[Ficathon 2011] Ich schwöre, diesmal ist es kein Spaß!
Verfasst: Fr 2. Sep 2011, 19:22
Ach von mir, mit einer riesen Verspätung, mein diesjähriger Ficathon-Beitrag. Wochenweises Posten verspreche ich mal lieber nicht, auch wenn alles in meinem Kopf bereits fertig ist, aber der Stress, der mich abgehalten hat, hält ja noch ein wenig an und so müssen wir einfach alle zusammen sehen, wie ich was wann schaffe.
Glücklicherweise hatte Kitkaos Zeit, noch ein wachendes Auge darüber zu werfen. Und sich meine Ideen angehört, mir den Rücken gestärkt. Danke, KitKaos, danke, danke!
Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.
Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.
Ich schwöre, diesmal ist es kein Spaß!
Der Chefradakteur des Daily Planets blickte in seinen Kalender, blätterte auf den heutigen Montag, las den Eintrag, den er selbst in ganz dicken Buchstaben auf die Seite geschrieben hatte und lächelte zufrieden. Äußerst zufrieden sogar. Lois & Clark aus den Flitterwochen zurück! stand dort in großen Lettern und mehrfach unterstrichen.
Er rieb sich die Hände. 'Ja! Von heute an ist meine Redaktion dann wieder komplett. Gut so!'
Doch als seine Augen noch einmal über das Wort ‚Flitterwochen‘ wanderten, mischten sich Zweifel in sein Hochgefühl. Er erinnerte sich noch sehr gut an seine eigenen Flitterwochen; nicht gerade die Phase in seiner Karriere, da er seiner Arbeit die größtmögliche Konzentration zukommen lassen hatte. Er war so verliebt gewesen. Und seine beiden Lieblingsreporter waren so… verliebt war gar kein Ausdruck.
Die beiden waren ihm ans Herz gewachsen wie das vorher noch nie ein Mitarbeiter der Redaktion geschafft hatte. Lois hatte sein Herz bereits sehr früh erobert und dort den Platz der Tochter, die er nie gehabt hatte, eingenommen. Bei Clark hatte sich dieses tief väterliche Gefühl nicht sofort eingestellt. Mit seiner besonnene Art wirkte er immer so souverän. Aber Clark Kent war ein Mann von solch bewundernswerter Loyalität und einer der wenigen, die einer Frau wie Lois jemals die Stirn geboten hatten. Und als Paar waren die beiden so viel stärker als nur in der Summe ihrer Kraft.
‚Perry, gib den beiden zum Eingewöhnen einen kleineren, nicht so aufwendigen Fall. Die beiden haben weiß Gott genug durchgemacht. Sie müssen sich nicht auch noch lächerlich machen, weil sie alles durch eine rosarote Brille sehen.‘
Ja, der Gedanke war gut. So würde er es machen. Um mehr brauchte er sich in diesem Moment auch nicht zu kümmern, Jimmy hatte schon früh die Anweisung von ihm bekommen, alle im Konferenzraum zu versammeln, sowie Lane und Kent die Redaktion betraten. Sie erst machten sein Team wieder vollständig.
Eine fast tumultische Unruhe drang gedämpft in sein Büro, als die beiden Turteltauben das Redaktionsbüro dann tatsächlich betraten und Perry White bemerkte, dass er tatsächlich ein wenig aufgeregt war. Genauso wie seinerzeit auf dem sonnengefluteten Hügel, auf dem sich die beiden – endlich – das Jawort gegeben hatten. Am liebsten hätte er sich unter die Kollegen gemischt und Lois herzlich an seine Brust gedrückt. Unterdrückte diesen Impuls aber, schließlich war er der Chef des gesamten Planet-Teams. Aber er war so froh, sie wieder da zu haben.
Perry versuchte einen Blick auf die Neuankömmlinge zu erhaschen, Lois sah… hatte sie etwa leichte Augenringe? Doch. Und auch Clark wirkte etwas… übermüdet. Nun, die beiden werden wohl nicht viel Schlaf bekommen haben – gut so!
Aber mehr würde er hier aus seinem Büro heraus nicht erfahren und so trat er mit einem gut gelaunten und kräftigen „Guten Morgen!“ in den Konferenzraum und stellte sich vor seine Truppe. „Ich freue mich, euch alle zu sehen.“ Schnell ließ er seinen Blick in dem allgemeinen Gemurmel über seine heutige Liste fliegen und warf dann Baines einen strafenden Blick zu. Er hatte als letzter den Raum betreten und rückte geräuschvoll seinen Stuhl zurecht. Als sich der Chef der nötigen Ruhe und Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter sicher war, studierte Perry wieder die heute anstehenden Projekte. Der Deneken-Fall wäre vielleicht ein perfekter Einstieg. Oder die Castaneta-Affäre? Aber nein, das roch sehr nach Wirtschaftskriminalität, das mochte Lois nicht so gerne. Deneken, so schätzte er die Sache ein, war eine politische Intrige nach besten Cosa Nostra Vorbild. Das war schon eher Lois‘ Kaliber. Ja das…
„Perry?“ riss ihn die frischgebackene Mrs. Kent aus seinen Gedanken. Oder war sie jetzt doch bei Lane geblieben? Das musste er sie noch fragen.
„Ja…?“ Er blickte sie neugierig an.
Seine Starreporterin räusperte sich, und doch machte es auf Perry den Eindruck, dass es weniger eine Unsicherheit überspielen sollte, sondern vielmehr taktischer Natur war. „Ich hätte auch nachsehen können, aber wir sind ja gerade erst angekommen. Was mich interessieren würde, wer hat den Einbruch bei Bradley geschrieben?“ Freundlich, offen und ausgesprochen professionell sah sie ihn dabei an.
„Burns…“ war seine knappe Antwort. Das war etwa zehn Tage her, ein Einbruch-Diebstahl bei einem stadtbekannten Kunstliebhaber. Burns' Artikel war gut recherchiert, nichts Spektakuläres, aber gute Handwerksarbeit.
„Und die Schmuggel-Affäre des Zoll-Fahnders Zimmer?“ Unnachgiebig bohrte Lois nach, als hätten sie ein wichtiges Detail vergessen.
„Spagoda!“, entgegnete Perry selbstbewusst. Das war vor einer Woche. Sollte Ralph etwas übersehen haben? Grundsätzlich war das natürlich viel wahrscheinlicher als dass Burns ein Fehler unterlaufen war. Und seine innere Stimme sagte dem Chefredakteur, dass ihn Mad Dog Lane gleich auf solch einen hinweisen würde. Was glaubte sie denn? Dass der Planet nicht zwei Wochen ohne sie auskäme? Alle ihre Kollegen Stümper waren?
Und Lois Lane ließ nicht locker: „Und die Story um Marion’s?“
„Bei allen Hits von Elvis – worauf willst du hinaus?“, platzte es aus ihm heraus.
Lois stand von ihrem Stuhl auf und begann nun ihrerseits ein wenig auf und ab zu laufen, soviel wie es der wenige Platz eben zuließ. Eigentlich war das doch sein Part. Doch ließ sie nun alle an ihren Gedanken teilhaben: „Alle drei Artikel wirken auf den ersten Blick sauber recherchiert und schlüssig. Ohne Frage. Aber ich habe auch etwas nachgehakt – soweit mir das mit den begrenzten Mitteln möglich war – und habe mich gefragt, ob die drei Fälle wirklich drei sind…“ sie machte eine taktische Pause, sah alle einmal kurz an, ließ ihren Blick eine Sekunde länger auf ihrem Chef ruhen und fuhr dann fort: „… oder vielleicht nur ein einziger Fall.“
Perry war, als verstünde er die Welt nicht mehr. Lois hatte recherchiert! In ihren Flitterwochen! Von Hawaii aus! Mit ihren begrenzten Mitteln…! Da hatte er sich Gedanken gemacht, ihnen gleich am ersten Tag keinen komplizierten Fall zutrauen zu können. Und sie zeigte wieder einmal, dass Mad Dog Lane ihr zweiter Vorname war. Konnte die Frau nicht ein paar Tage ohne Arbeit auskommen?
Lois sah ihn immer noch fest an und wartete offenbar noch auf eine Äußerung zu ihren eben ausgeführten Gedanken. „Was willst du von mir?!“, provozierte er sie, „die drei Fälle noch einmal aufrollen? Jetzt, nach zwei Wochen? Wo jede Spur kalt ist?! Ich wollte euch eigentlich den Deneken-Fall geben…!“
Lois zeigte nur einen minimal kurzen Moment des Zögerns, lenkte dann aber sofort ein: „Oh, das ist kein Problem, den können wir sicher auch…“ Sie blickte kurz auf ihren frisch Angetrauten, als bräuchte sie seine Bestätigung.
Clark, der Perry erst jetzt wieder einfiel, hatte den Dialog zwischen Lois und ihm die ganze Zeit aufmerksam und vollkommen ruhig beobachtet. Er wirkte… angeschlagen. Ein besseres Wort wollte Perry nicht einfallen. Clark Kent, der gnadenlose Optimist, machte den Eindruck, jemand hätte ihm die Luft heraus gelassen. Das Leuchten seiner Augen fehlte. Und so wunderte es Perry nicht, als er mit sachlicher Stimme, aber eben nicht mit seinem gewohnten Elan berichtete: „Deneken leitet seit vier Monaten das Wirtschaftsdezernat. Er galt immer als äußerst loyal und vollkommen unbestechlich. Familienvater, treu und redlich. Doch vor einigen Tagen kamen Fotos auf, die ihn in Gesellschaft einiger zwielichtiger Gestalten zeigen. Und nun mehren sich die Fragen, ob es ein Zufall ist, dass auch einer darunter ist, der bekanntermaßen schon in ganz anderen Bundesstaaten in Wahlbetrügereien verwickelt war. Eine kurze und übersichtliche Betrugs-Recherche. Braucht sicher nur ein paar Anrufe. Können wir machen…“ Bei seinen Schlussworten blickte er seine Frau an und nickte ihr kurz zu.
Glücklicherweise saß Perry bereits, sonst hätte er sich nun gerne gesetzt. Woher wusste der Mann das? Er war gestern Abend, am späten Abend, aus seinen Flitterwochen gekommen. War zwei Wochen nicht in der Stadt gewesen. Weit weg. Hatte mit der Liebe seines Lebens ein verträumtes Nest geteilt. Doch trotzdem war ihm offenbar nichts, aber auch absolut gar nichts entgangen. „Okay… meinetwegen. Macht halt beide Fälle…“ Was sollte er auch sonst sagen? Gegen diese geballte Energie hatte er nichts entgegenzusetzen, besonders da Clark ihm auch keine Unterstützung geben wollte – oder konnte.
Kurze Zeit später, nachdem alle den Konferenzraum wieder verlassen hatten, alle Aufgaben verteilt waren, drückte Perry zwei Lamellen der Jalousie seines Büros vorsichtig auseinander. So hatte er einen schmalen aber unbeobachteten Blick in die Redaktion. „Jimmy, findest du das normal?“ fragte er den jungen Kollegen, ohne seinen Blick vom großen Raum nebenan abzuwenden. Er konnte immer noch nicht so ganz einschätzen, was das eben Erlebte zu bedeuten hatte.
Jimmy Olsen hielt inne, nachdem er einige Unterlagen auf den Schreibtisch seines Chefs gelegt hatte, trat zu ihm und blickte auch auf das emsig arbeitende Paar. Beide waren sofort an ihre Schreibtische gestürmt und hatten zu telefonieren begonnen. Sie arbeiteten, als hinge ihr Leben davon ab. Und das mit einer stillen, unumstößlichen Übereinkunft.
„Chief, Sie meinen den festen Biss des Bull-Terriers – trotz Flitterwochen?“ Jimmy lächelte, doch häufig tat er das nur aus Verlegenheit. Aber seine Worte zeigten deutlich, dass ihm diese Diskrepanz auch aufgefallen war.
Perry nickte, während sein Blick wieder zum Gegenstand ihres Gesprächs gewandert war. Jimmy fuhr fort: „Lassen wir sie arbeiten. Das hat Lois bisher noch bei jedem Problem gemacht. Sicher sind sie in ein paar Tagen wieder ganz die Alten…“
„Hoffen wir es…“ Der Chefredakteur war da noch nicht so überzeugt. Besonders weil auch Clark so abgeklärt wirkte. Aber was konnte er tun? Nichts.
Was war da nur passiert…?
* * * *
Lucy Lane nahm den Telefonhörer in die Hand und begann eine Nummer einzutippen, doch nach ein paar Ziffern hielt sie inne. Sie rechnete kurz nach, an der Ostküste war es jetzt gerade einmal kurz nach sieben Uhr morgens. Eigentlich sehr, sehr früh. Aber… verdammt, was sollte sie tun? Doch dann fasste sie einen Entschluss, sie hatte bereits einen ganzen Tag verstreichen lassen, sich den ganzen Montag zurück gehalten, um heute am Dienstag endlich mit ihrer Schwester zu sprechen. Und sei es eben zu einer unbarmherzigen Zeit, daran konnte sie nun auch nichts ändern. Sie blickte aufs Display und setzte das Eingeben der Nummer fort. Schließlich war Neugierde auch Lois' zweiter Vorname.
„Hallo“, meldete sich ihre Schwester am anderen Ende der Leitung. Sie klang nicht so, als hätte sie der Anruf geweckt, sie war offenbar bereits wach – sehr gut – ein Punkt für Lucy.
„Hi, Schwesterherz. Kannst du reden, oder ist dein Mann da irgendwo in der Nähe?“ Die Worte dein Mann zog sie betont in die Länge, schließlich war das genau das Thema, über das sie reden wollte.
„Nein, nein“, reagierte ihre Schwester ganz sachlich, „er ist… er ist etwas besorgen.“
Hm, vom Tonfall her klang es nicht gerade nach einem verträumt verliebten Frühstück ans Bett. Lucy beschlich der Verdacht, dass hier etwas faul war. Obwohl sie wirklich keine Vorstellung hatte, in welche Richtung sie ihre Frage diesbezüglich lenken sollte.
„Ja, also… ich dachte mir einfach, ich frage mal nach, wie es euch so geht, wie ihr wieder gelandet seid. Wie die Flitterwochen waren.“ Lucy plauderte möglichst gelassen drauf los, um sich nur ja nichts anmerken zu lassen.
Ihre Schwester antwortete in demselben sachlichen Ton, mit einer kräftigen Spur Ermahnung in der Stimme: „Lucy, hast du eigentlich mal auf die Uhr gesehen? Es ist gerade kurz nach sieben. Von wo aus rufst du an?“
„Ich bin in San Francisco.“
„Okay, dort ist es jetzt zehn. Aber du weißt doch, wie spät es hier ist. Außerdem weißt du auch, dass wir als Reporter oftmals lange Abende haben und sieben Uhr in der Früh nicht gerade unsere Zeit ist.“
Der ermahnende Ton ihrer älteren Schwester hatte seine Wirkung voll erreicht. „Jaaa… ich weiß. Aber ich wollte wissen, wie es dir geht. Und ich wollte auf keinen Fall in der Redaktion anrufen. Denn wie soll ich dir irgendein pikantes Detail entlocken, wenn dir zwölf Kollegen zuhören? Aber am Abend wollte ich dich auch nicht anrufen, weil du dann vielleicht… nun ja, beschäftigst bist… Und da dachte ich, morgens sei eine ganz gute Idee.“ Lucy hatte sich vorher um diese Frage noch gar keine Gedanken gemacht, fand ihre Idee im Nachhinein betrachtet ganz einfallsreich.
Genau genommen war der Grund für ihren Anruf, dass sie vor Neugierde platzte; um die Uhrzeit hatte sie sich gar keine Gedanken gemacht. Sie wollte endlich wissen, wie die Flitterwochen ihrer Schwester gelaufen waren. Nach dem ewigen Hin und Her zwischen Lois und Clark, des Heiratens und Nicht-Heiratens, des Entführt-Werdens oder der verrückten Hochzeits-Killerin. Sie musste einfach wissen, wie es gelaufen war.
Doch statt sich durch schmalztriefende Liebesbekundungen durchhören zu müssen, klang ihre ältere Schwester wie die Arzthelferin eines Röntgenarztes, die einem kühl und sachlich über die möglichen Nebenwirkungen des bildgebendes Verfahrens aufklärte.
„Also, wie war's?“, kam Lucy auf ihren ursprünglichen Punkt zurück.
Einen kurzen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung. Wahrscheinlich überlegte Lois, wie sie der Antwort entgehen konnte, musste sich dann aber sicher eingestehen, dass es überhaupt keinen Sinn machte, ausweichen zu wollen. Soweit kannten sie sich eben, Lois war bestimmt klar, dass Lucy bohren würde, bis sie eine Antwort hatte.
„Es… es war nett“, entgegnete sie immer noch in dem Arztkittel-Ton.
Was?! Das haute Lucy um. Ihre ältere Schwester, die es ihr ganzes Leben lang geschafft hatte, sich nur Problem-Männer in Problem-Beziehungen an Land zu ziehen. Gelegentlich unterbrochen von einer Problem-Affäre. Und nun hatte sie einen Traum-Typ, ein Bild von einem Mann, einen Gott. Dieser hatte sie umworben, immer und immer wieder, über Monate. War ihr Freund gewesen, hatte ihr alles verziehen, was Lois gewöhnlich einem Mann an den Kopf warf. Er betete den Boden an, auf dem sie ging. Obwohl sich Lois dagegen gewehrt hatte, als ginge es darum eine ansteckende Krankheit abzuwehren. Endlich hatten sie es dann eingesehen, sie hatten sich verlobt, wollten heiraten, hatten einen Termin, wurden daran gehindert, bedroht. Lois wurde entführt. Wurden immer wieder auseinandergebracht, hatten sich aber auch immer wieder gefunden. Und dann – endlich – nach gefühlten Jahrzehnten hatten sie es geschafft, wirklich den Bund fürs Leben geschlossen. Waren gemeinsam in die Flitterwochen geflogen, nach Hawaii. Hatten zwei Wochen lang nichts anderes als nur sich selbst und eben dieses tropische Paradies. Und Lois‘ Antwort darauf war ‚Es war nett‘!
„Nett..?!“, war dann auch die spitze Antwort, und der einzige Kommentar, den Lucy darauf gab. „Was meinst du mit nett? Wir reden von deinen Flitterwochen.“ Und nur, damit sie gleich dem nächsten Einfall ihrer Schwester vorgriff, setzte sie schnell nach: „Ich will nicht wissen, wie das Hotel war. Das interessiert mich überhaupt gar nicht. Ich will wissen, wie deine Flitterwochen waren.“
„Ja…“ vernahm sie aus der Leitung, „es war ausgesprochen… schön. Wirklich. Wir haben uns sehr gut erholt, haben viel gesehen und…“
„Sag mal, Lois“, unterbrach Lucy sie, „was ist passiert zwischen euch beiden?“
„Was meinst du damit?“
„Ich bitte dich, wir reden von deinen Flitterwochen. Ich will nicht wissen, wie das Frühstücks-Buffet war. Was für eine Sorte Flocken da morgens vor dir stand, interessiert mich gar nicht. Lois, bitte! Denk daran, mit wem du hier redest. Du weißt ganz genau, dass du mir nichts vormachen kannst. Also, ich stelle dir jetzt einfach diese Frage noch einmal: Wie waren deine Flitterwochen?“
Lois seufzte, holte einmal tief Luft und dann sagte sie: „Clark und ich hatten ausgesprochen wunderschöne Flitterwochen. Es war wirklich alles hervorragend. Wir beide haben uns super verstanden, es hat keinen Streit gegeben. Wir haben uns sehr gut erholt, haben sehr viel gesehen. Wir haben die ganze Insel besucht. Whale-Watching. Haben ein paar sehr informative Museen kennen gelernt, einige wunderschöne Gärten gesehen. Dieser Artenreichtum dort ist überwältigend. Blumen in jeder nur denkbaren Farbe. Das war übrigens sehr spannend. Du kennst das ja, wenn man dort eine dieser Pflanzen sieht, die man von seiner Fensterbank genau kennt, nur ist sie dort eben tausendmal so groß. Weil sie dort eben in ihrem natürlichen Lebensraum wachsen und entsprechend gedeihen. Das war schon sehr beeindruckend. Und sonst war einfach alles wunderbar…“
Lucy begann nebenher in ihrer Tasche zu kramen und zog ihren Kalender hervor. Dann sagte sie in fast demselben sachlichen Ton, in dem sie ihre Schwester schon die ganze Zeit reden hörte: „Okay, Lo, ich hab verstanden. Warte eine Sekunde… heute habe ich einen Termin, den ich unmöglich verschieben kann. Morgen früh… hm, das wird auch schwierig, aber nachmittags kann ich eine Maschine nehmen und komme zu dir. Billy wird zwar toben, aber damit kann ich leben. Also…“
„Moment einmal, Lucy, du willst kommen? Nach Metropolis?“
Und sie antwortete, als wäre es die normalste Sache der Welt: „Ja natürlich. Du steckst in Schwierigkeiten und ich denke, wir müssen reden. Und glaube ja nicht, du kannst mir dann auch wieder etwas von roten Blumen oder von einem alten Museum erzählen. Das will ich alles nicht wissen.“
Ihre ältere Schwester wirkte bestürzt. „Luce, du brauchst wirklich nicht zu kommen, es ist alles in Ordnung…“
Lucy lachte. „Ja, ja, erzähl mir noch so ein Märchen… Hey, ich bin nicht mehr zwölf. Alles in Ordnung, das kannst du mir doch nicht erzählen. Also, wir sehen uns morgen Abend. Bis dann – Ciao.“
Mit diesen Worten legte sie auf, bevor sich Lois noch wehren konnte. Das war Taktik. Sie blätterte in ihrem Timer um die Nummer von Billy zu finden und seufzte. Er würde rasen, aber das musste sein. Familie ging vor – auf jeden Fall.
… Fortsetzung folgt…
Glücklicherweise hatte Kitkaos Zeit, noch ein wachendes Auge darüber zu werfen. Und sich meine Ideen angehört, mir den Rücken gestärkt. Danke, KitKaos, danke, danke!
Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.
Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.
Ich schwöre, diesmal ist es kein Spaß!
Der Chefradakteur des Daily Planets blickte in seinen Kalender, blätterte auf den heutigen Montag, las den Eintrag, den er selbst in ganz dicken Buchstaben auf die Seite geschrieben hatte und lächelte zufrieden. Äußerst zufrieden sogar. Lois & Clark aus den Flitterwochen zurück! stand dort in großen Lettern und mehrfach unterstrichen.
Er rieb sich die Hände. 'Ja! Von heute an ist meine Redaktion dann wieder komplett. Gut so!'
Doch als seine Augen noch einmal über das Wort ‚Flitterwochen‘ wanderten, mischten sich Zweifel in sein Hochgefühl. Er erinnerte sich noch sehr gut an seine eigenen Flitterwochen; nicht gerade die Phase in seiner Karriere, da er seiner Arbeit die größtmögliche Konzentration zukommen lassen hatte. Er war so verliebt gewesen. Und seine beiden Lieblingsreporter waren so… verliebt war gar kein Ausdruck.
Die beiden waren ihm ans Herz gewachsen wie das vorher noch nie ein Mitarbeiter der Redaktion geschafft hatte. Lois hatte sein Herz bereits sehr früh erobert und dort den Platz der Tochter, die er nie gehabt hatte, eingenommen. Bei Clark hatte sich dieses tief väterliche Gefühl nicht sofort eingestellt. Mit seiner besonnene Art wirkte er immer so souverän. Aber Clark Kent war ein Mann von solch bewundernswerter Loyalität und einer der wenigen, die einer Frau wie Lois jemals die Stirn geboten hatten. Und als Paar waren die beiden so viel stärker als nur in der Summe ihrer Kraft.
‚Perry, gib den beiden zum Eingewöhnen einen kleineren, nicht so aufwendigen Fall. Die beiden haben weiß Gott genug durchgemacht. Sie müssen sich nicht auch noch lächerlich machen, weil sie alles durch eine rosarote Brille sehen.‘
Ja, der Gedanke war gut. So würde er es machen. Um mehr brauchte er sich in diesem Moment auch nicht zu kümmern, Jimmy hatte schon früh die Anweisung von ihm bekommen, alle im Konferenzraum zu versammeln, sowie Lane und Kent die Redaktion betraten. Sie erst machten sein Team wieder vollständig.
Eine fast tumultische Unruhe drang gedämpft in sein Büro, als die beiden Turteltauben das Redaktionsbüro dann tatsächlich betraten und Perry White bemerkte, dass er tatsächlich ein wenig aufgeregt war. Genauso wie seinerzeit auf dem sonnengefluteten Hügel, auf dem sich die beiden – endlich – das Jawort gegeben hatten. Am liebsten hätte er sich unter die Kollegen gemischt und Lois herzlich an seine Brust gedrückt. Unterdrückte diesen Impuls aber, schließlich war er der Chef des gesamten Planet-Teams. Aber er war so froh, sie wieder da zu haben.
Perry versuchte einen Blick auf die Neuankömmlinge zu erhaschen, Lois sah… hatte sie etwa leichte Augenringe? Doch. Und auch Clark wirkte etwas… übermüdet. Nun, die beiden werden wohl nicht viel Schlaf bekommen haben – gut so!
Aber mehr würde er hier aus seinem Büro heraus nicht erfahren und so trat er mit einem gut gelaunten und kräftigen „Guten Morgen!“ in den Konferenzraum und stellte sich vor seine Truppe. „Ich freue mich, euch alle zu sehen.“ Schnell ließ er seinen Blick in dem allgemeinen Gemurmel über seine heutige Liste fliegen und warf dann Baines einen strafenden Blick zu. Er hatte als letzter den Raum betreten und rückte geräuschvoll seinen Stuhl zurecht. Als sich der Chef der nötigen Ruhe und Aufmerksamkeit aller Mitarbeiter sicher war, studierte Perry wieder die heute anstehenden Projekte. Der Deneken-Fall wäre vielleicht ein perfekter Einstieg. Oder die Castaneta-Affäre? Aber nein, das roch sehr nach Wirtschaftskriminalität, das mochte Lois nicht so gerne. Deneken, so schätzte er die Sache ein, war eine politische Intrige nach besten Cosa Nostra Vorbild. Das war schon eher Lois‘ Kaliber. Ja das…
„Perry?“ riss ihn die frischgebackene Mrs. Kent aus seinen Gedanken. Oder war sie jetzt doch bei Lane geblieben? Das musste er sie noch fragen.
„Ja…?“ Er blickte sie neugierig an.
Seine Starreporterin räusperte sich, und doch machte es auf Perry den Eindruck, dass es weniger eine Unsicherheit überspielen sollte, sondern vielmehr taktischer Natur war. „Ich hätte auch nachsehen können, aber wir sind ja gerade erst angekommen. Was mich interessieren würde, wer hat den Einbruch bei Bradley geschrieben?“ Freundlich, offen und ausgesprochen professionell sah sie ihn dabei an.
„Burns…“ war seine knappe Antwort. Das war etwa zehn Tage her, ein Einbruch-Diebstahl bei einem stadtbekannten Kunstliebhaber. Burns' Artikel war gut recherchiert, nichts Spektakuläres, aber gute Handwerksarbeit.
„Und die Schmuggel-Affäre des Zoll-Fahnders Zimmer?“ Unnachgiebig bohrte Lois nach, als hätten sie ein wichtiges Detail vergessen.
„Spagoda!“, entgegnete Perry selbstbewusst. Das war vor einer Woche. Sollte Ralph etwas übersehen haben? Grundsätzlich war das natürlich viel wahrscheinlicher als dass Burns ein Fehler unterlaufen war. Und seine innere Stimme sagte dem Chefredakteur, dass ihn Mad Dog Lane gleich auf solch einen hinweisen würde. Was glaubte sie denn? Dass der Planet nicht zwei Wochen ohne sie auskäme? Alle ihre Kollegen Stümper waren?
Und Lois Lane ließ nicht locker: „Und die Story um Marion’s?“
„Bei allen Hits von Elvis – worauf willst du hinaus?“, platzte es aus ihm heraus.
Lois stand von ihrem Stuhl auf und begann nun ihrerseits ein wenig auf und ab zu laufen, soviel wie es der wenige Platz eben zuließ. Eigentlich war das doch sein Part. Doch ließ sie nun alle an ihren Gedanken teilhaben: „Alle drei Artikel wirken auf den ersten Blick sauber recherchiert und schlüssig. Ohne Frage. Aber ich habe auch etwas nachgehakt – soweit mir das mit den begrenzten Mitteln möglich war – und habe mich gefragt, ob die drei Fälle wirklich drei sind…“ sie machte eine taktische Pause, sah alle einmal kurz an, ließ ihren Blick eine Sekunde länger auf ihrem Chef ruhen und fuhr dann fort: „… oder vielleicht nur ein einziger Fall.“
Perry war, als verstünde er die Welt nicht mehr. Lois hatte recherchiert! In ihren Flitterwochen! Von Hawaii aus! Mit ihren begrenzten Mitteln…! Da hatte er sich Gedanken gemacht, ihnen gleich am ersten Tag keinen komplizierten Fall zutrauen zu können. Und sie zeigte wieder einmal, dass Mad Dog Lane ihr zweiter Vorname war. Konnte die Frau nicht ein paar Tage ohne Arbeit auskommen?
Lois sah ihn immer noch fest an und wartete offenbar noch auf eine Äußerung zu ihren eben ausgeführten Gedanken. „Was willst du von mir?!“, provozierte er sie, „die drei Fälle noch einmal aufrollen? Jetzt, nach zwei Wochen? Wo jede Spur kalt ist?! Ich wollte euch eigentlich den Deneken-Fall geben…!“
Lois zeigte nur einen minimal kurzen Moment des Zögerns, lenkte dann aber sofort ein: „Oh, das ist kein Problem, den können wir sicher auch…“ Sie blickte kurz auf ihren frisch Angetrauten, als bräuchte sie seine Bestätigung.
Clark, der Perry erst jetzt wieder einfiel, hatte den Dialog zwischen Lois und ihm die ganze Zeit aufmerksam und vollkommen ruhig beobachtet. Er wirkte… angeschlagen. Ein besseres Wort wollte Perry nicht einfallen. Clark Kent, der gnadenlose Optimist, machte den Eindruck, jemand hätte ihm die Luft heraus gelassen. Das Leuchten seiner Augen fehlte. Und so wunderte es Perry nicht, als er mit sachlicher Stimme, aber eben nicht mit seinem gewohnten Elan berichtete: „Deneken leitet seit vier Monaten das Wirtschaftsdezernat. Er galt immer als äußerst loyal und vollkommen unbestechlich. Familienvater, treu und redlich. Doch vor einigen Tagen kamen Fotos auf, die ihn in Gesellschaft einiger zwielichtiger Gestalten zeigen. Und nun mehren sich die Fragen, ob es ein Zufall ist, dass auch einer darunter ist, der bekanntermaßen schon in ganz anderen Bundesstaaten in Wahlbetrügereien verwickelt war. Eine kurze und übersichtliche Betrugs-Recherche. Braucht sicher nur ein paar Anrufe. Können wir machen…“ Bei seinen Schlussworten blickte er seine Frau an und nickte ihr kurz zu.
Glücklicherweise saß Perry bereits, sonst hätte er sich nun gerne gesetzt. Woher wusste der Mann das? Er war gestern Abend, am späten Abend, aus seinen Flitterwochen gekommen. War zwei Wochen nicht in der Stadt gewesen. Weit weg. Hatte mit der Liebe seines Lebens ein verträumtes Nest geteilt. Doch trotzdem war ihm offenbar nichts, aber auch absolut gar nichts entgangen. „Okay… meinetwegen. Macht halt beide Fälle…“ Was sollte er auch sonst sagen? Gegen diese geballte Energie hatte er nichts entgegenzusetzen, besonders da Clark ihm auch keine Unterstützung geben wollte – oder konnte.
Kurze Zeit später, nachdem alle den Konferenzraum wieder verlassen hatten, alle Aufgaben verteilt waren, drückte Perry zwei Lamellen der Jalousie seines Büros vorsichtig auseinander. So hatte er einen schmalen aber unbeobachteten Blick in die Redaktion. „Jimmy, findest du das normal?“ fragte er den jungen Kollegen, ohne seinen Blick vom großen Raum nebenan abzuwenden. Er konnte immer noch nicht so ganz einschätzen, was das eben Erlebte zu bedeuten hatte.
Jimmy Olsen hielt inne, nachdem er einige Unterlagen auf den Schreibtisch seines Chefs gelegt hatte, trat zu ihm und blickte auch auf das emsig arbeitende Paar. Beide waren sofort an ihre Schreibtische gestürmt und hatten zu telefonieren begonnen. Sie arbeiteten, als hinge ihr Leben davon ab. Und das mit einer stillen, unumstößlichen Übereinkunft.
„Chief, Sie meinen den festen Biss des Bull-Terriers – trotz Flitterwochen?“ Jimmy lächelte, doch häufig tat er das nur aus Verlegenheit. Aber seine Worte zeigten deutlich, dass ihm diese Diskrepanz auch aufgefallen war.
Perry nickte, während sein Blick wieder zum Gegenstand ihres Gesprächs gewandert war. Jimmy fuhr fort: „Lassen wir sie arbeiten. Das hat Lois bisher noch bei jedem Problem gemacht. Sicher sind sie in ein paar Tagen wieder ganz die Alten…“
„Hoffen wir es…“ Der Chefredakteur war da noch nicht so überzeugt. Besonders weil auch Clark so abgeklärt wirkte. Aber was konnte er tun? Nichts.
Was war da nur passiert…?
* * * *
Lucy Lane nahm den Telefonhörer in die Hand und begann eine Nummer einzutippen, doch nach ein paar Ziffern hielt sie inne. Sie rechnete kurz nach, an der Ostküste war es jetzt gerade einmal kurz nach sieben Uhr morgens. Eigentlich sehr, sehr früh. Aber… verdammt, was sollte sie tun? Doch dann fasste sie einen Entschluss, sie hatte bereits einen ganzen Tag verstreichen lassen, sich den ganzen Montag zurück gehalten, um heute am Dienstag endlich mit ihrer Schwester zu sprechen. Und sei es eben zu einer unbarmherzigen Zeit, daran konnte sie nun auch nichts ändern. Sie blickte aufs Display und setzte das Eingeben der Nummer fort. Schließlich war Neugierde auch Lois' zweiter Vorname.
„Hallo“, meldete sich ihre Schwester am anderen Ende der Leitung. Sie klang nicht so, als hätte sie der Anruf geweckt, sie war offenbar bereits wach – sehr gut – ein Punkt für Lucy.
„Hi, Schwesterherz. Kannst du reden, oder ist dein Mann da irgendwo in der Nähe?“ Die Worte dein Mann zog sie betont in die Länge, schließlich war das genau das Thema, über das sie reden wollte.
„Nein, nein“, reagierte ihre Schwester ganz sachlich, „er ist… er ist etwas besorgen.“
Hm, vom Tonfall her klang es nicht gerade nach einem verträumt verliebten Frühstück ans Bett. Lucy beschlich der Verdacht, dass hier etwas faul war. Obwohl sie wirklich keine Vorstellung hatte, in welche Richtung sie ihre Frage diesbezüglich lenken sollte.
„Ja, also… ich dachte mir einfach, ich frage mal nach, wie es euch so geht, wie ihr wieder gelandet seid. Wie die Flitterwochen waren.“ Lucy plauderte möglichst gelassen drauf los, um sich nur ja nichts anmerken zu lassen.
Ihre Schwester antwortete in demselben sachlichen Ton, mit einer kräftigen Spur Ermahnung in der Stimme: „Lucy, hast du eigentlich mal auf die Uhr gesehen? Es ist gerade kurz nach sieben. Von wo aus rufst du an?“
„Ich bin in San Francisco.“
„Okay, dort ist es jetzt zehn. Aber du weißt doch, wie spät es hier ist. Außerdem weißt du auch, dass wir als Reporter oftmals lange Abende haben und sieben Uhr in der Früh nicht gerade unsere Zeit ist.“
Der ermahnende Ton ihrer älteren Schwester hatte seine Wirkung voll erreicht. „Jaaa… ich weiß. Aber ich wollte wissen, wie es dir geht. Und ich wollte auf keinen Fall in der Redaktion anrufen. Denn wie soll ich dir irgendein pikantes Detail entlocken, wenn dir zwölf Kollegen zuhören? Aber am Abend wollte ich dich auch nicht anrufen, weil du dann vielleicht… nun ja, beschäftigst bist… Und da dachte ich, morgens sei eine ganz gute Idee.“ Lucy hatte sich vorher um diese Frage noch gar keine Gedanken gemacht, fand ihre Idee im Nachhinein betrachtet ganz einfallsreich.
Genau genommen war der Grund für ihren Anruf, dass sie vor Neugierde platzte; um die Uhrzeit hatte sie sich gar keine Gedanken gemacht. Sie wollte endlich wissen, wie die Flitterwochen ihrer Schwester gelaufen waren. Nach dem ewigen Hin und Her zwischen Lois und Clark, des Heiratens und Nicht-Heiratens, des Entführt-Werdens oder der verrückten Hochzeits-Killerin. Sie musste einfach wissen, wie es gelaufen war.
Doch statt sich durch schmalztriefende Liebesbekundungen durchhören zu müssen, klang ihre ältere Schwester wie die Arzthelferin eines Röntgenarztes, die einem kühl und sachlich über die möglichen Nebenwirkungen des bildgebendes Verfahrens aufklärte.
„Also, wie war's?“, kam Lucy auf ihren ursprünglichen Punkt zurück.
Einen kurzen Moment lang herrschte Schweigen in der Leitung. Wahrscheinlich überlegte Lois, wie sie der Antwort entgehen konnte, musste sich dann aber sicher eingestehen, dass es überhaupt keinen Sinn machte, ausweichen zu wollen. Soweit kannten sie sich eben, Lois war bestimmt klar, dass Lucy bohren würde, bis sie eine Antwort hatte.
„Es… es war nett“, entgegnete sie immer noch in dem Arztkittel-Ton.
Was?! Das haute Lucy um. Ihre ältere Schwester, die es ihr ganzes Leben lang geschafft hatte, sich nur Problem-Männer in Problem-Beziehungen an Land zu ziehen. Gelegentlich unterbrochen von einer Problem-Affäre. Und nun hatte sie einen Traum-Typ, ein Bild von einem Mann, einen Gott. Dieser hatte sie umworben, immer und immer wieder, über Monate. War ihr Freund gewesen, hatte ihr alles verziehen, was Lois gewöhnlich einem Mann an den Kopf warf. Er betete den Boden an, auf dem sie ging. Obwohl sich Lois dagegen gewehrt hatte, als ginge es darum eine ansteckende Krankheit abzuwehren. Endlich hatten sie es dann eingesehen, sie hatten sich verlobt, wollten heiraten, hatten einen Termin, wurden daran gehindert, bedroht. Lois wurde entführt. Wurden immer wieder auseinandergebracht, hatten sich aber auch immer wieder gefunden. Und dann – endlich – nach gefühlten Jahrzehnten hatten sie es geschafft, wirklich den Bund fürs Leben geschlossen. Waren gemeinsam in die Flitterwochen geflogen, nach Hawaii. Hatten zwei Wochen lang nichts anderes als nur sich selbst und eben dieses tropische Paradies. Und Lois‘ Antwort darauf war ‚Es war nett‘!
„Nett..?!“, war dann auch die spitze Antwort, und der einzige Kommentar, den Lucy darauf gab. „Was meinst du mit nett? Wir reden von deinen Flitterwochen.“ Und nur, damit sie gleich dem nächsten Einfall ihrer Schwester vorgriff, setzte sie schnell nach: „Ich will nicht wissen, wie das Hotel war. Das interessiert mich überhaupt gar nicht. Ich will wissen, wie deine Flitterwochen waren.“
„Ja…“ vernahm sie aus der Leitung, „es war ausgesprochen… schön. Wirklich. Wir haben uns sehr gut erholt, haben viel gesehen und…“
„Sag mal, Lois“, unterbrach Lucy sie, „was ist passiert zwischen euch beiden?“
„Was meinst du damit?“
„Ich bitte dich, wir reden von deinen Flitterwochen. Ich will nicht wissen, wie das Frühstücks-Buffet war. Was für eine Sorte Flocken da morgens vor dir stand, interessiert mich gar nicht. Lois, bitte! Denk daran, mit wem du hier redest. Du weißt ganz genau, dass du mir nichts vormachen kannst. Also, ich stelle dir jetzt einfach diese Frage noch einmal: Wie waren deine Flitterwochen?“
Lois seufzte, holte einmal tief Luft und dann sagte sie: „Clark und ich hatten ausgesprochen wunderschöne Flitterwochen. Es war wirklich alles hervorragend. Wir beide haben uns super verstanden, es hat keinen Streit gegeben. Wir haben uns sehr gut erholt, haben sehr viel gesehen. Wir haben die ganze Insel besucht. Whale-Watching. Haben ein paar sehr informative Museen kennen gelernt, einige wunderschöne Gärten gesehen. Dieser Artenreichtum dort ist überwältigend. Blumen in jeder nur denkbaren Farbe. Das war übrigens sehr spannend. Du kennst das ja, wenn man dort eine dieser Pflanzen sieht, die man von seiner Fensterbank genau kennt, nur ist sie dort eben tausendmal so groß. Weil sie dort eben in ihrem natürlichen Lebensraum wachsen und entsprechend gedeihen. Das war schon sehr beeindruckend. Und sonst war einfach alles wunderbar…“
Lucy begann nebenher in ihrer Tasche zu kramen und zog ihren Kalender hervor. Dann sagte sie in fast demselben sachlichen Ton, in dem sie ihre Schwester schon die ganze Zeit reden hörte: „Okay, Lo, ich hab verstanden. Warte eine Sekunde… heute habe ich einen Termin, den ich unmöglich verschieben kann. Morgen früh… hm, das wird auch schwierig, aber nachmittags kann ich eine Maschine nehmen und komme zu dir. Billy wird zwar toben, aber damit kann ich leben. Also…“
„Moment einmal, Lucy, du willst kommen? Nach Metropolis?“
Und sie antwortete, als wäre es die normalste Sache der Welt: „Ja natürlich. Du steckst in Schwierigkeiten und ich denke, wir müssen reden. Und glaube ja nicht, du kannst mir dann auch wieder etwas von roten Blumen oder von einem alten Museum erzählen. Das will ich alles nicht wissen.“
Ihre ältere Schwester wirkte bestürzt. „Luce, du brauchst wirklich nicht zu kommen, es ist alles in Ordnung…“
Lucy lachte. „Ja, ja, erzähl mir noch so ein Märchen… Hey, ich bin nicht mehr zwölf. Alles in Ordnung, das kannst du mir doch nicht erzählen. Also, wir sehen uns morgen Abend. Bis dann – Ciao.“
Mit diesen Worten legte sie auf, bevor sich Lois noch wehren konnte. Das war Taktik. Sie blätterte in ihrem Timer um die Nummer von Billy zu finden und seufzte. Er würde rasen, aber das musste sein. Familie ging vor – auf jeden Fall.
… Fortsetzung folgt…