Presserummel
Verfasst: Sa 23. Jan 2010, 17:44
Okay... auf Wunsch einer einzelnen Dame starte ich einen Ausflug in schon ältere FFs von mir. Hier kommt als erstes ein Beitrag zu einem Ficathon, dessen Oberthema Revelation lautete. Ich liebe Revelations und habe ihnen inzwischen eine eigene Reihe gewidmet, aber als wir alle eine Revelation schreiben sollten, habe ich hin und her überlegt, wie es mir gelingen könnte, eine zu schreiben, die aus der Reihe fällt. Seht, was dabei herausgekommen ist.
Einen ganz lieben und herzlichen Dank an KitKaos für ihr Beta, das wie immer ungewöhnlich konstruktiv, hilfreich und motivierend war und ist.
Disclaimer: Superman, Lois & Clark und alles aus dem Universum gehört mir nicht, ich verdiene kein Geld damit und schreibe nur zum eigenen Vergnügen.
Ich freue mich über jede Art von Kritik, positive wie negative – aber nun erst einmal viel Spaß!
Presserummel
KAPITEL 1 - Clark flog so hoch, dass er die Stadt Metropolis als Ganzes überblicken konnte, New Troy, West River, die vielen Brücken, den Hafen konnte er erkennen, das Meer und die weite Ebene im Westen. Einen Moment verharrte er in dieser Höhe, blickte sich um; von hier aus konnte er am Horizont bereits deutlich die Krümmung der Erdoberfläche sehen. Selbst in dieser Höhe vernahm er noch ein angenehmes Brummen, die Betriebsamkeit der Metropoliser, diese Stadt lebte, atmete und vibrierte. Vom Ozean, tiefblau und klar zogen ein paar kleine Cumuluswolken heran, die winterliche Sonne schien schräg durch die Atmosphäre und tauchte alles in ein warmes Licht, heute gab es noch nicht einmal Smog. Es erstaunte Clark immer wieder wie grün es um Metropolis herum war, grün, saftig und fruchtbar - was für ein Anblick! Die Schönheit verschlug ihm fast den Atem. Und von diesem Punkt aus ließ er sich dann fallen, stürzte einfach Richtung Erde, gab die Schwebe auf, breitete seine Arme auseinander, um die Luftreibung mit seinem ganzen Körper zu spüren. Er genoss die Beschleunigung im freien Fall, bemerkte wie sein Magen reagierte, sich ganz leicht zusammen zog, aber auf eine angenehme, kribbelige Art. Der Wind der an seinen Haaren zerrte, er brannte fast ein wenig in seinen Augen. Er musste sich beherrschen, keinen lauten Jubelschrei hören zu lassen. Nur Sekunden, die Erde kam näher und immer näher, die Stadt wurde größer und als er Gebäude und Straße wieder differenzieren konnte, bremste er abrupt ab und hielt sich in der Schwebe. Er schloss die Augen und sog die Luft der Stadt langsam und genüsslich ein, nahm ihren Duft in sich auf. Fliegen - von all seinen Kräften war ihm das immer das Wichtigste, das Erhabenste gewesen. Hier oben vergaß er seine Probleme, die Sorgen verflüchtigten sich, alles Unlösbare erschien auf einmal klein und unbedeutend.
Der heutige Tag war einfach nur fantastisch gewesen.
Da war eine DC-10 mit einem defekten Triebwerk gewesen - und er hatte sie vollkommen unbeschadet gelandet, keiner der Passagiere war verletzt worden. Ohne sein Eingreifen hätte es ein Inferno auf dem Flughafen gegeben. Bei dem Gedanken daran schlug er in der Luft einige Purzelbäume.
Ein Schulbus mit abgenutzten Reifen war in den kurvenreichen Serpentinen ins Schleudern geraten und drohte den Hang herunter zu stürzen. 57 kleine Kinder, sie schrien durcheinander, die meisten von ihnen weinten vor Schreck - doch sie lebten. Clark reckte bei dieser Erinnerung stolz die Siegerfaust in die Luft.
Und dann der Brand in der Ölraffinerie, ohne seine sofortige Löschung hätte es nördlich der Stadt ein ökologisches Desaster gegeben. Bei der vorherrschenden Windrichtung wäre eine dicke und schädliche Wolke über die Stadt gezogen. Von den Mitarbeitern ganz zu schweigen. Glücklich hatten sie ihn angesehen, ihm still gedankt. Einige von ihnen würden diesen Tag vielleicht als einen zweiten Geburtstag erleben.
Er hatte seine Kräfte eingesetzt um den Menschen zu helfen, als wäre es die natürlichste Sache der Welt - und doch hatte er es heute das erste Mal seit drei Jahren wieder getan.
Und er hatte es genossen. Er war wieder da!
KAPITEL 2 - Lois sah nervös auf die Uhr, zehn nach zehn. Sie sollte die Kollegen zur Morgenbesprechung einberufen, sie hatte sie schließlich für zehn Uhr angekündigt. Aber Clark war nicht da. Die Mitarbeiter sahen skeptisch zu ihr, warteten darauf, dass sie mit der Besprechung begann. Lois sah die flüchtigen Blicke. Sie hatten gestern schon alle mitbekommen, dass Clark und sie nicht einer Meinung waren, ach sie hatten einen handfesten Streit gehabt. Und sicher hatten die Kollegen sich amüsiert und über sie getuschelt. Sie seufzte leise, diese Chefredaktion war doch schwieriger als sie es eingeschätzt hätte.
Dabei war es nicht die Arbeit an sich. Sie hatte mit Perry den besten Lehrmeister gehabt, den sie sich hätte wünschen können. Sie wusste sehr wohl, welche Story nur heiße Luft enthielt, wen sie was machen ließ, welche Quellen in Frage kamen und natürlich wusste sie, wie man Artikel so schrieb, dass der Leser gefesselt wurde. Nein, es war Clark, der die Situation so schwierig machte. Noch ein Blick auf die Uhr, zwölf Minuten nach zehn. Sie konnte ihn doch nicht bevorzugen, nur weil sie verheiratet waren. Aber er erschien genau das von ihr zu erwarten. Sie hielt ihren nur noch lauwarmen Kaffeebecher so fest umschlossen, dass sich ihre Knöchel weiß abzeichneten.
Seit drei Tagen saß sie nun in dem Büro von Perry und seit zweieinhalb Tagen war sie mit Clark nur noch am streiten. Sie waren jetzt fast ein Jahr verheiratet, aber so böse hatten sie noch nie gestritten. Es hatte gleich am ersten Abend begonnen als Martha und Jonathan zum Abendessen bei ihnen waren und sie kaum Zeit gehabt hatte für die beiden. Was hätte sie denn tun sollen? Sie wollte ihre Sache nun mal gut machen. Verzweifelt ließ sie ihren Blick durch das Büro gleiten, die Stellen an der Wand, wo Perrys Elvis-Bilder gehangen hatten, zeichneten sich noch deutlich ab.
Der Morgen danach war einfach nur schrecklich gewesen, schweigend waren sie beide in der Küche umeinander herum gelaufen. Lois hätte am liebsten geschrien, aber sie hatte keine Zeit zum Zanken. Sie musste in die Redaktion. Und diese stummen Blicke hatten mehr geschmerzt als jedes wütende Wort es tun könnte. Sie waren dann getrennt in den Planet gefahren.
Inzwischen war es viertel nach zehn. Schluss jetzt, nun musste sie die Besprechung beginnen, mit Clark oder ohne ihn. Hoffentlich fragte sie niemand, wo er war.
Lois nahm ihre Notizen, ging zum Schreibtisch von Ralph und fragte ihn kurz angebunden. "Und? Wo ist Clark?" Die ganze Zeit hatte sie mit sich gerungen, ob sie Ralph diese Frage stellen sollte, weil sie damit doch zum Ausdruck brachte, dass sie darüber keine Ahnung hatte. Auf der anderen Seite war sie sich nicht sicher, ob Ralph diesen Zusammenhang herstellen würde. Und sie musste einfach wissen, wo er schon wieder war.
"Oh, Lois...", Ralph verschlug hektisch die Zeitungsseite, die er scheinbar gerade gelesen hatte. Es war die Sportseite. Sollte sie jemals eine Personalentscheidung treffen, könnte es gut sein, dass Ralph das erste Opfer sein würde. Er stammelte ertappt vor sich hin: "Ich... weiß es wirklich nicht. Plötzlich ist er aufgesprungen und hat gefaselt, er müsste noch was erledigen, vielleicht ein Video zurückbringen... Also ehrlich, Lois, es ist nicht gerade sehr einfach mit ihm zu arbeiten, er ist nicht sehr kooperativ... ich sag das nicht gerne, aber..."
Lois musste ihn zum Schweigen bringen, augenblicklich. "Ralph! Besprechung, jetzt!" Und dann sagte sie laut und herrisch in die Runde. "Alle, in den Konferenzraum - sofort!"
Auf dem Weg dorthin hallten Ralphs Worte 'Video zurückbringen' in ihrem Kopf wider. Sollte Clark nach all den Jahren diese dumme und sehr lästige Angewohnheit wieder aufgenommen haben, dieses ständige Verschwinden mit den abstrusesten Ausreden? Es gab kein Video, dass er zurückbringen musste. Er hatte das schon Jahre nicht mehr getan. Eigentlich fiel ihr erst in diesem Moment auf, dass er abrupt damit aufgehört hatte. Sein Glück. Es hatte sie damals schon um den Verstand gebracht. Hoffentlich war er nicht in der Press-Sache unterwegs. Sie hatte ihm gesagt, das sei keine Story. Und wenn er weiter daran arbeitete, gegen ihre Anweisung, müsste sie ihn wirklich... Doch sie konnte nicht einmal den Gedanken bis zum Ende denken. Glücklicherweise musste sie sich nun auf die Besprechung konzentrieren.
Nach dem Meeting - Clark war immer noch nicht da - ging Lois zur Kaffeemaschine und machte sich einen Kaffee mit viel Zucker und etwas Milch, sie musste versuchen, ihre Nerven zu beruhigen. Auf ihrem Tisch lagen fünfzehn oder mehr Textseiten, die Artikel werden sollten. Inzwischen wusste sie sehr genau, warum Perry all die Jahre früh am Morgen der Erste hier war und spätabends der Letzte. Sie ging etwas gedankenversunken an den Monitoren vorbei, als sie, nur aus dem Augenwinkel, auf einem plötzlich etwas sah, das ihre Aufmerksamkeit erregte, das sie aber im ersten Moment nur für eine Fatamorgana hielt, eine Wunschvorstellung. Ihr stockte der Atem. Ein Flugzeug mit technischen Problemen, die so erheblich waren, dass es nicht landen konnte, ohne auseinander zu brechen, wurde sicher auf der Rollbahn gelandet durch eine Figur, die wie eine Fliege an einer Rakete klebte, eine Person in einem rot-blauen Anzug. Lois umschloss ihren Kaffeebecher so fest, dass es fast schmerzte. Diese Person trug ein Cape, ein rotes Cape! Lois konnte kaum atmen. Inzwischen waren die Kollegen in der Redaktion mucksmäuschenstill, alle starrten gebannt auf den Monitor. Lois' Herz hämmerte ganz aufgeregt in ihrer Brust.
Es war Superman! Er musste es sein. Er war wieder da! Lois schloss kurz die Augen, sie konnte sich nicht rühren, er war wieder da! Nach drei Jahren, in denen niemand wusste, wo er gewesen war, was mit ihm passiert war, tauchte er nun einfach wieder auf. Lois nahm außer dem Monitor nichts mehr wahr. Und er tat das, was er immer getan hatte, er half den Menschen. Sie war so aufgeregt wie schon lange nicht mehr.
Auch der Berichterstatter schien ganz aus dem Häuschen zu sein, seine Stimme überschlug sich beinahe. Dieses Flugzeug schien schon eine ganze Weile in dem Luftraum über dem Flughafen zu kreisen, das Fahrwerk ließ sich nicht ausfahren und bei den kurzen Landebahnen Metropolis' konnte das nur zu einem Desaster führen. Bis zu dem Moment, als hoch in der Luft jemand neben dem Flugzeug aufgetaucht war und dem Kapitän freundlich zugewinkt hatte, hatte niemand geglaubt, dass auch nur einer der Passagiere oder der Mannschaft überleben könnte. Und dieser unbekannte Jemand trug ein rot-blaues Kostüm mit einem großen 'S' auf seiner Brust. Lois' Herzschlag und ihre Atmung hatte sich immer noch nicht wieder normalisiert, wie auch? Ihr war heiß und kalt zugleich. Schwindelig - und doch fühlte sie sich so gut.
Sie flüsterte still in sich hinein: "Superman! Bist du's wirklich? Wo warst du nur die ganzen Jahre?" Und tausend Fragen und Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf.
Kurz darauf zeigte die Kamera Superman wie er auf die Journalisten zuging und zoomte näher an ihn heran, bis der Bildschirm nur noch sein Gesicht zeigte. Er war es wirklich! Konnte das sein? Er sah genauso aus wie Lois ihn in ihrer Erinnerung hatte, die dunklen Haare, diese widerspenstige Locke in seiner Stirn, dieses Lächeln...
Jemand hielt ihm ein Mikrophon unter die Nase. "Superman, diese Rettungsaktion war phänomenal! Aber wo waren Sie in den letzten Jahren? Und was die Menschen noch viel mehr interessiert, was brachte Sie wieder hierher?"
Superman machte einen Schritt auf das Mikro zu, er sah so zufrieden, unnachgiebig, männlich aus und sagte freundlich, aber entschlossen: "Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Und dann stieg er in die Luft und weg war er.
"Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Diese Stimme... Lois spürte eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper, sie hatte während des kurzen Interviews kaum geatmet. Und nun war er weg, nicht mehr zu sehen - und sie? Sie stand hier in der Redaktion des Daily Planet und kam wieder zu sich.
Lois hob ihren Kopf und drehte sich zur Planet-Mannschaft um. "Carlton und Myerson, ich will alles über das Flugzeug - sofort! Burns, der Flughafen, die Passagiere, so schnell, wie es geht!" Die Angesprochenen sprangen augenblicklich an ihre Schreibtische oder Richtung Aufzüge und begannen sofort mit der Arbeit. "Jeffs und Hilton, Sie kriegen alles raus, was es zu diesem Schulbus gibt, zu diesem speziellen und alle Schulbusse des Landes. Ich will das alles und am besten gestern! Jimmy, du gehst alle alten Fotos durch, die wir von ihm haben." Lois strahlte, es ging ihr gut, sie fühlte sich in ihrem Element und sie hatte alles im Griff. Und Superman war wieder da!
Ralph kam auf sie zu, nachdem die meisten Mitarbeiter nun schon wieder an ihren Schreibtischen saßen und telefonierten. Es herrschte eine emsige Betriebsamkeit in der Redaktion. Ralph grinste überheblich. "Chef, einer von uns sollte wohl versuchen ein Interview mit Superman zu machen..."
"Oh ja!" Lois strahlte über das ganze Gesicht, sie war aufgeregt, ihre Wangen glühten und Ralph grinste inzwischen so sehr, dass man Angst bekommen könnte, sein Kiefer würde sich verkrampfen. Lois wusste, was er dachte. Aber da hatte er sich getäuscht. Sie würde das niemals einen Stümper wie Ralph machen lassen. Nicht so eine Story, so ein Interview! Wer hatte denn schließlich in der Vergangenheit die Interviews mit Superman gemacht? Also fuhr sie gelassen fort: "Das erste Interview mit Superman nach drei Jahren... Das wird die Story des Jahres - das mache ich selbst! Das ist Chefsache!" Während Ralps Gesichtszüge einzufrieren schienen, zog sie sich beschwingt und grinsend in ihr Büro zurück.
Ja! Er war wieder da!
Während sie die anstehende Arbeit auf ihrem Schreibtisch von links nach rechts und wieder zurück schob, dachte sie daran, was sie ihn fragen würde. Ob sie sich Notizen machen sollte? Bestand die Gefahr, dass sie so aufgeregt wäre, dass sie eine elementare Frage vergessen würde? Nein, nicht wirklich, sie war schließlich ein Profi! Aber wie sollte sie an ihn heran kommen?
Superman, wo bist du die letzten drei Jahre gewesen? Und mit wem? Und bist du jetzt einfach nur auf die Erde zurückgekehrt, um den Menschen ein Freund zu sein, wie damals? Oder hast du die ganze Zeit unter uns gelebt – unentdeckt? Nein, das war zu abwegig. Und wirst du bleiben, diesmal?
Kurz darauf war Lois so in Gedanken versunken, dass sie erschrocken hoch fuhr, als jemand an ihre Bürotür klopfte. Es war Clark.
Er blickte sie vorsichtig an und lächelte. Ob das versöhnlich wirken sollte? "Hey, die Redaktion vibriert ja förmlich. Die Neuigkeit hat eingeschlagen wie eine Bombe, hm?"
Oh ja, das sollte ganz sicher ein Versöhnungsangebot sein. Lois, überleg dir gut, was du jetzt sagst. Ein falsches Wort und wir streiten noch tagelang so weiter. Oder wir könnten in diesem Moment beginnen es einzurenken.
Sie schenkte ihm ein verstohlenes Lächeln. "Oh ja, das wird die Story des Jahres. Wir sind bereits dran." Lois war froh, dass sie überhaupt miteinander redeten und nicht sofort wieder stritten.
Clark schien sich etwas zu entspannen, er lehnte sich nun locker an den Türrahmen. "Und, weißt du schon, wer ihn interviewen soll...? Du weißt doch sicher noch, dass ich damals ganz gute Kontakte zu ihm hatte, ich könnte da vielleicht etwas vermitteln."
Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war, dass Clark wirklich versuchte, die Stimmung für sich zu verbessern und der zweite Gedanke war, dass sich hier unter Umständen wirklich eine fantastische Gelegenheit bot, an Superman heran zu kommen. Sie hatten vor drei Jahren keine Telefonnummer von ihm gehabt und die hatten sie natürlich auch heute nicht. Die hatte niemand. Und genau das könnte ihre Chance sein. Aber Clark stand immer noch lässig in der offenen Tür, die Hände in den Hosentaschen und so stand Lois nun auf und schloss die Tür. Während sie wieder zu ihrem Schreibtisch ging, sagte sie ganz entspannt zu ihrem Mann: "Clark, ich mache dieses Interview selber. Entschuldige, aber da lasse ich niemand anderen ran!" Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und sah ihn verschwörerisch an. "Also wenn du da etwas arrangieren könntest..."
Clark drehte sich zur Tür, während sein Blick weiterhin auf ihr ruhte. "Ich sehe, was ich machen kann..."
Lois beugte sich vor und bevor er die Tür öffnete, rief sie ihm leise zu: "Clark... ich bin froh, dass wir wieder reden..." Sie hatten zwar noch nichts geklärt, aber wieder zu reden war ein Anfang.
"Ja, das bin ich auch. Ich melde mich, wenn ich mehr weiß." Das klang sehr zuversichtlich und warm. Als wenn die ganze Wut der letzten Tage verflogen war, oder nie da gewesen war. Lois lächelte nun zufrieden, während Clark das Büro verließ.
~ ~ ~
Inzwischen war es Abend geworden. Hinter den Fensterscheiben brach eine kalte und ungemütliche Dunkelheit herein. Natürlich hatte sie während des Tages in der Redaktion keine Möglichkeit gehabt in Ruhe mit Clark zu reden, auszudiskutieren was eigentlich in den letzten Tagen in sie beide gefahren war. Sie hatte ihn vorsichtshalber auch nicht gefragt, wo er während der Morgenbesprechung gewesen war, sie wollte ihr zaghaftes, diplomatisches Umgehen nicht aufs Spiel setzen um ihre Neugierde zu befriedigen. Und inzwischen glaubte Lois, dass sie das hinbekommen würden, wenn sie sich nur die Zeit dafür nähmen. Sie musste dringend mit Clark reden, sie wollte sich versöhnen. Sie wollte, dass sie wieder harmonisch und liebevoll miteinander umgingen, dass sie sich austauschten, dass sie sich küssten und füreinander da wären. Und das so schnell wie möglich. Sowie sie Zuhause waren.
Doch noch konnte sie nicht nach Hause, noch hielt sie der Planet fest. Sie würde wirklich das Interview des Jahres bekommen! Clark hatte sein Versprechen gehalten und tatsächlich eine Zusage von Superman, dass er Lois ein Interview geben würde. Das erste Interview nach seinem sensationellen, unvorhersehbaren Comeback - und das einzige Interview!
Sie musste Clark unbedingt noch einmal fragen, wie er diesen Kontakt zu Superman nur immer herstellte. Das hatte er schon damals immer geschafft und Lois wusste bis heute nicht, wie ihm das immer gelungen war. Sie hatten in den letzten drei Jahren nie darüber gesprochen. Superman hatte in ihrer Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.
Er wollte sie in der Redaktion des Planets treffen, alleine, nachdem alle Kollegen gegangen waren. Also hatte sie warten müssen, bis auch der letzte Kollege endlich das Büro verlassen hatte. Und nun strich sie ruhelos wie ein Panther in seinem Revier durch diese so vertrauten Räume. Was hatte sie hier nicht schon alles erlebt? Lois hatte inzwischen das Gefühl, ihr halbes Leben in diesen Räumen verbracht zu haben. Und doch gab es immer wieder Momente, die so aufregend waren, dass sie es kaum aushalten konnte. Und genau so ein Moment war dies.
Sie ging an der Bildergalerie entlang. Perry hatte im Laufe der Jahre die großen Momente seiner Laufbahn hier verewigt, Da hingen gerahmte Artikel, Bilder von Preisverleihungen oder auch einfach nur Erinnerungen an Mitarbeiter. Bei einem Bild blieb sie hängen. Für den Artikel 'Superman - wo bist du?' hatte sie einen Kerth erhalten. Verträumt ließ sie ihre Finger über den hölzernen Rahmen gleiten und flüsterte: "Superman..." Das Bild zeigte, wie sie den Preis entgegen genommen hatte. Augenblicklich konnte sie sich an die Stimmung von damals erinnern. Die Sorgen, die Fragen und dann die Gewissheit, dass er niemals wieder jemandem helfen würde - einfach verschwunden war und blieb. Sie war sicher bei keiner Preisverleihung so betrübt gewesen wie bei dieser. Und nicht nur der unerklärliche Verlust dieses Helden mit den warmen Augen hatte ihr zu der Zeit die Kraft geraubt. Sie hatte diesen Artikel auch noch ohne ihren Partner schreiben müssen, Clark war während dieser Zeit überhaupt nicht gut drauf und war überhaupt keine Hilfe für sie. Er schien in der Zeit abgelenkt, nicht mit sich im Reinen zu sein - sie hatte niemals erfahren, warum.
Lois hatte das Gefühl, ihr würde kalt, obwohl sie wusste, dass das Redaktionsbüro im Winter eher immer überheizt war. Sie hatte nur ein kleines Fenster offen gelassen, falls er dadurch hereinfliegen wollte. Und sie hatte das Gefühl, ihre Augen brannten, ob sie Zug bekommen hatte? Und wenn sie noch einen kleinen Moment nachdachte, würde ihr sicher auch noch ein schlüssiger Grund für den Kloß in ihrem Hals einfallen... Lois! Reiß dich zusammen!, rief sie sich selbst zur Ordnung.
Wo blieb er nur? Er hatte über Clark angekündigt, dass er erst erscheinen würde, wenn außer Lois niemand mehr in der Redaktion war. Verständlich, er wollte keinen Rummel, er wollte wirklich ein ruhiges und sachliches Interview, eines, in dem sich alle Fragen klären ließen. Das war wunderbar, genau das wollte Lois auch.
Dieses 'Wusch'. Das Geräusch seiner Landung. Die ganze Zeit hatte sie darauf gewartet, als sie es endlich hörte, erschrak sie jedoch. Nachdem sie sich zu dem Fenster umgedreht hatte, stand er schon im Raum und lächelte. "Guten Abend, Lois. Ich freue mich wirklich, dich zu sehen." Er kam langsam auf sie zu und streckte ihr seine Hand entgegen.
Lois ermahnte sich, wieder zu atmen, sie wollte schließlich nicht umfallen. Diese Stimme! Sie hatte ganz vergessen, was seine warme, tiefe Stimme für einen Eindruck auf sie machte, sie hatte eine galaktische Gänsehaut. "Guten Abend... Superman!" Die Chefredakteurin musste sich konzentrieren, um ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. Sie nahm seine Hand und die Wärme die sie ausstrahlte, zog in einer Welle durch ihren ganzen Körper.
Sie betrachtete ihn kurz, seine Augen, dieses Lächeln, seine markante Kinnlinie, das Cape, das 'S'. Oh Lois, hör auf ihn so anzusehen! "Wollen wir uns nicht setzen. Aber nicht dort." Sie deutete auf ihrem alten Schreibtisch, den Ralph nun vereinnahmt hatte. "Ich habe jetzt ein eigenes Büro, also genau genommen ist es das ehemalige Büro von Perry, du weißt doch noch, Perry, unser Chefredakteur. Er ist jetzt in die Führungsetage aufgestiegen und... nun ja, ich bin die neue Chefredakteurin des Daily Planet. Wer hätte das gedacht - nicht wahr? Aber als wir alle dich da am Himmel gesehen haben, da war mein erster Gedanke: Diese Interview, das muss ich haben, das mache ich selber. Um nichts auf der Welt würde ich mir das nehmen lassen. Ich meine, das ist wirklich so einmalig... so..."
Ihr Gast folgte ihr in das Büro und lachte nun herzlich. "Lois. Ich hatte gedacht, Interview würde bedeuten, dass du fragst und ich antworte. Aber wenn du mich nicht zu Wort kommen lässt..."
"Oh. Entschuldige bitte. Natürlich, ich sollte dich zu Wort kommen lassen." Es war ihr peinlich, dass er sie darauf aufmerksam gemacht hatte. Wie eine Jung-Reporterin bei ihrem allerersten richtigen Interview benahm sie sich. Sie setzten sich beide hin, Lois hinter ihren Schreibtisch und Superman davor. Sie saß etwas angespannt dort und atmete einmal tief durch, er saß ganz entspannt. Dies war einer der bedeutendsten Momente ihrer Karriere, da war sie sich sicher - und ihres Lebens.
Er sah sie freundlich an. Oh nein! Nicht so ansehen, bitte nicht. Sie merkte, wie sie weiche Knie bekam und blickte zur Seite. Schon damals hatte sie dieser Blick immer in eine andere Welt versetzt. Es war doch erstaunlich, was dieser Kryptonier nach dieser Zeit noch für eine Wirkung auf sie hatte. Aber vielleicht war es auch nicht der beste Zeitpunkt, über eine alte Liebe nachzudenken, wenn sie mit ihrem Mann seit Tagen nur am streiten war.
Lois rief sich abermals zur Ordnung. Sie müsste sich einfach zusammenreißen, sich auf das konzentrieren, was das Wichtigste in diesem Moment war, das Interview. Papier und Stift lagen bereit. "Okay, Superman, ich denke, dir ist selber bewusst, wie wichtig dieses Interview ist. Die Menschen wollen wissen, was passiert ist, was wirklich passiert ist und ich denke, sie sollten es erfahren. Deswegen sitzen wir beide hier. Die wichtigste Frage ist sicher, was ist damals, vor drei Jahren, passiert? Warum bist du plötzlich verschwunden?" Sehr gut. Nun war sie wieder die professionelle Lois Lane, diejenige, die die Lage im Griff hatte. Die ruhig, sachlich und methodisch vorging.
Superman wirkte nun sehr ernst, so als wenn ihm die Beantwortung dieser Frage nahe ging. "Natürlich. Ich bin damals verschwunden, weil ich meine Superkräfte verloren hatte." Das schockte Lois regelrecht. Natürlich hatte alle Welt das vermutet. Das oder die Möglichkeit, dass er tot wäre, aber diese Variante hatte sie immer kategorisch abgelehnt. "Du erinnerst dich an den Meteoriten, der Metropolis bedrohte?" Lois nickte. Selbstverständlich erinnerte sie sich daran. Wie konnte sie das nur vergessen. Sie hatte damals gedacht, sie würde die letzten Tage ihres Lebens erleben. Er fuhr genauso ernst fort: "Ich musste zweimal ins All fliegen, beim ersten Flug habe ich versucht den Meteoriten abzulenken, indem ich versuchte ihn seitlich zu treffen. Er brach daraufhin in mehrere Einzelteile und eines dieser Bruchstücke flog immer noch auf Metropolis zu." Während er weitersprach machte sich Lois Notizen, was er sagte und was sie noch fragen wollte. "Es war wirklich sehr anstrengend, selbst für mich. Und nach dieser ersten Begegnung mit einem Meteoriten von mehreren Kilometern Durchmesser ging es mir nicht gut." Kaum vorstellbar, so wie er ihr in diesem Moment gegenüber saß. Er sah fantastisch aus. Genauso, wie sie ihn in ihrer Erinnerung hatte. Aber da war noch etwas, er berührte sie, seine Augen, sein warmer Blick... "Bei meinem zweiten Flug wollte ich dieses Bruchstück zur Explosion bringen, deswegen habe ich versucht es mit maximaler Geschwindigkeit zu treffen. Das hat auch funktioniert. Aber es hat mir meine Kräfte geraubt. Möglich, dass es daran lag, dass die Sonne sich zu dem Zeitpunkt im Erdschatten befand, also von mir aus gesehen, so konnte die Sonne mich nicht regenerieren. Ich kann nur von Glück sagen, dass ich zur Erde zurückgefunden habe. Und natürlich hatte ich Glück, dass ich überhaupt überlebt habe. Aber als ich auf der Erde wieder zu mir kam, hatte ich so viel Superkräfte wie der Kaffeeverkäufer an der Ecke."
Erst in diesem Moment wurde sie sich bewusst, dass sie ihn mit offenem Mund anstarrte. Lois überprüfte zum wiederholten Male, ob ihr Bandgerät auch aufzeichnete. Es beeindruckte sie, dass er diese Schilderung so gelassen von sich gab. Sie hingegen war inzwischen vollkommen sprachlos und flüsterte ihre Frage fast ein wenig andächtig: "Wie war das für dich? Hattest du keine Angst?" Wann immer sich ihre Blicke trafen, durchlief sie ein Kribbeln, das ihr augenblicklich ein schlechtes Gewissen machte. Was machte er bloß mit ihr? Sie hätte es niemals für möglich gehalten, dass da noch so viel Gefühl für ihn in ihrem Inneren schlummerte.
Seine Augen hatten inzwischen wieder diesen warmen, zuversichtlichen Ausdruck. "Ich hatte die Erde gerettet. Niemand kann wirklich vorhersagen, was der Einschlag eines so großen Steins für Folgen nach sich gezogen hätte. Für die Menschen, für das Leben im Allgemeinen. Aber die Folgen wären verheerend gewesen. Das konnte ich verhindern. Und ich würde es immer wieder tun." Er wandte seinen Blick nach unten. "Aber um ganz ehrlich zu sein, ich habe mich furchtbar gefühlt und ich hatte Angst. Das Fliegen ist etwas, an das man sich gewöhnen kann." Bei den letzten Worten lächelte er schon wieder.
"Wohl wahr..." Auch Lois lächelte verlegen. Sie war natürlich nie aus eigener Kraft geflogen, dennoch hatte sie die Freude und das Vergnügen gehabt, ein paarmal mit ihm geflogen zu sein. "Das heißt aber, du warst die ganze Zeit auf der Erde?" Er nickte stumm. "Aber wo?" Auch wenn ihr Diktiergerät offensichtlich alles aufzeichnete, machte sie sich vorsichtshalber noch Notizen, sicher war sicher. Außerdem beruhigte es ihre Nerven. Ganz besonders die Frage, wo er sich in den letzten drei Jahren aufgehalten hatte, ließ ihr den Atem gefrieren.
Nun wich er ihrem eindringlichen Blick aus. "Es tut mir leid, Lois, aber diese Frage kann ich dir nicht beantworten", er zögerte einen Moment, bevor er ruhig weitersprach, "zu meiner eigenen Sicherheit." Entschuldigend sah er sie an.
Lois nickte, sie verstand das. Er hatte all die Jahre unter ihnen gelebt, wahrscheinlich in der Identität, mit der er sich schon zu der Zeit geholfen hatte, als er als Superman noch seine Kräfte hatte. Sie hatte immer die Vermutung gehabt, dass Superman eine Zweitidentität gehabt hatte. Sie konnte das wirklich verstehen - aber sie hätte zu gerne gewusst, wer diese Zweitidentität war. Nicht um es in ihren Artikel zu bringen, nein persönlich...
"Okay, okay... Superman, und warum hast du deine Kräfte jetzt wieder? Was ist passiert? Gab es ein Ereignis, bist du wie von einer langen Grippe genesen oder hast du ein Geheimrezept entdeckt? Hat dir jemand geholfen oder ist es einfach passiert? Werden die Kräfte bleiben?"
Er lächelte entspannt. "Das waren jetzt acht Fragen..."
Langsam ließ Lois' Anspannung etwas nach und auch sie lächelte. „Oh...“ Was sollte sie sagen? "Entschuldige bitte, aber ich hätte gerne noch mehr gefragt, aber vielleicht sollte ich dich auch mal wieder zu Wort kommen lassen."
Verschmitzt lächelte er sie an und nickte mit dem Kopf. "Also...", doch dann, er stockte, ein kurzes Zögern, er hob seinen Kopf, blickte gedankenversunken auf die Wand; aber vielleicht versuchte er sich auch nur auf etwas zu konzentrieren, was er hörte. Dann sah er sie ernst an und stand auf. Die Leichtigkeit des Augenblicks war fort. "Lois, es tut mir leid", oh nein! Verdammt noch mal! Bitte geh jetzt nicht! Doch er ging schon zur Tür. "Ich fürchte wir müssen dieses Interview zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen. Da ist eine Sirene, mehrere Sirenen. Es klingt nach einer wirklich großen Sache..."
Lois warf ihren Bleistift auf ihren Block. Doch das sah er schon nicht mehr. Verdammt! Das war nur ein halbes Interview. Das gab doch noch nichts her für einen Artikel. Sie hasste es, wenn Männer plötzlich verschwanden...
KAPITEL 3 - Clark hatte sich nicht noch einmal umgedreht zu ihr, er war nur schnell ans Fenster getreten und in die dunkle Nacht verschwunden. Verdammt, er hatte noch so viel sagen wollen und so viel sagen müssen. Es war schlimm genug, dass er sich von seiner Frau interviewen lassen musste, ohne dass sie die ganze Wahrheit wusste. Wie würde sie reagieren, wenn sie es erfuhr? Er hatte dieses Interview nutzen wollen, um ihr seine Geschichte zu erzählen. Langsam, Stück für Stück. Soweit, wie er sie selber verstand. Natürlich musste ihm eine Rettungsaktion dazwischen kommen. Manchmal war dieses Kryptonische in seinen Adern aber auch ein Fluch.
Er hatte Sirenen von Polizei, Feuerwehr und Ambulanzen gehört. Das klang nach einer großen Aktion. Er flog auf den Punkt zu, an dem das Blaulicht die Nacht erhellte. Nur wenige Minuten später hatte er das ganze Ausmaß der Katastrophe vor sich, zwei U-Bahnen waren ineinander gefahren und hatten Feuer gefangen. In einem der tiefsten Tunnel der Stadt, wie ihm der Einsatzleiter der Feuerwehr gegen den Lärm der immer noch heulenden Sirenen mitgeteilt hatte. Der Einsatzleiter war sehr froh gewesen, dass Superman bei dieser Rettung helfen wollte, ohne ihn würden sie Stunden brauchen, um zu den Insassen vorzudringen und sie evakuieren zu können.
„Jetzt haben die Eingeschlossenen wieder eine Chance!“, hatte er mit einem zuversichtlichen Gesicht gesagt und sich dann an seinen Helm getippt.
Natürlich waren die Rettungskräfte froh über jede Hilfe, die sie bekommen konnten und er würde helfen, natürlich, nie gab es da einen Zweifel, aber er wäre jetzt lieber im Planet, bei Lois, in ihrem Büro... Würde ihr erklären, wie das alles gekommen war, warum er nie etwas gesagt hatte. Und würde so gerne versuchen heraus zu finden, was es für sie beide bedeuten würde. Für ihre Zukunft...
Clark flog so schnell wie möglich zur Unglücksstelle, hundert Meter unter den Straßen Metropolis, es gab viele Verwundete, der starke Rauch machte allen zu schaffen und zu sehen war nichts – absolut nichts. Er versuchte sich Mithilfe seines Röntgenblicks einen Überblick zu verschaffen, versuchte einzuschätzen, wer seine Hilfe am dringendsten benötigte und versuchte die Schmerzensschreie und das Stöhnen zu überhören. Er dufte sich nicht ablenken lassen. Blitzschnell traf er eine Entscheidung, mit wem er als Erstes wieder an die Oberfläche zurück kehren würde. Bei jedem Flug nach unten, durch das Labyrinth der U-Bahnschächte nahm er jemand mit, einen Feuerwehrmann oder einen der Ärzte und bei jedem Flug nach oben brachte er mehr und mehr Verwundete aus der Hölle heraus. Nach ein paar Minuten hatte er einen regelmäßigen Flugrhythmus entwickelt und den kürzesten Weg durch das Tunnellabyrinth gefunden. Er verrichtete seine Arbeit, mechanisch, flink, ohne jedes Zögern, ohne nachzudenken.
Seine Gedanken wanderten wieder zu dem missglückten Interview. Er hatte Lois so viel sagen wollen. Warum hatte er ihr nicht vor drei Jahren die Wahrheit gesagt? Oder wenigstens als er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, im Mai 1995. Oder allerspätestens als er Lois geheiratet hatte, vor ziemlich genau einem Jahr. Er hatte Superman verdrängt, der Held hatte in seiner Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.
Dr. Klein und er hatten monatelang alle erdenklichen Versuche gemacht, um ihm seine kryptonische Natur wieder zurück zu geben – alles vergebens. Und dann? Es war weniger ein Aufgeben als mehr ein sich Arrangieren mit der neuen Situation. Außerdem hatte die Tatsache, dass es keinen fliegenden Helden am Himmel mehr gab, zur Folge, dass Lois Clark mehr Aufmerksamkeit entgegen brachte. Und im Februar 1996 hatten sie dann geheiratet. Seit diesem Tag war er der glücklichste Mensch auf der Welt, manchmal vergaß er sogar tagelang, was ihm seine Fähigkeiten früher einmal ermöglicht hatten. Es war alles gut.
Da war eine hochschwangere Frau, ihr Gesicht war ganz schwarz vom Ruß, aber sie schien nicht sehr ernst verletzt zu sein. Und doch sie musste hier raus, schnell. Bisher hatten ihm die Feuerwehrleute immer noch nicht sagen können, wie schädlich oder gar giftig der Qualm war. Die Frau lächelte ihn an und ließ sich von ihm auf den Arm nehmen. Hoffentlich ging es dem Baby gut. Er sollte morgen unbedingt danach fragen.
Heute Morgen hatte sich sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Er hatte sich doch bereits damit ausgesöhnt gehabt, keine Super-Kräfte mehr zu haben. Und das Verschwinden seiner Kräfte war viel schlimmer gewesen als damals, in seiner Jugend, als sich die Kräfte langsam, nach und nach eingestellt hatten. Nicht dass er sich beschweren wollte, dass er nun wieder fliegen konnte, ganz sicher nicht, bei wem auch? Nur dass er jetzt eben ein Problem mit Lois hatte. Er hatte ihr niemals gesagt, dass Supermans Zweitidentität Clark Kent war. Warum eigentlich? Lois hatte den Mann aus Stahl abgöttisch verehrt als sie sich kennen gelernt hatten und Clark hatte für sie erst an Bedeutung gewonnen, nachdem es Superman nicht mehr gab.
So lächerlich es auch klang, er war eifersüchtig auf sein 'Alter Ego' Superman.
Und er war es auch in diesem Moment. Er hatte genau gesehen, wie Lois ihn angesehen hatte, nachdem er den Planet betreten hatte, aber nicht ihn – Clark – nein den Mann im Cape hatte sie so schwärmerisch angesehen, hatte ihre Augen schmachtend über seinen Körper wandern lassen, während sie mit ihm als Clark seit Tagen kein freundliches Wort mehr gewechselt hatte. Und es war ja nun nicht so, dass Clark sich hinter seinem Körper verstecken musste, nein, es war der gleiche Körper! Doch aus Lois' Sicht sahen sie sich wahrscheinlich nur ein wenig ähnlich.
Dieser Mann musste sofort in ein Krankenhaus gebracht werden, sonst würde er an seinen Verletzungen verbluten. Er hatte auch innere Blutungen. Und er musste sich weiterhin beeilen, da gab es noch so viele Verletzte.
Wie würde Lois reagieren? Sie würde ihn fragen, warum er ihr das nicht schon irgendwann im Laufe der letzten drei Jahre erzählt hatte. Zu Recht! Aber nachdem er sich damit abgefunden hatte, keine besonderen Fähigkeiten mehr zu haben, nachdem ihm klar geworden war, dass er von nun an nur noch ein ganz gewöhnlicher Mensch sein würde, da hatte er auch begonnen den kryptonischen Helden zu verdrängen. Ohne die Kräfte wollte er der Person Superman keinen Raum mehr in Lois' und seinem Leben einräumen. Es war ihm nie leicht gefallen auf all das zu verzichten, das Fliegen, die Kraft, die Geschwindigkeit, selbst Röntgenblick und seine Atemfähigkeiten mochte er, er konnte damit Menschen helfen.
Anfangs hatte er Angst gehabt, dass Lois in Clark nur eine Notlösung gesehen hatte. Da konnte er ihr doch nicht erzählen, dass er einmal Superman gewesen war. Dann war er sich sicher gewesen, dass Lois wirklich ihn liebte. Da wollte er ihr nicht mehr erzählen, dass er der Mann aus Stahl gewesen war. Doch nun war alles anders. Nun war der Stählerne keine Vergangenheit mehr, er war Gegenwart und Zukunft.
Wie würde das für Lois sein? Er musste mit ihr reden. Auf keinen Fall durfte er den Fehler machen und dieses Gespräch vor sich herzuschieben, auf gar keinen Fall. Seine Frau würde ihn umbringen, zu Recht - oder viel schlimmer noch, sie würde ihm nicht verzeihen.
Er flog eine Mutter mit ihrer völlig verängstigten Tochter an die Oberfläche. Sie waren nicht besonders schwer verletzt, nur einige Abschürfungen und eine Platzwunde, aber das Mädchen wirkte sehr verstört. Aber das war verständlich, sie verstand noch viel weniger, was passiert war. Das fiel schon den Erwachsenen schwer. Zum Glück waren um diese späte Stunde nur wenig Kinder in der U-Bahn.
Clark hatte sich schon vor vielen Jahren antrainiert sich von den Schicksalen nicht so stark beeinträchtigen zu lassen, das war lebensnotwendig für ihn. Es gelang ihm mal besser, mal schlechter. Bei Kindern meist schlechter.
Und bis zu diesem Morgen, auf diesem verlassenen Rummelplatz hatte er nicht eine winzige Spur seiner altbekannten Kräfte gespürt, nicht an einem einzigen Tag. Das musste er Lois sagen, unbedingt. Hoffentlich glaubte sie ihm. Diese... Energie muss wohl eine Art Kettenreaktion ausgelöst haben. Er würde Klein einen Besuch abstatten in den nächsten Tagen und ihn nach seiner Meinung fragen. Aber vorher musste er mit Lois reden. Doch was war das bloß für eine eigenartige Energie gewesen, mit der Press auf ihn gefeuert hatte...?
KAPITEL 4 - Clark erinnerte sich noch genau an den heutige Morgen...
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Clarks Blick fiel sofort auf das Büro, Lois' Büro, Perrys ehemaliges Büro. Durch die Glaswände hindurch konnte er sehen, dass sie mit Myerson und Burns diskutierte. Es war so lächerlich, sie waren getrennt in den Planet gefahren, sie mit dem Auto, er mit dem Taxi. Das Frühstück war einfach schrecklich gewesen. Er hasste es mit Lois zu streiten und das hatten sie getan, aber nicht erst heute morgen, nein gestern Abend und sie hatten es nicht klären können, hatten die Nacht getrennt verbracht, sie im Schlafzimmer und er auf dem Sofa. Zum Frühstück war Lois in die Küche gekommen und es sah fast so aus als wenn sie gehofft hatte, er wäre schon gegangen. Noch in diesem Moment zog sich bei dieser Erinnerung sein Magen zusammen.
Sie hatten noch niemals so unerbittlich gestritten.
Die Worte vom gestrigen Abend hatten so sehr geschmerzt.
Provozierend hatte sie sich vor ihm aufgebaut. "Du erwartest, dass ich dich bevorzuge, weil du mein Mann bist? Clark, du kannst nicht immer die besten Storys bekommen. Ich trage jetzt nicht nur die Verantwortung für eine Story, ich habe jetzt eine ganze Redaktion zu leiten!"
Er hatte daraufhin wütend geantwortet: "Ich erwarte, dass du meinem Instinkt vertraust, so wie du das machst, seit wir beide Partner sind!"
Böse zischte sie ihn an: "Und was ist bitte mit meinem Instinkt? An der Sache mit Press ist nichts dran. Das ist ein Spinner, weiter nichts!"
Clark reagierte ohne viel nachzudenken und viel zu laut: "Diese neue Verantwortung scheint deinen Instinkt getrübt zu haben! Ich ermitteln weiter in Sachen Press!" Provozierend sah er sie an. Sie standen sich gegenüber wie zwei Kampfhunde im Ring.
"Clark...", sagte sie ruhig, aber mit diesem unterschwelligen Groll, "wenn du weiterhin an der Press-Sache arbeitest...", drohte sie ihm.
Das war einfach nur verrückt. "Dann...? Was dann? Wirst du mich dann entlassen?" Daraufhin hatte er, wie in der Nacht zuvor, ungestüm seine Decke und sein Kissen genommen und war wütend nach unten gestapft. Er hatte nicht mehr gehört, was sie ihm entgegnete. Alles war sie jetzt noch sagen würden, könnte es nur schlimmer machen. Die Fronten waren so verhärtet.
Und nun waren sie beide im Planet, das hieß wieder keine Gelegenheit zu klären, was so dringend geklärt werden musste. Die Kollegen beobachteten sowieso schon jedes Wort, jede Geste zwischen ihnen.
Ob er die Press-Story einfach fallen lassen sollte, einfach nur um seinen guten Willen zu zeigen? Vielleicht hatte sie ja auch Recht. Gestern hatte er Jimmy ein paar Recherchen zu Eric Press machen lassen, die nicht sehr erfolgversprechend gewesen waren.
Auslöser dieser bitterlichen Angelegenheit war eine Email, die vor ein paar Tagen in der Redaktion angekommen war. Press hatte darin angekündigt, dass er sich an Lane&Kent rächen würde, weil sie sein größtes Vorbild ins Gefängnis gebracht und damit zerstört hatten. Er hatte nicht geschrieben, wer das gewesen sein sollte. Lois hatte daraufhin nur gemeint, wenn sie jemand ins Gefängnis gebracht hätten, hätte er es sicher verdient gehabt. Damit war für sie die Angelegenheit erledigt gewesen. Es war ja auch wirklich nicht die erste Drohung, die sie bekommen hatten, aber ein unbestimmtes Gefühl hatte Clark veranlasst in diesem Fall zu ermitteln.
Nachdem sich Clark einen Kaffee geholt und sich an seinem Schreibtisch gesetzt hatte, blickte er noch einmal zu Lois. Hatte sie eben nicht auch einen verstohlenen Blick in seine Richtung geschickt? Sollten sie beide sich von dieser Chefredaktion wirklich so aus der Bahn werfen lassen? Es musste doch möglich sein, dass sie wieder normal miteinander umgingen, dass sie miteinander sprachen, Probleme diskutierten, Ideen austauschten und Zärtlichkeiten... Wie sehr er sich danach sehnte, Lois zu berühren, in ihrer Nähe zu sein. Er schloss kurz die Augen.
So ging es nicht weiter. Clark fasste einen Entschluss: Press war es nicht wert, dass sie dafür nur stritten. Er würde nicht weiter daran arbeiten.
Einen ganz lieben und herzlichen Dank an KitKaos für ihr Beta, das wie immer ungewöhnlich konstruktiv, hilfreich und motivierend war und ist.
Disclaimer: Superman, Lois & Clark und alles aus dem Universum gehört mir nicht, ich verdiene kein Geld damit und schreibe nur zum eigenen Vergnügen.
Ich freue mich über jede Art von Kritik, positive wie negative – aber nun erst einmal viel Spaß!
Presserummel
KAPITEL 1 - Clark flog so hoch, dass er die Stadt Metropolis als Ganzes überblicken konnte, New Troy, West River, die vielen Brücken, den Hafen konnte er erkennen, das Meer und die weite Ebene im Westen. Einen Moment verharrte er in dieser Höhe, blickte sich um; von hier aus konnte er am Horizont bereits deutlich die Krümmung der Erdoberfläche sehen. Selbst in dieser Höhe vernahm er noch ein angenehmes Brummen, die Betriebsamkeit der Metropoliser, diese Stadt lebte, atmete und vibrierte. Vom Ozean, tiefblau und klar zogen ein paar kleine Cumuluswolken heran, die winterliche Sonne schien schräg durch die Atmosphäre und tauchte alles in ein warmes Licht, heute gab es noch nicht einmal Smog. Es erstaunte Clark immer wieder wie grün es um Metropolis herum war, grün, saftig und fruchtbar - was für ein Anblick! Die Schönheit verschlug ihm fast den Atem. Und von diesem Punkt aus ließ er sich dann fallen, stürzte einfach Richtung Erde, gab die Schwebe auf, breitete seine Arme auseinander, um die Luftreibung mit seinem ganzen Körper zu spüren. Er genoss die Beschleunigung im freien Fall, bemerkte wie sein Magen reagierte, sich ganz leicht zusammen zog, aber auf eine angenehme, kribbelige Art. Der Wind der an seinen Haaren zerrte, er brannte fast ein wenig in seinen Augen. Er musste sich beherrschen, keinen lauten Jubelschrei hören zu lassen. Nur Sekunden, die Erde kam näher und immer näher, die Stadt wurde größer und als er Gebäude und Straße wieder differenzieren konnte, bremste er abrupt ab und hielt sich in der Schwebe. Er schloss die Augen und sog die Luft der Stadt langsam und genüsslich ein, nahm ihren Duft in sich auf. Fliegen - von all seinen Kräften war ihm das immer das Wichtigste, das Erhabenste gewesen. Hier oben vergaß er seine Probleme, die Sorgen verflüchtigten sich, alles Unlösbare erschien auf einmal klein und unbedeutend.
Der heutige Tag war einfach nur fantastisch gewesen.
Da war eine DC-10 mit einem defekten Triebwerk gewesen - und er hatte sie vollkommen unbeschadet gelandet, keiner der Passagiere war verletzt worden. Ohne sein Eingreifen hätte es ein Inferno auf dem Flughafen gegeben. Bei dem Gedanken daran schlug er in der Luft einige Purzelbäume.
Ein Schulbus mit abgenutzten Reifen war in den kurvenreichen Serpentinen ins Schleudern geraten und drohte den Hang herunter zu stürzen. 57 kleine Kinder, sie schrien durcheinander, die meisten von ihnen weinten vor Schreck - doch sie lebten. Clark reckte bei dieser Erinnerung stolz die Siegerfaust in die Luft.
Und dann der Brand in der Ölraffinerie, ohne seine sofortige Löschung hätte es nördlich der Stadt ein ökologisches Desaster gegeben. Bei der vorherrschenden Windrichtung wäre eine dicke und schädliche Wolke über die Stadt gezogen. Von den Mitarbeitern ganz zu schweigen. Glücklich hatten sie ihn angesehen, ihm still gedankt. Einige von ihnen würden diesen Tag vielleicht als einen zweiten Geburtstag erleben.
Er hatte seine Kräfte eingesetzt um den Menschen zu helfen, als wäre es die natürlichste Sache der Welt - und doch hatte er es heute das erste Mal seit drei Jahren wieder getan.
Und er hatte es genossen. Er war wieder da!
KAPITEL 2 - Lois sah nervös auf die Uhr, zehn nach zehn. Sie sollte die Kollegen zur Morgenbesprechung einberufen, sie hatte sie schließlich für zehn Uhr angekündigt. Aber Clark war nicht da. Die Mitarbeiter sahen skeptisch zu ihr, warteten darauf, dass sie mit der Besprechung begann. Lois sah die flüchtigen Blicke. Sie hatten gestern schon alle mitbekommen, dass Clark und sie nicht einer Meinung waren, ach sie hatten einen handfesten Streit gehabt. Und sicher hatten die Kollegen sich amüsiert und über sie getuschelt. Sie seufzte leise, diese Chefredaktion war doch schwieriger als sie es eingeschätzt hätte.
Dabei war es nicht die Arbeit an sich. Sie hatte mit Perry den besten Lehrmeister gehabt, den sie sich hätte wünschen können. Sie wusste sehr wohl, welche Story nur heiße Luft enthielt, wen sie was machen ließ, welche Quellen in Frage kamen und natürlich wusste sie, wie man Artikel so schrieb, dass der Leser gefesselt wurde. Nein, es war Clark, der die Situation so schwierig machte. Noch ein Blick auf die Uhr, zwölf Minuten nach zehn. Sie konnte ihn doch nicht bevorzugen, nur weil sie verheiratet waren. Aber er erschien genau das von ihr zu erwarten. Sie hielt ihren nur noch lauwarmen Kaffeebecher so fest umschlossen, dass sich ihre Knöchel weiß abzeichneten.
Seit drei Tagen saß sie nun in dem Büro von Perry und seit zweieinhalb Tagen war sie mit Clark nur noch am streiten. Sie waren jetzt fast ein Jahr verheiratet, aber so böse hatten sie noch nie gestritten. Es hatte gleich am ersten Abend begonnen als Martha und Jonathan zum Abendessen bei ihnen waren und sie kaum Zeit gehabt hatte für die beiden. Was hätte sie denn tun sollen? Sie wollte ihre Sache nun mal gut machen. Verzweifelt ließ sie ihren Blick durch das Büro gleiten, die Stellen an der Wand, wo Perrys Elvis-Bilder gehangen hatten, zeichneten sich noch deutlich ab.
Der Morgen danach war einfach nur schrecklich gewesen, schweigend waren sie beide in der Küche umeinander herum gelaufen. Lois hätte am liebsten geschrien, aber sie hatte keine Zeit zum Zanken. Sie musste in die Redaktion. Und diese stummen Blicke hatten mehr geschmerzt als jedes wütende Wort es tun könnte. Sie waren dann getrennt in den Planet gefahren.
Inzwischen war es viertel nach zehn. Schluss jetzt, nun musste sie die Besprechung beginnen, mit Clark oder ohne ihn. Hoffentlich fragte sie niemand, wo er war.
Lois nahm ihre Notizen, ging zum Schreibtisch von Ralph und fragte ihn kurz angebunden. "Und? Wo ist Clark?" Die ganze Zeit hatte sie mit sich gerungen, ob sie Ralph diese Frage stellen sollte, weil sie damit doch zum Ausdruck brachte, dass sie darüber keine Ahnung hatte. Auf der anderen Seite war sie sich nicht sicher, ob Ralph diesen Zusammenhang herstellen würde. Und sie musste einfach wissen, wo er schon wieder war.
"Oh, Lois...", Ralph verschlug hektisch die Zeitungsseite, die er scheinbar gerade gelesen hatte. Es war die Sportseite. Sollte sie jemals eine Personalentscheidung treffen, könnte es gut sein, dass Ralph das erste Opfer sein würde. Er stammelte ertappt vor sich hin: "Ich... weiß es wirklich nicht. Plötzlich ist er aufgesprungen und hat gefaselt, er müsste noch was erledigen, vielleicht ein Video zurückbringen... Also ehrlich, Lois, es ist nicht gerade sehr einfach mit ihm zu arbeiten, er ist nicht sehr kooperativ... ich sag das nicht gerne, aber..."
Lois musste ihn zum Schweigen bringen, augenblicklich. "Ralph! Besprechung, jetzt!" Und dann sagte sie laut und herrisch in die Runde. "Alle, in den Konferenzraum - sofort!"
Auf dem Weg dorthin hallten Ralphs Worte 'Video zurückbringen' in ihrem Kopf wider. Sollte Clark nach all den Jahren diese dumme und sehr lästige Angewohnheit wieder aufgenommen haben, dieses ständige Verschwinden mit den abstrusesten Ausreden? Es gab kein Video, dass er zurückbringen musste. Er hatte das schon Jahre nicht mehr getan. Eigentlich fiel ihr erst in diesem Moment auf, dass er abrupt damit aufgehört hatte. Sein Glück. Es hatte sie damals schon um den Verstand gebracht. Hoffentlich war er nicht in der Press-Sache unterwegs. Sie hatte ihm gesagt, das sei keine Story. Und wenn er weiter daran arbeitete, gegen ihre Anweisung, müsste sie ihn wirklich... Doch sie konnte nicht einmal den Gedanken bis zum Ende denken. Glücklicherweise musste sie sich nun auf die Besprechung konzentrieren.
Nach dem Meeting - Clark war immer noch nicht da - ging Lois zur Kaffeemaschine und machte sich einen Kaffee mit viel Zucker und etwas Milch, sie musste versuchen, ihre Nerven zu beruhigen. Auf ihrem Tisch lagen fünfzehn oder mehr Textseiten, die Artikel werden sollten. Inzwischen wusste sie sehr genau, warum Perry all die Jahre früh am Morgen der Erste hier war und spätabends der Letzte. Sie ging etwas gedankenversunken an den Monitoren vorbei, als sie, nur aus dem Augenwinkel, auf einem plötzlich etwas sah, das ihre Aufmerksamkeit erregte, das sie aber im ersten Moment nur für eine Fatamorgana hielt, eine Wunschvorstellung. Ihr stockte der Atem. Ein Flugzeug mit technischen Problemen, die so erheblich waren, dass es nicht landen konnte, ohne auseinander zu brechen, wurde sicher auf der Rollbahn gelandet durch eine Figur, die wie eine Fliege an einer Rakete klebte, eine Person in einem rot-blauen Anzug. Lois umschloss ihren Kaffeebecher so fest, dass es fast schmerzte. Diese Person trug ein Cape, ein rotes Cape! Lois konnte kaum atmen. Inzwischen waren die Kollegen in der Redaktion mucksmäuschenstill, alle starrten gebannt auf den Monitor. Lois' Herz hämmerte ganz aufgeregt in ihrer Brust.
Es war Superman! Er musste es sein. Er war wieder da! Lois schloss kurz die Augen, sie konnte sich nicht rühren, er war wieder da! Nach drei Jahren, in denen niemand wusste, wo er gewesen war, was mit ihm passiert war, tauchte er nun einfach wieder auf. Lois nahm außer dem Monitor nichts mehr wahr. Und er tat das, was er immer getan hatte, er half den Menschen. Sie war so aufgeregt wie schon lange nicht mehr.
Auch der Berichterstatter schien ganz aus dem Häuschen zu sein, seine Stimme überschlug sich beinahe. Dieses Flugzeug schien schon eine ganze Weile in dem Luftraum über dem Flughafen zu kreisen, das Fahrwerk ließ sich nicht ausfahren und bei den kurzen Landebahnen Metropolis' konnte das nur zu einem Desaster führen. Bis zu dem Moment, als hoch in der Luft jemand neben dem Flugzeug aufgetaucht war und dem Kapitän freundlich zugewinkt hatte, hatte niemand geglaubt, dass auch nur einer der Passagiere oder der Mannschaft überleben könnte. Und dieser unbekannte Jemand trug ein rot-blaues Kostüm mit einem großen 'S' auf seiner Brust. Lois' Herzschlag und ihre Atmung hatte sich immer noch nicht wieder normalisiert, wie auch? Ihr war heiß und kalt zugleich. Schwindelig - und doch fühlte sie sich so gut.
Sie flüsterte still in sich hinein: "Superman! Bist du's wirklich? Wo warst du nur die ganzen Jahre?" Und tausend Fragen und Erinnerungen schossen ihr durch den Kopf.
Kurz darauf zeigte die Kamera Superman wie er auf die Journalisten zuging und zoomte näher an ihn heran, bis der Bildschirm nur noch sein Gesicht zeigte. Er war es wirklich! Konnte das sein? Er sah genauso aus wie Lois ihn in ihrer Erinnerung hatte, die dunklen Haare, diese widerspenstige Locke in seiner Stirn, dieses Lächeln...
Jemand hielt ihm ein Mikrophon unter die Nase. "Superman, diese Rettungsaktion war phänomenal! Aber wo waren Sie in den letzten Jahren? Und was die Menschen noch viel mehr interessiert, was brachte Sie wieder hierher?"
Superman machte einen Schritt auf das Mikro zu, er sah so zufrieden, unnachgiebig, männlich aus und sagte freundlich, aber entschlossen: "Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Und dann stieg er in die Luft und weg war er.
"Entschuldigen Sie mich, da ist ein Schulbus..." Diese Stimme... Lois spürte eine Gänsehaut auf ihrem ganzen Körper, sie hatte während des kurzen Interviews kaum geatmet. Und nun war er weg, nicht mehr zu sehen - und sie? Sie stand hier in der Redaktion des Daily Planet und kam wieder zu sich.
Lois hob ihren Kopf und drehte sich zur Planet-Mannschaft um. "Carlton und Myerson, ich will alles über das Flugzeug - sofort! Burns, der Flughafen, die Passagiere, so schnell, wie es geht!" Die Angesprochenen sprangen augenblicklich an ihre Schreibtische oder Richtung Aufzüge und begannen sofort mit der Arbeit. "Jeffs und Hilton, Sie kriegen alles raus, was es zu diesem Schulbus gibt, zu diesem speziellen und alle Schulbusse des Landes. Ich will das alles und am besten gestern! Jimmy, du gehst alle alten Fotos durch, die wir von ihm haben." Lois strahlte, es ging ihr gut, sie fühlte sich in ihrem Element und sie hatte alles im Griff. Und Superman war wieder da!
Ralph kam auf sie zu, nachdem die meisten Mitarbeiter nun schon wieder an ihren Schreibtischen saßen und telefonierten. Es herrschte eine emsige Betriebsamkeit in der Redaktion. Ralph grinste überheblich. "Chef, einer von uns sollte wohl versuchen ein Interview mit Superman zu machen..."
"Oh ja!" Lois strahlte über das ganze Gesicht, sie war aufgeregt, ihre Wangen glühten und Ralph grinste inzwischen so sehr, dass man Angst bekommen könnte, sein Kiefer würde sich verkrampfen. Lois wusste, was er dachte. Aber da hatte er sich getäuscht. Sie würde das niemals einen Stümper wie Ralph machen lassen. Nicht so eine Story, so ein Interview! Wer hatte denn schließlich in der Vergangenheit die Interviews mit Superman gemacht? Also fuhr sie gelassen fort: "Das erste Interview mit Superman nach drei Jahren... Das wird die Story des Jahres - das mache ich selbst! Das ist Chefsache!" Während Ralps Gesichtszüge einzufrieren schienen, zog sie sich beschwingt und grinsend in ihr Büro zurück.
Ja! Er war wieder da!
Während sie die anstehende Arbeit auf ihrem Schreibtisch von links nach rechts und wieder zurück schob, dachte sie daran, was sie ihn fragen würde. Ob sie sich Notizen machen sollte? Bestand die Gefahr, dass sie so aufgeregt wäre, dass sie eine elementare Frage vergessen würde? Nein, nicht wirklich, sie war schließlich ein Profi! Aber wie sollte sie an ihn heran kommen?
Superman, wo bist du die letzten drei Jahre gewesen? Und mit wem? Und bist du jetzt einfach nur auf die Erde zurückgekehrt, um den Menschen ein Freund zu sein, wie damals? Oder hast du die ganze Zeit unter uns gelebt – unentdeckt? Nein, das war zu abwegig. Und wirst du bleiben, diesmal?
Kurz darauf war Lois so in Gedanken versunken, dass sie erschrocken hoch fuhr, als jemand an ihre Bürotür klopfte. Es war Clark.
Er blickte sie vorsichtig an und lächelte. Ob das versöhnlich wirken sollte? "Hey, die Redaktion vibriert ja förmlich. Die Neuigkeit hat eingeschlagen wie eine Bombe, hm?"
Oh ja, das sollte ganz sicher ein Versöhnungsangebot sein. Lois, überleg dir gut, was du jetzt sagst. Ein falsches Wort und wir streiten noch tagelang so weiter. Oder wir könnten in diesem Moment beginnen es einzurenken.
Sie schenkte ihm ein verstohlenes Lächeln. "Oh ja, das wird die Story des Jahres. Wir sind bereits dran." Lois war froh, dass sie überhaupt miteinander redeten und nicht sofort wieder stritten.
Clark schien sich etwas zu entspannen, er lehnte sich nun locker an den Türrahmen. "Und, weißt du schon, wer ihn interviewen soll...? Du weißt doch sicher noch, dass ich damals ganz gute Kontakte zu ihm hatte, ich könnte da vielleicht etwas vermitteln."
Der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf schoss, war, dass Clark wirklich versuchte, die Stimmung für sich zu verbessern und der zweite Gedanke war, dass sich hier unter Umständen wirklich eine fantastische Gelegenheit bot, an Superman heran zu kommen. Sie hatten vor drei Jahren keine Telefonnummer von ihm gehabt und die hatten sie natürlich auch heute nicht. Die hatte niemand. Und genau das könnte ihre Chance sein. Aber Clark stand immer noch lässig in der offenen Tür, die Hände in den Hosentaschen und so stand Lois nun auf und schloss die Tür. Während sie wieder zu ihrem Schreibtisch ging, sagte sie ganz entspannt zu ihrem Mann: "Clark, ich mache dieses Interview selber. Entschuldige, aber da lasse ich niemand anderen ran!" Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch und sah ihn verschwörerisch an. "Also wenn du da etwas arrangieren könntest..."
Clark drehte sich zur Tür, während sein Blick weiterhin auf ihr ruhte. "Ich sehe, was ich machen kann..."
Lois beugte sich vor und bevor er die Tür öffnete, rief sie ihm leise zu: "Clark... ich bin froh, dass wir wieder reden..." Sie hatten zwar noch nichts geklärt, aber wieder zu reden war ein Anfang.
"Ja, das bin ich auch. Ich melde mich, wenn ich mehr weiß." Das klang sehr zuversichtlich und warm. Als wenn die ganze Wut der letzten Tage verflogen war, oder nie da gewesen war. Lois lächelte nun zufrieden, während Clark das Büro verließ.
~ ~ ~
Inzwischen war es Abend geworden. Hinter den Fensterscheiben brach eine kalte und ungemütliche Dunkelheit herein. Natürlich hatte sie während des Tages in der Redaktion keine Möglichkeit gehabt in Ruhe mit Clark zu reden, auszudiskutieren was eigentlich in den letzten Tagen in sie beide gefahren war. Sie hatte ihn vorsichtshalber auch nicht gefragt, wo er während der Morgenbesprechung gewesen war, sie wollte ihr zaghaftes, diplomatisches Umgehen nicht aufs Spiel setzen um ihre Neugierde zu befriedigen. Und inzwischen glaubte Lois, dass sie das hinbekommen würden, wenn sie sich nur die Zeit dafür nähmen. Sie musste dringend mit Clark reden, sie wollte sich versöhnen. Sie wollte, dass sie wieder harmonisch und liebevoll miteinander umgingen, dass sie sich austauschten, dass sie sich küssten und füreinander da wären. Und das so schnell wie möglich. Sowie sie Zuhause waren.
Doch noch konnte sie nicht nach Hause, noch hielt sie der Planet fest. Sie würde wirklich das Interview des Jahres bekommen! Clark hatte sein Versprechen gehalten und tatsächlich eine Zusage von Superman, dass er Lois ein Interview geben würde. Das erste Interview nach seinem sensationellen, unvorhersehbaren Comeback - und das einzige Interview!
Sie musste Clark unbedingt noch einmal fragen, wie er diesen Kontakt zu Superman nur immer herstellte. Das hatte er schon damals immer geschafft und Lois wusste bis heute nicht, wie ihm das immer gelungen war. Sie hatten in den letzten drei Jahren nie darüber gesprochen. Superman hatte in ihrer Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.
Er wollte sie in der Redaktion des Planets treffen, alleine, nachdem alle Kollegen gegangen waren. Also hatte sie warten müssen, bis auch der letzte Kollege endlich das Büro verlassen hatte. Und nun strich sie ruhelos wie ein Panther in seinem Revier durch diese so vertrauten Räume. Was hatte sie hier nicht schon alles erlebt? Lois hatte inzwischen das Gefühl, ihr halbes Leben in diesen Räumen verbracht zu haben. Und doch gab es immer wieder Momente, die so aufregend waren, dass sie es kaum aushalten konnte. Und genau so ein Moment war dies.
Sie ging an der Bildergalerie entlang. Perry hatte im Laufe der Jahre die großen Momente seiner Laufbahn hier verewigt, Da hingen gerahmte Artikel, Bilder von Preisverleihungen oder auch einfach nur Erinnerungen an Mitarbeiter. Bei einem Bild blieb sie hängen. Für den Artikel 'Superman - wo bist du?' hatte sie einen Kerth erhalten. Verträumt ließ sie ihre Finger über den hölzernen Rahmen gleiten und flüsterte: "Superman..." Das Bild zeigte, wie sie den Preis entgegen genommen hatte. Augenblicklich konnte sie sich an die Stimmung von damals erinnern. Die Sorgen, die Fragen und dann die Gewissheit, dass er niemals wieder jemandem helfen würde - einfach verschwunden war und blieb. Sie war sicher bei keiner Preisverleihung so betrübt gewesen wie bei dieser. Und nicht nur der unerklärliche Verlust dieses Helden mit den warmen Augen hatte ihr zu der Zeit die Kraft geraubt. Sie hatte diesen Artikel auch noch ohne ihren Partner schreiben müssen, Clark war während dieser Zeit überhaupt nicht gut drauf und war überhaupt keine Hilfe für sie. Er schien in der Zeit abgelenkt, nicht mit sich im Reinen zu sein - sie hatte niemals erfahren, warum.
Lois hatte das Gefühl, ihr würde kalt, obwohl sie wusste, dass das Redaktionsbüro im Winter eher immer überheizt war. Sie hatte nur ein kleines Fenster offen gelassen, falls er dadurch hereinfliegen wollte. Und sie hatte das Gefühl, ihre Augen brannten, ob sie Zug bekommen hatte? Und wenn sie noch einen kleinen Moment nachdachte, würde ihr sicher auch noch ein schlüssiger Grund für den Kloß in ihrem Hals einfallen... Lois! Reiß dich zusammen!, rief sie sich selbst zur Ordnung.
Wo blieb er nur? Er hatte über Clark angekündigt, dass er erst erscheinen würde, wenn außer Lois niemand mehr in der Redaktion war. Verständlich, er wollte keinen Rummel, er wollte wirklich ein ruhiges und sachliches Interview, eines, in dem sich alle Fragen klären ließen. Das war wunderbar, genau das wollte Lois auch.
Dieses 'Wusch'. Das Geräusch seiner Landung. Die ganze Zeit hatte sie darauf gewartet, als sie es endlich hörte, erschrak sie jedoch. Nachdem sie sich zu dem Fenster umgedreht hatte, stand er schon im Raum und lächelte. "Guten Abend, Lois. Ich freue mich wirklich, dich zu sehen." Er kam langsam auf sie zu und streckte ihr seine Hand entgegen.
Lois ermahnte sich, wieder zu atmen, sie wollte schließlich nicht umfallen. Diese Stimme! Sie hatte ganz vergessen, was seine warme, tiefe Stimme für einen Eindruck auf sie machte, sie hatte eine galaktische Gänsehaut. "Guten Abend... Superman!" Die Chefredakteurin musste sich konzentrieren, um ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. Sie nahm seine Hand und die Wärme die sie ausstrahlte, zog in einer Welle durch ihren ganzen Körper.
Sie betrachtete ihn kurz, seine Augen, dieses Lächeln, seine markante Kinnlinie, das Cape, das 'S'. Oh Lois, hör auf ihn so anzusehen! "Wollen wir uns nicht setzen. Aber nicht dort." Sie deutete auf ihrem alten Schreibtisch, den Ralph nun vereinnahmt hatte. "Ich habe jetzt ein eigenes Büro, also genau genommen ist es das ehemalige Büro von Perry, du weißt doch noch, Perry, unser Chefredakteur. Er ist jetzt in die Führungsetage aufgestiegen und... nun ja, ich bin die neue Chefredakteurin des Daily Planet. Wer hätte das gedacht - nicht wahr? Aber als wir alle dich da am Himmel gesehen haben, da war mein erster Gedanke: Diese Interview, das muss ich haben, das mache ich selber. Um nichts auf der Welt würde ich mir das nehmen lassen. Ich meine, das ist wirklich so einmalig... so..."
Ihr Gast folgte ihr in das Büro und lachte nun herzlich. "Lois. Ich hatte gedacht, Interview würde bedeuten, dass du fragst und ich antworte. Aber wenn du mich nicht zu Wort kommen lässt..."
"Oh. Entschuldige bitte. Natürlich, ich sollte dich zu Wort kommen lassen." Es war ihr peinlich, dass er sie darauf aufmerksam gemacht hatte. Wie eine Jung-Reporterin bei ihrem allerersten richtigen Interview benahm sie sich. Sie setzten sich beide hin, Lois hinter ihren Schreibtisch und Superman davor. Sie saß etwas angespannt dort und atmete einmal tief durch, er saß ganz entspannt. Dies war einer der bedeutendsten Momente ihrer Karriere, da war sie sich sicher - und ihres Lebens.
Er sah sie freundlich an. Oh nein! Nicht so ansehen, bitte nicht. Sie merkte, wie sie weiche Knie bekam und blickte zur Seite. Schon damals hatte sie dieser Blick immer in eine andere Welt versetzt. Es war doch erstaunlich, was dieser Kryptonier nach dieser Zeit noch für eine Wirkung auf sie hatte. Aber vielleicht war es auch nicht der beste Zeitpunkt, über eine alte Liebe nachzudenken, wenn sie mit ihrem Mann seit Tagen nur am streiten war.
Lois rief sich abermals zur Ordnung. Sie müsste sich einfach zusammenreißen, sich auf das konzentrieren, was das Wichtigste in diesem Moment war, das Interview. Papier und Stift lagen bereit. "Okay, Superman, ich denke, dir ist selber bewusst, wie wichtig dieses Interview ist. Die Menschen wollen wissen, was passiert ist, was wirklich passiert ist und ich denke, sie sollten es erfahren. Deswegen sitzen wir beide hier. Die wichtigste Frage ist sicher, was ist damals, vor drei Jahren, passiert? Warum bist du plötzlich verschwunden?" Sehr gut. Nun war sie wieder die professionelle Lois Lane, diejenige, die die Lage im Griff hatte. Die ruhig, sachlich und methodisch vorging.
Superman wirkte nun sehr ernst, so als wenn ihm die Beantwortung dieser Frage nahe ging. "Natürlich. Ich bin damals verschwunden, weil ich meine Superkräfte verloren hatte." Das schockte Lois regelrecht. Natürlich hatte alle Welt das vermutet. Das oder die Möglichkeit, dass er tot wäre, aber diese Variante hatte sie immer kategorisch abgelehnt. "Du erinnerst dich an den Meteoriten, der Metropolis bedrohte?" Lois nickte. Selbstverständlich erinnerte sie sich daran. Wie konnte sie das nur vergessen. Sie hatte damals gedacht, sie würde die letzten Tage ihres Lebens erleben. Er fuhr genauso ernst fort: "Ich musste zweimal ins All fliegen, beim ersten Flug habe ich versucht den Meteoriten abzulenken, indem ich versuchte ihn seitlich zu treffen. Er brach daraufhin in mehrere Einzelteile und eines dieser Bruchstücke flog immer noch auf Metropolis zu." Während er weitersprach machte sich Lois Notizen, was er sagte und was sie noch fragen wollte. "Es war wirklich sehr anstrengend, selbst für mich. Und nach dieser ersten Begegnung mit einem Meteoriten von mehreren Kilometern Durchmesser ging es mir nicht gut." Kaum vorstellbar, so wie er ihr in diesem Moment gegenüber saß. Er sah fantastisch aus. Genauso, wie sie ihn in ihrer Erinnerung hatte. Aber da war noch etwas, er berührte sie, seine Augen, sein warmer Blick... "Bei meinem zweiten Flug wollte ich dieses Bruchstück zur Explosion bringen, deswegen habe ich versucht es mit maximaler Geschwindigkeit zu treffen. Das hat auch funktioniert. Aber es hat mir meine Kräfte geraubt. Möglich, dass es daran lag, dass die Sonne sich zu dem Zeitpunkt im Erdschatten befand, also von mir aus gesehen, so konnte die Sonne mich nicht regenerieren. Ich kann nur von Glück sagen, dass ich zur Erde zurückgefunden habe. Und natürlich hatte ich Glück, dass ich überhaupt überlebt habe. Aber als ich auf der Erde wieder zu mir kam, hatte ich so viel Superkräfte wie der Kaffeeverkäufer an der Ecke."
Erst in diesem Moment wurde sie sich bewusst, dass sie ihn mit offenem Mund anstarrte. Lois überprüfte zum wiederholten Male, ob ihr Bandgerät auch aufzeichnete. Es beeindruckte sie, dass er diese Schilderung so gelassen von sich gab. Sie hingegen war inzwischen vollkommen sprachlos und flüsterte ihre Frage fast ein wenig andächtig: "Wie war das für dich? Hattest du keine Angst?" Wann immer sich ihre Blicke trafen, durchlief sie ein Kribbeln, das ihr augenblicklich ein schlechtes Gewissen machte. Was machte er bloß mit ihr? Sie hätte es niemals für möglich gehalten, dass da noch so viel Gefühl für ihn in ihrem Inneren schlummerte.
Seine Augen hatten inzwischen wieder diesen warmen, zuversichtlichen Ausdruck. "Ich hatte die Erde gerettet. Niemand kann wirklich vorhersagen, was der Einschlag eines so großen Steins für Folgen nach sich gezogen hätte. Für die Menschen, für das Leben im Allgemeinen. Aber die Folgen wären verheerend gewesen. Das konnte ich verhindern. Und ich würde es immer wieder tun." Er wandte seinen Blick nach unten. "Aber um ganz ehrlich zu sein, ich habe mich furchtbar gefühlt und ich hatte Angst. Das Fliegen ist etwas, an das man sich gewöhnen kann." Bei den letzten Worten lächelte er schon wieder.
"Wohl wahr..." Auch Lois lächelte verlegen. Sie war natürlich nie aus eigener Kraft geflogen, dennoch hatte sie die Freude und das Vergnügen gehabt, ein paarmal mit ihm geflogen zu sein. "Das heißt aber, du warst die ganze Zeit auf der Erde?" Er nickte stumm. "Aber wo?" Auch wenn ihr Diktiergerät offensichtlich alles aufzeichnete, machte sie sich vorsichtshalber noch Notizen, sicher war sicher. Außerdem beruhigte es ihre Nerven. Ganz besonders die Frage, wo er sich in den letzten drei Jahren aufgehalten hatte, ließ ihr den Atem gefrieren.
Nun wich er ihrem eindringlichen Blick aus. "Es tut mir leid, Lois, aber diese Frage kann ich dir nicht beantworten", er zögerte einen Moment, bevor er ruhig weitersprach, "zu meiner eigenen Sicherheit." Entschuldigend sah er sie an.
Lois nickte, sie verstand das. Er hatte all die Jahre unter ihnen gelebt, wahrscheinlich in der Identität, mit der er sich schon zu der Zeit geholfen hatte, als er als Superman noch seine Kräfte hatte. Sie hatte immer die Vermutung gehabt, dass Superman eine Zweitidentität gehabt hatte. Sie konnte das wirklich verstehen - aber sie hätte zu gerne gewusst, wer diese Zweitidentität war. Nicht um es in ihren Artikel zu bringen, nein persönlich...
"Okay, okay... Superman, und warum hast du deine Kräfte jetzt wieder? Was ist passiert? Gab es ein Ereignis, bist du wie von einer langen Grippe genesen oder hast du ein Geheimrezept entdeckt? Hat dir jemand geholfen oder ist es einfach passiert? Werden die Kräfte bleiben?"
Er lächelte entspannt. "Das waren jetzt acht Fragen..."
Langsam ließ Lois' Anspannung etwas nach und auch sie lächelte. „Oh...“ Was sollte sie sagen? "Entschuldige bitte, aber ich hätte gerne noch mehr gefragt, aber vielleicht sollte ich dich auch mal wieder zu Wort kommen lassen."
Verschmitzt lächelte er sie an und nickte mit dem Kopf. "Also...", doch dann, er stockte, ein kurzes Zögern, er hob seinen Kopf, blickte gedankenversunken auf die Wand; aber vielleicht versuchte er sich auch nur auf etwas zu konzentrieren, was er hörte. Dann sah er sie ernst an und stand auf. Die Leichtigkeit des Augenblicks war fort. "Lois, es tut mir leid", oh nein! Verdammt noch mal! Bitte geh jetzt nicht! Doch er ging schon zur Tür. "Ich fürchte wir müssen dieses Interview zu einem anderen Zeitpunkt fortsetzen. Da ist eine Sirene, mehrere Sirenen. Es klingt nach einer wirklich großen Sache..."
Lois warf ihren Bleistift auf ihren Block. Doch das sah er schon nicht mehr. Verdammt! Das war nur ein halbes Interview. Das gab doch noch nichts her für einen Artikel. Sie hasste es, wenn Männer plötzlich verschwanden...
KAPITEL 3 - Clark hatte sich nicht noch einmal umgedreht zu ihr, er war nur schnell ans Fenster getreten und in die dunkle Nacht verschwunden. Verdammt, er hatte noch so viel sagen wollen und so viel sagen müssen. Es war schlimm genug, dass er sich von seiner Frau interviewen lassen musste, ohne dass sie die ganze Wahrheit wusste. Wie würde sie reagieren, wenn sie es erfuhr? Er hatte dieses Interview nutzen wollen, um ihr seine Geschichte zu erzählen. Langsam, Stück für Stück. Soweit, wie er sie selber verstand. Natürlich musste ihm eine Rettungsaktion dazwischen kommen. Manchmal war dieses Kryptonische in seinen Adern aber auch ein Fluch.
Er hatte Sirenen von Polizei, Feuerwehr und Ambulanzen gehört. Das klang nach einer großen Aktion. Er flog auf den Punkt zu, an dem das Blaulicht die Nacht erhellte. Nur wenige Minuten später hatte er das ganze Ausmaß der Katastrophe vor sich, zwei U-Bahnen waren ineinander gefahren und hatten Feuer gefangen. In einem der tiefsten Tunnel der Stadt, wie ihm der Einsatzleiter der Feuerwehr gegen den Lärm der immer noch heulenden Sirenen mitgeteilt hatte. Der Einsatzleiter war sehr froh gewesen, dass Superman bei dieser Rettung helfen wollte, ohne ihn würden sie Stunden brauchen, um zu den Insassen vorzudringen und sie evakuieren zu können.
„Jetzt haben die Eingeschlossenen wieder eine Chance!“, hatte er mit einem zuversichtlichen Gesicht gesagt und sich dann an seinen Helm getippt.
Natürlich waren die Rettungskräfte froh über jede Hilfe, die sie bekommen konnten und er würde helfen, natürlich, nie gab es da einen Zweifel, aber er wäre jetzt lieber im Planet, bei Lois, in ihrem Büro... Würde ihr erklären, wie das alles gekommen war, warum er nie etwas gesagt hatte. Und würde so gerne versuchen heraus zu finden, was es für sie beide bedeuten würde. Für ihre Zukunft...
Clark flog so schnell wie möglich zur Unglücksstelle, hundert Meter unter den Straßen Metropolis, es gab viele Verwundete, der starke Rauch machte allen zu schaffen und zu sehen war nichts – absolut nichts. Er versuchte sich Mithilfe seines Röntgenblicks einen Überblick zu verschaffen, versuchte einzuschätzen, wer seine Hilfe am dringendsten benötigte und versuchte die Schmerzensschreie und das Stöhnen zu überhören. Er dufte sich nicht ablenken lassen. Blitzschnell traf er eine Entscheidung, mit wem er als Erstes wieder an die Oberfläche zurück kehren würde. Bei jedem Flug nach unten, durch das Labyrinth der U-Bahnschächte nahm er jemand mit, einen Feuerwehrmann oder einen der Ärzte und bei jedem Flug nach oben brachte er mehr und mehr Verwundete aus der Hölle heraus. Nach ein paar Minuten hatte er einen regelmäßigen Flugrhythmus entwickelt und den kürzesten Weg durch das Tunnellabyrinth gefunden. Er verrichtete seine Arbeit, mechanisch, flink, ohne jedes Zögern, ohne nachzudenken.
Seine Gedanken wanderten wieder zu dem missglückten Interview. Er hatte Lois so viel sagen wollen. Warum hatte er ihr nicht vor drei Jahren die Wahrheit gesagt? Oder wenigstens als er ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, im Mai 1995. Oder allerspätestens als er Lois geheiratet hatte, vor ziemlich genau einem Jahr. Er hatte Superman verdrängt, der Held hatte in seiner Wirklichkeit keine Rolle mehr gespielt.
Dr. Klein und er hatten monatelang alle erdenklichen Versuche gemacht, um ihm seine kryptonische Natur wieder zurück zu geben – alles vergebens. Und dann? Es war weniger ein Aufgeben als mehr ein sich Arrangieren mit der neuen Situation. Außerdem hatte die Tatsache, dass es keinen fliegenden Helden am Himmel mehr gab, zur Folge, dass Lois Clark mehr Aufmerksamkeit entgegen brachte. Und im Februar 1996 hatten sie dann geheiratet. Seit diesem Tag war er der glücklichste Mensch auf der Welt, manchmal vergaß er sogar tagelang, was ihm seine Fähigkeiten früher einmal ermöglicht hatten. Es war alles gut.
Da war eine hochschwangere Frau, ihr Gesicht war ganz schwarz vom Ruß, aber sie schien nicht sehr ernst verletzt zu sein. Und doch sie musste hier raus, schnell. Bisher hatten ihm die Feuerwehrleute immer noch nicht sagen können, wie schädlich oder gar giftig der Qualm war. Die Frau lächelte ihn an und ließ sich von ihm auf den Arm nehmen. Hoffentlich ging es dem Baby gut. Er sollte morgen unbedingt danach fragen.
Heute Morgen hatte sich sein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Er hatte sich doch bereits damit ausgesöhnt gehabt, keine Super-Kräfte mehr zu haben. Und das Verschwinden seiner Kräfte war viel schlimmer gewesen als damals, in seiner Jugend, als sich die Kräfte langsam, nach und nach eingestellt hatten. Nicht dass er sich beschweren wollte, dass er nun wieder fliegen konnte, ganz sicher nicht, bei wem auch? Nur dass er jetzt eben ein Problem mit Lois hatte. Er hatte ihr niemals gesagt, dass Supermans Zweitidentität Clark Kent war. Warum eigentlich? Lois hatte den Mann aus Stahl abgöttisch verehrt als sie sich kennen gelernt hatten und Clark hatte für sie erst an Bedeutung gewonnen, nachdem es Superman nicht mehr gab.
So lächerlich es auch klang, er war eifersüchtig auf sein 'Alter Ego' Superman.
Und er war es auch in diesem Moment. Er hatte genau gesehen, wie Lois ihn angesehen hatte, nachdem er den Planet betreten hatte, aber nicht ihn – Clark – nein den Mann im Cape hatte sie so schwärmerisch angesehen, hatte ihre Augen schmachtend über seinen Körper wandern lassen, während sie mit ihm als Clark seit Tagen kein freundliches Wort mehr gewechselt hatte. Und es war ja nun nicht so, dass Clark sich hinter seinem Körper verstecken musste, nein, es war der gleiche Körper! Doch aus Lois' Sicht sahen sie sich wahrscheinlich nur ein wenig ähnlich.
Dieser Mann musste sofort in ein Krankenhaus gebracht werden, sonst würde er an seinen Verletzungen verbluten. Er hatte auch innere Blutungen. Und er musste sich weiterhin beeilen, da gab es noch so viele Verletzte.
Wie würde Lois reagieren? Sie würde ihn fragen, warum er ihr das nicht schon irgendwann im Laufe der letzten drei Jahre erzählt hatte. Zu Recht! Aber nachdem er sich damit abgefunden hatte, keine besonderen Fähigkeiten mehr zu haben, nachdem ihm klar geworden war, dass er von nun an nur noch ein ganz gewöhnlicher Mensch sein würde, da hatte er auch begonnen den kryptonischen Helden zu verdrängen. Ohne die Kräfte wollte er der Person Superman keinen Raum mehr in Lois' und seinem Leben einräumen. Es war ihm nie leicht gefallen auf all das zu verzichten, das Fliegen, die Kraft, die Geschwindigkeit, selbst Röntgenblick und seine Atemfähigkeiten mochte er, er konnte damit Menschen helfen.
Anfangs hatte er Angst gehabt, dass Lois in Clark nur eine Notlösung gesehen hatte. Da konnte er ihr doch nicht erzählen, dass er einmal Superman gewesen war. Dann war er sich sicher gewesen, dass Lois wirklich ihn liebte. Da wollte er ihr nicht mehr erzählen, dass er der Mann aus Stahl gewesen war. Doch nun war alles anders. Nun war der Stählerne keine Vergangenheit mehr, er war Gegenwart und Zukunft.
Wie würde das für Lois sein? Er musste mit ihr reden. Auf keinen Fall durfte er den Fehler machen und dieses Gespräch vor sich herzuschieben, auf gar keinen Fall. Seine Frau würde ihn umbringen, zu Recht - oder viel schlimmer noch, sie würde ihm nicht verzeihen.
Er flog eine Mutter mit ihrer völlig verängstigten Tochter an die Oberfläche. Sie waren nicht besonders schwer verletzt, nur einige Abschürfungen und eine Platzwunde, aber das Mädchen wirkte sehr verstört. Aber das war verständlich, sie verstand noch viel weniger, was passiert war. Das fiel schon den Erwachsenen schwer. Zum Glück waren um diese späte Stunde nur wenig Kinder in der U-Bahn.
Clark hatte sich schon vor vielen Jahren antrainiert sich von den Schicksalen nicht so stark beeinträchtigen zu lassen, das war lebensnotwendig für ihn. Es gelang ihm mal besser, mal schlechter. Bei Kindern meist schlechter.
Und bis zu diesem Morgen, auf diesem verlassenen Rummelplatz hatte er nicht eine winzige Spur seiner altbekannten Kräfte gespürt, nicht an einem einzigen Tag. Das musste er Lois sagen, unbedingt. Hoffentlich glaubte sie ihm. Diese... Energie muss wohl eine Art Kettenreaktion ausgelöst haben. Er würde Klein einen Besuch abstatten in den nächsten Tagen und ihn nach seiner Meinung fragen. Aber vorher musste er mit Lois reden. Doch was war das bloß für eine eigenartige Energie gewesen, mit der Press auf ihn gefeuert hatte...?
KAPITEL 4 - Clark erinnerte sich noch genau an den heutige Morgen...
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Clarks Blick fiel sofort auf das Büro, Lois' Büro, Perrys ehemaliges Büro. Durch die Glaswände hindurch konnte er sehen, dass sie mit Myerson und Burns diskutierte. Es war so lächerlich, sie waren getrennt in den Planet gefahren, sie mit dem Auto, er mit dem Taxi. Das Frühstück war einfach schrecklich gewesen. Er hasste es mit Lois zu streiten und das hatten sie getan, aber nicht erst heute morgen, nein gestern Abend und sie hatten es nicht klären können, hatten die Nacht getrennt verbracht, sie im Schlafzimmer und er auf dem Sofa. Zum Frühstück war Lois in die Küche gekommen und es sah fast so aus als wenn sie gehofft hatte, er wäre schon gegangen. Noch in diesem Moment zog sich bei dieser Erinnerung sein Magen zusammen.
Sie hatten noch niemals so unerbittlich gestritten.
Die Worte vom gestrigen Abend hatten so sehr geschmerzt.
Provozierend hatte sie sich vor ihm aufgebaut. "Du erwartest, dass ich dich bevorzuge, weil du mein Mann bist? Clark, du kannst nicht immer die besten Storys bekommen. Ich trage jetzt nicht nur die Verantwortung für eine Story, ich habe jetzt eine ganze Redaktion zu leiten!"
Er hatte daraufhin wütend geantwortet: "Ich erwarte, dass du meinem Instinkt vertraust, so wie du das machst, seit wir beide Partner sind!"
Böse zischte sie ihn an: "Und was ist bitte mit meinem Instinkt? An der Sache mit Press ist nichts dran. Das ist ein Spinner, weiter nichts!"
Clark reagierte ohne viel nachzudenken und viel zu laut: "Diese neue Verantwortung scheint deinen Instinkt getrübt zu haben! Ich ermitteln weiter in Sachen Press!" Provozierend sah er sie an. Sie standen sich gegenüber wie zwei Kampfhunde im Ring.
"Clark...", sagte sie ruhig, aber mit diesem unterschwelligen Groll, "wenn du weiterhin an der Press-Sache arbeitest...", drohte sie ihm.
Das war einfach nur verrückt. "Dann...? Was dann? Wirst du mich dann entlassen?" Daraufhin hatte er, wie in der Nacht zuvor, ungestüm seine Decke und sein Kissen genommen und war wütend nach unten gestapft. Er hatte nicht mehr gehört, was sie ihm entgegnete. Alles war sie jetzt noch sagen würden, könnte es nur schlimmer machen. Die Fronten waren so verhärtet.
Und nun waren sie beide im Planet, das hieß wieder keine Gelegenheit zu klären, was so dringend geklärt werden musste. Die Kollegen beobachteten sowieso schon jedes Wort, jede Geste zwischen ihnen.
Ob er die Press-Story einfach fallen lassen sollte, einfach nur um seinen guten Willen zu zeigen? Vielleicht hatte sie ja auch Recht. Gestern hatte er Jimmy ein paar Recherchen zu Eric Press machen lassen, die nicht sehr erfolgversprechend gewesen waren.
Auslöser dieser bitterlichen Angelegenheit war eine Email, die vor ein paar Tagen in der Redaktion angekommen war. Press hatte darin angekündigt, dass er sich an Lane&Kent rächen würde, weil sie sein größtes Vorbild ins Gefängnis gebracht und damit zerstört hatten. Er hatte nicht geschrieben, wer das gewesen sein sollte. Lois hatte daraufhin nur gemeint, wenn sie jemand ins Gefängnis gebracht hätten, hätte er es sicher verdient gehabt. Damit war für sie die Angelegenheit erledigt gewesen. Es war ja auch wirklich nicht die erste Drohung, die sie bekommen hatten, aber ein unbestimmtes Gefühl hatte Clark veranlasst in diesem Fall zu ermitteln.
Nachdem sich Clark einen Kaffee geholt und sich an seinem Schreibtisch gesetzt hatte, blickte er noch einmal zu Lois. Hatte sie eben nicht auch einen verstohlenen Blick in seine Richtung geschickt? Sollten sie beide sich von dieser Chefredaktion wirklich so aus der Bahn werfen lassen? Es musste doch möglich sein, dass sie wieder normal miteinander umgingen, dass sie miteinander sprachen, Probleme diskutierten, Ideen austauschten und Zärtlichkeiten... Wie sehr er sich danach sehnte, Lois zu berühren, in ihrer Nähe zu sein. Er schloss kurz die Augen.
So ging es nicht weiter. Clark fasste einen Entschluss: Press war es nicht wert, dass sie dafür nur stritten. Er würde nicht weiter daran arbeiten.