Da bin ich wieder, frisch aus dem Urlaub zurück, mit einem Jet-Lag, das sich gewaschen hat. Wie auch immer, bevor mich die Arbeitswelt am Montag wieder verschluckt, wollte ich euch noch mit diesem Beitrag versorgen. Immerhin bin ich fertig, bevor Magss und Kitkaos ihr Pulver ganz verschossen haben.
Also hier meine Geschichte mit der Einleitung von Magss. Nachdem ich lange ergebnislos rumgebrütet habe, was ich mit diesem Baby hier wohl machen soll, habe ich mal wieder ein bewährtes Rezept ausprobiert und einfach eine alte Idee mit in die Suppe gerührt, sozusagen.
Hier ist das Ergebnis. Ich hoffe es gefällt euch ein bisschen.
Feuersturm
Eine Ratte huschte durch die Pfützen.
Lois dankte dem Himmel, dass sie dieses Nagetier nur hörte und nicht sehen konnte.
Perry hatte sie auf Robert Plant angesetzt und nachdem sie ihn eine ganze Nacht observiert hatten, war er hierher verschwunden. In die stillgelegten Katakomben unter dem Flughafen von Metropolis. Endlose Gänge, feuchte Wände, moderiger Gestank - von den Lüftungsluken her bereitete sich ein fahl-gelbles Licht aus. In der Ferne hörte Lois eine U-Bahn und den gedämpften Lärm der Startbahn. Von wegen verlassen – es herrschte offenbar ein skurriles Treiben hier, Injektionsspritzen, kleine Plastiktütchen, Kondome und unzählige Cola-Dosen zeugten davon. Genauso die riesigen leeren Blechdosen, die Obdachlose meist zum Heizen verwendeten.
Es wurde gemunkelt, dass Plant jetzt, da Luthor im Gefängnis saß, der reichste Mann Metropolis' war. Was konnte dieser, angeblich hoch intelligente, brillante Denker und Charmeur erster Güte, reich geworden als hochkarätiger Investor und Börsenspekulant, mit einem Drogendealer wie Jimmy Page zu tun haben? Der war es gewesen, der Perry auf die Idee gebracht hatte Plant zu observieren.
Clark blieb stehen. „Verdammt!“, flüsterte er. „Ich höre Schritte!“
Sie sah sich um. Er hörte was? Da war gar nichts! Clark hatte immer die Neigung, die Mäuse husten zu hören, Mister Obervorsichtig. In dieser Stille... doch – was war das? Tapp-Tapp, Tapp-Tapp...
Lois hielt den Atem an. Wahrscheinlich war es nur einer dieser Freaks, die hier verkehrten. Möglichst nicht auffallen. Wenn sie jetzt verschwinden würden, wäre Plants Spur eiskalt. Sie schob Clark an die Mauer, drückte sich noch ein wenig enger an ihn und ohne einen weiteren Gedanken schlang sie ihre Arme um seinen Hals. Aus dem Augenwinkel sah sie Clarks erschrockenen Blick, doch den ignorierte Lois. Dann küsste sie ihn. Sehr innig.
Es schien ihr eine gute Tarnung zu sein. Verschaffte ihnen Zeit. Aber Lois hätte niemals mit dem Feuersturm gerechnet, der dann folgte...
Sein Mund prickelte auf ihrem, verlockend und süß. Wie von selbst schlüpfte ihre Zunge durch die schmale Spalte seiner Lippen und tastete nach der warmen, weichen Süße. Aus der Ferne wehten Stimmen zu ihnen herüber. Es war ihr völlig egal, dass Clarks Instinkte besser waren als ihre. Sie hätte sogar vergessen können, warum sie eigentlich hier unten waren. Clarks Atem kitzelte in ihrem Gesicht, während er den Kuss zärtlich erwiderte.
Ein leises Klicken verhallte, gefolgt von einem Lufthauch bei dem sich die feinen Härchen in ihrem Nacken aufstellten. Mit einem plötzlichen Ruck riss Clark sie herum und presste Lois gegen die Wand. Die Wucht der Druckwelle war ungeheuer. Sie fegte durch den schmalen Gang und riss herumliegende Papierfetzen mit sich. Im Bruchteil einer Sekunde folgte eine Feuerwalze, die in jede Ritze des Gangsystems züngelte.
Wie hypnotisiert verfolgte Lois das Schauspiel, als wäre sie nur ein Zaungast. Eingequetscht zwischen Clarks kräftigem Körper und der Wand, spürte sie einen geradezu unwirklich kühlen Hauch, während um sie herum alles zu verglühen schien. Die Papierfetzen, die eben noch geflogen waren, flammten in der heißen Luft kurz auf und zerfielen zu Staub. Es war wie eine Szene aus einem verwirrenden Traum.
Sekunden verstrichen, die sich zu Minuten ausdehnten. Der Feuersturm schien nicht abebben zu wollen. Eine zweite Druckwelle folgte der ersten, beinahe kraftvoller noch als diese. Lois musste plötzlich an die Ratte denken, die eben noch durch die Pfützen gehuscht war. Ihr Magen verkrampfte sich schmerzhaft und in diesem Moment begann sie sich zu fragen, warum sie überhaupt noch in der Lage war an Ratten zu denken.
Als der Sturm sich endlich doch legte, stand Lois in völliger Dunkelheit da. Dicker Qualm verdrängte die Luft zum Atmen und Panik stieg in Lois auf, als sich Clark plötzlich von ihr löste. Jemand ergriff ihre Hand und zog sie hinter sich her. Fragen, die Lois gerne gestellt hätte, verstummten angesichts des kräftigen Hustens, der sie überfiel, sobald sie auch nur den Mund öffnete. Die Welt um sie herum schien in einem dichten, alles erstickenden Nebel zu verschwinden. Hustend stolperte Lois in die Richtung, in die sie gezogen wurde. Mehr als einmal wäre sie beinahe gefallen, bis schließlich kräftige Hände sie packten und sie den Boden unter den Füßen verlor. Dann wurde aus der tiefen Schwärze um sie herum eine erdrückende Stille, die sich über sie legte, bis Lois schließlich das Bewusstsein verlor.
* * *
„Lois…bitte, wach doch auf…“ Nervöse Worte flatterten durch die Luft und drangen nur langsam in ihr Bewusstsein. „Bitte…sei nicht…“ Die Stimme verstummte, zu ängstlich das Wort auszusprechen. „Lois…“, ihr Name ging in einem erstickten Schluchzer unter, während Lois mühsam darum kämpfte ihre Augen zu öffnen.
Noch immer lag Brandgeruch in der Luft, aber längst nicht mehr so erstickend. Die erdrückende Dunkelheit war flackerndem Neonlicht gewichen, das sich fahl in einem kleinen Raum ausbreitete. Lois blinzelte. Ringsherum waren Wände, die in dem schwachen Licht unnatürlich nah wirkten. Nur eine graue Stahltür zeugte davon, dass es eine Welt jenseits dieser Enge gab. Als die Wände näher zu kommen schienen, blickte Lois sich unwillkürlich zu Clark um. Er wirkte blass, aber auf seinem Gesicht breitete sich sofort ein Lächeln aus. Erleichtert seufzte er auf und zog sie impulsiv an sich. Als würde er sich aus dem Nebel lösen, wurde Clarks Gestalt langsam deutlicher. Lois erkannte die Streifen seines Hemds, den grauen Jackettstoff.
„Gott sei Dank“, flüsterte er ihr erleichtert ins Ohr und Lois konnte die unterdrückten Tränen hören. „Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.“
„Was…was ist passiert, Clark?“, fragte Lois verwirrt.
Ihre Stimme klang heiser in ihren Ohren. Vergeblich versuchte sie ihre Gedanken zu sortieren – nichts schien einen Sinn zu ergeben. Sie sah einen Wirbel aus Flammen, aus dem es kein Entrinnen gab. Und dennoch saß sie hier mit Clark, dessen Herz mit aller Macht gegen ihre Hand pochte, die sie an seine Brust gepresst hielt. Langsam löste er sich von ihr und sie konnte seine innere Unruhe spüren. Clarks Blick haftete nicht länger ausschließlich auf ihr, sondern zuckte immer wieder zu einer Stelle dicht neben ihr hinüber. Lois wandte den Kopf und sah eine dunkle Gestalt neben sich am Boden liegen.
„Oh, mein Gott – ist er…“, hauchte Lois entsetzt und fühlte einen dicken Kloß in ihrem Hals.
Clark schüttelte den Kopf. „Nein, er atmet. Aber bisher ist er noch nicht aufgewacht“, murmelte er bedrückt und schaute Lois mit einem deutlich verzweifelten Ausdruck an. Dann wandte er sich von ihr ab und begann sich mit dem Bewusstlosen zu beschäftigen. Er lockerte den Knoten der Krawatte, die um den Hals des Fremden saß, er untersuchte die sichtbaren Hautstellen und öffnete die Lider des Mannes.
Lois musterte die Gestalt und konnte im flackernden Licht teueren Stoff ausmachen. Nadelstreifen, eine weitgehend verbrannte Aktentasche und teure Lederschuhe, die nun eindeutig bessere Zeiten gesehen hatten. Einzelheiten setzten sich zu einem Bild zusammen. Die Observation war zu Ende, sie hatten Plant gefunden.
Unsicher rappelte Lois sich ganz auf. Nervös zuckte ihr Blick zwischen dem reglosen Körper des Mannes und Clark hin und her. Der Anzug ihres Partners zeugte ebenfalls davon, was Lois wie einen dunklen Alptraum in Erinnerung hatte. Völlig zerfetzt hing er an seinem Körper, von tiefen Brandlöchern übersäht. Hier und da blitzte seine nackte, rußige Haut unter dem Stoff hervor. Clark, der bemerkt hatte, dass sie neben ihn getreten war, schaute sich kurz zu ihr um. Auch ihm stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
„Was ist … wie sind wir…?“, fragte Lois leise und versuchte zu verstehen, was geschehen war.
Clark zuckte mit den Schultern und ein hilfloses Lächeln umspielte seine Lippen. Es reichte nicht bis zu seinen Augen. Er wirkte zutiefst verunsichert und räusperte sich verlegen. In seinem Blick lag ein stummes Flehen, das Lois nicht so recht zu deuten wusste. Bilder verschwammen zu einem bunten Reigen. Sie sah Clark. Fühlte das Prickeln eines sanften Kusses. Todbringender, erstickender Qualm. Etwas, das sie kraftvoll packte. Dunkelheit.
„Wo… wo bin ich?“, hallte eine krächzende Stimme durch den kleinen Raum und brachte Lois ruckartig in die Gegenwart zurück.
Clark fuhr erschrocken zusammen und schaute Lois mit großen Augen an. Sein Mund war leicht geöffnet und Lois fiel auf, dass sich sein Atem beschleunigte. Er blickte sich zu Plant um, den er für wenige Sekunden aus den Augen gelassen hatte. Es schien als hätte er vergessen, dass sie nicht allein waren.
„Was… ist passiert?“, fragte Plant, während er sich mühsam aufrichtete. „Ich erinnere mich an Hitze, Flammen und dann an gar nichts mehr“, murmelte er mehr an sich selbst gerichtet. Mit einem leisen Stöhnen blickte er prüfend an sich herab und seufzte erleichtert auf, als er dabei keine Verletzungen entdeckte. Dann richteten sich seine wasserblauen Augen wieder auf Lois und Clark.
Der Augenblick der ersten Verwirrung war offenbar vorüber. Sofort blitzte ein Lächeln in seinem Gesicht aus, das eine ganze Reihe perlweißer Zähne enthüllte. „Ms. Lane?“ er klang verwundert. „Ich habe ihr Foto auf den Werbeplakaten des Daily Planet gesehen…“, fügte er hinzu, als verlange die Tatsache, dass er Lois erkannte nach einer Erklärung. „Ich hatte immer gehofft sie einmal zu treffen. Nicht unter diesen Umständen, natürlich...“ Er grinste jungenhaft, während er Lois mit einem bewundernden Blick musterte.
Peinlich berührt, bemerkte Lois, dass sie geschmeichelt war. Ärgerlich versuchte sie diese Regung zu überspielen. Weder war sein Kompliment der Situation angemessen, noch war es ihre Reaktion. Robert Plant war ein stadtbekannter Playboy. Und mehr gab es über ihn offensichtlich nicht zu sagen.
„Nun, wer möchte das schon“, gab sie trocken zurück.
Plant lachte sein Zahnpastalächeln. „Da haben sie sicher recht“, sagte er ein wenig zu vergnügt für Lois’ Geschmack. „Dann müssen Sie Kent sein“, führte Plant den Smalltalk unbeeindruckt weiter.
Konnte er tatsächlich so oberflächlich sein, oder war ihm diese Art von Unterhaltung einfach nur in Fleisch und Blut übergegangen? Lois’ Nackenhaare sträubten sich und sie konnte nicht einmal sagen, warum genau. Nur eines wusste sie. So sehr sie in den letzten Wochen auf ein Interview mit Plant hingearbeitet hatte – so wenig reizte sie es jetzt. Lois rühmte sich aus dem langweiligsten Interviewpartner noch ein spannendes Gespräch herausholen zu können. Aber bei Robert Plant war sie sich da nicht so sicher. Lois begann sich ernsthaft zu fragen, warum sie ihm eigentlich in dieses Loch gefolgt waren. Vermutlich hatte er Drogen gekauft, um sie gleich darauf mit ein paar knapp bekleideten Bikini-Mädchen zu teilen. Das mochte eine Story für den Mirror sein, aber nicht für den Daily Planet.
„Was macht denn das heißeste Team der Stadt an einem solchen Ort?“ bohrte Plant neugierig.
„Dasselbe könnten wir Sie fragen, Mr. Plant“, versetzte Clark steif. „Jemand hat diese Tunnel in die Luft gejagt“, fügte er hinzu. „Wir sollten herausfinden, wer und wieso“, sagte er, offenbar mehr zu sich selbst als zu Lois oder dem erbleichenden Milliardär.
„Meinen Sie denn, das jemand absichtlich hier Feuer gelegt hat?“, fragte Plant einigermaßen entsetzt und sein jungenhaftes Grinsen schwand zusehends. Lois rollte unwillkürlich mit den Augen. „Aber… aber ich meine hier unten ist doch nichts…“, murmelte der Milliardär verstört und tat Lois plötzlich gegen ihren Willen Leid. Ihr Leben war so chaotisch und unvorhersehbar. Manchmal vergaß sie einfach, dass das nicht für alle Menschen galt.
„Nun, etwas muss hier unten sein, Plant“, erwiderte Clark unbeeindruckt. „Und ich denke, wir werden eher herausfinden, womit wir es hier zu tun haben, wenn sie uns sagen, was sie hier unten wollten.“
Lois fuhr unwillkürlich zusammen. War Clark gerade dabei offen zuzugeben, dass sie Plant beschattet hatten? Ihr Herz begann wie wild zu klopfen, während Plant geschmeidig aufstand und nicht das kleinste bisschen Verlegen schien.
„Was halten Sie davon, wenn wir erstmal versuchen, hier herauszukommen?“ fragte er entspannt und jegliche Unsicherheit, die vorher in seinem Blick zu sehen war, schien vollkommen verschwunden.
* * *
Der Tunnel war kaum wieder zu erkennen. Das fahle gelb der Neonröhren war einer nahezu undurchdringlichen Dunkelheit gewichen. Hier und da zuckten Blitze von den Wänden und tauchten den Tunnel in ein gespenstisches Licht. Nur vereinzelt hatten ein paar Röhren das Inferno überlebt und flackerten nun in vergeblichen Zündversuchen. Zitternd stolperte Lois Clark hinterher, der dicht vor ihr ging. Plant schritt selbstbewusst neben ihnen her.
Auch wenn Lois sich gerne einredete, dass sie immer noch sauer auf Clark war, wusste sie ihn doch lieber in ihrer Nähe. Plant gab sich charmant, ja zuvorkommend. Und das machte ihr Angst. Seitdem die erste Schrecksekunde sich verflüchtigt hatte, war der Milliardär geradezu unnatürlich gut gelaunt. Vieles hatte sie angesichts der Zerstörung erwartet, der sie sich in dem rußigen Tunnel gegenüber sahen, Angst, Hilflosigkeit. Plants lockeres Geplapper verstörte sie.
„Wissen Sie, Ms. Lane. Ich habe ja schon einige ihrer Interviewanfragen abgelehnt“, erklärte er gerade. „Aber vielleicht sollte ich die Sache ja noch mal überdenken. Immerhin hat uns das Schicksal hier zusammengeführt. Das ist ein Zeichen, meinen Sie nicht auch?“ Er lachte auf und unwillkürlich lief ein kalter Schauer über Lois’ Rücken.
Sie hätte alles für einen Moment mit Clark gegeben, eine kurze Beratung. Fragen sausten in ihrem Kopf herum und machten sie ganz wirr im Kopf. Wie waren sie den Flammen überhaupt entkommen? Hatte Superman ihnen geholfen? Und wenn ja, wo steckte der Held jetzt? Warum waren sie immer noch hier unten in den Tunneln unter dem Flughafen?
„Hören Sie auf, Plant“, unterbrach Clark den Redeschwall. „Sie wissen genauso gut, wie ich, dass uns nicht das Schicksal hier zusammengeführt hat.“
Plant drehte sich zu Clark um. Seine Lippen kräuselten sich in einem süffisanten Lächeln. Er schüttelte den Kopf und entblößte wieder einmal eine Reihe perlweißer Zähne. „Ich bitte sie, Kent. Sie erwarten doch wohl nicht von mir, dass ich meine Geschäftsgeheimnisse einfach so preisgebe. Schon gar nicht auf so plumpe Fragen wie Sie sie stellen. Von ausgezeichneten Reportern des Daily Planet hatte ich eigentlich mehr erwartet.“
Lois öffnete den Mund, um Plant eine passende Antwort entgegen zu schleudern. Doch welche Worte ihr auch immer auf der Zunge gelegen haben mochten, sie entschwanden ins Nichts, waren verklungen, bevor sie überhaupt eine Chance hatten gesagt zu werden. Stattdessen folgte eine geradezu unerträgliche Stille, nur durchbrochen von dem Klang ihrer Schritte. Lois war es nicht gewohnt, sprachlos zu sein. Mit halb geöffnetem Mund spürte sie den Sekunden nach, die zäh dahin flossen.
„Und ich hatte etwas mehr Verstand von Ihnen erwartet, Plant“, fand Lois schließlich doch noch ihre Stimme wieder. Es klang hohl in ihren Ohren, weit entfernt von Mad Dog Lane. Diese Frau schien ein Opfer der Flammen geworden zu sein. „Es ist doch offensichtlich, dass dieser Anschlag Ihnen gegolten hat“, sprach sie aus, was sie schon längere Zeit vermutete, ja praktisch wusste. Welchen anderen Grund konnte es auch geben, an diesem verlassenen Ort Feuer zu legen?
Plant blieb wie angewurzelt stehen. „Mir?“, fragte er mit zitternder Stimme. In der Dunkelheit war es nicht zu erkennen, aber Lois war sich ziemlich sicher, dass er bleich wurde. „Aber niemand…niemand wusste, dass ich hier bin“, widersprach er nervös und sein Blick huschte zwischen Lois und Clark hin und her.
Es wäre komisch gewesen, hätte dieser Ort nicht so beklemmend gewirkt. Da stand Robert Plant vor dem offensichtlichen Beweis, dass jemand über seinen Ausflug Bescheid wusste, und er wollte es dennoch nicht wahr haben.
„Es gibt immer jemanden, der ihre Geheimnisse kennt“, sagte Clark schlicht.
„Haben Sie sich schon mal überlegt, dass dasselbe auch umgekehrt gelten könnte, Kent?“ Seine Stimme war wieder ruhiger geworden, eine Nuance tiefer, selbstsicherer. Obwohl es im flackernden Licht kaum zu erkennen war, meinte Lois wieder das süffisante Grinsen in Plants Gesicht zu erkennen.
Die beiden Männer starrten sich an, musterten einander, als versuchten sie die Gedanken des anderen zu ergründen. Clarks Lippen wurden eine Spur schmaler. Seine Gesichtsmuskeln verhärteten sich.
„Es ist kein Geheimnis, dass Reporter Quellen haben, Plant“, gab Clark betont beiläufig zurück und ging weiter. Seine Bewegungen waren ein wenig steifer als sonst, kaum merklich. Aber Lois fühlte seine Anspannung, mehr als dass sie sie tatsächlich sah. Sie kannte Clark besser als jeder andere, mit Ausnahme vielleicht von Martha Kent. Clark war nervös.
„Nun hören Sie endlich mit diesen dummen Spielchen auf, Plant. Was hatten Sie hier unten vor und wer könnte hinter Ihnen her sein?“, drängte Lois ärgerlich, während sich in ihrer Magengrube dieses leichte Ziehen bemerkbar machte, dass sie immer spürte, wenn sie auf der falschen Fährte war. Zuerst war es kaum spürbar und Lois wollte die Warnung schon übergehen.
Aber dann entdeckte sie einen Reflex in der Dunkelheit, eine Reihe perlweißer Zähne, die kurz aufblitzten. Sie hatte die Warnungen ihres Magens ein paar Mal in den Wind geschlagen. In der Nacht mit Claude, in dem Moment, als Lex ihr den Ring angesteckt hatte… Es war nie folgenlos für sie geblieben. Wenn Lois eines besaß, so war es ein guter Instinkt. Und auch wenn ihr Verstand sich bereits seine Meinung gebildet hatte, wie Plant einzustufen war, ihr Magen war anderer Ansicht. Das Ziehen verstärkte sich.
„Sie…“, erwiderte Plant ungerührt und es dauerte einen Moment, bis Lois klar wurde, dass er auf ihre Frage geantwortet hatte.
„Wir?“, brachte sie verwirrt hervor und suchte in Plants Augen eine Antwort.
Sie erhielt nur ein weiteres Lächeln, das in dem zuckenden Licht der Neonröhren geradezu gespenstisch wirkte. Ihr Blick huschte hinüber zu Clark, den Plants Antwort offenbar nicht im Mindesten überraschte. Seine Kiefermuskeln mahlten, seine Hände ballten sich langsam zu Fäusten.
„Natürlich“, erwiderte Plant genüsslich, während er sich ganz offenbar an Lois’ Verwirrung erfreute. „Ich wusste, dass sie mir folgen würden. Warum sonst hätte ich mich in den Katakomben des Flughafens herumtreiben sollen? Hier ist nichts außer ein paar Ratten und selbst die…“, er gluckste auf, während er seinen Blick demonstrativ durch die verbrannten Gänge schweifen ließ.
„Aber…“, keuchte Lois und versuchte zu begreifen, was Plant ihr soeben gesagt hatte.
Das Feuer hatte es doch gegeben. Plant war bewusstlos gewesen, wäre beinahe in den Flammen gestorben… Ihre Gedanken rasten, suchten vergeblich nach einer Erklärung. Wild pochend schlug ihr Herz gegen ihre Brust. Lois’ Atem flog, bis sie förmlich das Gefühl hatte zu ersticken. In nur einer Sekunde war sie von der Jägerin zur Gejagten geworden und das gefiel ihr gar nicht.
„Gut, Plant. Wir sind in ihre Falle gegangen. Herzlichen Glückwunsch. Was nun?“ fragte Clark herausfordernd und doch ruhig, beinahe kalt. Seine Kiefermuskeln waren noch immer angespannt. „Wir wissen längst, dass sie daran arbeiten, ein neuer Lex Luthor zu werden. Und wir sind nicht die einzigen“, er ließ die Drohung verhallen, was sie nicht weniger eindrücklich machte.
Lois konnte Clark nur für seine Beherrschung bewundern, auch wenn er nun genau das tat, was er ihr regelmäßig zum Vorwurf machte. Plants Rolle in Metropolis war gegenwärtig reine Spekulation, ein Hirngespinst, dass die Mauern des Daily Planet eigentlich noch nicht verlassen hatte. Es fehlte bislang jeglicher Beweis und es grenzte an ein Wunder, dass sie überhaupt hier waren.
„Das ist nicht von Belang“, erklärte Plant ungerührt und lächelte. „Tatsache ist doch, dass wir immer noch hier sind. Nicht wahr, Mr. Kent? Die Frage, die sowohl mich als auch Ms. Lane brennend interessiert, ist, warum wir nach einem solchen Feuer denn überhaupt noch am Leben sind.“
Plötzlich war es geradezu unheimlich still in den Gängen. Ihre Schritte hallten von den Wänden wider und schienen sich dabei tausendfach zu verstärken. Klackernd schlug Lois’ Absatz auf dem Betonboden auf. Klack - es hatte das Feuer also doch gegeben. Klack- dann hatte sich Plant absichtlich in Gefahr begeben. Klack…
Ihr stockte der Atem bei dem Gedanken, der sich mit jedem Schritt mehr aufdrängte. Sie blieb stehen, als könnte das ihren Verstand davon abhalten den logischen Schluss zu ziehen.
Vergebens.
„Sie müssen verrückt sein“, keuchte Lois entsetzt.
Wenn Plant dieses Feuer nicht nur vorgetäuscht hatte- und es hatte sich durchaus echt angefühlt- dann musste er sich sehr sicher gewesen sein, hier unten gerettet zu werden. Ein solches Risiko auf sich zu nehmen ging sogar über Lois’ Verstand. Sicher war sie immer die erste, die sich mit einem Kopfsprung in Gefahr stürzte, ohne allzu viel darüber nachzudenken. Aber sie war bestimmt nicht so lebensmüde ein Feuer auch noch selbst zu legen, aus dem sie hinterher gerettet werden musste.
„Halten Sie mich auch für verrückt, Mr. Kent?“, fragte Plant leise. Ein verschmitztes Lächeln trat auf sein Gesicht, das Lois unwillkürlich einen Schauer über den Rücken jagte. „So viele haben es versucht und sind gescheitert. So viele sitzen in ihren Kämmerchen und brüten über einem Plan, zermartern sich das Gehirn und entwickeln Waffen, die ihnen doch nichts nutzen…“ deklamierte Plant theatralisch. „Dabei braucht es nicht mehr als Feuer, Dunkelheit und einen ganz bestimmten Stein…“
Ein grünlicher Schimmer breitete sich aus, als etwas zu Boden fiel. Wie in Zeitlupe krümmte sich Clark und ging in die Knie. Halt suchend glitt er gegen die schwarzen Wände. Sein Gesicht, spärlich beleuchtet durch die flackernden Neonlampen, war verzerrt. Dann erschütterte ein lautes Krachen den Tunnel und plötzlich erlosch das flackernde Licht.
„Leben Sie wohl, Ms Lane“, rief Plant und seine Stimme klang nun eigentümlich gedämpft. „Zu schade, dass es zu unserem Interview nun nicht mehr kommen wird. Es wäre mir eine Ehre gewesen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei ihrer letzten großen Enthüllung.“
* * *
Das grüne Leuchten tastete nach den Wänden und tauchte alles in direkter Umgebung in ein gespenstisch fahles Licht. Es war entsetzlich still geworden.
„Clark…?“ Lois zuckte beim hohlen Klang ihrer Stimme unwillkürlich zusammen. Sie hallte von den Wänden wieder, schien tausendfach verstärkt in ihren Ohren zu dröhnen. Dabei hatte sie nicht laut gesprochen, ganz im Gegenteil. Es bereitete förmlich Mühe, die drückende Stille zu durchbrechen. „Clark?“, wiederholte sie etwas kräftiger und ging in die Richtung, in der sie ihn zuletzt gesehen hatte.
Im Grunde war es geradezu absurd sich Gedanken über die Stille zu machen. Es gab so viel wichtigere Dinge - und doch weigerte sich ihr Verstand den schlichten Tatsachen ins Auge zu blicken. Stattdessen hörte sie ihren eigenen, gepressten Atem und das leise Stöhnen, dass aus der Richtung kam, in die sie nun ging. Ihr fiel das pulsierende Licht des Steins auf, dem sie immer näher kam und das mit jedem Puls etwas stärker aufleuchtete, geradeso, als würde er sich von etwas nähren, dass in seiner Nähe war – von Clark, von seinen Kräften.
Da war sie wieder, diese verstörenden Erkenntnis, die all die vielen Puzzleteile der letzen beiden Jahre mit einem Mal zusammenfügte.
„Clark!“, rief Lois wieder, drängender nun, da sie keine Antwort erhielt. Die Sorge um ihn war alles, was das aufwallende Gefühlschaos in ihr in Schach hielt.
„Lois…“, es war nicht mehr als ein leiser Hauch, kaum mehr als ein Bewegen der Lippen. „Bitte…hilf mir“, flüsterte er schwach, kaum hörbar. Dann wurde es wieder still, so entsetzlich still.
Mit zwei Schritten war Lois bei dem pulsierenden Stein, der immer heller zu leuchten schien. Es konnten nicht mehr als ein paar Sekunden vergangen sein. Lois schien es so, als hätte sie jede Menge wertvoller Zeit verschwendet, bis sich ihre Finger endlich um den kalten Stein schlossen. Er pulsierte weiter in ihrer geschlossenen Hand, ließ sie schwach grünlich aufleuchten.
Als würde sie aus einer Trance erwachen, war Lois plötzlich wieder völlig bei sich. Mit aller Kraft schleuderte sie den Stein in den dunklen Tunnel, bis er und das grüne Leuchten außer Sicht waren. Umso mehr wurde sich Lois der Dunkelheit bewusst, die sie nun umgab. Es waren nicht mehr als drei Schritte zu der Wand, vor der Clark zu Boden gegangen war. Der Tunnel war schmal. Lois ging auf die Knie und spürte etwas Warmes unter ihren Fingern.
„Clark“, rief Lois besorgt, und gleichzeitig erleichtert darüber, dass sie nicht mehr allein war. „Clark, sag doch etwas.“ Ihre Stimme war eine Spur höher als gewöhnlich. „Clark……“ Ihr Rufen verklang zu einem Wimmern. Heiße Tränen rollten über ihre Wangen.
An diesem Punkt war Lois schon einmal gewesen und der Schmerz war in der Erinnerung ebenso vernichtend, wie in diesem Moment. Ihr Hals zog sich zusammen, sie konnte nicht mehr schlucken, nicht atmen – nichts. Es war, als wäre der Schuss aus dem Revolver gerade erst verhallt. Sie konnte praktisch noch das Pulver riechen, hören, wie Clarks lebloser Körper über die Dielen der Bar geschleppt wurde.
Lois blinzelte, erschrocken darüber, dass es plötzlich hell um sie herum war. Die lähmende Stille wurde von einem Klavier unterbrochen, Rauch verzog sich und sie konnte Clark tatsächlich sehen. Er hing zwischen den beiden Männern, die ihn davon schleppten. Sein Kopf taumelte nicht sehr überzeugend gegen die Beine der Männer. Clarks Hemd war blütenweiß, nicht die Spur von Blut.
Jemand zog sie von den Knien und Lois blickte verwirrt in das narbige Gesicht von Al Capone. Wie war das möglich? Entweder war sie in einem verwirrend realen Alptraum gefangen, oder… Die Narbe verzog sich zu einem verstörenden Lächeln, während die alltäglichen Geräusche langsam aber sicher in den Club zurückkehrten. Die einarmigen Banditen begannen zu klingeln und zu rasseln, Gläser klirrten.
Die Bar sah genauso aus, wie Lois sie in Erinnerung hatte. Der Gestank von Zigarren, die knapp bekleideten Kellnerinnen. Lois stolperte, als jemand sie anrempelte. Alles fühlte sich so echt an. Wieder stieß jemand an Lois und sie fiel.
Fiel… fiel immer weiter. Lois blinzelte in der Sonne, fühlte den Wind, der an ihrer Kleidung zerrte. Metropolis raste mit erschreckender Geschwindigkeit auf sie zu. Oder war es anders herum? Die Stadt lag unter ihr, selbst die Wolkenkratzer wirkten klein. Sie spürte einen Ruck, als sie plötzlich aufgefangen wurde.
„Ich hab dich, Lois“, sagte Superman sanft und lächelte sie an. Eine Sorgenfalte war auf seiner Stirn. „Du solltest vorsichtiger sein“, ermahnte er sie liebevoll.
„Clark, was ist hier los?“, stellte Lois die Frage, die ihr schon seit einiger Zeit auf den Lippen brannte.
Er wurde blass. „Wo… woher weißt du…“, keuchte er hilflos. „Ich… du musst dich irren, Lois. Ich… ich bin nicht…“, stammelte er fassungslos. „Du darfst niemandem etwas sagen, hörst du, niemandem! Weißt du, was Trask mit mir macht, wenn er herausfindet, wer ich bin?“ Angst stand in seinen Augen und feine Schweißperlen bedeckten seine Stirn.
„Aber… aber Trask stellt doch keine Bedrohung mehr dar, Clark, ich meine er ist doch tot“, murmelte Lois verwirrt. Wenn sie träumte, warum konnte sie dann nicht aufwachen? Wie kam sie in Supermans Arme, wo sie doch gerade noch in einer Bar gewesen war? Und davor unter dem Flughafen. Lois kniff sich in den Unterarm, doch sie blieb wo sie war.
„Irgendetwas Merkwürdiges geht hier vor“, sagte sie, halb an Clark gerichtet, der sie nur verständnislos anblickte.
„Ich… ich bringe dich nach Hause“, erwiderte er gepresst und verfiel gleich darauf in Schweigen. Wieso war ihr niemals aufgefallen, wie ähnlich sich Clark und Superman sahen? So sehr es sie auch verwirrte, dass sie nun in Supermans Armen war, statt unter dem Flughafen, so war sie doch erleichtert ihn wohlauf zu sehen. Das Kryptonit… Ihr Herz verkrampfte sich bei der Erinnerung. Sie musste zurück. Clark – ihr Clark brauchte Hilfe. Es mochte – es dürfte noch nicht zu spät sein. Wenn sie doch nur aufwachte… Das alles war so verwirrend. Sie schloss die Augen, presste sie fest zusammen und stellte sich mit aller Macht die Katakomben vor, die Dunkelheit, die undurchdringliche Schwärze.
Als sie ihre Augen wieder öffnete, war sie tatsächlich nicht mehr in Clarks Armen. Sie stand mit beiden Beinen fest auf der Erde. Clark stand vor ihr und lächelte glücklich. Er sah gut aus in dem grauen Anzug. Ein weißes Tuch steckte in der Brusttasche des Jacketts, eine weiße Blume prangte in seinem Knopfloch. Lois stellte verwirrt fest, dass sie ein weißes Kleid trug.
„Ich will“, sagte Clark voll Überzeugung und das Lächeln in seinem Gesicht wurde noch ein wenig breiter.
„Hiermit erkläre ich sie zu Mann und Frau“, verkündete sogleich ein Priester, den Lois bisher noch gar nicht wahrgenommen hatte. „Sie dürfen die Braut jetzt küssen.“
Doch Clark beugte sich nicht gleich vor. „Ich habe nie zu hoffen gewagt, dass dieser Tag tatsächlich kommen würde…“, sagte er leise. „Immer schienst du nur Superman zu wollen. Ich habe so gehofft, dass du eines Tages auch mich sehen würdest.“ Er nahm die Brille ab und sein Lächeln wurde unsicherer. „Ich weiß, ich hätte dir das früher sagen sollen“, erklärte er schuldbewusst.
Lois schluckte. Das alles konnte doch nur ein Traum sein. Es gab diese Erinnerung nicht – sie hatte viel mit Clark erlebt, aber eine Hochzeit gehörte bestimmt nicht dazu. Und überhaupt, Clark mochte ihr die Wahrheit noch nicht eingestanden haben, aber so verbohrt und herzlos hätte er gar nicht sein können. Es konnte nur ein Traum sein. Aber bevor Lois noch einen weiteren Versuch starten konnte, endlich aufzuwachen, verschwamm die Welt vor ihr in einem Wirbel aus Farben.
Sie hörte Clarks Stimme. Er klang gequält, während er leise, fast flüsternd immer wieder ein Wort wiederholte.
„Nein…nein…“
Ein Zittern durchlief seinen Körper und übertrug sich auf sie. Blinzelnd stellte Lois fest, dass sie wieder im Tunnel unter dem Flughafen war. Clark presste sie an die Wand und hatte sich schützend vor sie gestellt. Ihre Lippen prickelten noch von dem Kuss. War dies wieder nur ein Traum? Eine alptraumhafte Erinnerung? Oder war sie nun tatsächlich aufgewacht? Lois hätte es nicht sagen können.
Sie hörte wieder Stimmen, die eindringlich miteinander sprachen. Nun klangen sie näher, als zuvor. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, dass Clark sie vor der Feuerwalze beschützt hatte. Der durchdringende Qualm, der ihr zuvor den Atem genommen hatte, war spurlos verschwunden. Die Wände waren fahl grau. Auf dem Boden lagen Papierschnipsel, Schachteln, Dosen und allerlei Dinge verstreut, von denen Lois lieber nicht wissen wollte, worum es sich dabei handelte.
Eine Ratte huschte durch die Pfützen.
Die Stimmen wurden lauter.
„Nein, das ist es nicht“, sagte jemand enttäuscht, beinahe wütend. „Farbenblinde Idioten!“, zischte er. „Nicht einmal einen simplen Auftrag könnt ihr erfüllen. Kryptonit ist grün, nicht rot!“ Es schepperte heftig, als würde eine Kiste zugeschlagen. „Das nächste Mal ruft mich an, wenn ihr wirklich etwas habt. Und wenn ihr mich noch einmal in so ein Drecksloch ruft, dann könnt ihr etwas erleben!“ Lois erkannte die Stimme als die von Robert Plant.
Sie hatte ihn auf einer Pressekonferenz gesehen und damals als charmant empfunden. Diese Maske trug er nun eindeutig nicht. Er klang blasiert, wie ein Lackaffe und vermutlich war er genau das. Allerdings ein gefährlicher Lackaffe. Ihr Magen verkrampfte sich. Plant wollte Kryptonit.
Wieder hallten Schritte durch die dunklen Gänge, wurden leiser und erstarben schließlich. Lois und Clark waren wieder allein unter dem Flughafen, bis auf ein paar Ratten, die verschreckt durch die Gänge huschten.
Clark löste sich von Lois. Er wirkte blass. „Was ist da gerade passiert?“ fragte er tonlos.
Lois studierte seine Züge und musste feststellen, das wenigstens ein Teil ihres Traumes durchaus Realität war. Clark war Superman. Blass wie er war, wäre sie unter anderen Umständen niemals auf diese Idee verfallen. Aber nun, da sie wusste, wonach sie schauen musste, war die Ähnlichkeit unverkennbar. Da konnten auch zitternde Lippen nicht mehr täuschen.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte sie ehrlich. Wie von selbst glitt ihre Hand zu seinem Gesicht und sie nahm seine Brille. Clark unternahm keinen Versuch sie daran zu hindern.
„Es tut mir so Leid“, sagte er stattdessen. Er ließ es einfach geschehen. Auf seine Brille folgte sein Krawattenknoten, den Lois löste. Sie öffnete ein paar Knöpfe seines Hemdes, bis sie den blauen Stoff entdeckte. „Ich wollte nicht, dass du es so erfährst“, fügte er bedrückt hinzu.
„Wie hättest du es mir denn sonst sagen wollen?“, entgegnete Lois sanft, überrascht über ihre eigenen Worte.
Sie spürte Mitleid mit ihm. Was auch immer geschehen war, sie spürte, dass Clark ihren Alptraum geteilt hatte. Vielleicht war es auch umgekehrt. Sie hatte sein Geheimnis erfahren und eine Art war schrecklicher als die andere. Vielleicht gab es einfach keine richtige Art, ein solches Geheimnis zu offenbaren.
„Ich weiß es nicht“, gestand Clark mit hängenden Schultern. „Jedenfalls nicht so. Ich übe vor dem Spiegel – schon seit Wochen.“ Ein schmales Lächeln erschien auf seinen Lippen. „Ich denke, ich habe den richtigen Zeitpunkt einfach verpasst.“
„Das mag sein“, murmelte Lois nachdenklich. „Aber nachdem, was ich gerade gesehen habe, weiß ich ehrlich nicht, welcher Zeitpunkt besser, weniger verletzend, einfacher gewesen wäre. Definitiv nicht der, den wir zuletzt hatten.“
„Oh, nein, definitiv nicht der…“, stimmte Clark ihr mit brüchiger Stimme zu.
Wieder huschte eine Ratte durch die Pfützen und ließ Lois erschauern. „Lass uns gehen“, drängte sie und schubste Clark in Richtung Ausgang. Er folgte ihr unsicher.
„Bist du sehr sauer?“, fragte er leise.
Lois dachte über die Frage nach. „Ich weiß es nicht“, sagte sie schließlich. „Aber wir sollten das nicht unbedingt hier herausfinden, meinst du nicht auch?“
Clark lächelte probehalber und nickte erleichtert. Dann folgte er ihr.
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