Auch diese FF hier ist schon älter, ursprünglich am 16.2.08 gepostet.
Abgekupfert von SR, werden einige von euch sagen. Recht habt ihr. Nachdem ich kurz nach Weihnachten endlich SR (DVD vom Weihnachtsmann - danke an ihn) gesehen habe, muss ich gestehen, dass die Geschichte schon einen Eindruck auf mich gemacht hat. (Nur ein Wort am Rande, als Superman kommt für mich nach wie vor nur Dean Cain in Frage.) Und dann habe ich gedacht, übertrage doch dieses wirklich interessante Thema mal auf Lois & Clark, wobei ich die Geschichte mit der Erinnerungslöschung nicht leiden kann und natürlich nicht verarbeitet habe. Seht, was dabei rausgekommen ist.
Zeitlich wollte ich es praktisch direkt vor das Date (2. Staffel) setzen, da knistert es schon gewaltig zwischen den beiden, aber wie gesagt, noch gab es dieses Date nicht. Als Grund für Supermans Verschwinden habe ich die Neu-Kryptonier (Ende 3. Staffel) herangezogen. Ereignisse aus verschiedenen Staffeln und Folgen zu mixen haben schon ganz andere Leute geschrieben.
Ein riesiges Dankeschön an KitKaos, deren Beta wie immer sensationell gut ist! Danke
Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.
Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.
Der perfekte Zeitpunkt
"Nun, Miss Lane, wann hatten Sie denn Ihre letzte Blutung?" Mit diesen Worten setzte Dr. Mitchel Lois den Schallkopf auf den Bauch.
Was war das denn bloß für eine überflüssige Frage. Lois fühlte sich abgespannt, gestresst und überarbeitet. Und gelegentlich machte ihr Magen leichte Probleme, hin und wieder auch mal ein wenig Übelkeit. Aber das war ja schließlich auch alles kein Wunder. Sie arbeitete zu viel, schlief zu wenig, aß zu unregelmäßig und eindeutig zu viel Schokolade und Eis. Das machte sie immer, wenn es ihr schlecht ging. Und schlecht ging es ihr in den letzten Wochen und Monaten. Aber wie gesagt, das war schließlich alles kein Wunder. Seit mehr als drei Monaten war ihr Leben nur noch Chaos.
Außerdem hasste Lois Arztpraxen, obwohl Dr. Mitchel, wie sie zugeben musste, sich wirklich alle Mühe gegeben hatte, diesen Räumlichkeiten ein sehr angenehmes Ambiente zu geben. Die Wände waren in einem freundlichen, warmen Gelbton gestrichen und sie hatte große Bilder von der Apfelblüte aufgehängt. Im Hintergrund lief leise Musik. Alles sehr angenehm, sie hätte es fast genießen können, wenn sie mehr Ruhe gehabt hätte.
Lois wusste eigentlich überhaupt nicht, warum Perry sich beschwert hatte und sie geradezu gezwungen hatte, diese Ärztin aufzusuchen. Sie arbeitete mehr als jeder andere in der Redaktion, manchmal zwölf, vierzehn oder auch sechzehn Stunden am Tag und das in gewohnter Lois-Lane-Qualität, wie ihr Perry immer wieder bestätigte. Aber ihr Chefredakteur hatte ihr in einem sehr ernsten Gespräch mitgeteilt: "Lois, ich mache mir Sorgen um dich. Du arbeitest wie eine Besessene und deine Arbeit ist gut, wie immer, aber du wirkst so... unausgeglichen. Und übernächtigt. Ganz ehrlich, es tut mir leid das sagen zu müssen, aber du siehst furchtbar aus. Und dann diese dauernde Übelkeit. Da ist doch etwas nicht in Ordnung. Und deswegen will ich, dass du zu dieser Ärztin gehst...", an dieser Stelle setzte Lois gerade an, um zu protestieren. Aber Perry sah sie derartig streng an und drohte mit dem Zeigefinger, dass sie lieber sofort verstummte. Sie hatte im Laufe der Jahre ein gutes Gespür dafür entwickelt, wann sie bei Perry lieber schwieg. "Also, es ist nur zwei Häuserblocks entfernt, sie heißt Dr. Mitchel und da hast du in zehn Minuten einen Termin. Und - denke nicht mal im Traum daran, diesen Termin zu versäumen!" drohte Perry.
Und so lag sie jetzt hier und sah auf eines der Bilder, kleine Weiß-Rosa Blüten in Großaufnahme.
Dr. Mitchel wiederholte ihre völlig unpassende Frage.
"Ich weiß es wirklich nicht. Hören Sie, ich habe wirklich viel Stress im Moment und leichte Magenprobleme - das ist alles. Geben Sie mir einfach etwas, um den Magen zu beruhigen und dann ist es gut." Lois versuchte einen möglichst energischen Ton anzuschlagen. Sie hatte wirklich keine Zeit hierfür. Auf ihrem Schreibtisch stapelten sich noch Unmengen an Artikeln, die bearbeitet werden mussten.
Die Ärztin sah sie freundlich an und lächelte. "Nun, wir reden nicht über Magenprobleme, ich sehe etwa elf Zentimeter, also das sieht aus wie die dreizehnte Woche. Herzlichen Glückwunsch - Sie sind schwanger." Immer noch lächelte die Ärztin sie an.
Lois fühlte sich, als wäre sie von einem Truck überrollt worden - schwanger - das konnte einfach nicht sein - schwanger - aber wie sollte das denn passiert sein? - Schwanger - doch sie selbst konnte auf dem Ultraschallmonitor, den die Ärztin ihr nun zugedreht hatte, ganz deutlich erkennen, dass da etwas war, mit einem Kopf, zwei Beinchen und zwei Ärmchen und es lag genau dort, wo man es erwarten konnte - schwanger... Sie war schwanger!
"Hören Sie, Dr. Mitchel", sagte Lois und sie war selbst überrascht, wie wenig überzeugend sie dabei klang, "das kann einfach nicht sein." Den Gedanken 'Das darf einfach nicht sein' behielt Lois besser für sich. Aber das Ultraschallbild war so überzeugend eindeutig.
Alles weitere, was Dr. Mitchel ihr erklärte und an Tips mit auf den Weg gab, hörte Lois kaum noch. Sie war völlig in ihre wilden, durcheinander sprühenden Gedanken versunken. Natürlich, es war ungefähr drei Monate her, aber sie hatte doch niemals gedacht, dass sie dabei schwanger werden konnte, dass sie beide genügend biologische Kompatibilität besaßen, dass daraus wirklich ein Kind werden könnte!
Das hieß, dass sie jetzt wirklich ein echtes Problem hatte. Sie erwartete das Kind eines Außerirdischen, der seinerseits die Erde vor drei Monaten verlassen hatte, zurückgekehrt zu seinem Volk. Lois hatte wirklich keine Ahnung, was jetzt auf sie zukam. Der maximal mögliche Termin für einen Abbruch war mit der dreizehnten Woche auch bereits überschritten. Nicht dass sie darüber wirklich nachgedacht hätte. Aber wie, verdammt noch mal, sollte sie denn ein Kind großziehen und das auch noch völlig alleine? Denn alleine war sie. So alleine wie noch nie zuvor. Es kam ihr in diesem Moment so vor als hielte das Leben wirklich alle schweren Prüfungen für sie bereit - was hatte sie denn bloß verbrochen?
Alles hatte damit angefangen, dass während Lane & Kent den Scherzbold bekämpften, der es diesmal auf den Präsidenten abgesehen hatte und Superman kaum eine Hilfe für sie war. Es war, wie sie dann später erfuhren, als würde jemand Superman prüfen, seine Fähigkeiten testen. Eine Raumstation drohte bei Eintritt in die Erdumlaufbahn zu verbrennen und Superman schaffte es erst im letzten Moment, sie wieder auf den richtigen Kurs zu bringen. Dann stellten Lois und Clark bei ihrer Recherche fest, die Raumstation war so programmiert, dass sie sich selbst gerettet hätte. Eine Bombe konnte Superman nur in letzter Sekunde durch Lösen eines Rätsels finden und entsorgen, indem er sie in den Orbit schleuderte. Und er musste sich entscheiden, ob er lieber Perry und Jimmy rettete oder eine Million fremder Menschen. Superman war wirklich schwer beschäftigt.
Einen Tag nachdem sie den Artikel über den Scherzbold fertig und ihn überführt hatten konnte Lois dann eine veränderte Stimmung bei Clark und auch sich selber feststellen. Sie selber spürte eine leichte Aufregung, dachte sie immer häufiger darüber nach, ob sie sich nicht doch endlich trauen und ein Date mit Clark haben sollte. Und genau in dem Moment, wo Lois dachte, dies sei jetzt der perfekte Zeitpunkt dafür, durchkreuzte Clark ihr Vorhaben.
Er seinerseits hatte den ganzen Morgen schon irgendwie angespannt gewirkt als gab es etwas, dass ihm auf der Seele brannte als wollte er über etwas reden. Zweimal hatte es ausgesehen als käme er zu ihr und kehrte dann doch um. Doch plötzlich stand er vor ihrem Schreibtisch, machte ein wirklich betretenes Gesicht und fragte sie verstohlen: "Lois, können wir bitte reden?"
Ihre Gedanken kreisten immer noch um das Date und einen kurzen Moment dachte sie, ob Clark womöglich genau die gleiche Idee hatte, doch er sah so ernst aus, während sie aufmunternd zu ihm sagte: "Ja klar, was gibt es denn?"
Betreten sah er an ihr vorbei und sagte zögerlich: "Ich... wie sage ich das jetzt? Am besten gerade heraus... also, ich werde... Metropolis verlassen - für immer." Er sah sie immer noch nicht an.
Lois stockte der Atem; wenn dies ein Scherz war, so war es ein schlechter. "Clark, ich... wieso? Wohin? Wann? Was bitte hat das zu bedeuten?" Lois wusste nicht, welches Gefühl bei ihr gerade die Oberhand hatte, Entsetzen, Wut, Unverständnis, Neugierde oder Enttäuschung.
Clark sah ihr immer noch nicht in die Augen. "Es ist etwas Persönliches...", stammelte er vorsichtig.
"Und? Bin ich Lewis aus der Buchhaltung? Wie persönlich ist es denn, dass du es mir nicht sagen kannst? Und wo bitte willst du denn hin? Habe ich dir irgendetwas getan?"
Clark sah Lois mit unsicherem Blick an. "Es hat nichts mit dir zu tun." Dann senkte er seinen Blick wieder.
Von all den Gefühlen, die Lois abwechselnd durchströmten, gewann die Wut jetzt die Oberhand. Warum konnte er nicht endlich sagen, was denn überhaupt los war? "So, es hat nichts mit mir zu tun", sie hörte den sarkastischen Unterton in ihrer eigenen Stimme, sah aber keine Veranlassung, den heraus zu nehmen, "da bin ich aber froh, wirklich froh. Nun, wer weiß, vielleicht erfahre ich sogar noch, womit es denn zu tun hat." Aber Lois hatte sich inzwischen so in Rage geredet, dass sie ihm nun gar nicht zuhören konnte. "Wie immer hast du diese Entscheidung nur mit dir selber ausgemacht. Ja, bloß mit niemandem reden! Was kann denn schon so wichtig sein, dass du dafür gleich die Stadt verlassen wirst? Und ich bin sicher die Letzte, die es dann erfährt. Hast du schon mit Perry gesprochen?"
Clarks Nicken bestätigte nur ihre Vermutung, dass alle bereits Bescheid wussten. "Dann werde doch glücklich, wo immer du auch hingehen magst!", schleuderte sie ihm schnippisch entgegen und ging zu ihrem Schreibtisch. Dort blätterte sie demonstrativ in ihren Unterlagen und als Clark auf sie zuging, nahm sie genauso demonstrativ den Telefonhörer. All das sollte nur zum Ausdruck bringen, dass das Gespräch für sie zu Ende war und genauso verstand er es auch.
Auch im Laufe dieses Tages und des folgenden änderte Lois ihr Verhalten ihm gegenüber nicht. Sie strafte ihn mit Nichtachtung. Aber sie wurde sich Stunde um Stunde mehr bewusst, wie viel er ihr bedeutete, und genau das machte sie fast schon wieder wütend.
Am Ende des zweiten Tages machten sich aber Unsicherheiten in ihrer strengen Haltung bemerkbar. Indem sie das Gespräch so rüde beendet hatte, wusste sie bis zum jetzigen Zeitpunkt noch immer nicht, was der Grund für seinen Weggang aus Metropolis und scheinbar aus ihrem Leben war. Und wo er hin wollte. Es war bereits später Abend und das Redaktionsbüro lag vollkommen im Dunkeln, bis auf die Schreibtischleuchte an Lois' Arbeitsplatz. Inzwischen war sie ganz alleine in der Redaktion, Clark war heute bereits früh gegangen. Und so beschloss Lois, zu Clark in seine Wohnung zu gehen und noch einmal zu versuchen mit ihm zu reden, selbst wenn es wirklich ein Abschied sein sollte.
Eine halbe Stunde später stand Lois vor Clarks Wohnungstür, die natürlich verschlossen war und auf ihr Klopfen kam keine Reaktion. Nach einem kurzen Moment mit Skrupeln suchte Lois in ihrer Handtasche kurzerhand ihr Werkzeugetui, das ihr beim Öffnen von Türen schon so wertvolle Dienste geleistet hatte. Kaum eine Minute später stand sie in Clarks Wohnung.
Lois glaubte, sie sei in einer anderen Welt, in einer nicht realen und hoffte, dass sie gleich aufwachen würde. Alle Möbel waren mit Tüchern abgedeckt. Die Regale waren leer. Der Kühlschrank war abgetaut und stand offen. Der Strom war abgestellt und so lag alles in einem diffusen Dämmerlicht. Die Wohnung wirkte so leer und kalt, als wäre Clark schon seit Monaten weg, dabei konnten es gerade mal ein paar Stunden sein.
Er war weg! Definitiv und unumstößlich.
Und sie war zu spät gekommen.
Sie stand einfach nur da und konnte es nicht fassen. Kein Gespräch mehr, kein Abschied und keine Antworten. Nie würde sie erfahren, was denn eigentlich los war. Lois hörte ihren eigenen Atem, es war als bliebe ihr die Luft weg. Und das Schlimmste daran war, dass sie es vermasselt hatte. Durch ihre sture und ablehnende Haltung hatte sie sich selbst darum gebracht den Grund zu erfahren und sie hatte sich um die Möglichkeit gebracht, ihm zu sagen was wirklich wichtig war. Am liebsten hätte sie geschrieen, aber wer würde das noch hören? Sie war so wütend auf ihn. Nicht er, sondern sie selbst hatte sich die Möglichkeit genommen ihm zu sagen, was er ihr bedeutete, als Freund, als Partner und wer weiß, was sonst noch.
Hier konnte sie nichts mehr tun. Schweren Herzens machte sie sich auf den Weg in ihr Apartment. Auch wenn es nichts gab, was sie dorthin lockte. Aber ihr eigenes Apartment kam ihr dann auch kalt und leer vor, obwohl sich hier seit dem Morgen natürlich nichts verändert hatte. Aber es spiegelte den Zustand in ihrem Inneren wieder. Ob sie noch genug Eis im Gefrierschrank hatte? Dies würde eine Nacht mit sehr viel Eis werden.
Doch kaum hatte es sich Lois auf ihrem Sofa mit der ersten Familienpackung Schokoeis bequem gemacht, ihre Jacke und Tasche hatte sie einfach irgendwo fallen gelassen, hörte sie von ihrem Fenster ein sehr vertrautes Geräusch: Superman landete auf ihrem Fenstersims. Woher hatte er nur die Eigenschaft, bevorzugt immer dann aufzutauchen, wenn sie sich in Selbstmitleid wälzte?
"Guten Abend. Stör ich?", fragte er, während er leichtfüßig ins Zimmer sprang.
"Superman, nein", sie lächelte ihn aufrichtig an. Das war jetzt genau die richtige Ablenkung, "du störst nicht. Komm doch rein", was natürlich eine überflüssige Bemerkung war, da er ja bereits im Zimmer stand, "ich freue mich, dich zu sehen."
Er kam näher und setzte sich zu ihr aufs Sofa. Dann lächelte er sie an, auf eine Art und Weise, die nur ihm eigen war, so warm, dass sie alles um sich herum vergaß. Sie vergaß Clark, seinen ungeklärten Weggang, den Streit mit ihm und die bittere Erkenntnis, dass sie ihn vielleicht wirklich nie wieder sehen würde. Und sah nur noch in diese Augen, diese schokobraunen Augen.
Superman lächelte jetzt etwas belustigt. "Du hast da ein wenig Eis auf der Nase...", dann wischte er es mit seinem Finger fort.
Obwohl es Lois peinlich war, dass sie sich mit dem Eis bekleckert hatte, genoss sie dennoch seine zarte und fürsorgliche Berührung. Ihr war nie aufgefallen, wie warm seine Hände waren. Und wie sanft, bei all der Kraft. Aber sie hatten sich ja auch nicht so oft berührt. Eigentlich hatten sie sich immer nur dann berührt, wenn er sie gerettet hatte, wenn er mit ihr geflogen war. Und in den Momenten, in denen sie sich im Traum begegnet waren, was für einen Vergleich natürlich nicht zählte, es waren schließlich ihre Träume. Aber das war, bevor sie ihr Herz Clark gegenüber geöffnet hatte. Doch Clark hatte sie verlassen, im Stich gelassen, alleine zurückgelassen und sie wusste immer noch nicht, warum eigentlich. Innerlich versuchte sie ihre Gedanken von Clark weg zu lenken, schon aus Höflichkeit Superman gegenüber, was konnte der denn für Clarks Verhalten - gar nichts. Dann doch lieber an die Träume mit Superman gedacht... Und bei dem, was sie in ihren Träumen mit Superman alles angestellt hatte, konnte sie noch heute erröten. Das durfte niemals jemand erfahren! Das würde auch nie jemand erfahren. Sie sollte besser an etwas Anderes denken.
Superman sah sie mit einem Blick an, den sie gar nicht deuten konnte. Da war so viel Wärme und Zuneigung, und sein Blick berührte sie ganz tief im Herzen. Aber da war noch mehr. Es war, als spiegelte sich ihre Sehnsucht in seinen Augen. Dieser Blick hatte sehr viel gemeinsam mit dem, wovon sie bisher nur geträumt hatte. 'Lois Lane, reiß dich zusammen, jetzt träumst du schon mit offenen Augen!' Aber sie konnte sich nicht losreißen, es war wie ein Strudel, sie verlor sich fast in seinen Augen.
Und dann macht er einen großen Fehler, einen wirklich großen Fehler, einen riesengroßen, nicht wieder gutzumachenden Fehler.
Wäre sie in dieser Zeit nicht so verwirrt gewesen, hätte sie damit umgehen können, hätte sie diese kleine und doch so verhängnisvolle Geste vertragen können, abwehren können oder sie schlicht und einfach übergehen können. Einfach so tun als wäre nichts passiert. Aber sie war so verwirrt, so durcheinander, so wütend auf Clark, der sie einfach im Stich gelassen hatte, so wütend auf die ganze Welt, die all dies hatte passieren lassen und verzweifelt, weil sie nicht verstand, warum ihr das passierte und warum ihr immer wieder so etwas passierte. Kaum hatte sie ihr Schneckenhaus verlassen, hatte sich einem Menschen geöffnet, hatte sich Schritt für Schritt immer weiter auf Clark zu bewegt, da verließ der einfach die Stadt.
Und jetzt saß ihr Superman gegenüber und sah sie auf eine Art an, bei der ihr schwindelig wurde. Wie oft hatte sie davon geträumt, dass er sie so ansehen würde?
Aber das Gemeinste an diesem Gefühl war die Sehnsucht, die damit einher ging. Je näher sie Clark in den letzten Wochen gekommen war, je weiter sie sich auf ihn zu bewegt hatte, je mehr sie sich geöffnet hatte, desto mehr Sehnsucht hatte sie gespürt. Die Sehnsucht, dass jemand für sie da wäre, die Sehnsucht nach einer Umarmung, wenn sie sie brauchte, die Sehnsucht nach Wärme und Geborgenheit. Nach Zärtlichkeit, Berührung und Nähe...
Und genau das gab ihr Superman, in dem Augenblick, da er ihre Wange mit seiner Hand berührte. Das war die Wärme und Zuneigung, die sie spüren wollte, die sie brauchte. Das war die Nähe, die sie so dringend haben wollte.
In diesem Augenblick hatte sie dem nichts, absolut nichts entgegen zu setzen.
Sie schmiegte sich in diese fast flüchtige Berührung, schloss die Augen und ließ dieses Gefühl zu. Versuchte sich jede Einzelheit einzuprägen, versuchte jeden Finger zu erspüren, den Moment vollkommen auszukosten. Und während sich noch ihre ganze Wahrnehmung auf seine Berührung konzentrierte, spürte sie seine Lippen auf den ihren. Warm, sanft und zärtlich. Es gab einen kurzen Moment der Überraschung. Fragen, Fragmente ihrer eigenen Argumentation schossen ihr durch den Kopf, Superman?! Clark? Wem fühlte sie sich verpflichtet? Wem fühlte sie sich mehr verpflichtet? Warum jetzt, wo Clark sie verlassen hatte? Spielte das eine Rolle? War dies nicht der ursprünglichste Wunsch, den sie jemals hatte? Und dann schien es das Natürlichste von der Welt zu sein. Alles in ihr verlangte nach diesem Trost. Auch Superman war jemand, den sie liebte und den sie begehrte. Nie hatte dieses Gefühl für ihn aufgehört. Und wenn er ihr geben würde, wonach sie sich so sehr sehnte, wonach sie sich verzehrte, so sollte es vielleicht so sein. Lois öffnete ihm weit mehr als nur ihre durstigen Lippen. Sie spürte eine Aufregung, wie sie schon lange nicht mehr erlebt hatte. Ihr Herz schlug wild.
Und dann traf sie eine Entscheidung und dieses eine Mal gab es nicht die Spur eines Zweifels. Ratio, Vernunft, die schlechten Erfahrungen von Jahren und alle Menschen dieser Welt, die irgendetwas einwenden könnten, existierten in diesem Zimmer nicht mehr, beiseite gefegt von der Glut dieses Kusses. Hier und jetzt gab es nur noch ihn und sie, gab es nur noch das 'Wir', gab es nur noch Verlangen. Es war, als hätten sie sich seit Monaten, oder seit Anbeginn der Zeit auf genau diesen Punkt zu bewegt. Beide schienen sie bereit für den Sturm der Leidenschaft, der sich dann entfachte, der alles mitriss, ungebändigt und so gierig, losgelöst und doch so zart...
In der Morgendämmerung, gerade als die Nacht ihr tiefstes Schwarz verlor, öffnete Lois ihre Augen. Auch wenn sie sich sicher war, sich bis vor kurzem noch an seine Schulter geschmiegt zu haben, so waren ihre Arme leer, gingen ihre Hände ins Leere. Aber das beunruhigte sie gar nicht, sie wusste instinktiv, er war noch da. Nicht dass sie irgendwie übersinnlich veranlagt war, aber sie war sich sicher, nach so einer Nacht ging niemand einfach so fort. Lois drehte sich ruhig um und ließ ihren Blick durch das halbdunkle Schlafzimmer gleiten und am Ende des Bettes erblickte sie ihn. Er saß dort und wandte ihr den Rücken zu, was ihr die Möglichkeit gab ihn eingehender zu betrachten. Das schwache Licht zeichnete jeden seiner Muskeln um so deutlicher. Was für ein Rücken, dachte sie schwärmerisch, was für ein Körper. Und was für ein unbeschreibliches Vergnügen ihn berührt zu haben. Die Erinnerung daran trieb ihr ein Lächeln auf die Lippen. Und sie würde es wieder tun, immer wieder würde sie ihre Hände über seine Haut gleiten lassen und ihn damit um seinen Verstand bringen. Lois setzte sich auf und schmiegte sich an ihn, ließ ihre Hände über seine Schultern gleiten und küsste ihn zwischen die Schulterblätter. Da erst bemerkte sie, dass er seinen Kopf nachdenklich in seine Hände gestützt hatte.
Unter ihrer Berührung merkte er auf, hob den Kopf und sah sie erschrocken an. "Ich wollte dich nicht wecken."
Sie stockte in ihrem Streicheln. Was ging hier vor? Diese Haltung von ihm, dieser Blick. Bereute er, was sie getan hatten? Lois schüttelte den Kopf, als könnte sie damit die negativen Gedanken verscheuchen. "Hast du nicht. Aber was ist los?" Lois beschlich Angst. Er war gerade dabei, dies hier zu einem 'Morgen danach' werden zu lassen. Würde er sich als ein ganz und gar irdischer Mistkerl erweisen und nach dieser Nacht einfach gehen wollen? War es für ihn ein Abenteuer, eine unerwartete Zwischenlandung, oder einfach nur ein One-Night-Stand? Wo waren die Ideale Supermans geblieben? Zu der Angst gesellte sich jetzt eine dumpfe Wut.
Er drehte sich jetzt ganz zu ihr um und legte ihr seine Hände auf die Schultern. Sein Gesicht sah nach Geständnis aus, das war es, woran der gesenkte Blick und die ernste Miene um seine Mundwinkel sie erinnerte. Lois war hin und her gerissen, wenn er jetzt tatsächlich sagte, er würde gehen, wollte sie seine Zärtlichkeit nicht mehr, konnte sie sie nicht weiter ertragen. Am liebsten hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Aber die andere Seite in ihr wollte diesen Moment bis zur letzten Sekunde ausschöpfen.
"Lois", begann er vorsichtig, als wog er jedes Wort ab, "ich bin gestern aus einem bestimmten Grund zu dir gekommen. Dass dies hier", er deutete mit seinem Blick auf das Bett, "passierte, war nicht geplant. Nicht... dass ich es bereue, wirklich nicht. Es war das Beste, war ich je erlebt habe. Und ich bin froh, dass du es bist, die mir diese Welt eröffnet hast, bevor... bevor ich gehen muss. Für immer."
Gehen? Immer? Erbost schlug Lois ihm seine Hände von ihren Schultern. "Ich will keine Erklärungen." Er war wirklich der Mistkerl, von dem Lois gehofft hatte, dass sie ihn nie wieder ertragen musste. Aber dass es Superman war, der ihr diesen Dolchstoß verpasste, war das Schlimmste überhaupt. Wütend schleuderte sie ihm ihre Worte entgegen: "Wenn du gehen willst, dann geh! Sofort! Nichts kann das erklären. Es gibt keine Worte dafür. Wenn es für dich nur eine Nacht war... Dann verschwinde aus meinen Augen! Und aus meinem Schlafzimmer! Ich will dich nie wieder sehen!" Tränen brannten in ihren Augen.
"Bitte Lois, hör mir zu!", rief er verzweifelt, während seine Hände wieder zu ihren Schultern gingen, aber kurz bevor sie sie berührten, stockte er, "Ich will, dass du es verstehst. Und ich werde nur gehen, wenn du es willst. Wenn du es verstehst."
Lois kämpfte gegen den Kloß in ihrem Hals, der sie fast zu ersticken drohte. "Wie wird es sein, wenn wir uns wieder sehen? Oder heißt für immer, dass du diesen Planeten verlassen willst?", fragte Lois ironisch, wobei sie das Wort 'Planet' besonders betonte.
In diesem Augenblick wurde sie sich der Situation bewusst, in der sie sich befanden. Sie saßen sich auf ihrem Bett gegenüber, beide nackt und damit verletzlicher als sie es ertragen konnte. Doch statt über die wunderbare Erfahrung dieser Nacht zu sprechen, mit ein paar letzten Streicheleinheiten den Morgen zu begrüßen, sprachen sie über Abschied.
Er senkte seinen Blick. Seine Stimme war nur noch ein Krächzen. "Wenn ich meinen Weg weiter gehe, werde ich tatsächlich die Erde verlassen und wir werden uns niemals wieder sehen..."
"WAS? Was soll das denn bedeuten?" Vor wenigen Augenblicken dachte sie noch, es könnte nicht mehr schlimmer kommen. So etwas sollte man niemals denken, es kommt immer noch sehr viel schlimmer.
"Du erinnerst dich an diese merkwürdigen Tests für Superman vor ein paar Tagen?" Lois nickte stumm. "Jetzt werde ich dir alles darüber erzählen." Er machte auf sie den Eindruck, als hätte er diese Ansprache einstudiert, dann atmete er einmal tief durch und fuhr fort. "Die Mondfähre, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre zu verglühen drohte, die sich aber selber gerettet hätte, wie du und Clark hinterher herausgefunden habt. Die Bombe direkt vor dem Planetgebäude, die ich erst im letzten Moment in den Orbit geschleudert habe. Die aber gar keinen Sinn machte. Und dann die Entscheidung, Perry und Jimmy zu retten oder Millionen fremder Menschen. Du hattest Clark gegenüber geäußert, dass es so aussehen würde, als würde mich jemand testen. Und genau das war es auch. Es waren Tests."
"Wer?" Die Wut und die Entrüstung waren wenigstens vorläufig der Neugierde gewichen. Wo würde diese Geschichte hinführen, wie würde er die Kurve bekommen und ihr schlüssig klarmachen, was die wahnsinnigen Taten von einigen kriminellen Idioten damit zu tun haben sollten, dass er die Erde verlassen wollte. Und wie lange bitte sollte 'für immer' dauern?
Superman fuhr ruhig fort, als hätte er sich seine Worte vorher genau überlegt. "Vor einiger Zeit sind auf der Erde ein paar weitere Kryptonier gelandet. Und sie sind meinetwegen gekommen. Ich wusste doch nicht, dass es Überlebende gegeben hat. Aber einige konnten sich damals, als Krypton explodierte, retten und haben Neu-Krypton gegründet..."
Er berichtete ihr von dem neuen Gesellschaftssystem der Kryptonier und dass sie Probleme hatten, drohten in einem Bürgerkrieg zu versinken, weil ihr vorbestimmter Herrscher nicht da sei. Denn dieser vorbestimmte Herrscher sei er, Kal-El. Und er hätte sich nun entschlossen mit ihnen zu gehen und die Gesellschaft Neu-Kryptons zu retten.
Da war so viel Trauer in seinem Blick, als er sie fragte: "Und, soll ich gehen? Wenn du es willst, bleibe ich hier."
Er legte seine Zukunft in ihre Hände? Er eröffnete ihr hier eine Möglichkeit, von der sie bisher nur in ihren wildesten Fantasien geträumt hatte. Sprach er denn damit nicht auch von einer gemeinsamen Zukunft? Sie hatte ihn das schon einmal gefragt und damals hatte er es kategorisch abgelehnt. Es wäre so einfach, zu sagen 'Bleib, lass mich nicht alleine, niemals'. Und doch war ihr etwas klar.
Ruhig und abgeklärt sagte sie zu ihm: "Wenn du hier bleiben würdest, hier bei mir und wir würden... zusammen sein", damit hatte sie diese Andeutung schon einmal in Worte verpackt, "wann würdest du dich fragen, ob deine Entscheidung zu bleiben, richtig war? Wann würdest du beginnen, die unschuldigen Opfer dieses Bürgerkriegs gegen dieses Gefühl aufzuwiegen? Wann würdest du mich dafür verachten, dass ich dich davon angehalten habe, deinen vorbestimmten Weg zu gehen?" Lois hatte das Gefühl, diese Worte kamen nicht aus ihrem Mund, sie wollte doch genau das Gegenteil von dem, was sie sagte. Sie wollte schreien 'Bleib! Lass mich nicht alleine, berühre mich, wie es du es die letzten Stunden getan hast, lass uns alles teilen', aber ihr war klar, das war ihr Herz, was da so verzweifelt rief. Ihr Kopf wusste, es würde nicht gutgehen, sie hatten keine Chance. Würde er bleiben, würden sie alles Gefühl verlieren, würden sich irgendwann hassen.
Und so ließ sie ihn gehen.
Er sagte beim Abschied, dass er gewusst hatte, dass sie ihn verstehen würde, dass sie ihn bestärken würde. Schön zu wissen, dass sie im Abschied so übereinstimmten, dachte sie sarkastisch.
***
Lois versuchte die nächsten Tage zu überleben, indem sie sich mehr in die Arbeit stürzte als sie es jemals getan hatte und das war auch in der Zeit davor nie wenig gewesen. Wann immer Perry fragte 'Wer macht das?' schnellte ihre Hand blitzschnell in die Höhe. Sie versuchte jede Minute Freizeit zu vermeiden, Zeit in der sie ins Grübeln verfallen konnte. Nur bei einer Aufgabe, die Perry zu verteilen hatte, hielt Lois sich zurück. Die Frage, was die Erde jetzt, da Superman uns verlassen hatte, machen würde; diesen Artikel wollte Lois nicht schreiben. Aber diesmal war Perry der Unerbittliche, kam doch in der Vergangenheit fast jeder Artikel, den der Daily Planet über Superman gedruckt hatte, aus ihrer Feder. Abgesehen von den wenigen Ausnahmen, die Clark geschrieben hatte, aber der war ja auch nicht mehr da.
Lois schob diesen Artikel von Tag zu Tag vor sich her, schrieb ein paar Zeilen und verwarf sie wieder, schrieb einen Artikel, der eine ganze Seite gefüllt hätte, musste dann aber feststellen, dass er viel zu persönlich war, viel zu viele Details enthielt. Dann brachte sie manchmal nur drei Zeilen zustande, verwarf aber auch die wieder. Perry ließ ihr erstaunlicherweise die Zeit, die sie brauchte.
Sie machte in diesen Wochen eine Wandlung durch. Die ersten Tage nach Supermans Abschied reagierte sie auf jede menschliche Regung ihrer Umgebung gereizt und ablehnend. Die Kollegen bekamen das deutlich zu spüren, auch Lois spürte das, aber sie konnte nichts dagegen machen. Wie auch, sie konnte sich selbst nicht leiden. Sie verachtete sich dafür, so abhängig von den tiefen Emotionen gewesen zu sein, zuerst von Superman, dann von Clark und dann wieder von Superman. Und dafür, auf diese Männer reingefallen zu sein, sich mal wieder getäuscht zu haben. Als diese Verachtung sich selbst gegenüber abnahm, beschloss sie, dass sie nie wieder einen Mann auch nur ansehen würde, egal ob er von der Erde oder woher auch immer stammen würde. Damit änderte sich wenigstens ihr Verhältnis zu den weiblichen Kollegen. Den männlichen Kollegen gegenüber zeigte sie sich nach wie vor biestiger denn je.
Nach sieben Wochen war Lois mit dem Artikel soweit, Wochen die scheinbar endlos lang waren, die nur aus Arbeit bestanden. Und doch hatte sie zwischen Börsenberichten, Drogenhandel und Autoschiebereien, Menschenhandel und Korruptionsskandalen Zeile für Zeile versucht auszudrücken, was in ihr vorging, ohne zu viel von dem zu berichten, was niemanden etwas anging.