A/N: Was euch im Folgenden erwartet, ist etwas ziemlich... sagen wir, ich denke, Anderes. Seid also besser gewarnt und vielleicht lässt sich der/die eine oder andere ja sogar drauf ein.
Ich kann nur sagen, dass mir das Schreiben dieser kleinen Geschichte extrem viel Spaß gemacht hat. Teilweise ging es zäh, teilweise wurden Szenen bis zu dreimal komplett überarbeitet, teilweise habe ich um ganze Berge mehr recherchiert als geschrieben – aber zu keinem Zeitpunkt der Story hätte ich lieber an etwas Anderem geschrieben.
Ich musste einfach beim vorgegebenen Begriff Feuer an den Song von 1968 denken und so hat sich dann schnell die Idee entwickelt, etwas mit Musik zu machen... Außerdem habe ich als kleiner Troper bei dem Oberbegriff erst mal TVTropes.org zum Thema bemüht und natürlich auch versucht, so viele Feuer-Tropen wie möglich einzubauen...
Was ich euch an dieser Stelle vielleicht noch ans Herz legen möchte, sind zwei Dinge – das ist zum einen meine ganz persönliche Playlist, die ich zum Schreiben praktisch rauf und runter gehört hab:
~ „Float“ von Flogging Molly
~ „Beat it“ in der Cover-Version von Fall-Out Boy
~ „This Ain't A Scene“ von Fall-Out Boy
~ „Mayenzeit“ von Schelmish
~ „The General“ von Dispatch
Zum anderen könnt ihr, wenn ihr wollt, hier auch alle in Teil 1 beschriebenen Outfits finden – so als visuelles Zuckerl.
Verse-technisch wollte ich ja ursprünglich eine konkretere Zuordnung, das Ganze hat sich dann allerdings sehr schnell in seine endgültige Richtung entwickelt (ein großer Vorteil davon ist, dass ich die Story im Jetzt ansiedeln kann ). Dieses AU ist wohl den gezeichneten Universen am nächsten, allerdings finden sich sicher auch einige Einflüsse aus L&C und vielleicht sogar den Filmen.
Ich hatte und habe übrigens bei dieser Story eine absolut fantastische, grandiose und wirklich extrem geduldige Beta-Leserin - mein ganz persönlicher guter Geist: Magss. Ihren ständigen Ermutigungen und ihrem unermüdlichen wieder und wieder Lesen verdankt diese Story wirklich viel, nicht zuletzt, dass es sie überhaupt gibt. Ganz vielen herzlichen Dank dafür, Magss!
Über Kommentare und Kritik jeglicher Art – und damit meine ich wirklich gute wie schlechte! – würde ich mich sehr freuen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
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Fire!
(Now's your time, burn your mind,
you're falling far too far behind.)
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Fire!
(Now's your time, burn your mind,
you're falling far too far behind.)
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Es ist eine kleine Sensation. Gerade vom Rolling Stone als die Newcomer des Jahres gefeiert, wurden nun Fire! als Headliner für das alljährliche Summer Stage Festival in Metropolis offiziell bestätigt. Angekündigt sind drei Konzert-Termine innerhalb der zwei Wochen Ausnahmezustand im metropoliser Centennial Park. So dürfen nun also die amerikanischen Fans Art, Azzie, CK und Jeff kostenlos noch einmal auf der Bühne erleben, bevor die vier sich fürs Erste in eine verdiente Studio-Pause verabschieden...
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„Zum letzten Mal, Luce: Nein!“ Lois' scharfer Ton war dazu bestimmt, ihre kleine Schwester endlich von dieser blödsinnigen Idee abzubringen. Sie sah am Fahrer vorbei zur Frontscheibe des Taxis hinaus auf den dichten Verkehr vor ihnen. Na wunderbar!
Sie merkte, wie Lucy am anderen Ende der Leitung kurz verstummte. Meinte beinahe ihr entschlossenes Gesicht zu sehen, als sie erneut ansetzte, „Aber Lo, das wird sicher spaßig. Wie in alten Zeiten. Die Lane-Schwestern unternehmen mal wieder was gemeinsam – du und ich...“
Lois verdrehte die Augen und sank tiefer in die durchgesessenen Polster der Rückbank. „Und dein Mann und euer kleiner Sohn... So kriegst du mich erst recht nicht rum, Luce. Das weißt du.“ Wieso konnte Lucy es nicht einfach einsehen, dass sie absolut keine Lust hatte sich eine mittelmäßige Teenie-Band anzusehen, die sowieso nur durch Vitamin B soweit gekommen war? Sie konnte manchmal so starrsinnig sein!...
„Ach, komm schon. Sammy fragt schon ständig, ob Tante Lois nicht doch mitkommt.“
Ein tiefes Seufzen entwich Lois' Lippen. Wieso musste der Kleine auch so furchtbar große Schoko-Augen machen, mit denen er sie sogar in ihren Gedanken noch ansah?! Lois schwor sich zum wiederholten Mal, niemals selbst Kinder zu haben. „Was ist eigentlich so toll an denen, dass ihr alle... Oh, verdammt, Anruf auf der anderen Leitung. Ich ruf dich später zurück, Luce!“
Als Lois die Hörertaste drückte und auf ihr wie wild vibrierendes Handy sah – als würde es ahnen, wer anrief – verfinsterte sich Lois' Miene. Perry. Der Chief rief sie praktisch nie an, wenn sie sowieso gerade erst den Planet verlassen hatte. Es musste wirklich wichtig sein.
Einen kleinen Moment schloss sie die Augen, stählte sich innerlich für diesen Anruf. Atmete einmal tief durch und drückte erneut die Hörertaste. „Hallo?“
„Lois, Sie haben für heute Abend noch einen zweiten Termin,“ kam ihr Chefredakteur gleich zur Sache. „Ich hoffe, Sie hatten nicht schon was Anderes vor.“
Innerlich schickte Lois ein Stoßgebet zum Himmel. Sie dankte ihrem Chef – so hatte sie den perfekten Grund, um Lucy doch noch endgültig abzusagen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben. „Gar kein Problem, Chief. Wen soll ich auseinandernehmen?“ fragte sie enthusiastisch; Mad Dog Lane war geweckt.
Sie konnte Perry am anderen Ende zustimmend grummeln hören. „Diese Musiker... Wie heißen die doch gleich?“
Lois traute sich kaum zu fragen. Ihr schwante Schlimmes. „Fire!?“ meinte sie zögerlich.
„Ja, genau die. Fire!. Heute um sechs, Backstage-Bereich der Hatch Shell...“
Entrüstet fiel Lois ihrem Chef ins Wort, „Chief, das können Sie doch nicht machen. Ich bin Enthüllungsreporterin und nicht irgend so ein MTV-Häschen, das nicht einmal weiß, wie man Journalismus eigentlich schreibt.“
„Lois!“ fuhr Perry ihr bestimmt über den Mund. „Grant hat sich gerade mit einer Lebensmittel-Vergiftung krank gemeldet. Connor ist in Babypause. Lombard ist in Gotham... Nehmen Sie sich Olsen mit. Er soll Fotos machen.“
Als Lois noch etwas erwidern wollte, hatte er bereits aufgelegt. Einen Moment lang starrte sie mit finsterer Miene auf ihr Handy... „Na großartig! Kann der Tag überhaupt noch schlimmer werden?“ murmelte sie düster in sich hinein.
Erneut warf sie einen Blick zum Fenster hinaus. Der Verkehr ging immer noch schleppend. Fürs Erste saß sie hier fest, also fasste Lois sich ein Herz und wählte Lucys Nummer. Es wäre besser, wenn sie diese Schmach jetzt gleich hinter sich brächte...
„Troupe-Haushalt,“ meldete sich die fröhliche Stimme ihrer kleinen Schwester.
„Hi, Luce. Ich bin's nochmal. Es sieht wohl so aus, als ob ich heut Abend doch mitkomme.“ Lois war sich wohl bewusst, dass ihrer Stimme jeglicher Enthusiasmus fehlte, aber dazu konnte sie sich jetzt einfach nicht durchringen.
Außerdem machte ihre Schwester das mit einer entsprechenden Begeisterung ihrerseits und auch mit ein klein wenig Schadenfreude wett. „Wusste ich doch, dass du Sammy nicht hängen lässt. Danke, Sis!“
Lois konnte ein schiefes Grinsen nicht unterdrücken. „Dank Perry! Artikel über diese Band. Ich komm mir gerade vor, als wäre ich zur Klatschpresse strafversetzt.“
„Lo, das ist doch großartig. Ich bin jetzt schon neidisch auf dich. Dann treffen wir uns einfach um kurz vor sieben direkt dort.“ Lois konnte Lucys Strahlen praktisch vor sich sehen. Sie wünschte, sie könnte dem Ganzen auch so positiv entgegen sehen. Was Perry sich nur dabei gedacht hatte...
Mit einem Mal kam der Verkehr wieder in Bewegung.
„Oh, Luce...“ Das hätte sie ja beinahe vergessen. „Ich hoffe, es ist okay, wenn ich Jimmy mitbringe?“
Drei... zwei... eins... Lucys spitzbübisches Grinsen war sogar durchs Telefon eindeutig zu erkennen. „Natürlich ist das okay. Euer wievieltes Date ist das dann eigentlich?“
Wieso hatte Lois nur gewusst, dass ihre neugierige kleine Schwester das fragen würde? „Das dritte,“ antwortete sie so neutral wie möglich. Das dritte Date mit einem nicht unerheblich jüngeren Mann. Der auch noch ihr Arbeitskollege war... Lois war sich nach wie vor nicht sicher, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war...
Doch lange diesem Gedankengang nachgehen konnte sie nicht, denn das Taxi hielt abrupt an. Auch ohne dass sie bisher die Tür geöffnet hatte, hatte Lois bereits beißenden Rauch in der Nase.
„Luce, hör zu, ich muss los. Wir sehen uns heute Abend. Auch wenn's nicht so wirkt, ich freu mich auf euch drei.“
Sie bezahlte hastig den Taxifahrer, stieg aus und hielt ihren Notizblock und Stift griffbereit.
Im nächsten Moment fand sie sich einem lichterloh brennenden Gebäude gegenüber. Um sie herum war Ausnahmezustand. Feuerwehrsirenen. Stimmengewirr. Kreuz und quer rennende Menschen. Und über allem das unheimliche Knistern des Feuers...
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Langsam legte sich der Lärm der Sirenen und des Gebrülls. Die Aufregung ließ nach. Die Feuerwehr war bereits dabei, die ersten Schläuche einzuholen. Mit rußschwarzen Gesichtern liefen die Feuerwehrmänner durch das Löschwasser, in dem sich die noch immer blinkenden Blaulichter spiegelten. Aber in diesem Haus gab es nichts mehr zu tun.
Lois blickte noch einmal die Straße hinunter, dann ließ sie ihren Blick noch einmal auf ihre Notizen fallen. Sie hatte mit dem Einsatzleiter der Feuerwehr gesprochen, dem der Polizei, einem der Sanitäter und dem Hausmeister. Bei dem Haus hatte es sich um ein Kinderheim gehandelt. Das Feuer war wohl in einem der Aufenthaltsräume ausgebrochen, ob durch Brandstiftung oder Unachtsamkeit wollte ihr niemand sagen. Angeblich bräuchten die notwendigen Untersuchungen noch Stunden. Das Heim, das 25 Kindern zwischen fünf und 16 Jahren eine Bleibe geboten hatte, war bis auf seine Grundmauern herunter gebrannt. Aber wie durch ein Wunder war niemand ernsthaft verletzt worden.
Doch für die Kinder war es ein herber Schlag; wahrscheinlich würden sie nun auf verschiedene Heime aufgeteilt werden. Alleine, ohne ihre Freunde und ohne ihr Spielzeug. Einen Teil hatte die Feuerwehr versucht noch aus dem Haus zu schaffen, aber sie mussten schnell aufgeben, wenn sie nicht selbst Gefahr laufen wollten, im Feuer zu ersticken. So lag in den schillernden Pfützen nur ein kläglicher Rest dessen, was diese Kinder mal ihr Eigen genannt hatten, ein Monopoly-Spiel, ein paar Karten-Spiele und einige Comic-Hefte. Der Wind blies eines dieser Heftchen auf, gerade als Lois' Blick darauf fiel. Welch eine Ironie des Schicksals, auf einer Seite prangte das Bild des lächerlichen „Super-Irgendwas“ und rief laut aus: ICH helfe euch allen! Lois wusste seinen genauen Namen nicht.
Der heroische Ausruf des Helden entlockte ihr ein müdes Lächeln, „Tja, solche Helden gibt es nur in Comics...“ und machte sich auf den Weg in die Redaktion.
Sie hatte schließlich eine Deadline einzuhalten!
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SPIN: Art, ihr habt gerade eure Tour zum zweiten Album, Matchlight Danger Revelation, absolviert. Wie fühlt sich das an?
Art: Es fühlt sich großartig an. Das ist wirklich ein unglaubliches Gefühl, diese Welle der Begeisterung und Unterstützung mitzubekommen, die einen da fast überrollt, wenn man auf der Bühne steht. Unsere Fans sind wirklich die besten, die man sich wünschen kann. Wir wissen, wir sind gut, aber ohne all die Leute, die unsere Musik hören, wären wir nie so weit gekommen. Da weiß man einfach, wofür man so hart arbeitet.
SPIN: Diesmal waren die Venues ja größer als bei eurer letzten Tour. Macht das einen großen Unterschied, besonders auch was eure Interaktion mit den Fans angeht?
Art: Wenn wir auf der Bühne stehen, wissen die Fans, dass wir ihnen unser bestmögliches Konzert liefern wollen und werden. Egal, wie groß die Bühne, der Club oder die Halle ist.
SPIN: Hat sich an euren Konzerten selbst denn viel verändert?
Art: Wir werden konstant besser. (lacht) Im Ernst, wir entwickeln uns natürlich musikalisch und professionell weiter. Wir müssen jedes Mal aufs Neue die Fans überzeugen, dass wir es sind, die sie sehen wollen. Wir experimentieren viel, bieten den Leuten etwas für ihre Treue zu uns als Band. Durch die größeren Bühnen sind zum Beispiel auch noch einmal beeindruckendere Pyro-Shows möglich geworden.
SPIN: Für eure Pyrotechnik-Shows seid ihr ja unter anderem bekannt. Aber natürlich auch für euren eigenwilligen Stil. Was ist deiner Meinung nach euer Erfolgsgeheimnis?
Art: Wir sind einfach gut, was für eine Frage. (lacht)
SPIN: Wie würdest du euren Stil in diesem Moment eurer Entwicklung denn beschreiben?
Art: Wir experimentieren nach wie vor sehr viel mit verschiedensten Stil-Elementen. Das machen wir schon immer und das wird so bald auch nicht aufhören. Wir schaffen uns gern unseren ganz eigenen Sound und Stil. Wir spielen alle mehrere Instrumente. Wir sind vier Leute in der Band, die alle verschiedenen Einflüssen ausgesetzt sind. Wieso sollte man das nicht für sich nutzen? Wäre doch langweilig, wenn alles gleich klingt.
SPIN: Stimmt. Lass uns noch kurz zu eurer Charity-Arbeit kommen. Ihr macht da ja sehr viel. Vor kurzem habt ihr dann auch eine Stiftung gegründet – wie kam es dazu?
Art: Unsere Stiftung Beyond the Impossible widmet sich momentan vor allem sozialen Projekten für Waisenkinder. Das war uns schon lange ein Anliegen, nachdem das ja auch für CK [Bassist; Anm. d. Red.] eine besondere Herzenssache ist. Und jetzt hat sich eben einfach die Chance geboten, diesen Plan in die Tat umzusetzen.
SPIN: Da bleibt uns doch nichts mehr als euch dabei und auch sonst in Zukunft weiterhin viel Erfolg zu wünschen. Art, vielen Dank für das interessante Interview!
Art: Ganz meinerseits.
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Lois bliebt einen Moment lang im Eingang zu dem kleinen Raum stehen und beobachtete die Band. Die vier hatten sich bereits versammelt und waren scheinbar in ein leises Gespräch vertieft. Worüber sie redeten, konnte sie nicht hören, so sehr sie es auch versuchte. Die schalldämpfenden Schaumstoff-Wände schluckten wohl doch mehr als nur Musiker-Lärm.
Sie versuchte sich jedes Detail einzuprägen. Ja, sie war vielleicht alles andere als begeistert von diesem Interview, auf das Perry ausgerechnet sie angesetzt hatte – aber sie war bestimmt auch alles andere als eine Anfängerin. Ihr Chefredakteur sollte ruhig sehen, dass sie eine solche Aufgabe nicht auf sich würde sitzen lassen!
Auf Sofa sowie Sessel um den niedrigen runden Tisch verteilt saßen drei Männer und eine Frau:
Im Sessel links hinten lümmelte ein eher schmächtiger Mann mit spitzem Kinn, wirren dunkelblonden Locken, wachen Augen und scheinbar niemals ruhenden Fingern und Händen. Er trug ausgewaschene Baggy-Jeans und ein schwarzes Metallica-T-Shirt. Drummer „Crazy“ Jeff Murdock.
Schräg davor, ebenfalls von Lois aus links vom Tisch, erkannte sie Arthur „Art“ Dent, den Sänger der Band, fertig in sein Bühnen-Outfit gehüllt: enge Jeans und eine einfache dunkelgraue Anzugweste. Er schien trotz seiner schmalen, androgynen Gestalt seine Ecke des Raums vollkommen auszufüllen. Seine mit dünnem Kajalstrich nachgezogenen Mandelaugen ruhten beinahe ein wenig überheblich auf der einzigen Frau im Raum.
Gitarristin Azriel „Azzie“ Brown saß Art gegenüber auf der Couch und erwiderte seinen Blick. Sie war eine zierliche Gestalt mit blonden Locken und Feengesicht, das in direktem Kontrast zu ihrer Aufmachung – bestehend aus einem grauen langen Tanktop mit silbernem Pailletten-Scarf, ausgewaschenen Jeans-Shorts, kniehohen schwarzen Stiefeln, sowie großen Ohrringen und diversen Ringen in Schwarz und Silber – stand. Ein wenig wurde Lois an ihre Kollegin Catherine Grant erinnert, auch wenn Gestik und Mimik weicher, weniger kokettierend, weniger berechnend wirkten.
Direkt neben Azzie auf der Couch saß Bassist Clark „CK“ Kent – groß, still, intelligente blaue Augen und feuerrote Haare, die ihm tief in die Stirn hingen. Auch er trug ausgewaschene Jeans über halbhohen Sneakers, ein schwarzes T-Shirt mit dem Aufdruck „Sad Vacation“, einen schlichten Silberring an jeder Hand und schwarze Schweißbänder an beiden Handgelenken.
Aus der Presse bekannte Gesichter.
Lois' Recherchen waren für die extrem kurze Zeit ihrer Meinung nach durchaus gründlich gewesen. Nun gut, vielleicht nicht sooo gründlich; sie war froh, auf ihrem Handy wenigstens die offizielle Band-Homepage mit kurzer Band-Bio und ein paar Bildern durchgesehen zu haben.
Trotzdem, ein paar Dinge hatten sie dabei durchaus überrascht, auch wenn sie das niemals offen zugeben würde. So waren zum Beispiel alle vier Bandmitglieder bereits gut über 20. Etwa in ihrem Alter, teilweise sogar etwas älter – auch wenn sie auf den meisten Bildern, die Lois gefunden hatte, nicht so aussahen, Photoshop sei Dank.
Eine weitere Überraschung war es gewesen, als sie gelesen hatte, dass es Fire! bereits seit über sieben Jahren gab. Sie hatten also bereits einiges an Erfahrung – und wahrscheinlich damit auch schon Enttäuschungen –, waren keine dieser Fließband-Casting-Bands, wie Lois ursprünglich angenommen hatte. Vielleicht hatten sie ja doch mehr drauf als Lois ihnen zugestehen wollte – zumindest musikalisch, denn viel anderes hatten Musiker ja meistens sowieso nicht im Kopf...
Nun, es gab nur einen Weg, das herauszufinden! Lois strich sich noch einmal ihr smartes Nadelstreifen-Kostüm glatt. Räusperte sich dezent, um auf sich aufmerksam zu machen, und trat ein. „Lois Lane, Daily Planet.“
Zwei Augenpaare kamen augenblicklich auf ihr zu ruhen – Art musterte sie mit verhalten kritischem Blick, Jeff sah einfach nur erwartungsvoll zu ihr, ein höfliches Lächeln auf seinen Lippen, als sie zur Begrüßung Hände schüttelten.
Die anderen beiden auf der Couch hatten seit kurzem flüsternd die Köpfe zusammen gesteckt und schienen Lois nicht bemerkt zu haben. Sie räusperte sich erneut, diesmal weniger dezent und ganz bewusst in Richtung von Azzie und CK gewandt. Wie konnten sie es wagen, sie einfach zu ignorieren? Hatten sie etwa keine gute Publicity nötig? – Unhöfliches Musiker-Pack!
Schließlich gab Azzie CK noch einen hastigen Kuss auf die Wange und wandte sich dann mit einem entschuldigenden Lächeln Lois zu. „Verzeihung, Miss Lane. Das war noch wichtig.“
Lois lächelte ebenso neutral-höflich zurück. „Aber natürlich.“ Von wegen... Sie schüttelte die unerwartet kräftige Hand der zierlichen Powerfrau.
Als CK sich ihr auch endlich als letzter zudrehte, bemerkte sie ein kurzes irritiertes Blinzeln und ein minimales Zurückweichen bei ihm. Als hätte sie ihn bei etwas ertappt... Im nächsten Moment jedoch schüttelte er ihr ebenso zur Begrüßung die Hand, sah sie freundlich lächelnd an und machte einen komplett professionellen Eindruck. Vielleicht hatte Lois sich das vorher auch nur eingebildet...
Sie ließ sich elegant in dem verbleibenden freien Sessel nieder und schlug die Beine übereinander. Holte ihr Diktiergerät hervor und schaltete es ein. „Gut, dann fangen wir doch auch gleich an. Azzie, Sie sind die einzige Frau in einer ansonsten reinen Männer-Band – wie ist das so für Sie?“
Lois wusste, ihr höfliches Lächeln war fest an seinem Platz. Sie wollte hier kein 08/15-Interview führen – keine Aufwärmfragen, kein Kuschelkurs. Sie war Enthüllungsreporterin, das sollten ruhig alle merken.
Und für einen Augenblick schienen sie es auch nur allzu deutlich zu merken. Azzie schien überrascht, dass diese erste Frage ausgerechnet an sie ging, antwortete jedoch schließlich, „Ich glaube, als einziger Mann mit drei Frauen hätte ich's schwerer.“ Ein kleines, verschmitztes Grinsen trat auf ihre Lippen und sie sah ihre Bandkollegen an. „Oder, Jungs?“
„Sollte ich irgendwann die Nase von euch voll haben, weiß ich jetzt, was ich machen werd,“ meinte Art ernst. Lois konnte den Schalk in seinen Augen jedoch deutlich erkennen. Genauso wie die amüsierten Gesichter der anderen drei. Als Art sich ihr erneut zuwandte, meinte Lois ein kurzes Zwinkern gesehen zu haben. Oder?... Jedenfalls würde sie sich davon nicht weiter ablenken lassen. „Sie müssen wissen, Miss Lane, Azzie ist unser Bandleader. Somit hält sich das bei uns relativ im Gleichgewicht – und wir drei tanzen praktisch alle nach ihrer Pfeife.“
„So so, interessant...“ Lois versuchte, den Sarkasmus aus ihrer Stimme zu halten. Musiker schienen wirklich alle gleich zu sein – sie wollte gar nicht wissen, was für wilde Orgien die vier im Privaten feierten. Schämte sich die Gitarristin denn gar nicht?! Und so etwas nannte sich dann emanzipierte Frau des 21. Jahrhunderts und wurde sicher von vielen jungen Mädchen da draußen als Vorbild gesehen!
Rasch notierte sie sich ein paar Stichworte, bevor sie zur nächsten Frage ausholte. Erneut ging diese an Azzie. „Als Bandleader haben Sie ja dann wohl die Geschicke der Band in der Hand. Sind Sie mit der momentanen Entwicklung zufrieden?“
„Natürlich; wer wäre das nicht. Obwohl bei uns das meiste sehr demokratisch gehandhabt wird,“ hakte die Blondine noch nach. Versuchte sie sich hier gerade für irgendetwas zu rechtfertigen?
An dieser Stelle schaltete sich Jeff ein. „Die allermeisten Entscheidungen fällen wir gemeinsam und geschlossen. Nur wenn's mal eng wird, hat Azzie eben das letzte Wort. Und sie sieht zu, dass wir alle pünktlich sind.“ Er grinste. „Erinnert uns an Deadlines, Termine und so. Sie ist einfach, sagen wir mal, der gute Geist dieser Band...“
„Um nun aber auf die Frage zurück zu kommen...“ versuchte sie erneut gezielt die Gitarristin anzusprechen.
Doch Art fühlte sich anscheinend angesprochen. Eins musste Lois der Blondine lassen – sie hatte ihre Boytoys gut erzogen. „Ich denke, ich spreche im Namen der Band, wenn ich sage, dass wir alle extrem froh sind, heute hier zu sein. Dass sich die Arbeit auch gelohnt hat. Viel besser als das letzte Jahr hätten wir uns das für die Band gar nicht wünschen können – und wir haben ja gerade erst angefangen. Wir haben noch viel vor.“
Auch wenn Lois sich innerlich über die augenscheinlichen Strukturen innerhalb der Band schüttelte, das war eine Einstellung, die sie durchaus nachvollziehen konnte – auch wenn sie nicht wusste, wie große Chancen sie dieser Band einräumen sollte. Sie schienen ja doch sehr von sich überzeugt... „Und wie sehen Sie das gerade in Bezug auf Ihre Musik, die ja mitunter gerne als recht eigenwillig beschrieben wird?“
Art schien auf diese Frage hin so richtig in Fahrt zu kommen. „Wir wollen uns nach wie vor nicht so einfach in eine Schublade stecken lassen. Wir wissen, was wir tun. Die ganze Einteilung ist sowieso überholt, wenn Sie mich fragen. Und wir entwickeln uns permanent weiter, wieso sollten wir also morgen noch denselben Sound wie gestern produzieren?“
„Sie spielen Ihre alten Songs also nicht gerne?“
„Ganz im Gegenteil. Gerade auch die alten Songs machen immer wieder sehr viel Spaß, aber...“ Art schien für einen Augenblick wirklich nach Worten zu suchen.
Jeff sprang ein, bevor Lois sich dazwischen schalten konnte: „Aber natürlich ist es immer auch reizvoll, neue Sounds und gerade auch neue Instrumente auszuprobieren. Beim letzten Album hat sich das Studio plötzlich mit allem möglichen gefüllt, was wir noch so zuhause gefunden haben – das war wirklich toll.“ Man konnte richtiggehend sehen, wie der Schlagzeuger lächelnd in Erinnerungen abdriftete...
„Dann ist das Schreiben der Songs also ein gemeinschaftlicher kreativer Prozess?“ hakte Lois rasch nach. Das schien ihr trotz aller Skepsis ein interessantes Konzept.
„Also oft schreibt ja CK unsere Songs...“ Jeff sah erwartungsvoll zu seinem Bandkollegen hinüber. Lois folgte seinem Blick.
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Clark merkte, wie mit einem Mal alle Augen auf ihm ruhten. Auch die der Reporterin – ob sie gemerkt hatte, dass er ihre Lippen angestarrt hatte? Das leichte Kräuseln ihrer Nasenspitze, wenn sie eine Frage stellte? Das Feuer in ihren Augen, wenn sie ihren Sarkasmus für einen Augenblick vergaß?
Hastig schloss er seinen Mund und wandte den Blick ab. Sah seiner rechten Hand zu, die mit dem Ring an seiner linken spielte. Spürte einen Anflug von Hitze in seine Wangen steigen...
Als er merkte, dass er jetzt wohl etwas antworten sollte. Er sah wieder auf – unglaublich, Miss Lane hatte wirklich lange Wimpern, die ihre ausdrucksstarken Augen umrahmten... Was hatte er gerade sagen wollen? Was war die Frage gewesen? Er räusperte sich, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
„Sie schreiben also den größten Teil der Songs.“ Da war er wieder, der Sarkasmus in ihrem sonst so warmen Alt, als sich die Reporterin bereits erneut einschaltete. „Was davon ist zuerst da – Text oder Melodie? Und woraus schöpfen Sie Ihre Ideen dafür?“ Sie schien ungeduldig. Wie lange hatte er mit seiner Antwort gebraucht?
Egal... Er nickte. Diese Frage hatte er schon oft genug beantwortet. „Was zuerst da ist, ist ganz unterschiedlich. Kommt auch ganz auf die Idee an... Oft kommen mir die besten Ideen im Verbindung mit Menschen. Ich gehe gern spazieren. Beobachte die Leute. Oder auf Tour, in fremden Städten...“
Wie eloquent, Kent! Innerlich hätte er sich am liebsten geohrfeigt.
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Die Stimme des Bassisten war sehr kontrolliert. Nicht sehr laut, eher zurückhaltend, aber melodisch.
Als er am Ende seiner doch recht kurz gehaltenen Ausführungen lächelte, wusste Lois nicht ganz wieso, doch sie erwiderte das Lächeln. Es war ansteckend... und das Lächeln stand ihm – zumindest wenn Lois nicht das ständige Gefühl seines Blickes auf ihr hatte... Ein bisschen mehr sagen könnte er vielleicht – so ließ er sich wirklich nur sehr schlecht zitieren. Außerdem hasste Lois es, wenn sie das Gefühl hatte, ihren Interview-Partnern Details – und in diesem Fall noch dazu unwichtige – aus der Nase ziehen zu müssen...
Ein rascher Blick auf die Uhr bestätigte ihr jedoch, dass ihre Zeit fast um war. Also entschied sie sich dafür, lieber noch eine abschließende Frage zu stellen: „Was gefällt Ihnen vieren eigentlich am besten am Musiker-Leben?“ Sie sah lächelnd in die Runde und freute sich bereits, bald zu ihren wirklich wichtigen und die Welt verändernden Storys zurück zu kommen.
Erstaunlicherweise war es CK, der nun mit fester Stimme antwortete. „Helfen zu können. Ganz eindeutig.“
Art schaltete sich erklärend ein, denn sein Bandkollege schien nicht gewillt, mehr zu sagen. „Als Band und als Personen in der Öffentlichkeit haben wir zum Glück ja ganz andere Möglichkeiten der Einflussnahme. Und da ist unser Band-Baby einfach die Charity-Arbeit.“ Die anderen nickten zustimmend.
Diese Antwort und die Einigkeit, die darüber in der Band zu herrschen schien, überraschten Lois nun doch. So ganz abnehmen wollte sie es ihnen nicht – inzwischen gab es schließlich PR- und Image-Berater, die speziell berühmten Leuten Charity-Arbeit als Publicity ans Herz legten! Doch wenn sie so in die Gesichter der vier Musiker sah, waren sie entweder extrem gute Schauspieler – oder sie meinten es wirklich ernst...
Anscheinend wollten sie noch weiter ausführen, mehr sagen, doch in diesem Augenblick öffnete sich die Tür und ein kurzgewachsener Mann mittleren Alters kam herein. Auch wenn seine recht exzentrische Kleidung ein wenig fehl am Platz wirkte: ein dunkles Hawaii-Hemd mit einem schwarzweißen Tuch um den Hals und einer Taschenuhr in der Brusttasche, darunter eine Art schwarzer Kilt über engen schwarzen Hosen und weißen Lack-Sneakers, dazu eine John-Lennon-Sonnenbrille auf der Nase und eine Melone auf dem Kopf – er schien doch genau hierher zu gehören. Er hatte eine Aura der Autorität an sich, die Lois vermuten ließ, dass er wohl Fire!s Manager war.
„Entschuldigen Sie die Unterbrechung, Miss Lane!“ wandte er sich sofort mit ausgestreckter Hand an sie. „Mxyzptlk mein Name. Freut mich, Sie endlich mal persönlich kennen zu lernen. Ich muss Ihnen die vier hier jetzt leider entführen zum Aufwärmen für die Show...“
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Ein wenig Swing, ein wenig Folk, einiges Unplugged, viel Rock und Ohrwurm-Potenzial – so könnte man Matchlight Danger Revelation vielleicht in einem Satz beschreiben. Fire!s zweites Album hält, was das erste versprochen hat.
Bereits der Opener, Lies and Truth, eine Mischung aus treibendem Alternative und lässigem Ska, gibt das Konzept des gesamten Werks wider: Independent Alternative Rock mit Schwung und einigen sehr gelungenen Stilbrüchen. Highlights des Album sind solche Songs wie das kryptisch-fetzige Chasing Ted, das an The Curfews große Tage erinnernde Spellslip oder auch die tiefgründige Akustik-Nummer Fill Me In. Als besonderes Schmankerl wartet auf echte Fans zudem eine komplett neu arrangierte und gelungene zweite Cover-Version von Arthur Browns Hit-Single Fire als Bonus-Track.
Auch was die verwendeten Instrumente angeht, dürfen wir gespannt sein, denn gerade auf Matchlight Danger Revelation zeigen sich alle vier Band-Mitglieder musikalisch vielseitig und wandelbar – so finden sich auf dem Album Passagen für Bodhran, Cello, Didgeridoo, Trompete, Saxophon oder sogar Harfe. Geschrieben sind die meisten der Songs erneut von Clark Kent, jedoch sind zwei davon als Zusammenarbeit (Brown/Kent) entstanden, und eines der Stücke – Commentary, ein absoluter Geheimtipp – stammt auch aus der Feder des Gespanns Dent/Brown.
Wieder einmal ist es der Band, die sich nicht so leicht in eine Schublade stecken lassen will, gelungen, eine interessante und unterhaltsame Song-Zusammenstellung zu liefern – und das auf höchstem musikalischem Niveau.
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Eigentlich hatte Clark es sich schon vor einer ganzen Weile abgewöhnt, das Publikum abzusuchen – eigentlich etwa seit dem Tag, als sie angefangen hatten, auch auf größeren Bühnen, so wie hier, zu spielen.
Bei der Erinnerung daran, wie oft er sich früher deshalb verspielt hatte, konnte er ein kleines inneres Seufzen nicht unterdrücken. Manchmal, wenn er viel Zeit hatte, dachte er immer noch an Menschen mit farbenfrohen T-Shirts, die Aufschriften wie „Heroine“ oder „Boxes, etc.“ trugen. Und fragte sich, wie deren Leben wohl aussahen... in welcher Art Kisten sie lebten, mit welchen Kisten sie sich so umgaben... die Helden und Heldinnen des Alltags...
Ein stumpfer, unsauberer Klang beim Slapping-Part. Das ließ ihn mit einem Schlag wieder ins Hier und Jetzt zurückkehren und er konzentrierte sich auf sein Spiel, ließ seine Finger über die Saiten seiner Rickenbacker fliegen. Spürte ganz bewusst die Vibration seiner Fingerspitzen bis hinunter zum Bauchnabel.
„...Three – The one I never should have known
Talk to me and it all blurs
I have this condition, wasn't born this way
Fading, floating, darkness is here
Weird dreams – a rhapsody in red
Will I ever wake up again...“
Und trotzdem... Trotzdem merkte Clark, wie seine Augen immer und immer wieder das Publikum nach ihr absuchten. Jenseits der blendenden Scheinwerfer, die ihm im Gegensatz zu seinen Band-Kollegen noch nie etwas hatten anhaben können. In der Menge, die inzwischen eine beachtliche Größe angenommen hatte. Es stellte kein Problem für ihn dar, auch die entferntesten ihrer Zuhörer noch scharf zu erkennen – auch wenn er schon sehr lange gelernt hatte, dass so etwas nicht in die Kategorie „normal“ fiel...
Da! Da war sie! Etwa in der Mitte der Menschentraube. Die feurige Reporterin von vorhin. Lane, Lois Lane. Vom Daily Planet. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ihr Gesicht war einem dunkelhäutigen kleinen Jungen zugewandt, der auf den Schultern... vermutlich seines Vaters saß und fröhlich im Takt der Musik mitwippte. Sie diskutierte angeregt mit dem Kleinen, schien skeptisch seinen Ausführungen zu lauschen. Ihre langen dunklen Haare streiften mit jeder energischen Bewegung ihres Kopfes die helle, zarte Haut an ihrem Schlüsselbein...
„...What will you find one day
When you're not looking
They're Chasing Ted tonight
More than a simple game...“
Beinahe hätte Clark seinen Einsatz verpasst.
Chasing Ted stammte sogar aus seiner Feder, da müsste er diesen Song eigentlich im Schlaf können. Es war einer derjenigen Songs, bei denen er zusätzlich zum Bass noch Background-Vocals sang. Ein kurzer Seitenblick zu Azzie zeigte ihm, dass sein Schnitzer nicht unbemerkt geblieben war.
Doch suchte sein Blick ganz von selbst bereits erneut Lois Lane in der Menge. Und traf direkt den ihren. Für einen Moment meinte er, sein Herz setzte aus. Explodierte mit den bunten Feuerwerks-Effekten über ihm.
„...Five – Getting out of my lonely corner
It's not the best, but I will live
Someone to live for – a goal to reach
New hope, new life, all the same
I was discovered here
Never thought it happens...“
Waren es solche Momente, die andere Musiker Groupies mit auf Hotelzimmer nehmen ließen? Einige beteuerten ja, jede Einzelne auf ihre Art zu lieben. Oder ihren Art... Aber auch anderweitig gab es da ja genug Geschichten... Clark selbst war nie an Groupies interessiert gewesen. Sicher, es streichelte das Ego ungemein. Aber er hatte sehr schnell gemerkt, dass er nicht der Typ für diese Art von Musikerleben, nicht der Typ für diese Art von Beziehungen war.
Noch auf dem College, damals, als Fire! gerade richtig angefangen hatten, hatte er bei einem Wettbewerb eine junge Frau kennengelernt. Eine Bekannte von Azzie... Lori – lange dunkle Haare, klare wasserblaue Augen und ein ansteckendes Lachen. Sie hatten sich den Abend gut unterhalten. Gescherzt, gelacht, waren sich näher gekommen. Sie hatte ihn ein bisschen bewundert... So hatte eines zum anderen geführt. Und schließlich zu einem One-Night-Stand. Er hatte sich am nächsten Morgen geschämt – er hatte nicht einmal die Ausrede, zu viel getrunken zu haben.
Seitdem war alles, was er gewollt hatte, einfach nur Musik zu machen.
„...What will you find one day
When you're not looking
They're chasing Ted tonight
More than a simple game...“
Bis jetzt...
Das angenehm-unangenehm flatterhafte Gefühl, das sich in seiner Magengegend ausgebreitet hatte, erinnerte ein wenig an seine Jugendzeit. An die Zeit mit Lana. Lana, für die er damals alles getan hätte. Lana, die ihn nie ganz hatte akzeptieren können. Lana Lang, die ihn zu dem gemacht hatte, was er heute war... Und doch sagte ihm sein Kopf, dass es bei Lois Lane anders war – was eigentlich verrückt war, denn er kannte sie ja noch nicht einmal wirklich.
Er beobachtete sie, fragte sich, ob der Kleine vielleicht sogar ihrer war – Clarks Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken. Bei genauer Betrachtung gab es da sogar einige Ähnlichkeiten zwischen dem Jungen und ihr... Aber nein! Sie war als Miss Lane vorgestellt worden, das hieß, sie war nicht verheiratet. Clark atmete erleichtert auf... Verdammt, er musste sie einfach wiedersehen. Wieder treffen. Sie kennen lernen... Vielleicht ja sogar mehr?...
Seine Fingerspitzen wurden noch schneller, glitten mühelos über die dicken Stahlsaiten. Mit träumerischer Sicherheit spielte er das Lick zu Ende. Hörte den vertrauten Knall der Pyrotechnik neben sich... Er ging ein paar Schritte nach vorne, näher an den Bühnenrand. Dann, ein neuer Song. Less...
Aber würde sie ihn als das akzeptieren, was er war? Ein Musiker, ein Träumer... ein Außenseiter, ein Freak. Ein Mann, der sich noch nirgends so zuhause gefühlt hatte wie in der Musik oder auf der Farm seiner Eltern – und dessen Heimat doch ganz woanders lag. Der sich nur als hierher gehörend fühlte – fühlen wollte! – aber es niemals sein könnte, so sehr er es auch versuchte...? Lana hatte es nicht gekonnt, so viel sie ihm auch gegeben hatte.
„...Useless
Fearless
Boundless...“
Erneut ein falscher Ton. Rückkoppelung direkt vom Verstärker hinter ihm... Clark verzog das Gesicht. Nahm aus dem Augenwinkel wahr, wie Azzie zu ihm herüber kam, ihre zierlichen Finger quälten flink die Saiten ihrer Gretsch, ihre Augen sprühten jedoch praktisch Funken. Sie schmiegte sich eng an ihn, räkelte sich beim Spielen lasziv an ihm entlang, ein diabolisches Grinsen auf den Lippen. Beugte sich weit zu ihm vor. Clark spielte ihr Spiel mit. Fan-Service... Er kannte es inzwischen gut genug.
Für die Menge sähe es so aus, als flüsterte sie ihm süße Nichtigkeiten ins Ohr. Er jedoch wusste, es war alles andere als das. Seine Bandleaderin musste mit ihm reden. Sofort. „Clark, das werden langsam ein wenig zu viele Fehler. Reiß dich gefälligst zusammen! Konzentrier dich oder wir brechen ab!“ Das alles sagte sie mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen, auch wenn ihr scharfer Ton keinen Raum für Zweifel ließ, geschweige denn für Widerspruch.
Clark nickte zum Zeichen, dass er verstanden hatte, und konzentrierte sich umso mehr auf sein Spiel. Er schloss die Augen, wollte alle Außenreize ausschließen. Besonders eine gewisse Reporterin, deren abschätzigen Blick er in diesem Moment regelrecht auf sich spüren konnte, der ihn verbrannte – und er war froh, als Azzie wieder von ihm abließ.
„...Both head and heart
Set on the whole of things
Watching from a distance
Running against the stream
At the same time there and not
Inside and out all at once...“
Vor seinem inneren Auge konnte er die Pyrotechnik rund um ihn herum in spektakulären Bögen explodieren sehen. Sah sie in Lois Lanes Augen gespiegelt...
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Es war beinahe wie ein Tanz. Nein, es war ein Tanz, wurde es Egan schlagartig bewusst.
Und das war auch wieder nicht ganz richtig, denn es schien ihm, dass er dieses Wissen schon lange hatte – es war eher wie ein Wiederentdecken. Wie ein Schlaflied, das man gesungen bekommen hatte, als man noch zu klein war, es wirklich wahrzunehmen.
Allerdings war dies hier schneller, leidenschaftlicher. Ein Charleston oder Tango, oder ein Samba. Blumen. Meere. Welten. Ganze Galaxien tanzten in einem Rhythmus, dem – da war er sicher – nicht einmal ein Weltklasse-Tänzer folgen konnte. Mühelos, fast schwerelos. Formten sich im Takt neu, fielen in sich zusammen und bäumten sich erneut aus ihnen selbst auf.
Gleichzeitig fasziniert und angsterfüllt, konnte Egan nicht anders als zuzusehen. Seine Augen tränten, aber schließen konnte er sie nicht. Das alles verschlingende Orange, Gelb, Rot hielt ihn in seinem Bann.
Und über allem lag das unheimliche Knistern des Feuers...
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To be continued...
To be continued...