lois sah nervös auf die Uhr, zehn nach zehn. Sie sollte die Kollegen zur Morgenbesprechung einberufen, sie hatte sie schließlich für zehn Uhr angekündigt. Aber Clark war nicht da. Die Mitarbeiter sahen skeptisch zu ihr, warteten darauf, dass sie mit der Besprechung begann. Lois sah die flüchtigen Blicke. Sie hatten gestern schon alle mitbekommen, dass Clark und sie nicht einer Meinung waren, ach sie hatten einen handfesten Streit gehabt. Und sicher hatten die Kollegen sich amüsiert und über sie getuschelt. Sie seufzte leise, diese Chefredaktion war doch schwieriger als sie es eingeschätzt hätte.

Dabei war es nicht die Arbeit an sich. Sie hatte mit Perry den besten Lehrmeister gehabt, den sie sich hätte wünschen können. Sie wusste sehr wohl, welche Story nur heiße Luft enthielt, wen sie was machen ließ, welche Quellen in Frage kamen und natürlich wusste sie, wie man Artikel so schrieb, dass der Leser gefesselt wurde. Nein, es war Clark, der die Situation so schwierig machte. Noch ein Blick auf die Uhr, zwölf Minuten nach zehn. Sie konnte ihn doch nicht bevorzugen, nur weil sie verheiratet waren. Aber er erschien genau das von ihr zu erwarten. Sie hielt ihren nur noch lauwarmen Kaffeebecher so fest umschlossen, dass sich ihre Knöchel weiß abzeichneten.

Seit drei Tagen saß sie nun in dem Büro von Perry und seit zweieinhalb Tagen war sie mit Clark nur noch am streiten. Sie waren jetzt fast ein Jahr verheiratet, aber so böse hatten sie noch nie gestritten. Es hatte gleich am ersten Abend begonnen als Martha und Jonathan zum Abendessen bei ihnen waren und sie kaum Zeit gehabt hatte für die beiden. Was hätte sie denn tun sollen? Sie wollte ihre Sache nun mal gut machen. Verzweifelt ließ sie ihren Blick durch das Büro gleiten, die Stellen an der Wand, wo Perrys Elvis-Bilder gehangen hatten, zeichneten sich noch deutlich ab.

Der Morgen danach war einfach nur schrecklich gewesen, schweigend waren sie beide in der Küche umeinander herum gelaufen. Lois hätte am liebsten geschrien, aber sie hatte keine Zeit zum Zanken. Sie musste in die Redaktion. Und diese stummen Blicke hatten mehr geschmerzt als jedes wütende Wort es tun könnte. Sie waren dann getrennt in den Planet gefahren.

Inzwischen war es viertel nach zehn. Schluss jetzt, nun musste sie die Besprechung beginnen, mit Clark oder ohne ihn. Hoffentlich fragte sie niemand, wo er war.

Lois nahm ihre Notizen, ging zum Schreibtisch von Ralph und fragte ihn kurz angebunden. "Und? Wo ist Clark?" Die ganze Zeit hatte sie mit sich gerungen, ob sie Ralph diese Frage stellen sollte, weil sie damit doch zum Ausdruck brachte, dass sie darüber keine Ahnung hatte. Auf der anderen Seite war sie sich nicht sicher, ob Ralph diesen Zusammenhang herstellen würde. Und sie musste einfach wissen, wo er schon wieder war.

"Oh, Lois...", Ralph verschlug hektisch die Zeitungsseite, die er scheinbar gerade gelesen hatte. Es war die Sportseite. Sollte sie jemals eine Personalentscheidung treffen, könnte es gut sein, dass Ralph das erste Opfer sein würde. Er stammelte ertappt vor sich hin: "Ich... weiß es wirklich nicht. Plötzlich ist er aufgesprungen und hat gefaselt, er müsste noch was erledigen, vielleicht ein Video zurückbringen... Also ehrlich, Lois, es ist nicht gerade sehr einfach mit ihm zu arbeiten, er ist nicht sehr kooperativ... ich sag das nicht gerne, aber..."

Lois musste ihn zum Schweigen bringen, augenblicklich. "Ralph! Besprechung, jetzt!" Und dann sagte sie laut und herrisch in die Runde. "Alle, in den Konferenzraum - sofort!"

Auf dem Weg dorthin hallten Ralphs Worte 'Video zurückbringen' in ihrem Kopf wider. Sollte Clark nach all den Jahren diese dumme und sehr lästige Angewohnheit wieder aufgenommen haben, dieses ständige Verschwinden mit den abstrusesten Ausreden? Es gab kein Video, dass er zurückbringen musste. Er hatte das schon Jahre nicht mehr getan. Eigentlich fiel ihr erst in diesem Moment auf, dass er abrupt damit aufgehört hatte. Sein Glück. Es hatte sie damals schon um den Verstand gebracht. Hoffentlich war er nicht in der Press-Sache unterwegs. Sie hatte ihm gesagt, das sei keine Story. Und wenn er weiter daran arbeitete, gegen ihre Anweisung, müsste sie ihn wirklich... Doch sie konnte nicht einmal den Gedanken bis zum Ende denken. Glücklicherweise musste sie sich nun auf die Besprechung konzentrieren.

Nach dem Meeting - Clark war immer noch nicht da - ging Lois zur Kaffeemaschine und machte sich einen Kaffee mit viel Zucker und etwas Milch, sie musste versuchen, ihre Nerven zu beruhigen. Auf ihrem Tisch lagen fünfzehn oder mehr Textseiten, die Artikel werden sollten. Inzwischen wusste sie sehr genau, warum Perry all die Jahre früh am Morgen der Erste hier war und spätabends der Letzte. Sie ging etwas gedankenversunken an den Monitoren vorbei, als sie, nur aus dem Augenwinkel, auf einem plötzlich etwas sah, das ihre Aufmerksamkeit erregte, das sie aber im ersten Moment nur für eine Fatamorgana hielt, eine Wunschvorstellung. Ihr stockte der Atem. Ein Flugzeug mit technischen Problemen, die so erheblich waren, dass es nicht landen konnte, ohne auseinander zu brechen, wurde sicher auf der Rollbahn gelandet durch eine Figur, die wie eine Fliege an einer Rakete klebte, eine Person in einem rot-blauen Anzug. Lois umschloss ihren Kaffeebecher so fest, dass es fast schmerzte. Diese Person trug ein Cape, ein rotes Cape! Lois konnte kaum atmen. Inzwischen waren die Kollegen in der Redaktion mucksmäuschenstill, alle starrten gebannt auf den Monitor. Lois' Herz hämmerte ganz aufgeregt in ihrer Brust.

Es war Superman! Er musste es sein. Er war wieder da! Lois schloss kurz die Augen, sie konnte sich nicht rühren, er war wieder da! Nach drei Jahren, in denen niemand wusste, wo er gewesen war, was mit ihm passiert war, tauchte er nun einfach wieder auf. Lois nahm außer dem Monitor nichts mehr wahr. Und er tat das, was er immer getan hatte, er half den Menschen. Sie war so aufgeregt wie schon lange nicht mehr.

Auch der Berichterstatter schien ganz aus dem Häuschen zu sein, seine Stimme überschlug sich beinahe. Dieses Flugzeug schien schon eine ganze Weile in dem Luftraum über dem Flughafen zu kreisen, das Fahrwerk ließ sich nicht ausfahren und bei den kurzen Landebahnen Metropolis' konnte das nur zu einem Desaster führen. Bis zu dem Moment, als hoch in der Luft jemand neben dem Flugzeug aufgetaucht war und dem Kapitän freundlich zugewinkt hatte, hatte niemand geglaubt, dass auch nur einer der Passagiere oder der Mannschaft überleben könnte. Und dieser unbekannte Jemand trug ein rot-blaues Kostüm mit einem großen 'S' auf seiner Brust. Lois' Herzschlag und ihre Atmung hatte sich immer noch nicht wieder normalisiert, wie auch? Ihr war heiß und kalt zugleich. Schwindelig - und doch fühlte sie sich so gut.

Sie flüsterte still in sich hinein: "Superman! Bist du's wirklich? Wo warst du nur die ganzen Jahre?" Und tausend Fragen und Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf.

Kurz darauf zeigte die Kamera Superman wie er auf die Journalisten zuging und zoomte näher an ihn heran, bis der Bildschirm nur noch sein Gesicht zeigte. Er war es wirklich! Konnte das sein? Er sah genauso aus wie Lois ihn in ihrer Erinnerung hatte, die dunklen Haare, diese widerspenstige Locke in seiner Stirn, dieses Lächeln...

Jemand hielt ihm ein Mikrophon unter die Nase. "Superman, diese Rettungsaktion war phänomenal! Aber wo waren Sie in den letzten Jahren? Und was die Menschen noch viel mehr interessiert, was brachte Sie wieder hierher?"

Superman machte einen Schritt auf das Mikro zu, er sah so zufrieden, unnachgiebig, männlich aus und sagte freundlich, aber entschlossen: "Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Und dann stieg er in die Luft und weg war er.

"Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Diese Stimme... Lois spürte eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper, sie hatte während des kurzen Interviews kaum geatmet. Und nun war er weg, nicht mehr zu sehen - und sie? Sie stand hier in der Redaktion des Daily Planet und kam wieder zu sich.

Lois hob ihren Kopf und drehte sich zur Planet-Mannschaft um. "Carlton und Myerson, ich will alles über das Flugzeug - sofort! Burns, der Flughafen, die Passagiere, so schnell, wie es geht!" Die Angesprochenen sprangen augenblicklich an ihre Schreibtische oder Richtung Aufzüge und begannen sofort mit der Arbeit. "Jeffs und Hilton, Sie kriegen alles raus, was es zu diesem Schulbus gibt, zu diesem speziellen und alle Schulbusse des Landes. Ich will das alles und am besten gestern! Jimmy, du gehst alle alten Fotos durch, die wir von ihm haben." Lois strahlte, es ging ihr gut, sie fühlte sich in ihrem Element und sie hatte alles im Griff. Und Superman war wieder da!

Ralph kam auf sie zu, nachdem die meisten Mitarbeiter nun schon wieder an ihren Schreibtischen saßen und telefonierten. Es herrschte eine emsige Betriebsamkeit in der Redaktion. Ralph grinste überheblich. "Chef, einer von uns sollte wohl versuchen ein Interview mit Superman zu machen..."

"Oh ja!" Lois strahlte über das ganze Gesicht, sie war aufgeregt, ihre Wangen glühten und Ralph grinste inzwischen so sehr, dass man Angst bekommen könnte, sein Kiefer würde sich verkrampfen. Lois wusste, was er dachte. Aber da hatte er sich getäuscht. Sie würde das niemals einen Stümper wie Ralph machen lassen. Nicht so eine Story, so ein Interview! Wer hatte denn schließlich in der Vergangenheit die Interviews mit Superman gemacht? Also fuhr sie gelassen fort: "Das erste Interview mit Superman nach drei Jahren... Das wird die Story des Jahres - das mache ich selbst! Das ist Chefsache!" Während Ralps Gesichtszüge einzufrieren schienen, zog sie sich beschwingt und grinsend in ihr Büro zurück.

Ja! Er war wieder da!

Während sie die anstehende Arbeit auf ihrem Schreibtisch von links nach rechts und wieder zurück schob, dachte sie daran, was sie ihn fragen würde. Ob sie sich Notizen machen sollte? Bestand die Gefahr, dass sie so aufgeregt wäre, dass sie eine elementare Frage vergessen würde? Nein, nicht wirklich, sie war schließlich ein Profi! Aber wie sollte sie an ihn heran kommen?

Superman, wo bist du die letzten drei Jahre gewesen? Und mit wem? Und bist du jetzt einfach nur auf die Erde zurückgekehrt, um den Menschen ein Freund zu sein, wie damals? Oder hast du die ganze Zeit unter uns gelebt – unentdeckt? Nein, das war zu abwegig. Und wirst du bleiben, diesmal?

Kurz darauf war Lois so in Gedanken versunken, dass sie erschrocken hoch fuhr, als jemand an ihre Bürotür klopfte. Es war Clark.

Er blickte sie vorsichtig an und lächelte. Ob das versöhnlich wirken sollte? "Hey, die Redaktion vibriert ja förmlich. Die Neuigkeit hat eingeschlagen wie eine Bombe, hm?"

Oh ja, das sollte ganz sicher ein Versöhnungsangebot sein. Lois, überleg dir gut, was du jetzt sagst. Ein falsches Wort und wir streiten noch tagelang so weiter. Oder wir könnten in diesem Moment beginnen es einzurenken.

Sie schenkte ihm ein verstohlenes Lächeln. "Oh ja, das wird die Story des Jahres. Wir sind bereits dran." Lois war froh, dass sie überhaupt miteinander redeten und nicht sofort wieder stritten.

Clark schien sich etwas zu entspannen, er lehnte sich nun locker an den Türrahmen. "Und, weißt du schon, wer ihn interviewen soll...? Du weißt doch sicher noch, dass ich damals ganz gute Kontakte zu ihm hatte, ich könnte da vielleicht etwas vermitteln."

Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war, dass Clark wirklich versuchte, die Stimmung für sich zu verbessern und der zweite Gedanke war, dass sich hier unter Umständen wirklich eine fantastische Gelegenheit bot, an Superman heran zu kommen. Sie hatten vor drei Jahren keine Telefonnummer von ihm gehabt und die hatten sie natürlich auch heute nicht. Die hatte niemand. Und genau das könnte ihre Chance sein. Aber Clark stand immer noch lässig in der offenen Tür, die Hände in den Hosentaschen und so stand Lois nun auf und schloss die Tür. Während sie wieder zu ihrem Schreibtisch ging, sagte sie ganz entspannt zu ihrem Mann: "Clark, ich mache dieses Interview selber. Entschuldige, aber da lasse ich niemand anderen ran!" Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und sah ihn verschwörerisch an. "Also wenn du da etwas arrangieren könntest..."

Clark drehte sich zur Tür, während sein Blick weiterhin auf ihr ruhte. "Ich sehe, was ich machen kann..."

Lois beugte sich vor und bevor er die Tür öffnete, rief sie ihm leise zu: "Clark... ich bin froh, dass wir wieder reden..." Sie hatten zwar noch nichts geklärt, aber wieder zu reden war ein Anfang.

"Ja, das bin ich auch. Ich melde mich, wenn ich mehr weiß." Das klang sehr zuversichtlich und warm. Als wenn die ganze Wut der letzten Tage verflogen war, oder nie da gewesen war. Lois lächelte nun zufrieden, während Clark das Büro verließ.

~ ~ ~

Inzwischen war es Abend geworden. Hinter den Fensterscheiben brach eine kalte und ungemütliche Dunkelheit herein. Natürlich hatte sie während des Tages in der Redaktion keine Möglichkeit gehabt in Ruhe mit Clark zu reden, auszudiskutieren was eigentlich in den letzten Tagen in sie beide gefahren war. Sie hatte ihn vorsichtshalber auch nicht gefragt, wo er während der Morgenbesprechung gewesen war, sie wollte ihr zaghaftes, diplomatisches Umgehen nicht aufs Spiel setzen um ihre Neugierde zu befriedigen. Und inzwischen glaubte Lois, dass sie das hinbekommen würden, wenn sie sich nur die Zeit dafür nähmen. Sie musste dringend mit Clark reden, sie wollte sich versöhnen. Sie wollte, dass sie wieder harmonisch und liebevoll miteinander umgingen, dass sie sich austauschten, dass sie sich küssten und füreinander da wären. Und das so schnell wie möglich. Sowie sie Zuhause waren.

Doch noch konnte sie nicht nach Hause, noch hielt sie der Planet fest. Sie würde wirklich das Interview des Jahres bekommen! Clark hatte sein Versprechen gehalten und tatsächlich eine Zusage von Superman, dass er Lois ein Interview geben würde. Das erste Interview nach seinem sensationellen, unvorhersehbaren Comeback - und das einzige Interview!

Sie musste Clark unbedingt noch einmal fragen, wie er diesen Kontakt zu Superman nur immer herstellte. Das hatte er schon damals immer geschafft und Lois wusste bis heute nicht, wie ihm das immer gelungen war. Sie hatten in den letzten drei Jahren nie darüber gesprochen. Superman hatte in ihrer Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.

Er wollte sie in der Redaktion des Planets treffen, alleine, nachdem alle Kollegen gegangen waren. Also hatte sie warten müssen, bis auch der letzte Kollege endlich das Büro verlassen hatte. Und nun strich sie ruhelos wie ein Panther in seinem Revier durch diese so vertrauten Räume. Was hatte sie hier nicht schon alles erlebt? Lois hatte inzwischen das Gefühl, ihr halbes Leben in diesen Räumen verbracht zu haben. Und doch gab es immer wieder Momente, die so aufregend waren, dass sie es kaum aushalten konnte. Und genau so ein Moment war dies.

Sie ging an der Bildergalerie entlang. Perry hatte im Laufe der Jahre die großen Momente seiner Laufbahn hier verewigt, Da hingen gerahmte Artikel, Bilder von Preisverleihungen oder auch einfach nur Erinnerungen an Mitarbeiter. Bei einem Bild blieb sie hängen. Für den Artikel 'Superman - wo bist du?' hatte sie einen Kerth erhalten. Verträumt ließ sie ihre Finger über den hölzernen Rahmen gleiten und flüsterte: "Superman..." Das Bild zeigte, wie sie den Preis entgegen genommen hatte. Augenblicklich konnte sie sich an die Stimmung von damals erinnern. Die Sorgen, die Fragen und dann die Gewissheit, dass er niemals wieder jemandem helfen würde - einfach verschwunden war und blieb. Sie war sicher bei keiner Preisverleihung so betrübt gewesen wie bei dieser. Und nicht nur der unerklärliche Verlust dieses Helden mit den warmen Augen hatte ihr zu der Zeit die Kraft geraubt. Sie hatte diesen Artikel auch noch ohne ihren Partner schreiben müssen, Clark war während dieser Zeit überhaupt nicht gut drauf und war überhaupt keine Hilfe für sie. Er schien in der Zeit abgelenkt, nicht mit sich im Reinen zu sein - sie hatte niemals erfahren, warum.

Lois hatte das Gefühl, ihr würde kalt, obwohl sie wusste, dass das Redaktionsbüro im Winter eher immer überheizt war. Sie hatte nur ein kleines Fenster offen gelassen, falls er dadurch hereinfliegen wollte. Und sie hatte das Gefühl, ihre Augen brannten, ob sie Zug bekommen hatte? Und wenn sie noch einen kleinen Moment nachdachte, würde ihr sicher auch noch ein schlüssiger Grund für den Kloß in ihrem Hals einfallen... Lois! Reiß dich zusammen!, rief sie sich selbst zur Ordnung.

Wo blieb er nur? Er hatte über Clark angekündigt, dass er erst erscheinen würde, wenn außer Lois niemand mehr in der Redaktion war. Verständlich, er wollte keinen Rummel, er wollte wirklich ein ruhiges und sachliches Interview, eines, in dem sich alle Fragen klären ließen. Das war wunderbar, genau das wollte Lois auch.

Dieses 'Wusch'. Das Geräusch seiner Landung. Die ganze Zeit hatte sie darauf gewartet, als sie es endlich hörte, erschrak sie jedoch. Nachdem sie sich zu dem Fenster umgedreht hatte, stand er schon im Raum und lächelte. "Guten Abend, Lois. Ich freue mich wirklich, dich zu sehen." Er kam langsam auf sie zu und streckte ihr seine Hand entgegen.

Lois ermahnte sich, wieder zu atmen, sie wollte schließlich nicht umfallen. Diese Stimme! Sie hatte ganz vergessen, was seine warme, tiefe Stimme für einen Eindruck auf sie machte, sie hatte eine galaktische Gänsehaut. "Guten Abend... Superman!" Die Chefredakteurin musste sich konzentrieren, um ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. Sie nahm seine Hand und die Wärme die sie ausstrahlte, zog in einer Welle durch ihren ganzen Körper.

Sie betrachtete ihn kurz, seine Augen, dieses Lächeln, seine markante Kinnlinie, das Cape, das 'S'. Oh Lois, hör auf ihn so anzusehen! "Wollen wir uns nicht setzen. Aber nicht dort." Sie deutete auf ihrem alten Schreibtisch, den Ralph nun vereinnahmt hatte. "Ich habe jetzt ein eigenes Büro, also genau genommen ist es das ehemalige Büro von Perry, du weißt doch noch, Perry, unser Chefredakteur. Er ist jetzt in die Führungsetage aufgestiegen und... nun ja, ich bin die neue Chefredakteurin des Daily Planet. Wer hätte das gedacht - nicht wahr? Aber als wir alle dich da am Himmel gesehen haben, da war mein erster Gedanke: Diese Interview, das muss ich haben, das mache ich selber. Um nichts auf der Welt würde ich mir das nehmen lassen. Ich meine, das ist wirklich so einmalig... so..."

Ihr Gast folgte ihr in das Büro und lachte nun herzlich. "Lois. Ich hatte gedacht, Interview würde bedeuten, dass du fragst und ich antworte. Aber wenn du mich nicht zu Wort kommen lässt..."

"Oh. Entschuldige bitte. Natürlich, ich sollte dich zu Wort kommen lassen." Es war ihr peinlich, dass er sie darauf aufmerksam gemacht hatte. Wie eine Jung-Reporterin bei ihrem allerersten richtigen Interview benahm sie sich. Sie setzten sich beide hin, Lois hinter ihren Schreibtisch und Superman davor. Sie saß etwas angespannt dort und atmete einmal tief durch, er saß ganz entspannt. Dies war einer der bedeutendsten Momente ihrer Karriere, da war sie sich sicher - und ihres Lebens.

Er sah sie freundlich an. Oh nein! Nicht so ansehen, bitte nicht. Sie merkte, wie sie weiche Knie bekam und blickte zur Seite. Schon damals hatte sie dieser Blick immer in eine andere Welt versetzt. Es war doch erstaunlich, was dieser Kryptonier nach dieser Zeit noch für eine Wirkung auf sie hatte. Aber vielleicht war es auch nicht der beste Zeitpunkt, über eine alte Liebe nachzudenken, wenn sie mit ihrem Mann seit Tagen nur am streiten war.

Lois rief sich abermals zur Ordnung. Sie müsste sich einfach zusammenreißen, sich auf das konzentrieren, was das Wichtigste in diesem Moment war, das Interview. Papier und Stift lagen bereit. "Okay, Superman, ich denke, dir ist selber bewusst, wie wichtig dieses Interview ist. Die Menschen wollen wissen, was passiert ist, was wirklich passiert ist und ich denke, sie sollten es erfahren. Deswegen sitzen wir beide hier. Die wichtigste Frage ist sicher, was ist damals, vor drei Jahren, passiert? Warum bist du plötzlich verschwunden?" Sehr gut. Nun war sie wieder die professionelle Lois Lane, diejenige, die die Lage im Griff hatte. Die ruhig, sachlich und methodisch vorging.

Superman wirkte nun sehr ernst, so als wenn ihm die Beantwortung dieser Frage nahe ging. "Natürlich. Ich bin damals verschwunden, weil ich meine Superkräfte verloren hatte." Das schockte Lois regelrecht. Natürlich hatte alle Welt das vermutet. Das oder die Möglichkeit, dass er tot wäre, aber diese Variante hatte sie immer kategorisch abgelehnt. "Du erinnerst dich an den Meteoriten, der Metropolis bedrohte?" Lois nickte. Selbstverständlich erinnerte sie sich daran. Wie konnte sie das nur vergessen. Sie hatte damals gedacht, sie würde die letzten Tage ihres Lebens erleben. Er fuhr genauso ernst fort: "Ich musste zweimal ins All fliegen, beim ersten Flug habe ich versucht den Meteoriten abzulenken, indem ich versuchte ihn seitlich zu treffen. Er brach daraufhin in mehrere Einzelteile und eines dieser Bruchstücke flog immer noch auf Metropolis zu." Während er weitersprach machte sich Lois Notizen, was er sagte und was sie noch fragen wollte. "Es war wirklich sehr anstrengend, selbst für mich. Und nach dieser ersten Begegnung mit einem Meteoriten von mehreren Kilometern Durchmesser ging es mir nicht gut." Kaum vorstellbar, so wie er ihr in diesem Moment gegenüber saß. Er sah fantastisch aus. Genauso, wie sie ihn in ihrer Erinnerung hatte. Aber da war noch etwas, er berührte sie, seine Augen, sein warmer Blick... "Bei meinem zweiten Flug wollte ich dieses Bruchstück zur Explosion bringen, deswegen habe ich versucht es mit maximaler Geschwindigkeit zu treffen. Das hat auch funktioniert. Aber es hat mir meine Kräfte geraubt. Möglich, dass es daran lag, dass die Sonne sich zu dem Zeitpunkt im Erdschatten befand, also von mir aus gesehen, so konnte die Sonne mich nicht regenerieren. Ich kann nur von Glück sagen, dass ich zur Erde zurückgefunden habe. Und natürlich hatte ich Glück, dass ich überhaupt überlebt habe. Aber als ich auf der Erde wieder zu mir kam, hatte ich so viel Superkräfte wie der Kaffeeverkäufer an der Ecke."

Erst in diesem Moment wurde sie sich bewusst, dass sie ihn mit offenem Mund anstarrte. Lois überprüfte zum wiederholten Male, ob ihr Bandgerät auch aufzeichnete. Es beeindruckte sie, dass er diese Schilderung so gelassen von sich gab. Sie hingegen war inzwischen vollkommen sprachlos und flüsterte ihre Frage fast ein wenig andächtig: "Wie war das für dich? Hattest du keine Angst?" Wann immer sich ihre Blicke trafen, durchlief sie ein Kribbeln, das ihr augenblicklich ein schlechtes Gewissen machte. Was machte er bloß mit ihr? Sie hätte es niemals für möglich gehalten, dass da noch so viel Gefühl für ihn in ihrem Inneren schlummerte.

Seine Augen hatten inzwischen wieder diesen warmen, zuversichtlichen Ausdruck. "Ich hatte die Erde gerettet. Niemand kann wirklich vorhersagen, was der Einschlag eines so großen Steins für Folgen nach sich gezogen hätte. Für die Menschen, für das Leben im Allgemeinen. Aber die Folgen wären verheerend gewesen. Das konnte ich verhindern. Und ich würde es immer wieder tun." Er wandte seinen Blick nach unten. "Aber um ganz ehrlich zu sein, ich habe mich furchtbar gefühlt und ich hatte Angst. Das Fliegen ist etwas, an das man sich gewöhnen kann." Bei den letzten Worten lächelte er schon wieder.

"Wohl wahr..." Auch Lois lächelte verlegen. Sie war natürlich nie aus eigener Kraft geflogen, dennoch hatte sie die Freude und das Vergnügen gehabt, ein paarmal mit ihm geflogen zu sein. "Das heißt aber, du warst die ganze Zeit auf der Erde?" Er nickte stumm. "Aber wo?" Auch wenn ihr Diktiergerät offensichtlich alles aufzeichnete, machte sie sich vorsichtshalber noch Notizen, sicher war sicher. Außerdem beruhigte es ihre Nerven. Ganz besonders die Frage, wo er sich in den letzten drei Jahren aufgehalten hatte, ließ ihr den Atem gefrieren.

Nun wich er ihrem eindringlichen Blick aus. "Es tut mir leid, Lois, aber diese Frage kann ich dir nicht beantworten", er zögerte einen Moment, bevor er ruhig weitersprach, "zu meiner eigenen Sicherheit." Entschuldigend sah er sie an.

Lois nickte, sie verstand das. Er hatte all die Jahre unter ihnen gelebt, wahrscheinlich in der Identität, mit der er sich schon zu der Zeit geholfen hatte, als er als Superman noch seine Kräfte hatte. Sie hatte immer die Vermutung gehabt, dass Superman eine Zweitidentität gehabt hatte. Sie konnte das wirklich verstehen - aber sie hätte zu gerne gewusst, wer diese Zweitidentität war. Nicht um es in ihren Artikel zu bringen, nein persönlich...

"Okay, okay... Superman, und warum hast du deine Kräfte jetzt wieder? Was ist passiert? Gab es ein Ereignis, bist du wie von einer langen Grippe genesen oder hast du ein Geheimrezept entdeckt? Hat dir jemand geholfen oder ist es einfach passiert? Werden die Kräfte bleiben?"

Er lächelte entspannt. "Das waren jetzt acht Fragen..."

Langsam ließ Lois' Anspannung etwas nach und auch sie lächelte. „Oh...“ Was sollte sie sagen? "Entschuldige bitte, aber ich hätte gerne noch mehr gefragt, aber vielleicht sollte ich dich auch mal wieder zu Wort kommen lassen."

Verschmitzt lächelte er sie an und nickte mit dem Kopf. "Also...", doch dann, er stockte, ein kurzes Zögern, er hob seinen Kopf, blickte gedankenversunken auf die Wand; aber vielleicht versuchte er sich auch nur auf etwas zu konzentrieren, was er hörte. Dann sah er sie ernst an und stand auf. Die Leichtigkeit des Augenblicks war fort. "Lois, es tut mir leid", oh nein! Verdammt noch mal! Bitte geh jetzt nicht! Doch er ging schon zur Tür. "Ich fürchte wir müssen dieses Interview zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen. Da ist eine Sirene, mehrere Sirenen. Es klingt nach einer wirklich großen Sache..."

Lois warf ihren Bleistift auf ihren Block. Doch das sah er schon nicht mehr. Verdammt! Das war nur ein halbes Interview. Das gab doch noch nichts her für einen Artikel. Sie hasste es, wenn Männer plötzlich verschwanden...


KAPITEL 3 - Clark hatte sich nicht noch einmal umgedreht zu ihr, er war nur schnell ans Fenster getreten und in die dunkle Nacht verschwunden. Verdammt, er hatte noch so viel sagen wollen und so viel sagen müssen. Es war schlimm genug, dass er sich von seiner Frau interviewen lassen musste, ohne dass sie die ganze Wahrheit wusste. Wie würde sie reagieren, wenn sie es erfuhr? Er hatte dieses Interview nutzen wollen, um ihr seine Geschichte zu erzählen. Langsam, Stück für Stück. Soweit, wie er sie selber verstand. Natürlich musste ihm eine Rettungsaktion dazwischen kommen. Manchmal war dieses Kryptonische in seinen Adern aber auch ein Fluch.

Er hatte Sirenen von Polizei, Feuerwehr und Ambulanzen gehört. Das klang nach einer großen Aktion. Er flog auf den Punkt zu, an dem das Blaulicht die Nacht erhellte. Nur wenige Minuten später hatte er das ganze Ausmaß der Katastrophe vor sich, zwei U-Bahnen waren ineinander gefahren und hatten Feuer gefangen. In einem der tiefsten Tunnel der Stadt, wie ihm der Einsatzleiter der Feuerwehr gegen den Lärm der immer noch heulenden Sirenen mitgeteilt hatte. Der Einsatzleiter war sehr froh gewesen, dass Superman bei dieser Rettung helfen wollte, ohne ihn würden sie Stunden brauchen, um zu den Insassen vorzudringen und sie evakuieren zu können.

„Jetzt haben die Eingeschlossenen wieder eine Chance!“, hatte er mit einem zuversichtlichen Gesicht gesagt und sich dann an seinen Helm getippt.

Natürlich waren die Rettungskräfte froh über jede Hilfe, die sie bekommen konnten und er würde helfen, natürlich, nie gab es da einen Zweifel, aber er wäre jetzt lieber im Planet, bei Lois, in ihrem Büro... Würde ihr erklären, wie das alles gekommen war, warum er nie etwas gesagt hatte. Und würde so gerne versuchen heraus zu finden, was es für sie beide bedeuten würde. Für ihre Zukunft...

Clark flog so schnell wie möglich zur Unglücksstelle, hundert Meter unter den Straßen Metropolis, es gab viele Verwundete, der starke Rauch machte allen zu schaffen und zu sehen war nichts – absolut nichts. Er versuchte sich Mithilfe seines Röntgenblicks einen Überblick zu verschaffen, versuchte einzuschätzen, wer seine Hilfe am dringendsten benötigte und versuchte die Schmerzensschreie und das Stöhnen zu überhören. Er dufte sich nicht ablenken lassen. Blitzschnell traf er eine Entscheidung, mit wem er als Erstes wieder an die Oberfläche zurück kehren würde. Bei jedem Flug nach unten, durch das Labyrinth der U-Bahnschächte nahm er jemand mit, einen Feuerwehrmann oder einen der Ärzte und bei jedem Flug nach oben brachte er mehr und mehr Verwundete aus der Hölle heraus. Nach ein paar Minuten hatte er einen regelmäßigen Flugrhythmus entwickelt und den kürzesten Weg durch das Tunnellabyrinth gefunden. Er verrichtete seine Arbeit, mechanisch, flink, ohne jedes Zögern, ohne nachzudenken.

Seine Gedanken wanderten wieder zu dem missglückten Interview. Er hatte Lois so viel sagen wollen. Warum hatte er ihr nicht vor drei Jahren die Wahrheit gesagt? Oder wenigstens als er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, im Mai 1995. Oder allerspätestens als er Lois geheiratet hatte, vor ziemlich genau einem Jahr. Er hatte Superman verdrängt, der Held hatte in seiner Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.

Dr. Klein und er hatten monatelang alle erdenklichen Versuche gemacht, um ihm seine kryptonische Natur wieder zurück zu geben – alles vergebens. Und dann? Es war weniger ein Aufgeben als mehr ein sich Arrangieren mit der neuen Situation. Außerdem hatte die Tatsache, dass es keinen fliegenden Helden am Himmel mehr gab, zur Folge, dass Lois Clark mehr Aufmerksamkeit entgegen brachte. Und im Februar 1996 hatten sie dann geheiratet. Seit diesem Tag war er der glücklichste Mensch auf der Welt, manchmal vergaß er sogar tagelang, was ihm seine Fähigkeiten früher einmal ermöglicht hatten. Es war alles gut.

Da war eine hochschwangere Frau, ihr Gesicht war ganz schwarz vom Ruß, aber sie schien nicht sehr ernst verletzt zu sein. Und doch sie musste hier raus, schnell. Bisher hatten ihm die Feuerwehrleute immer noch nicht sagen können, wie schädlich oder gar giftig der Qualm war. Die Frau lächelte ihn an und ließ sich von ihm auf den Arm nehmen. Hoffentlich ging es dem Baby gut. Er sollte morgen unbedingt danach fragen.

Heute Morgen hatte sich sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Er hatte sich doch bereits damit ausgesöhnt gehabt, keine Super-Kräfte mehr zu haben. Und das Verschwinden seiner Kräfte war viel schlimmer gewesen als damals, in seiner Jugend, als sich die Kräfte langsam, nach und nach eingestellt hatten. Nicht dass er sich beschweren wollte, dass er nun wieder fliegen konnte, ganz sicher nicht, bei wem auch? Nur dass er jetzt eben ein Problem mit Lois hatte. Er hatte ihr niemals gesagt, dass Supermans Zweitidentität Clark Kent war. Warum eigentlich? Lois hatte den Mann aus Stahl abgöttisch verehrt als sie sich kennen gelernt hatten und Clark hatte für sie erst an Bedeutung gewonnen, nachdem es Superman nicht mehr gab.

So lächerlich es auch klang, er war eifersüchtig auf sein 'Alter Ego' Superman.

Und er war es auch in diesem Moment. Er hatte genau gesehen, wie Lois ihn angesehen hatte, nachdem er den Planet betreten hatte, aber nicht ihn – Clark – nein den Mann im Cape hatte sie so schwärmerisch angesehen, hatte ihre Augen schmachtend über seinen Körper wandern lassen, während sie mit ihm als Clark seit Tagen kein freundliches Wort mehr gewechselt hatte. Und es war ja nun nicht so, dass Clark sich hinter seinem Körper verstecken musste, nein, es war der gleiche Körper! Doch aus Lois' Sicht sahen sie sich wahrscheinlich nur ein wenig ähnlich.

Dieser Mann musste sofort in ein Krankenhaus gebracht werden, sonst würde er an seinen Verletzungen verbluten. Er hatte auch innere Blutungen. Und er musste sich weiterhin beeilen, da gab es noch so viele Verletzte.

Wie würde Lois reagieren? Sie würde ihn fragen, warum er ihr das nicht schon irgendwann im Laufe der letzten drei Jahre erzählt hatte. Zu Recht! Aber nachdem er sich damit abgefunden hatte, keine besonderen Fähigkeiten mehr zu haben, nachdem ihm klar geworden war, dass er von nun an nur noch ein ganz gewöhnlicher Mensch sein würde, da hatte er auch begonnen den kryptonischen Helden zu verdrängen. Ohne die Kräfte wollte er der Person Superman keinen Raum mehr in Lois' und seinem Leben einräumen. Es war ihm nie leicht gefallen auf all das zu verzichten, das Fliegen, die Kraft, die Geschwindigkeit, selbst Röntgenblick und seine Atemfähigkeiten mochte er, er konnte damit Menschen helfen.

Anfangs hatte er Angst gehabt, dass Lois in Clark nur eine Notlösung gesehen hatte. Da konnte er ihr doch nicht erzählen, dass er einmal Superman gewesen war. Dann war er sich sicher gewesen, dass Lois wirklich ihn liebte. Da wollte er ihr nicht mehr erzählen, dass er der Mann aus Stahl gewesen war. Doch nun war alles anders. Nun war der Stählerne keine Vergangenheit mehr, er war Gegenwart und Zukunft.

Wie würde das für Lois sein? Er musste mit ihr reden. Auf keinen Fall durfte er den Fehler machen und dieses Gespräch vor sich herzuschieben, auf gar keinen Fall. Seine Frau würde ihn umbringen, zu Recht - oder viel schlimmer noch, sie würde ihm nicht verzeihen.

Er flog eine Mutter mit ihrer völlig verängstigten Tochter an die Oberfläche. Sie waren nicht besonders schwer verletzt, nur einige Abschürfungen und eine Platzwunde, aber das Mädchen wirkte sehr verstört. Aber das war verständlich, sie verstand noch viel weniger, was passiert war. Das fiel schon den Erwachsenen schwer. Zum Glück waren um diese späte Stunde nur wenig Kinder in der U-Bahn.

Clark hatte sich schon vor vielen Jahren antrainiert sich von den Schicksalen nicht so stark beeinträchtigen zu lassen, das war lebensnotwendig für ihn. Es gelang ihm mal besser, mal schlechter. Bei Kindern meist schlechter.

Und bis zu diesem Morgen, auf diesem verlassenen Rummelplatz hatte er nicht eine winzige Spur seiner altbekannten Kräfte gespürt, nicht an einem einzigen Tag. Das musste er Lois sagen, unbedingt. Hoffentlich glaubte sie ihm. Diese... Energie muss wohl eine Art Kettenreaktion ausgelöst haben. Er würde Klein einen Besuch abstatten in den nächsten Tagen und ihn nach seiner Meinung fragen. Aber vorher musste er mit Lois reden. Doch was war das bloß für eine eigenartige Energie gewesen, mit der Press auf ihn gefeuert hatte...?


KAPITEL 4 - Clark erinnerte sich noch genau an den heutige Morgen...

Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Clarks Blick fiel sofort auf das Büro, Lois' Büro, Perrys ehemaliges Büro. Durch die Glaswände hindurch konnte er sehen, dass sie mit Myerson und Burns diskutierte. Es war so lächerlich, sie waren getrennt in den Planet gefahren, sie mit dem Auto, er mit dem Taxi. Das Frühstück war einfach schrecklich gewesen. Er hasste es mit Lois zu streiten und das hatten sie getan, aber nicht erst heute morgen, nein gestern Abend und sie hatten es nicht klären können, hatten die Nacht getrennt verbracht, sie im Schlafzimmer und er auf dem Sofa. Zum Frühstück war Lois in die Küche gekommen und es sah fast so aus als wenn sie gehofft hatte, er wäre schon gegangen. Noch in diesem Moment zog sich bei dieser Erinnerung sein Magen zusammen.

Sie hatten noch niemals so unerbittlich gestritten.

Die Worte vom gestrigen Abend hatten so sehr geschmerzt.

Provozierend hatte sie sich vor ihm aufgebaut. "Du erwartest, dass ich dich bevorzuge, weil du mein Mann bist? Clark, du kannst nicht immer die besten Storys bekommen. Ich trage jetzt nicht nur die Verantwortung für eine Story, ich habe jetzt eine ganze Redaktion zu leiten!"

Er hatte daraufhin wütend geantwortet: "Ich erwarte, dass du meinem Instinkt vertraust, so wie du das machst, seit wir beide Partner sind!"

Böse zischte sie ihn an: "Und was ist bitte mit meinem Instinkt? An der Sache mit Press ist nichts dran. Das ist ein Spinner, weiter nichts!"

Clark reagierte ohne viel nachzudenken und viel zu laut: "Diese neue Verantwortung scheint deinen Instinkt getrübt zu haben! Ich ermitteln weiter in Sachen Press!" Provozierend sah er sie an. Sie standen sich gegenüber wie zwei Kampfhunde im Ring.

"Clark...", sagte sie ruhig, aber mit diesem unterschwelligen Groll, "wenn du weiterhin an der Press-Sache arbeitest...", drohte sie ihm.

Das war einfach nur verrückt. "Dann...? Was dann? Wirst du mich dann entlassen?" Daraufhin hatte er, wie in der Nacht zuvor, ungestüm seine Decke und sein Kissen genommen und war wütend nach unten gestapft. Er hatte nicht mehr gehört, was sie ihm entgegnete. Alles war sie jetzt noch sagen würden, könnte es nur schlimmer machen. Die Fronten waren so verhärtet.


Und nun waren sie beide im Planet, das hieß wieder keine Gelegenheit zu klären, was so dringend geklärt werden musste. Die Kollegen beobachteten sowieso schon jedes Wort, jede Geste zwischen ihnen.

Ob er die Press-Story einfach fallen lassen sollte, einfach nur um seinen guten Willen zu zeigen? Vielleicht hatte sie ja auch Recht. Gestern hatte er Jimmy ein paar Recherchen zu Eric Press machen lassen, die nicht sehr erfolgversprechend gewesen waren.

Auslöser dieser bitterlichen Angelegenheit war eine Email, die vor ein paar Tagen in der Redaktion angekommen war. Press hatte darin angekündigt, dass er sich an Lane&Kent rächen würde, weil sie sein größtes Vorbild ins Gefängnis gebracht und damit zerstört hatten. Er hatte nicht geschrieben, wer das gewesen sein sollte. Lois hatte daraufhin nur gemeint, wenn sie jemand ins Gefängnis gebracht hätten, hätte er es sicher verdient gehabt. Damit war für sie die Angelegenheit erledigt gewesen. Es war ja auch wirklich nicht die erste Drohung, die sie bekommen hatten, aber ein unbestimmtes Gefühl hatte Clark veranlasst in diesem Fall zu ermitteln.

Nachdem sich Clark einen Kaffee geholt und sich an seinem Schreibtisch gesetzt hatte, blickte er noch einmal zu Lois. Hatte sie eben nicht auch einen verstohlenen Blick in seine Richtung geschickt? Sollten sie beide sich von dieser Chefredaktion wirklich so aus der Bahn werfen lassen? Es musste doch möglich sein, dass sie wieder normal miteinander umgingen, dass sie miteinander sprachen, Probleme diskutierten, Ideen austauschten und Zärtlichkeiten... Wie sehr er sich danach sehnte, Lois zu berühren, in ihrer Nähe zu sein. Er schloss kurz die Augen.

So ging es nicht weiter. Clark fasste einen Entschluss: Press war es nicht wert, dass sie dafür nur stritten. Er würde nicht weiter daran arbeiten.
Die Welt ist groß genug für die Bedürfnisse aller. Aber zu klein für die Gier einzelner.
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Re: Presserummel

Beitragvon Magss » Sa 23. Jan 2010, 17:46

Nachdem er seinen Computer hochgefahren hatte, sah er sein Postfach durch. Keine internen Mitteilungen für ihn, auch nicht von Ralph. Der hatte ihm in den letzten Tage, seit Lois sie zu 'Partnern' gemacht hatte, doch tatsächlich Nachrichten über das interne Haussystem geschickt, obwohl sein Schreibtisch keine zwei Meter weiter stand. Sowie Lois und er wieder normal miteinander kommunizierten, musste er ihr diese 'Partnerschaft' ausreden. Aber Emails waren für ihn da.

'Kannst du noch gut schlafen? Haha. Genieße Deine letzten Tage, oder vielleicht sind es nur Stunden, wer weiß das schon? Wenn ich mit Euch fertig bin, werden Lane&Kent Vergangenheit sein. Neugierig? Wenn Du wissen willst, warum, kannst Du ein paar Informationen im alten, stillgelegten Glory-Fun-Park bekommen, heute Morgen um neun Uhr. Und? Wirst Du kommen? - Eric Press' Kein Email-Absender.

Clarks Gedanken überschlugen sich, das war eine Falle, soviel war klar. Aber wie sollte er endlich erfahren, was Press eigentlich von ihnen wollte, wenn er ihn nicht treffen würde? Eine Adresse hatte Jimmy nicht recherchieren können. Wie gefährlich war Press?

Die Polizei konnte er nicht benachrichtigen. Press war ein technisches Genie, wie sein Bruder auch. Sie hatten sicher genug Technik und Überwachung in diesem Park, die sie schützen würde.

Und Lois? Sie konnte er erst recht nicht informieren. Press war das Letzte, worüber sie sich einigen konnten. Aber um zu erfahren, was er gegen Press machen konnte, musste er ihn treffen, mit ihm reden. Er wollte nicht darauf warten, dass hier im Planet etwas passierte. Wer wusste denn schon, auf was für Ideen jemand wie Eric Press kam? Ein Blick auf seine Uhr - neun Uhr, das konnte er schaffen.

Glücklicherweise kannte er das Gelände des Glory-Fun-Parks ganz gut und so bat er den Taxifahrer, er möge ihn an der nördlichen Umgehungsstraße aussteigen lassen, das entgegengesetzte Ende vom Haupteingang. Es war kurz vor neun. Von hier aus musste er sich zwar durch unwegsames Gelände und wucherndes Gestrüpp kämpfen, aber er hoffte, dass Press ihn nicht aus dieser Richtung erwarten würde. Es begann zu regnen. Das erschwerte ihm den Weg durch das brachliegende Gelände, aber vielleicht würde es Press die Sicht behindern oder vielleicht Überwachungstechniken, die eventuell vorhanden waren, außer Kraft setzen. Clark beschloss, den Regen eher als einen Verbündeten zu sehen.

Der Himmel verdunkelte sich immer mehr, in der Ferne war ein leises Grummeln zu hören. Metropolis im Januar im Regen war schon schaurig, aber das auch noch auf einem verlassenen Rummelplatz zu erleben... Seit Jahren wurde dieses Gelände nicht mehr genutzt und mit der Zeit diente es auch noch als Schrotthalde für andere Fahrgeschäfte. Da gab es ein umgestürztes Kettenkarussel, einige Gondeln eines Riesenrades lagen durcheinander und überall standen ausgediente Wohnwagen oder Verkaufswagen herum. Dieser rostige Schrott mit abblätternder Farbe strahlte eine traurige Stimmung aus. Oder war es das Wetter?

Clark wäre wesentlich wohler, wenn er wüsste, mit was für einen Gegner er zu rechnen hatte, ob Press bewaffnet war oder ob er alleine hier auf ihn warten würde. Wie ernst war es Eric Press mit seiner Drohung? War es richtig, hierher zu kommen?

Er schlich sich sachte und so leise wie nur möglich an einer Hütte entlang. Es war die Rückseite davon und noch konnte er nicht erkennen, was für eine Funktion sie in ihren Glanzzeiten gehabt hatte. Trotzdem ein eisiger Wind um die Buden zog, war ihm sehr warm. Mit dem Rücken gegen die morschen Holzbrettern gedrückt, ging er tastend, leise wie ein Luchs voran, das bot ihm den besten Überblick bei der größtmöglichen Deckung. Vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend, horchte er auf jedes noch so kleine Geräusch und hoffte, dass Press ihn noch nicht entdeckt hatte. Sein Herz schlug bis zum Hals. Clark war unbewaffnet, was für eine Chance hatte er? Wahrscheinlich war doch eine schlechte Idee gewesen, hierher zu kommen. Doch nun konnte er es wohl kaum noch umkehren.

Inzwischen war er an der Vorderseite dieser Hütte angelangt und lugte vorsichtig um die Ecke. Er hielt den Atem an, aber es war nichts ungewöhnliches zu sehen. Der Regen war etwas stärker geworden, prasselte auf den Boden und auch der Wind hatte zugenommen. Die Schultern seiner Jacke waren inzwischen vom Regen durchnässt. Nun war zu erkennen, dass die Hütte an der Vorderseite ehemals eine Glasfassade gehabt hatte, dahinter waren Spiegel zu sehen. Heute gab es nur noch vereinzelte Bruchstücke von den Glasscheiben. Es wird so ein Spiegelkabinett gewesen sein. Kein Wunder, dass dieser Park keine Besucher mehr angelockt hatte, damit konnte man heute niemanden mehr unterhalten. Aber Clark würde sich hier etwas unterstellen können, bevor er vom Regen noch klitschnass wurde.

Blitzschnell lief er aus der Deckung dieser Hütte und betrat das ehemalige Spiegelkabinett einfach durch die zerbrochenen Scheiben der Vorderfront. Er sah sich um und fand, dass das eine gute Entscheidung war. Durch die nur noch teilweise intakte Glasfront hatte er einen guten Überblick und hier drinnen war es ein wenig schummerig, so dass er von außen nicht so gut zu sehen sein sollte. Aber der alte Dielenboden knarrte. Hier gab es alle möglichen Arten von Spiegeln und erstaunlich viele davon waren noch intakt. Wahrscheinlich war dieser vereinsamte Platz sogar für die Jugend-Gangs zu langweilig.

Clark stand vor einem Spiegel, der sein Ebenbild unendlich in die Länge zog und beobachtete den Platz vor der Hütte scharf. Ihm war kalt, seine Kleidung war völlig durchnässt, seine nassen Haare tropften und in diesem Moment wünschte er sich einfach nur weit weg. Der Regen nahm weiter zu. Plötzlich war da ein Geräusch wie knirschende Steine, das sich gegen den prasselnden Regen absetzte, waren es Schritte? Er traute sich noch nicht mal mehr zu atmen. Und konnte immer noch nichts sehen. Der Regen war vielleicht doch nicht sein Freund, er fühlte sich durch das Wetter im Nachteil. Verdammt, er hätte nicht herkommen sollen. Wenn er Lois gefragt hätte, sie hätte ihm das ausgeredet, auch ohne den Disput, den sie um die ganze Press-Sache hatten. Und sie hätte Recht gehabt. Inzwischen war ihm sehr mulmig zumute.

Und dann sah er ihn, Eric Press. Er kam vom gegenüberliegenden Ende des freien Platzes vor dieser Spiegel-Hütte auf ihn zu. Und das so selbstsicher als wüsste er ganz sicher, dass Clark sich genau hier versteckt hielt. Was konnte er tun? Sein Herz schlug bis zum Hals, alleine dieses Geräusch müsste ihn eigentlich verraten.

Clark sah sich nach einer Fluchtmöglichkeit um, nach Vorne heraus schied aus, von dort kam Press auf ihn zu. Und nach hinten? Dieser Raum war voller Spiegel, Trickspiegel, Verzerrspiegel oder auch einfach mehrere Spiegel gegenüber, so dass man sich darin tausendmal sah, es war dadurch nicht gerade einfach einzuschätzen, ob es da einen Ausweg gab. Hektisch blickte er hin und her, ohne sich entscheiden zu können, was er tun sollte oder konnte. Agieren oder Abwarten? Verdammt, Clark, das wird eng! Und er wusste nicht, ob er drauf wetten sollte, dass es gut ausging.

Clark sah wieder nach vorne auf den freien Platz vor dieser Spiegelhütte. Press kam langsam, ungeachtet des Regens, immer näher. Und er trug etwas im Arm, eventuell aus Metall, soweit Clark das von seinem Standort aus einschätzen konnte, es war rund, vielleicht einen halben Meter lang und zwanzig Zentimeter im Durchmesser. Press kam immer weiter auf das Spiegelkabinet und damit auf ihn zu.

"Oh, mach doch irgendetwas!", flüsterte Clark, um sich selbst zu beruhigen oder sich Mut zuzusprechen oder vielleicht auch nur, um sich abzulenken. Mit zittrigen Händen wischte er sich fahrig die Schweißperlen von der Stirn. Er hatte so weiche Knie wie Butter.

Press brüllte amüsiert: "Hey! Ich weiß, dass du da drinnen bist. Ich habe dich gesehen." Und dann lachte er. Es war ein böses Lachen, ein gefährliches Lachen, ein verrücktes Lachen. Und es ging Clark durch Mark und Bein.

Press hob diese merkwürdige Metalltolle, von der Clark immer noch keine Idee hatte, was es sein könnte, vor seinen Bauch. Es war eine Waffe! Es hatte einen Abzug an der Unterseite und die Hand von Press lag darauf. Press wollte nicht reden, er wollte nur Rache. Was konnte Clark jetzt noch tun?

Press ließ immer noch sein höhnisches Gelächter erklingen, während er nun auf Clark zu zielen schien. Er war nur noch ein paar Meter entfernt, so dass er Clark wohl kaum verfehlen würde. Clark zwang sich, seine Aufmerksamkeit von Press' irren Blick zu lösen und sich nur noch auf den Finger am Abzug zu konzentrieren. Und als er die minimale Bewegung des Fingers erahnte, rollte sich Clark blitzartig zusammen und wich dem, was aus dieser Metalltonne kam, flink aus.

Doch was auch immer es war, Clark hatte so etwas noch nie gesehen. Es war wie eine Schwingung; die Luft zwischen dieser Waffe und dem Punkt, an dem Clark eben noch gestanden hatte begann zu vibrieren. Es zischendes Geräusch und dann war diese Vibration plötzlich in dem gesamten Spiegelkabinett. Alles ging so schnell. Keine Möglichkeit zu reagieren. Die Spiegel schienen diese Energie zu reflektieren, vielleicht zu verstärken oder aufzuheben. Clark wusste es nicht. Der ganze Raum um ihn herum vibrierte und zischte.

Als nächstes spürte Clark, wie er von dieser Energie erfasst wurde. Keine Schmerzen. Es fühlte sich an als würde ein Blitz ihn durchzucken, nein, es war anders, wärmer, es fühlte sich an wie früher, wenn er nach langer Zeit die Sonne wieder spürte, die Wärme aufnahm, die Energie der Sonne aufnahm, wie sie seine kryptonische Kraft auflud, wie sie ihn regenerierte. Etwas warmes breitete sich in seinem Körper aus, ausgehend von seinem Herz zog es dann bis in die Extremitäten. Es fühlte sich an wie damals als er seine Superkräfte hatte, es fühlte sich gut an...

Superkräfte? Konnte das sein? War es möglich, dass sie wieder da waren?

In Erinnerung an etwas, was schon so lange her war, versuchte er etwas vom Boden abzuheben - und? Es funktionierte! Er schwebte! Er schwebte über dem Boden, ohne jede Kraftanstrengung! Wie war das möglich? Egal. Es war passiert. Und er sollte es nutzen. Wer wusste, ob es permanent war. Aber solange er Superkräfte hatte, sollte er Press erledigen. Und das schnell.

Ohne ein weiteres Zögern flog Clark, schnell wie eine Gewehrkugel, aus dieser Hütte, er steuerte auf Press zu, der ihn nun sehr verdutzt ansah. Uups, abbremsen, wie war das doch gleich noch? Etwas ungestüm kam er bei Press an, rempelte ihn um, riss ihn zu Boden, er hatte schon bessere Landemanöver hinbekommen. Aber das war gleichgültig. Er entwandt Press diese Waffe, diese Metalltonne, was auch immer es war und stauchte sie auf Faustgröße zusammen. Oh, nun würde ihm wahrscheinlich selbst Klein nicht mal mehr sagen können, was dieses Gerät eigentlich machte, wie es funktionierte. Aber auch das war gleichgültig. Clark holte sich eine der Ketten von dem Kettenkarussell und fesselte Press damit an einem Laternenpfahl.

Das alles dauerte keine zwei Sekunden.

Zwei Sekunden, in denen Eric Press ihn nur fassungslos angestarrt hatte ohne zu verstehen. Das brachte sein entsetztes Gesicht sehr deutlich zum Ausdruck. Doch nun, als wenn er sich gefangen hatte, begann er wütend um sich zu schreien: „Nein! Das kann nicht sein. Es ist unfair, dass Clark Superman geschickt hat, statt selber zu kommen! Er ist ein Feigling...“

Clark hörte nicht mehr zu, Press glaubte, dass Superman all dies bewerkstelligt hatte. In der sehr kurzen Flugzeit hatte ihn nicht erkennen können, er war viel zu schnell gewesen. Und nun? Er stand hinter Press. Und der hatte immer noch nicht realisiert, dass es Clark gewesen war, der das alles vollbracht hatte – und so sollte es auch bleiben.

Press konnte nicht fliehen. Und sicher wäre Clark auch so schnell wieder hier, dass er es vielleicht noch nicht mal bemerken würde, wenn er eine Weile nicht da wäre. Genau, das war die Lösung. Press glaubte Superman war hier. Er glaubte, es gab ihn wieder. Er sei wieder auferstanden. Und das würde ihm Clark auch zeigen.

Tagsüber fliegen ohne Kostüm war eine sehr heikle Angelegenheit, aber durch den starken Regen und die dunklen Wolken war die Sicht sehr schlecht, außerdem konnte er so schnell nach Hause fliegen, dass ihn niemand sehen konnte. Hoffentlich klappte die Landung diesmal besser. Er wollte seinem Zuhause schließlich keinen Schaden zufügen. Erstaunlich wie man aus der Übung kommt...

Die Landung klappte besser, sehr viel besser als zuvor und auf dem Dachboden, in einer der hintersten Ecke fand er in einer Kiste seine Kostüme. Andächtig ließ er seine Finger für einen kurzen Moment darüber gleiten. Er hatte nicht mehr daran geglaubt, sie noch einmal anzulegen. Doch nun schien dieser Augenblick gekommen zu sein. Er rotierte in das knappe blaue Kostüm und legte das Cape an. Zog die Stiefel und die gelbe Hose an. Das war ein so unglaublich gutes Gefühl. Es fühlte sich an wie eine zweite Haut. Es fühlte sich an wie ein Stück von ihm. Und sofort bemerkte er wie er eine andere Körperhaltung einnahm, gerader, aufrechter, stolzer. Er schloss kurz die Augen. In seiner Kehle saß ein dicker Kloß und seine Augen wurden feucht. Er seufzte.

Doch dann besann er sich darauf, dass Press immer noch auf diesem Rummelplatz an diesen Pfahl gefesselt stand. Mit seinen Gefühlen musste er sich später auseinander setzen. Und so trat er aus seinem Haus, in den Garten und stieg in die Luft, in seinem Superman-Outfit. Er flog für jeden sichtbar. Und er genoss diesen Flug. Er war wieder da. Wie auch immer das möglich geworden war.

Auf dem verlassenen Rummelplatz angekommen schrie Press immer noch wie wild geworden vor sich hin, heiser inzwischen: „Kent ist ein Feigling. Er hätte selber kommen sollen. Er hätte keine Chance gehabt gegen diesen Quanten-Auslöser. Wieso ist Superman ausgerechnet jetzt wieder aufgetaucht?“ Und so ging es weiter und immer weiter. Clark ließ sich dadurch nicht beeindrucken, er befreite ihn von dem Laternenpfahl und brachte ihn zur nächsten Polizeidienststelle.

Der diensthabende Beamte sah ihn nur mit offen stehendem Mund an. Doch die Fragen der Beamten konnte er kaum beantworten. An einem der hinteren Schreibtische hatte jemand leise ein Radio laufen, die sachliche Stimme eines Nachrichtensprechers teilte ihnen mit: „... über dem Flughafen von Metropolis kreist eine DC-10, die nicht landen kann, weil sich das Fahrwerk nicht ausfahren lässt. Es wird ein Unfall allerhöchsten Ausmaßes befürchtet. Die Einsatzleitung der Flughafen-Feuerwehr räumt der Besatzung und den Passagieren keine Chance mehr ein. Er wird diskutiert, ob das Flugzeug über den Ozean dirigiert werden soll, um nicht auch noch einen erheblichen Schaden und damit eine noch weitergehende Gefährdung von Menschenleben am Boden zu riskieren...“

Auf dem Flug Richtung Metropolis-Airport kam Clark ein neuer Gedanke: 'Wie sollte er das alles Lois beibringen?' Sie hatte Superman verehrt, vergöttert und sich dann damit abgefunden gehabt, dass es ihn nicht mehr gab. Und nun war sie mit ihm verheiratet – und hatte keine Ahnung. Oh Boy...

~ ~ ~

Clarks Anzug hatte seine leuchtende Farbe verloren, er war von einer gleichmäßigen Schicht Ruß und Staub überzogen. Kein Wunder, unzählige Male war in diesen U-Bahn-Tunnel geflogen, doch nun war er sicher alle Fahrgäste an die Oberfläche gebracht und den Brand vollständig gelöscht zu haben. Und das in weniger als einer Stunde. Es war wirklich gut gelaufen. Auch der Einsatzleiter der Feuerwehr war dieser Meinung und bedankte sich äußerst zufrieden bei Superman. Wie in stiller Übereinkunft tippten sie sich beide zum Gruß an die Stirn. Sie hätten sich auch auf die Schulter klopfen können. Diese Rettungsaktion war phänomenal verlaufen und Clark wusste das. Ohne sich selbst loben zu wolle, aber hätte er nicht eingegriffen, hätte es sehr viele Tote gegeben.

Hinter einer Absperrung sah er die Presse stehen, sie wollten mit ihm reden, dem Held des Tages. Aus der Entfernung machten sie so viele Fotos wie möglich. Er erkannte Jimmy und Burns.

Doch dafür hatte er jetzt wirklich keine Zeit. Er musste mit Lois reden.

Inständig wünschte er sich, die Stadt ließ ihm die Möglichkeit dazu.

Ob er einfach zurück in den Planet fliegen sollte, in der Hoffnung, dass sie noch dort wäre? Nein! Er durfte sich nicht noch einmal hinter seiner Kostümierung verstecken. Er musste als Clark mit ihr sprechen. Offen, ehrlich und ohne alle Barrieren.

Clark stieg in die Luft und flog schnell davon, bevor doch noch einer der Reporter auf die Idee kam, ihn zu interviewen. Er wollte keine Zeit mehr verschwenden. Während er den Park überflog, sah er eine abgelegene Telefonzelle, das war die Idee, er würde sie anrufen und ihr sagen, dass er reden wollte, nein musste.


KAPITEL 5 - Lois saß immer noch an ihrem Schreibtisch und versuchte aus dem halben Interview einen Artikel zu machen. Das Redaktionsbüro lag still und dunkel da, aber das störte sie nicht, im Gegenteil, es verbesserte eher ihre Konzentration. Sie kaute auf dem Bleistift, eine schlechte Angewohnheit noch aus ihrer Schulzeit. Wenn sie sich nur sicher sein könnte Superman bis zum morgigen Abend noch einmal zu sprechen. Sie würden dann einfach den ersten Teil des Interviews drucken und darauf hinweisen, dass es die Fortsetzung erst am nächsten Tag gäbe. Gängige Praxis, um die Leser dazu zu bringen die morgige Zeitung auch zu kaufen.

Sollte sie es riskieren, die Fortsetzung für den nächsten Tag anzukündigen und einfach darauf zu hoffen, dass sie den zweiten, den wichtigeren Teil bis dahin auch wirklich bekam?

Sie hatte dafür noch 24 Stunden und vertraute einfach darauf, dass sie Superman mit Clarks Hilfe noch einmal treffen würde. Ja. Sie würde es als ersten Teil einer Fortsetzungsstory in den Druck geben.

Manchmal war es in der Vergangenheit auch ganz praktisch gewesen, über sich einen Chefredakteur zu haben, der die endgültige Entscheidung zu treffen hatte. Sie bestellte sich einen Boten aus der Druckabteilung und dann wollte sie endlich gehen. Es war wieder einmal viel zu spät geworden.

Sie wollte mit Clark reden, aber wenn sie sich noch nicht einmal sahen, wie sollten sie dann ihren Streit klären? Und wo war Clark eigentlich schon wieder?

Das Telefon klingelte. Sie horchte in den Raum, es war nur ihr Apparat der klingelte, dann hatte jemand ihre Durchwahl gewählt, wahrscheinlich noch einmal die Druckerei.

Sie nahm ab. „Hm“ So meldete sich Lois immer dann, wenn sie eigentlich schon weg sein wollte. Indem sie noch nicht einmal mehr 'Hallo' sagte, hoffte sie, dass man sie nicht erkannte. War es dann etwas Unangenehmes, versuchte sie es mit irgendeinem spontanen Akzent und '... leider nix verstehn...' Manchmal klappte das.

Doch nun war sie glücklich, Clarks ruhige Stimme zu hören. „Lois, ich bin es. Ähm... wir müssen reden. Gehst du nach Hause jetzt?“

Seine Frage überraschte sie etwas. „Ja... Hatte ich vor.“

Eindringlich bat er seine Frau: „Sag den Kollegen in der Druckerei, dass du heute nicht mehr zu erreichen bist, okay?“

„J...ja, das kann ich tun. Was ist los?“ Natürlich mussten sie reden, dringend. Aber war das nicht etwas übertrieben? Warum tat er so geheimnisvoll?

Doch sie bekam von ihrem Mann nur ein knappes: „Nicht am Telefon.“

Er wollte scheinbar mit nichts herausrücken. Langsam wurde sie etwas ungeduldig. „Willst du mich nicht wenigstens fragen, wie das Interview verlaufen ist?“

„Lois, ich weiß, wie das Interview gelaufen ist.“ Nun, das war ja eine interessante Information. Es reichte, um ihre Neugierde zu wecken. Sie sollte wohl wirklich keine Zeit mehr verschwenden und auf dem schnellsten Weg nach Hause kommen. Sie verabschiedeten sich und hängten ein.

Schon von der Straße aus sah sie Licht in ihrem Wohnzimmer. Er war also schon da. Wahrscheinlich hatte er von hier aus angerufen. Lois bemerkte, dass sie ein klein wenig nervös war als sie die Tür öffnete. Sie hatten es geschafft, dieses klärende Gespräch so lange vor sich her zu schieben und es war dadurch sicher nicht leichter geworden. Aber sie mussten das jetzt einfach aus der Welt schaffen. Endgültig.

Clark kam ihr entgegen und sie versuchte ein versöhnliches Lächeln. Und wenn sie sich schon etwas nervös fühlte, so sah Clark ausgesprochen nervös aus. Er sah ihr nicht in die Augen, gab ihr keinen Kuss zur Begrüßung und knetete seine Hände ineinander. Das war ja nun doch etwas übertrieben. Oder?

Lois zog ihren Mantel aus. Was sagte man nun in so einem Moment? Die letzten drei Tage hatten sie sich gar nicht mehr begrüßt und sie gehörten damit sicher zu den schrecklichsten in ihrem Leben. Und nun? Nur einen Streit zu schlichten konnte doch nicht so schwierig sein. Aber Clark machte auf sie den Eindruck als gäbe es da noch etwas ganz anderes, worüber er sprechen wollte. Lois fühlte sich zunehmend unwohler. Plötzlich fragte sie sich, ob sie wissen wollte, was er scheinbar vorhatte zu gestehen.

"Lois... Bist du hungrig?", fragte er und seine Stimme vibrierte unsicher.

Hungrig? Eher nicht und so schüttelte sie den Kopf. Sie hatte in der Redaktion gegessen. Nein, hungrig war sie nicht, und doch verspürte sie ein fast unstillbares Verlangen zu Essen. Aber das war nur ihrer stärker werdenden Angst zuzuschreiben. Was, verdammt noch mal, würde er ihr gleich sagen? Inzwischen war sie sicher, sie wollte es nicht hören und doch musste sie es wissen.

Clark lief nun vor ihr auf und ab und er sah sie immer noch nicht an. Das machte sie fast wahnsinnig. "Lois...“, stammelte er, „Ich hätte dir das schon vor langer Zeit sagen sollen, aber... es war irgendwie nie der richtige Zeitpunkt", sie war kurz davor durchzudrehen, "aber jetzt muss ich es sagen..." Er sah sie an und sein Blick bat um Verzeihung. Aber wofür?

Clark blieb nun stehen und sah sie ernst, fast ein wenig ängstlich an. "Ich... bin Superman."

Bitte? "WAS?!" Was bitte meinte Clark nur damit? Sie lächelte und schüttelte ungläubig ihren Kopf.

Doch Clark tat nichts Anderes als diese abwegige Behauptung zu wiederholen, in der gleichen unsicheren Tonart: "Ich bin Superman."

Das war so lächerlich. Abwegig. Sie stand einfach nur da und sah ihn an, versuchte zu verstehen, was er gesagte hatte und ganz besonders warum er es gesagt hatte. Warum erzählte er so einen unhaltbaren, widersinnigen Blödsinn? Was machte das für einen Sinn? Und dann... plötzlich wusste sie, warum er das tat und sie versuchte ihn zu beschwichtigen. „Clark, ich kann mir gut vorstellen, was in dir vorgeht, seit Superman wieder aufgetaucht ist. Du weißt natürlich, was ich damals für ihn empfunden habe, ich habe ja wirklich niemals ein Geheimnis daraus gemacht, ganz besonders dir gegenüber nicht.“ Und sie versuchte versöhnlich zu klingen: „Aber, du brauchst dir doch keine Sorgen darüber machen, dass diese Jugendschwärmerei“, sie betonte das Wort eher abfällig, „wieder aufflammt. Clark, wir sind verheiratet, ich liebe dich und daran solltest du niemals zweifeln...“

Ihr Mann hatte ihr still zugehört, doch nun unterbrach er sie ruhig, aber doch bestimmt: „Lois!“ Und er änderte seine Körperhaltung, stand nun aufrechter da, hob seinen Kopf. „Ich weiß, wie du ihn angesehen hast. Ich habe deinen Blick gesehen...“

'... habe deinen Blick gesehen', wie sollte das denn funktionieren? Sie war alleine mit Superman in der Redaktion gewesen. Instinktiv wusste sie aber, dass es nur die Begegnung sein konnte, von der Clark sprach. Und dann bemerkte sie, wie sich bei ihr ein schlechtes Gewissen einschlich. Nicht dass sie sich einer konkreten Schuld bewusst war, aber ihr war noch sehr gut in Erinnerung, was für Gefühle der Mann aus Stahl in ihr ausgelöst hatte. Wieder bei ihr ausgelöst hatte. Immer noch auslöste.

Da hatte sie vor wenigen Augenblicken noch befürchtet Clark wollte ihr eine Affäre gestehen oder noch Schlimmeres und nun war sie es, die sich ihrer Gefühle schämte. Doch wie konnte Clark das wissen? "Wie kommst du darauf?", fragte sie ein wenig unsicher.

"Ich war dort." Wie um die Ernsthaftigkeit seiner Worte zu unterstreichen, verschränkte er nun auch noch die Arme vor der Brust. Doch wirkte diese Haltung auf Lois weniger ablehnend, vielmehr erinnerte sie das an jemanden. Clark fuhr fort, wobei seine Stimme in diesem Moment anders klang, ernster, tiefer, gewichtiger, fast ein wenig heroisch: "Ich war es, den du interviewt hast."

Lois starrte ihren Mann an, er klang wie Superman! Seine Körperhaltung war die von Superman! Und er sah Superman so ähnlich, ach was heißt ähnlich, sie glichen sich wie ein Ei dem anderen, dass sie sich fragte, warum ihr das noch nie aufgefallen war. "Hey... ich... Also... Wie?" Lois spürte wie ihr heiß und kalt gleichzeitig wurde. Plötzlich hatte sie das Gefühl, jemand hatte eine Kiste geöffnet und alle Akteure sprangen gleichzeitig auf die Bühne. Alles gab plötzlich einen Sinn. "Warum hast du nie etwas gesagt?", fragte sie ihn verzweifelt. Ihr schossen tausend Dinge, Fragen, Erinnerungen gleichzeitig durch den Kopf. Clark, wie er früher immer verschwunden war und sie sich so stehen gelassen gefühlt hatte. Clark, der so niedergeschlagen damals war, als Superman plötzlich verschwunden war. Clark, der immer so einen hervorragenden Kontakt zu dem Helden gehabt hatte, der ihr auch sofort dieses Interview ermöglicht hatte. Wie hatte sie all das übersehen können? Ihr Magen rebellierte plötzlich, spontan kam ihr 'Schokoeis' in den Sinn.

"Warum, Clark?" Und in dieser Frage lagen alle Fragen, lag die ganze Verzweiflung, das Gefühl, seit Jahren von ihm betrogen worden zu sein.

Clark hatte inzwischen seine heroische Haltung aufgegeben, er wirkte genauso verzweifelt, wie sie sich fühlte. Nun war er wieder ganz Clark. "Was ich dir in dem Interview gesagt habe", bemühte er sich hastig seine Lage zu erklären, "genau so war es. Ich habe die Kräfte nach diesem Meteoriten verloren und ich wusste nicht warum. Erst danach kamen wir beide uns näher. Aber da hatte ich meine kryptonische Natur inzwischen fast vergessen, und wenn ich mal daran dachte, habe ich es verdrängt. Wie hätte ich dir denn sagen können, dass ich auch der Mann war, den du vor mir geliebt hattest? Ich hatte immer Angst, dass Clark für dich immer nur die zweite Wahl war." Er senkte seinen Blick und fuhr leise, fast unhörbar fort: "Dass du ihn immer noch liebst... mehr liebst als mich."

Lois wusste nicht, was sie mehr rührte, seine Betroffenheit, der Kummer, den er all die Jahre ausgestanden hatte, der Verlust, den er hatte alleine überstehen müssen oder die Angst, ihre Liebe zu verlieren. Und er hatte Recht, sie hatte nie aufgehört den Gott in dem Cape zu verehren. Und diese Verehrung war weit mehr als eine 'Jugendschwärmerei', wie sie vorhin noch behauptet hatte. All das wurde ihr in diesem Moment bewusst. Aber noch etwas wurde ihr in diesem Augenblick klar, er war eifersüchtig...

Sie ging auf ihn zu und hätte ihn gerne in den Arm genommen, unterließ es aber doch im letzten Moment. Sie hatten da durchaus einen ernsten Konflikt, einen, der sich nicht so einfach mit einer Umarmung lösen ließ. Es war sehr viel komplizierter. Sie hatten eine Dreiecksbeziehung zu zweit.

Er stand immer noch mit hängenden Schultern und gesenktem Blick dort. Lois wollte ihm in diesem Moment einfach nah sein und legte ihm vorsichtig ihre Hand auf seinen Arm. "Clark, hörst du dir bitte mal selber zu? Du bist auf dich selbst eifersüchtig!“

Clark stand seitlich vor ihr. Und sie wollte ihm nah sein, aber sie wollte auch, dass sie sich ansahen und so stellte sie sich vor ihn. Sie legt nun auch ihre zweite Hand auf seinen Arm. Es war nur eine vorsichtige Berührung. Und dann fuhr sie sachte fort: „Aber zu recht. Es stimmt, ich liebe Superman. Das habe ich ehrlich gesagt immer getan. Auch wenn ich dieses Gefühl lange Zeit verdrängt habe. Immer wieder und auch heute, während des Interviews. Es hat mich von dem Moment an überrollt, eingeholt als ich dich gesehen habe. Und auch das Gefühl habe ich versucht zu verdrängen. Doch ich kann es nicht verdrängen und wozu auch?“

Clark hob langsam den Kopf und sah sie an. Lois verstärkte den Druck ihrer Hände. Am liebsten hätte sie ihn umarmt, ihn an sich gedrückt, aber noch traute sie sich nicht. „Sieh es doch einfach mal von einer anderen Seite, es ist doch überhaupt nicht verwunderlich, dass ich instinktiv beide Seiten deiner Persönlichkeit liebe. Und Clark, ich liebe dich, mehr als ich das überhaupt sagen kann." Lois hatte das Gefühl, dass das Gefühlschaos in ihrem Inneren, zwischen zwei Männern zu stehen, das erste Mal seit Jahren einen Sinn ergab. Endlich sah sie alles so klar.

„Bist du dir sicher“, fragte er immer noch ein wenig unsicher, „dass es wirklich Clark ist, den du liebst und nicht dass, was Superman tun kann?“

Nun lächelte sie. „Oh Clark, du bist der Mann mit dem ich lebe, du bist der, mit dem ich meine Gedanken teile und der mit dem ich die Nacht verbringe. Sicher, ich hätte nichts dagegen mal wieder mit Superman zu fliegen, aber leben möchte ich mit Clark und lieben möchte ich lieber den normalen Mann als den Superhelden. Der taugt eher zum träumen.“

Sie kamen sich nun langsam immer näher, es sah so aus als würde sich Clark nach und nach von Lois' Lächeln anstecken lassen. Und dann fanden sich endlich ihre Lippen und vollendeten diese Versöhnung. Sie gaben die vorsichtige Berührung auf und küssten sich leidenschaftlich, als wollten sie nachholen, was sie die letzten Tage versäumt hatten. Für einen kurzen Augenblick stand die Welt um sie herum still, alle Fragen und Missstimmungen, der Planet, die Chefredaktion, die Ralph-Partnerschaft, all das existierte nicht. Für Clark gab es nur Lois und für Lois gab es nur Clark.

Atemlos lösten sie sich voneinander und sahen sich verliebt in die Augen. „Clark, ich habe noch ein paar Fragen...“ Er nickte nur und sein zuversichtliches Lächeln sagte ihr 'wir können alle Fragen klären. Alle Probleme lösen'. „Was ist passiert? Wodurch hast du deine Kräfte zurück erhalten?“

Er lachte entspannt. „Mad Dog Lane setzt ihr Interview fort...? Also... Press hat mit einer merkwürdigen Waffe auf mich geschossen und dann - ich weiß nicht wieso, aber nun sind meine Kräfte wieder da. Es ist genauso wie es früher war.“

Lois sah ihn entsetzt an und stieß ihre Frage geradezu hervor: “Press hat auf dich geschossen?“

Clark versuchte einen versöhnlichen Tonfall. „Lois, Liebes, lass uns jetzt bitte nicht den Press-Streit wieder aufnehmen.“

Doch Lois sah ihn immer noch voller Angst an. „Clark, er hätte dich töten können. Er wollte dich töten. Und als nächstes wahrscheinlich mich... Dann war also doch mehr an dieser Sache dran...“ Ihr Gesichtsausdruck wechselte zu einem reumütigen Ausdruck. „Oh nein, ich habe die ganze Situation falsch eingeschätzt.“

Auch Clark zeigte nun sein reumütiges Gesicht. „Ich doch auch. Ich bin da hin gegangen, weil ich dachte, ich kann mit ihm reden. Er hätte mich umgebracht, wenn er nicht meine Kräfte geweckt hätte. Das war wirklich dumm von mir.“ Doch schon fand er zu einem listigen Lächeln zurück. „Aber sag mal, jetzt wo ich wieder so einen guten Draht zum Chef habe, können wir da noch mal über... Partnerschaften diskutieren?“

„Oh nein!“ Energisch schüttelte Lois ihren Kopf und begann nun wieder auf und ab zu laufen. „Clark, ich habe viel nachgedacht darüber. Und selbst auf die Gefahr hin, dass alle denken werden, ich bin gescheitert, wir sind gescheitert, egal, ich werde morgen zu Perry gehen und ihm sagen, er muss sich jemand anderes suchen für diesen Posten.“ Und als würde sie dieses Gespräch schon einmal proben, sah sie ihren Mann flehentlich an. „Ich will wieder schreiben und ich will meinen Partner wiederhaben...“, und ganz leise fügte sie hinzu: „wenn er mich noch will?“

Statt einer Antwort küsste Clark sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Diese Geste konnte nicht missverstanden werden.


KAPITEL 6 - Lois wachte frühmorgens auf, es war noch dunkel. Durch die Gardinen fiel ein fahles Licht herein. Es kam von der Straßenbeleuchtung. Dunkelheit gab es in dieser Stadt nicht, genauwenig wie Stille. Sie sah zärtlich auf ihren Mann neben sich, der nun endlich wieder das Bett mit ihr teilte. Und der nun auch endlich sein Geheimnis mit ihr teilte.

Der gestrige Abend hatte mehr als nur eine Überraschung bereit gehalten und auch die Zukunft würde sicher noch einiges für sie bereit halten. Aber sie würden es schaffen. Genau in diesem Moment glaubte Lois, dass sie einfach alles schaffen könnten. Dieses Gefühl tat so gut!

Eines wusste sie mit Sicherheit, es gab in ihrem Leben zwei Männer, die sie wirklich liebte, Clark, ihren Ehemann und Superman. Es war gut, dass sie sich selbst das endlich eingestehen konnte. Und gestern durfte sie endlich erfahren, dass diese beiden Männer in einem Körper lebten.

Sie hatte letztlich doch Superman bekommen.

Wie oft hatte sie sich in der Vergangenheit gefragt, es sich in ihren kühnsten Träumen ersehnt, wie es wohl sein würde, von Superman geliebt zu werden? Doch heute Nacht als sie sich leidenschaftlich versöhnt hatten, als sie sich hingebungsvoll geliebt hatten, da erst hatte sie verstanden, dass ihr Ehemann so viel mehr Clark war als Superman.

Was wollte sie also mehr? Nichts, absolut nichts!



ENDE


Diese Geschichte ist für Tahu, die 3 Wünsche waren: Regen, Streit und ein Bild. Ihre NoNos waren: Lex Luthor, Dan/Mayson und Wham. Geschickt gemacht, sind ja eigentlich 4... ;-)

Ein Wort noch zur Idee. Die 3 Wünsche sind fast eine Beschreibung der Revelation, wie wir sie aus der Serie kennen. Es ist doch ein Bild für die Götter als Lois ihm im Regen sagt, sie hätte es herausgefunden und die beiden darüber streiten. Kurz darauf sagt sie böse zu ihm: „Wann wolltest du es mir sagen? An unserem ersten Hochzeitstag? Wenn die Kinder durchs Haus fliegen?“

Diese beiden Umstände haben mich gereizt die Revelation zeitlich gaaanz woanders hinzusetzen, also sehr früh, oder eben sehr spät. So ist diese Idee geboren. Danke übrigens auch Mellie für die Idee mit den verschwundenen Kräften. Denn eine Revelation zum ersten Hochzeitstag ohne triftigen Grund und sie hätte ihn – zu Recht – umgebracht.



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