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Nur in meinen Träumen - 1/?

FanFiction zur TV-Serie "Superman - die Abenteuer von Lois und Clark" (orig. "Lois and Clark - the New Adventures of Superman")

Nur in meinen Träumen - 16

Beitragvon Vega » Sa 26. Mär 2011, 19:26

Völlig verwirrt fand ich mich im Park wieder. Meine Beine hatten einfach diesen Weg genommen. Müde und mit verquollenen Augen blinzelte ich in die Nacht, kämpfte mit der Dunkelheit und dem dichten Regen, der sich in breiten Wänden um mich herum aufgebaut hatte. Mir war nicht einmal bewusst gewesen, dass es angefangen hatte zu regnen. Doch das Wetter passte zu meiner Stimmung. Es war ungewöhnlich kalt und ich hielt meine Arme eng um den Körper geschlungen. Viel half es nicht. Die Kälte kroch mir in die Glieder und verstärkte das Gefühl der Einsamkeit noch, dass mir schier den Atem nahm. Ich wollte begreifen, was geschehen war. Doch das gelang mir nicht. Die Erinnerungen an die Begegnung mit Clark im Hotelzimmer vermischte sich zu einem verwirrenden Reigen von Bildern, die schnell aufeinander folgten und mit jeder Wiederholung weniger Sinn ergaben.

<Weil…weil… ich dich liebe.>

<Du bist Superman!>

< Ich hatte wirklich gehofft, dass ich dir das ersparen könnte, um Deinetwillen.>

Wie die Farben in einem Kaleidoskop verschwammen die Worte ineinander. Warum hatte er mir das alles verschwiegen? Wie konnte Clark Superman sein? Wie konnte er überhaupt so mit mir umgehen? Trotz allem hatte ich Clark immer für einen Mann mit mehr Integrität gehalten. Er behandelte Frauen mit Respekt, er quälte sie nicht! Ich kannte ihn doch, oder hatte das wenigstens angenommen. Es erschien so unwirklich, wie aus einem schlechten Traum. Ich hatte es mit eigenen Augen gesehen und dennoch wehrte ich mich verzweifelt dagegen.

„Lois?“, sagte eine Stimme neben mir, ruhig und dunkel. Unwillkürlich schnellte mein Puls hoch, bis ich bemerkte, dass es Clark war, der aus der Dunkelheit auftauchte. Ich fuhr zusammen und blickte ihn erschrocken an. Im fahlen Mondlicht wirkte er noch ein wenig blasser als zuvor.

„Geh weg…“, murmelte ich widerwillig und wandte mich wütend von ihm ab.

„Lois… bitte“, flehte er mit zitternder Stimme. Seine Schuhe machten ein schmatzendes Geräusch auf dem schlammigen Weg, als er auf mich zukam. „Ich wollte dich nicht verletzen.“

„Das hast du aber, Clark“, entgegnete ich vorwurfsvoll und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr er mich erschreckt hatte. „Mehr als du dir vorstellen kannst.“ Wieder hörte ich diese seltsam schmatzenden Laute, während Clark ein paar Schritte um mich herum ging. Doch ich ließ ihm keine Chance mir ins Gesicht zu blicken.

„Lois, bitte sieh mich an…“, bat er hilflos und legte schließlich eine Hand auf meine Schulter. Ich schüttelte ihn ab.

„Wozu noch?“, zischte ich und klang dabei wütender, als ich tatsächlich war. In Wahrheit wusste ich nicht, was ich denken sollte. „Du hast mich belogen – du spielst ein ganz übles Spiel mit mir!“, würgte ich mühsam hervor. „Nicht einmal Claude wäre so mit mir umgesprungen. Ich hätte es wissen müssen – ich hatte meine drei Regeln nicht umsonst aufgestellt. Und dann hast du mich dazu gebracht sie zu brechen!“, warf ich ihm vor. Schließlich hatte ich mich doch noch zu ihm umgedreht und zielte mit einem spitzen Zeigefinger unablässig auf Clarks Brust.

Bei der Erwähnung Claudes hatte Clark nach Luft geschnappt. Vielleicht irrte ich mich ja, aber mir schien, dass er im fahlen Mondlicht noch ein wenig blasser wurde. Langsam und verzweifelt schüttelte er den Kopf und brachte es nicht mehr fertig mir in die Augen zu sehen. Stattdessen blickte er betreten auf einen Punkt auf halbem Wege zwischen meinem Bauchnabel und dem Boden.

„Es tut mir so Leid, Lois“, murmelte er kaum hörbar. „Das habe ich nie gewollt.“

Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ich kam nicht mehr dazu. Clark hob den Kopf und sein Mund öffnete sich leicht. Auch wenn ich sein Gesicht nicht genau sehen konnte, ahnte ich, dass seine Augen abwesend blickten. So war es immer, kurz bevor er verschwand.

„Ich höre etwas“, sagte er angespannt, und begann sich unruhig umzuschauen. „Jemand kommt…“, flüsterte er und senkte dabei seine Stimme, so dass ich Schwierigkeiten hatte ihn zu verstehen.

Clark kam einen Schritt auf mich zu und fasste meine Hände. Ich versuchte ihn abzuwehren, aber das ließ er nicht zu. Mit festem Griff zog er mich mit sich, tief in die Schatten zwischen den Bäumen und Büschen, die die Parkwege säumten. Es war dunkel um uns herum, dunkler vermutlich, als es in Metropolis jemals werden konnte. Als Clarks vom Mondlicht beschienene Gestalt zwischen den Bäumen verschwand, wurde er förmlich unsichtbar. Hätte er nicht meine Hände gehalten, ich hätte nicht sagen können, wo er sich befand.

Mein Herz schlug wie wild. Zorn tobte in mir, machte mich völlig blind. Wieder versuchte ich mich aus seinem Griff zu befreien. Aber was konnte ich schon gegen Superman ausrichten? Die Hilflosigkeit trieb mir wieder Tränen in die Augen. Warum brüllte ich ihn nicht an, riss mich von ihm einfach los? Ich hatte genug von Clark! Völlig mühelos zwang er mich dazu ihm zu folgen, zerrte mich in den Schatten, verschwieg mir was eigentlich los war und eröffnete mir von einem Moment auf den anderen, dass er Superman war.

„Was denkst du…“ zischte ich, rasend vor Wut. Das letzte Wort verschwand in seiner Handfläche, als hätte ich es niemals ausgesprochen.

„Psst“, wisperte er mir zu und zerrte mich noch tiefer in den Schatten, als auch ich hörte, was Clarks Ohren schon viel früher aufgeschnappt hatten.

Schritte knirschten über den Kiesweg, näherten sich in einer schnellen Stakkatofolge. Offenbar hatte es jemand eilig. Der Wind wehte Stimmen zu uns herüber. Es dauerte einen Moment, bis ich mich dazu bringen konnte zu lauschen. Die Worte waren zu undeutlich. Es fehlte nicht viel und ich hätte frustriert aufgeseufzt. Aber Clarks Hand, die immer noch fest auf meinen Mund gepresst war, hielt mich ohnehin davon ab einen Laut von mir zu geben.

Die Stimmen wurden lauter und einzelne Worte verständlich – doch sie ergaben keinen Sinn. Ich konnte allenfalls erahnen, dass Clark neben mir den Blick in die Leere gerichtet hatte. Mir wurde plötzlich bewusst wie oft ich ihn schon dabei beobachtet hatte, ohne jemals zu verstehen was er eigentlich dabei tat. Wie konnte ich eigentlich glauben jemanden zu lieben, von dem ich so gut wie nichts wusste?

„Was soll das heißen, schlechte Neuigkeiten?“, zerriss plötzlich eine laute Stimme die Nacht.

„Das Paar, auf das sie ein Auge geworfen haben, das sind Lois Lane und Clark Kent vom Daily Planet“, erklärte jemand nervös. „Ich hab die Lane erkannt. Da war letztens ein großes Foto von ihr im Planet.“

„Ja und? Wir sind mittlerweile über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Es wird Zeit, dass die Presse über unser Unternehmen schreibt. Ein bisschen Publicity kann unserer Sache doch nur nutzen!“ warf der andere entspannt ein. Ein Lachen schwang in seiner Stimme mit.

„Verstehen Sie denn nicht? Das sind nicht irgendwelche Reporter! Die beiden sind Enthüllungsjournalisten. Wenn die herausfinden, was hier wirklich läuft, dann…“ seine Worte erstarben, doch meine Reporterinstinkte waren eindeutig geweckt.

„Dann werden wir Ihnen eben keine Gelegenheit geben, herauszufinden, was wir tun. Beschäftige Sie! Dir wird schon etwas einfallen. Also, was ist jetzt mit Mr. Knox? Wird er mitmachen?“ Die Stimmen wurden wieder leiser, während die beiden Männer den Weg hinunter schritten, weiter weg von der Hotelanlage.

Ich konnte nicht sehen, ob der andere den Kopf schüttelte oder nickte. Jedenfalls erwiderte er nichts mehr. Den Rest der Unterhaltung verschluckte die Dunkelheit, jedenfalls für mich. Clarks Körper war weiterhin gespannt, während er den Kopf in die Richtung wandte, in die die beiden verschwunden waren. Ich befreite mich von seiner Hand, die mir immer noch den Mund zuhielt.

„Clark!“, zischte ich halb verärgert und halb fasziniert.

Er fuhr erschrocken zusammen und hob seine Hände schützend an seine Ohren. Ich erinnerte mich, dass er sich schon einige Male plötzlich die Ohren zugehalten hatte. Nun wusste ich, was das bedeutete. Sein Supergehör war offenbar nicht nur nützlich, sondern auch empfindlich. Kurz empfand ich eine gewisse Befriedigung dabei ihn leiden zu sehen – und schämte mich dafür.

„Sie erpressen Ehepaare“, platzte es aus Clark heraus, während er aufstand und mir die Hand reichte. „Die nutzen diese Einrichtung, um Paare auszuspionieren. Sie suchen die passenden Opfer - reich, mächtig, was auch immer sie brauchen. Wahrscheinlich verschaffen ihnen ihre Psychospielchen alle nötigen Informationen.“

Bei dem Wort „Psychospielchen“ hätte ich beinahe gelacht. So etwas gehörte eigentlich eher in mein Vokabular als in Clarks. Aber plötzlich fühlte ich wieder dieses Kribbeln in den Fingerspitzen, wie immer, wenn ich einer großen Story auf der Spur war.

„Hast du sonst noch etwas gehört?“, fragte ich aufgeregt, und froh darüber, dass meine Beziehung zu Clark zum ersten Mal seit Wochen keine Rolle spielte. Wie konnte ich so einfach darüber hinweg gehen, was er getan hatte? Ich musste den Verstand verloren haben. Doch ich sehnte mich so verzweifelt nach ein bisschen Normalität

Er schüttelte langsam den Kopf. „Zu viele Nebengeräusche…“

„Aber es ist doch ganz still!“ widersprach ich verwirrt.

„Nicht für mich. Streitende Ehepaare, das Klavier in der Bar. Ist nicht ganz einfach, sich unter all den Geräuschen auf zwei Stimmen zu konzentrieren“, setzte er entschuldigend hinzu zu und verbarg die Hände in den Hosentaschen.

Langsam schlenderten wir den Weg durch den Park zurück zum Hotel. Warum folgte ich ihm eigentlich noch? Weil ich wusste, dass da mehr war? Weil ich auf eine bessere Erklärung für sein Verhalten hoffte, als die dass er Superman war? Hin und wieder blickte ich ihn von der Seite an. Sein Gesicht war im Mondschein nur schwach erleuchtet. Die Situation war fremd und vertraut zugleich. Hier waren wir wieder, in dunklen Ecken auf der Jagd nach einer neuen Story. Alles hätte gut sein können, doch das war es ganz und gar nicht. Ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass der Graben zwischen uns immer tiefer wurde.

Wieder hob Clark den Kopf und starrte ins Leere. „Ein Flugzeug…“, sagte er leise, beinahe atemlos und mit einem gewissen Entsetzen in der Stimme. „… es wird abstürzen.“ Sein Blick wurde wieder klar und er schaute mich ernst an. „Lois, ich muss…“, er brach ab, lächelte unsicher. „Es tut mir Leid.“

„Geh schon“, murmelte ich, einerseits erleichtert darüber, dass ich nun wusste, wohin er immer verschwand, andererseits verärgert, dass unsere Gespräche immer so endeten.

Clark drehte sich um und rannte in die Nacht, weg vom Hotel. Nur Augenblicke später hörte ich das vertraute „Wuusch“, als er in den Himmel stieg. Langsam atmete ich aus und wurde mir erst in diesem Moment darüber bewusst, dass ich die Luft angehalten hatte.
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Nur in meinen Träumen - 17

Beitragvon Vega » Do 31. Mär 2011, 18:20

Es war fast drei Uhr morgens, als ich wieder auf meinem Bett saß. Ich war müde, der Tag steckte mir in den Knochen. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Ich hatte es versucht, wirklich versucht. Das Licht war aus, ich lag unter der Decke und suchte nach einer bequemen Position. Sieben Mal hatte ich mich bereits umgedreht, doch das half nicht im Geringsten. Der Schlaf wollte nicht kommen.

In meinem Kopf drehten sich die Gedanken, kehrten immer wieder zu mir zurück, so sehr ich mich auch dagegen wehrte. Clark war Superman. Ich wusste nicht so recht, was das für mich bedeutete. Wo steckte er jetzt? War er noch immer bei dem Flugzeug? Oder hatte er nun doch beschlossen, nicht zurückzukehren? Die Ungewissheit war quälend. Ich war auf der Suche nach Antworten gewesen, doch gefunden hatte ich nur noch mehr Fragen.

Ungeduldig wischte ich die Decke beiseite. Warten war nie meine Stärke gewesen, umso weniger, als es nun eine Möglichkeit gab, herauszufinden, wo Clark steckte… Der Fernsehbildschirm flackerte auf.

<…berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.> beendete der Sprecher gerade einen Beitrag und wandte den Blick in eine andere Kamera. Das Bild schaltete um und zeigte den Mann nun wieder von vorn. Ich kannte ihn vage von meiner kurzen Zeit bei LNN. <Eine Maschine der Fluggesellschaft AirAmerica ist heute Nacht knapp einer Katastrophe entronnen. Kurz vor der Landung auf dem Flughafen von Metropolis fielen die Triebwerke aus. Superman konnte das Flugzeug gerade noch rechtzeitig abfangen und sicher auf dem Flughafen absetzen. Keiner der Passagiere wurde verletzt, drei erlitten einen leichten Schock.>

Das Hintergrundbild wechselte. Das Gesicht eines Popsternchens erschien, dessen Namen ich nicht einmal kannte. Es hatte Zeiten gegeben, in denen Beinahe-Abstürze von Flugzeugen mehr wert gewesen waren, als eine kurze Meldung nebenbei. Doch das war bevor Clark unser aller Leben verändert hatte. Noch immer tat ich mich schwer, mir meinen Partner im blauen Anzug mit Cape vorzustellen.

Diese Lüge verdrängte fast alles andere. Clark hatte mich hintergangen. Wog das schwerer, als die Wochen, in denen er mir die kalte Schulter gezeigt hatte? Ich konnte es nicht mit Sicherheit sagen. Nur der letzte Verrat lag mir noch mehr im Magen. Hatte er mich tatsächlich nur benutzt? Für Sex? So etwas hatte ich nicht von ihm erwartet. Clark war nicht so. Ich wollte mir nicht vorstellen, dass er auch nur entfernt Ähnlichkeit mit Claude oder Paul hatte. Sex hatte in unserem auch so schon reichlich komplizierten Beziehungsgeflecht nie eine Rolle gespielt. Bis jetzt. Doch was mich am meisten verwirrte, war, dass er die Sache nicht zu Ende gebracht hatte.

Trotzig schaltete ich den Fernseher ab und kuschelte mich wieder in meine Decke. Ich würde einfach wach bleiben und den Rest der Nacht damit verbringen Clark ein schlechtes Gewissen zu machen.

Doch der Schlaf kam schneller als erwartet.

Ich wachte auf, als Clark zurückkam. Das Zimmer war dunkel, doch seine Silhouette hob sich im schwachen Mondlicht ab. Auf seinem Gesicht war ein Lächeln zu erahnen. Langsam kam er näher, setzte sich ganz behutsam auf den Bettrand. Er rührte sich nicht, beobachtete nur und lächelte. Es war das schönste Lächeln, das ich seit langem gesehen hatte. Gern hätte ich ihn berührt, doch ich hatte Angst ihn zu vertreiben. Unsere Beziehung war so zerbrechlich geworden. Vielleicht würde er gehen, sobald ihm bewusst wurde, dass ich gar nicht schlief?

Nervös versuchte ich gleichmäßiger zu atmen. Doch es war kaum möglich Superman zu täuschen. „Lois?“, fragte er mit warmer Stimme, doch kaum laut genug, um mich zu wecken. „Du bist wach?“

Ich schlug die Augen auf. „Du kommst spät“, sagte ich leise.

„Ich weiß“, erwiderte er schuldbewusst. „Es tut mir Leid, Lois“, murmelte er und ließ sich langsam neben mir auf dem Bett nieder.

Fast war es, als bewege er sich in Zeitlupe. Er ließ mir alle Zeit, mich gegen die Nähe zu wehren. Doch ich hatte nicht vor zu protestieren. So viele unnütze Kämpfe hatte ich schon mit ihm ausgefochten, nur um ihn beinahe zu verlieren.

„Wirst du damit zurecht kommen?“, fragte er bedrückt und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Womit?“ Ich richtete mich halb auf, um ihm besser in die Augen sehen zu können.

„Mit der Wahrheit“, gab er leise zurück und schluckte hörbar. „Damit, dass ich dich belogen habe, Lois. Das hätte ich nicht tun sollen. Ich hätte dir alles sagen müssen. Es tut mir so Leid.“ Seine Stimme klang erstickt, als würde er alles tun, um ein Schluchzen zurückzuhalten.

Langsam beugte er sich vor und überwand die Distanz zwischen uns. Sein Kuss war sanft, zurückhaltend. Er ließ sich Zeit, ließ mir die Zeit mich zu entscheiden. Ich war mir fast sicher gewesen, dass ich ihm nicht verzeihen könnte. Er hatte mich belogen, hatte mir etwas vorgespielt, mich zum Narren gehalten. Doch als ich seine Lippen spürte, schmolzen meine Vorsätzen und meine Wut dahin. Ich verlor mich in der Süße der Berührung. Warm prickelte sein Atem in meinem Gesicht, während er mich mit einem Regen aus Küssen bedeckte.

„Ich wünschte, ich könnte dir immer so nahe sein“, flüsterte er und begann mich zu streicheln. Eine Gänsehaut breitete sich über meinem Körper aus, gefolgt von einem wohligen Schauer, der mich bis in die Fingerspitzen erwärmte.

„Aber das kannst du doch, Clark“, brachte ich atemlos hervor. Ich fühlte mehr, als das ich sah wie er den Kopf schüttelte.

„Nur in meinen Träumen“, erwiderte er leise und so unendlich traurig, dass ich den Kloß in seinem Hals spürte, als wäre es mein eigener.


Als ich aufwachte, blinzelte die Sonne durch die Vorhänge. Ich lag allein im Bett, die andere Hälfte des Doppelbetts war unbenutzt. Unwillkürlich entschlüpfte mir ein Seufzen. Träge schob ich die Decke beiseite und war für einen Moment versucht sie einfach wieder über den Kopf zu ziehen. Was konnte es da draußen schon geben, das es wert war aufzustehen?

Als hätte jemand meine Gedanken gelesen zog ein Hauch von frischem Kaffeeduft durch das Hotelzimmer und wurde stärker, je weiter ich mich von meinem Bett wegbewegte. Dann klopfte es leise an die Tür zu meinem Zimmer.

„Lois? Bist du wach?“, fragte Clarks sanfte Stimme.

„Das weißt du doch“, gab ich unwirsch zurück.

Ich riss die Tür auf, bereit meine gesamte schlechte Laune an Clark auszulassen. Wenn jemand es verdient hatte dann er. Mich einfach so jahrelang zu belügen, um mir dann aus heiterem Himmel vor den Kopf zu knallen, dass er Superman war. Ganz abgesehen von… Nun darüber wollte ich gar nicht erst nachdenken. Knurrig trat ich aus dem Schlafzimmer.

Clark zuckte zurück, zog den Kopf ein, versuchte sich hinter sich selbst zu verstecken. Ich bemerkte dennoch, dass er blass war. Dunkle Ringe zeichneten sich unter seinen Augen ab. Auf einmal war meine Wut verflogen. Ich hatte ihn niemals zuvor so erschöpft gesehen.

„Guten Morgen, Lois.“ Die Kaffeetasse, die er mir entgegen hielt, war ein Friedensangebot. Seine Hände zitterten. Ein schwaches Lächeln huschte über seine Lippen, gerade stark genug die Mundwinkel ein wenig zu heben.

„Guten Morgen, Clark“, erwiderte ich automatisch und nahm den dampfenden Kaffee entgegen. Verwirrt folgte ich ihm zu dem Servierwagen, auf dem das Frühstück thronte.

Auf jedem Teller lag ein Croissant, das selbst bis zu mir verführerisch duftete. Dieser cremig-buttrige Geruch ließ mir unwillkürlich das Wasser im Munde zusammenlaufen. Mein Widerstand schwand dahin und ich hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, als ich Clarks Einladung zum Frühstück folgte. Welchen Kampf auch immer wir ausgefochten hatten, ich war die eindeutige Siegerin.
Ein wenig verloren blieb Clark neben dem Servierwagen stehen, schenkte mir Orangensaft ein und bot mir fahrig noch mehr Gebäck an.

„Willst du dich nicht setzen?“ fragte ich ungeduldig, als er keine Anstalten machte, das Frühstück mit mir zu teilen.

„Ich… doch… ich“, brachte er unzusammenhängend hervor und schaute unschlüssig zwischen mir und dem freien Stuhl hin und her.

„Was ist los, Clark?“, drängte ich ihn. „Hatten wir uns nicht darauf geeinigt, nun über alles zu sprechen?“

„Ich habe einfach nicht besonders gut geschlafen“, murmelte er und fuhr sich mit der Hand durchs wirre Haar. Er nahm die Brille von der Nase und rieb sich die müden Augen.

„Du hast überhaupt nicht geschlafen“, stellte ich ungerührt fest.

„Das ist nicht wahr“, verteidigte er sich, während er sich endlich doch zu mir setzte. „Ich bin kurz eingenickt und…“ Seine Wangen nahmen ein tiefes Rot an, er räusperte sich verlegen und nahm das Croissant von seinem Teller. „Du hast Recht“, gestand er nach einer Weile ein. „Ich habe im Grunde nicht geschlafen.“ Das Rot blasste etwas ab.

„Seit wann?“, wollte ich wissen und schalt mich dafür, dass ich mich dafür überhaupt so offensichtlich interessierte.

Sie kam nicht gleich. Clark verteilte die Butter umständlich auf dem Croissant und nahm dann einen Schluck Orangensaft um seinen Mund zu befeuchten. Seine Hände zitterten stärker.

„Seit wann, Clark!“, forderte ich noch einmal und warf ihm einen Mad Dog Lane-Blick zu, der zumindest Jimmy in eine Salzsäule verwandelt hätte.

„Drei oder vier Wochen.“ Seine Worte waren kaum mehr als ein Flüstern, verschwanden, als er in das Croissant biss. Es war mit Sicherheit Absicht. Ich starrte Clark entsetzt an.

„Wie bitte?“, keuchte ich verblüfft. Warum hatte ich nichts gemerkt? „Drei oder vier Wochen?“

„Es ist nicht so, als ob ich gar nicht geschlafen hätte“, verteidigte er sich. Dann ergriff die Rastlosigkeit wieder Besitz von ihm und er stand hastig auf, suchte sich einen Platz am Fenster, weit weg von mir. Er starrte hinaus und aß gedankenverloren sein Croissant.

Mein Mund war ganz trocken geworden und nun war es an mir mich an den Orangensaft zu klammern.

„Musst du denn…?“, ich ließ die Frage verklingen.

Die Antwort war im Grunde offensichtlich. Und doch wurde mir schmerzlich bewusst, wie wenig ich eigentlich über ihn wusste. Ich kam mir albern vor. Hatte ich ihm wirklich einmal meine Liebe geschworen ohne über so grundlegende Dinge Bescheid zu wissen, wie darüber, ob er Schlaf brauchte?

„Ja“, sagte er kraftlos. „Zwei… drei Stunden pro Nacht halte ich eine Weile durch…“, murmelte er und verfiel dann in Schweigen. Ich fragte ihn nicht wie lang diese Weile wohl war. Doch ich hatte das Gefühl, dass er in letzter Zeit kaum auf diese drei Stunden gekommen war. „Lois, müssen wir jetzt darüber reden?“, fragte er dann und kehrte wieder an seinen Platz zurück. Es schien ihm Mühe zu bereiten.

„Worüber dürfen wir denn reden?“, erwiderte ich bissig.

Clark überging diesen Seitenhieb. „Über Mr. Knox?“, bot er an und kehrte wieder zum Tisch zurück.

„Mr. Knox?“ Ich versuchte mich zu erinnern, aber dafür war ich zu abgelenkt.

„Die Story“, erwiderte Clark geduldig. „Die beiden, die wir gestern im Park belauscht haben, haben diesen Namen genannt.“

Um nicht sofort antworten zu müssen, griff ich nach meinem Croissant. Es war noch warm, wusste der Himmel, wie Clark das geschafft hatte. Den Bruchteil einer Sekunde erinnerte ich mich wieder daran, wie genau er diese Kunststücke zuwege brachte.

„Bist du dafür extra nach Paris geflogen?“, wollte ich wissen, während ich das Gebäck entzwei brach. Die Röte, die seine Wangen überzog war Antwort genug. „Warum?“

„Ein Bestechungsversuch?“, gab Clark leise zurück. „Damit du wieder mit mir sprichst.“

„Ich spreche doch mit dir“, erwiderte ich kalt.

„Wie du meinst“, entgegnete Clark etwas hilflos.

Seine Augen wichen meinem Blick beständig aus, was eine unbändige Wut in mir auslöste. Ich hielt mich davon ab, ihm etwas an den Kopf zu werfen, indem ich in mein Croissant biss. Es zerging auf der Zunge, weich und tröstlich verbreitete es seinen Geschmack, bis ich mich einigermaßen beruhigt hatte.

„Wenn ich dich daran erinnern darf, ich bin nicht diejenige, die damit angefangen hat“, setzte ich trotzig hinzu.

Clark öffnete den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zu schließen. Was sollte er dazu auch zu sagen haben, ich hatte schließlich Recht. Doch genauso schnell wie sie gekommen war, verflog meine Wut auch wieder. Wie viel leichter wäre es gewesen mich mit ihm zu streiten! Clark gab einfach auf und das sah ihm noch viel weniger ähnlich, als alles andere, dass ich bereits erlebt hatte. Schweigend frühstückten wir weiter, weil keiner wusste, was er sagen sollte.
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Nur in meinen Träumen - 18

Beitragvon Vega » Fr 1. Apr 2011, 21:18

* * *

„Die Sprachlosigkeit ist der größte Feind einer gesunden Beziehung“, dozierte ein Mann, Zoll für Zoll Psychologe.

Seine Füße steckten in bequemen Sandalen, seine krause Mähne hatte sich auf seinen Hinterkopf zurückgezogen und eine Brille saß tief auf seiner Nasenspitze. Lässig lehnte er in seinem Stuhl, als hätte er bereits sein ganzes Leben hinter den Patienten auf der Couch verbracht. Er blickte die Gruppe verzweifelter Ehepaare kaum an. Seine Augen ruhten auf dem Bogen, den er im Schoß geborgen hatte.

„Gefühle müssen zum Ausdruck gebracht werden, Ärger ebenso wie Zuneigung“, fuhr er fort und hob den Kopf nun doch weit genug, um einmal in die Runde zu schauen. Er erntete zustimmendes Nicken. „Die Basis einer guten Beziehung ist Ehrlichkeit.“ Auf das letzte Wort folgte eine Pause, wie um das Gesagte zu unterstreichen. „Doch vergessen Sie nicht, dass Ehrlichkeit auch verletzen kann. Lob darf nicht falsch klingen und Kritik nicht zu harsch. Fragen Sie sich immer, wie Sie die Wahrheit hören wollen würden.“

Die salbungsvollen Worte des Psychologen plätscherten dahin, während es mir immer schwerer fiel, ihnen zu lauschen. Mir kam es nicht so vor, als wäre meine Beziehung zu Clark einfacher geworden, seit er ehrlich zu mir gewesen war. Die ganzen letzten Monate war ich in einen Lügner verliebt gewesen. Der Gedanke verursachte mir Sodbrennen.

„Komm schon, Clark. Was ist los?“, versuchte ich eine Antwort aus ihm herauszukitzeln. Mit geschlossenen Augen lehnte er an der Wand des Aufzugs und schwankte leicht. „Du siehst grauenvoll aus!“ Es war nicht übertrieben. Clark war leichenblass, seine Hände zitterten, während er sich am Handlauf festklammerte.

„Nichts, nur Kopfschmerzen“, murmelte er kraftlos und schüttelte wie zur Bekräftigung den Kopf. Er verzog das Gesicht.

„Ich glaube, ich habe im Schreibtisch noch Aspirin“, bot ich an und schaute ihn mitleidig an. So lange ich ihn kannte, war Clark noch nie krank gewesen. Nun sah er wirklich elend aus.

„Ist schon gut“, gab Clark zurück. „Ich glaube nicht, dass das hilft.“

„Streit mit Mayson?“, fragte ich und spürte dabei einen Stich. Ich konnte mich einfach nicht daran gewöhnen, dass er mit ihr zusammen war. Fast hoffte ich, dass er nun nicken würde.

Es dauerte eine Weile, bis er antwortete. Sein Blick war abwesend und ich war mir nicht sicher, dass er mich tatsächlich gehört hatte. Doch dann nickte er.

„Ja, gestern Abend“, gab er zurück und kniff wieder die Augen zusammen, als würde ihn ein noch heftigerer Schmerz plagen. „Ich weiß nicht, ich glaube, ich sollte zu ihr gehen und mich entschuldigen“, setzte er hinzu und drückte für das Stockwerk, das unter der Redaktion lag. Augenblicke später waren wir dort, die Türen öffneten sich und Clark stieg aus. „Bis später, Lois“, verabschiedete er sich noch, bevor sich die Aufzugtüren wieder schlossen.


Kurze Zeit später hatte Diana Stride behauptet, Clark sei Superman. Ich hatte ihr nicht geglaubt. Nun wusste ich es besser. War er damals überhaupt zu Mayson gegangen?

Um mich herum standen alle auf, rückten Stühle. Der Vortrag war offenbar vorbei. Ich spürte Clarks Hand erst auf meiner Schulter, dann an meinem Ellbogen. Er brachte mich dazu aufzustehen, rückte ebenfalls meinen Stuhl zurecht und nahm mich dann mit.

„Geht es dir gut, Lois?“, fragte er besorgt.

„Mir ist nur klar geworden, wie wenig Ehrlichkeit in unserer Beziehung bedeutet“, feuerte ich zurück, ohne dass ich wirklich angegriffen worden war.

„Wie bitte?“, er klang verwirrt.

„Ging es nicht darum? Dass wir ehrlich zueinander sein sollen?“ fuhr ich fort und fragte mich gleichzeitig, ob es in der vergangenen halben Stunde tatsächlich darum gegangen sein sollte.

„Ja“, entgegnete Clark angespannt. „Und ich habe mich entschuldigt, Lois.“

„Damit soll also alles wieder in Ordnung sein, Clark? Du entschuldigst dich? Du verschwindest aus meinem Leben und ich soll das einfach so hinnehmen, weil du dich entschuldigt hast?“, zürnte ich ihm und drehte mich auf dem Absatz um.

Meine Hände waren zu Fäusten geballt, während ich mich verzweifelt darum bemühte ihn zu hassen. Das war der einzige Weg, das alles zu ertragen. Doch so tief sich meine Finger auch in meine Handflächen bohrten, ich hatte nicht den Eindruck, dass es etwas nutzte. Mein Herz schlug bei dem Gedanken an Clark schneller. Warum hatte er nur so eine Macht über mich? Der letzte Traum hatte meine Lage nicht gerade verbessert.

„Mrs. White? Ein Brief für Sie!“, riss mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Wäre die Hotelangestellte, die mich angesprochen hatte, nicht geradewegs auf mich zugestürmt, hätte ich mich nicht angesprochen gefühlt. Nur langsam fiel mir wieder ein, dass wir Undercover waren.

So blieb ich irritiert stehen. Die Hotelangestellte hatte ein strahlendes Lächeln aufgesetzt. Ihr Haar war kraus, blond und verlieh ihr eine gewisse Ähnlichkeit mit Mayson Drake. Sogar ihr Lächeln war ähnlich gestelzt. Sie schaute an mir vorbei, so unauffällig, dass ich es beinahe nicht bemerkt hätte. Auch wenn ich ihn nicht sah, wusste ich mit untrüglichem Gespür, dass Clark an eben dieser Stelle neben mir stand.

„Danke“, erklärte ich mechanisch und versuchte vergeblich meine Lippen zu einem Lächeln zu ziehen.

Ich nahm den Brief entgegen und mit einem knappen Gruß verabschiedete sich die Blondine und eilte davon. Einen kurzen Moment schaute ich ihr nach, bevor ich unentschlossen den Brief in meiner Hand betrachtete. Es gab keinen Absender, keine Briefmarke, nichts, was darauf hinweisen könnte, woher der Brief stammte. Ich hatte Perry unter Verdacht. Wer sonst wusste, wo wir waren? Das verstärkte meine Neugier nicht gerade.

„Lois?“, fragte Clark vorsichtig und ging einen Schritt um mich herum, damit er mir ins Gesicht schauen konnte.

Ich hielt meinen Blick auf den Brief geheftet, schaute nicht auf. Um Clark zu bestrafen, war der Brief eine mehr als willkommene Möglichkeit. Ich wandte mich erneut von Clark ab, riss scheinbar konzentriert den Umschlag auf. Mein Herz pochte wütend gegen meine Brust, protestierte gegen meine zur Schau gestellte Ablehnung dieses Mannes mit harten Schlägen.

„Lois, bitte“, wiederholte Clark, doch ich ignorierte ihn weiter, entfaltete das Papier, während ich mir alle Mühe gab, das Zittern meiner Finger zu unterdrücken. Wie lange noch wollte ich das durchhalten?

Clark ließ mir meinen Freiraum, was es mir nur noch unmöglicher machte, ihn aus tiefstem Herzen zu verachten. Warum tat er mir das an, warum ließ er zu, dass ich mich mit einem Brief beschäftigte, statt mit ihm. Warum kämpfte er nicht?

Das Briefpapier wellte sich unter aufgeklebten Buchstaben. Mein Mund wurde trocken, als ich das Papier entfaltete und die zusammengestückelte Botschaft überflog. Ich erkannte die Worte, zum Teil vermutlich von mir selbst abgefasst. Der Daily Planet hatte seine eigene, ganz unverwechselbare Schriftart. Die Worte verschwammen vor meinen Augen, während mir heiß und kalt zugleich wurde.

<Wollen Sie Ihr kleines Geheimnis gerne für sich behalten?> stand da in dunklen Lettern. Nichts weiter, keine Forderung, nur dieser Satz. Meine Finger waren taub. Die Welt um mich herum drohte schwarz zu werden. Offenbar war ich nicht die einzige, die Clarks Geheimnis nun kannte. Es konnte doch nur darum gehen! Wie dumm waren wir gewesen. Wir hatten doch gewusst, dass hier Erpresser am Werk waren, die ihre Kunden ausspionierten.

„Lois, bitte, wir müssen reden.“ Clarks kräftige Hände drückten sich in meine Schultern und brachten mich dazu ihm wieder ins Gesicht zu sehen.

Ich schüttelte nur stumm meinen Kopf. Fassungslos dachte ich an den zusammengeklebten Satz in meinen Händen. Doch meine Lippen bewegten sich nicht. Hastig knüllten meine Finger das Papier zusammen. Es geschah so schnell, dass ich nicht sicher sagen konnte, ob es bewusste Überlegung oder Instinkt war. Der Brief schien zu glühen, mir die Finger zu verbrennen. Doch ich konnte Clark das nicht zeigen.

„Ich verstehe ja, dass du wütend bist, Lois“, versuchte Clark mich zu besänftigen.

„Ach ja?“, brach es unvermittelt aus mir heraus. „Verstehst du wirklich, was in mir vorgeht?“ ich schrie beinahe. Clark zuckte zusammen. „Wie könntest du auch!“, versetzte ich schnippisch. Der Brief lag immer noch bedrohlich in meinen Händen, fühlte sich plötzlich unnatürlich kalt an. Oder waren es meine Finger? Ich musste es ihm sagen, Clark musste wissen, was auf dem Spiel stand.

„Vielleicht hast du recht“, murmelte Clark zerknirscht. „Bitte, lass uns das nicht hier besprechen“, flehte er eindringlich und schob mich langsam aus der Halle. Ich ließ es zu.

„Warum hast du es mir nie gesagt? Hattest du so wenig Vertrauen zu mir, Clark?“, brachte ich mühsam hervor, vorbei an dem dicken Kloß in meinem Hals. Wenn Clark ehrlich gewesen wäre, dann säßen wir jetzt nicht in diesem Schlamassel. Ich war versucht ihm das an den Kopf zu werfen, hatte die Worte schon auf der Zunge. Aber ich schluckte sie wieder unter. So konnte ich Clark nicht mit dem Erpresserbrief konfrontieren. „Warum hast du es mir nie gesagt?“, wiederholte ich nur erschöpft.

Clark schaute mich nur an. Eine Falte trat auf seine Stirn, seine Mundwinkel wanderten ein Stück weit nach unten. Er schüttelte kaum merklich den Kopf. Es war nicht viel, was er mir bot. Doch die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.

„Es geht gar nicht darum!“, keuchte ich und versuchte vergebens meine Fassung zu bewahren.

„Bitte, Lois, nicht hier!“ Die nackte Angst stand in Clarks Augen.

„Da ist noch etwas Anderes, das du mir nicht sagst!“ Ich hatte es nicht einmal erwogen. Dass Clark so nebenbei auch ein Superheld war, hatte mich viel zu sehr beschäftigt. Mir war nicht in den Sinn gekommen, dass es gar nicht darum gehen könnte.

„Bitte nicht hier!“, wiederholte Clark flehend.

Er fasste mich am Ellbogen und zog mich sanft mit sich, hinaus aus der Hotellobby. Seine Schritte waren groß, gaben mir kaum die Möglichkeit mit ihm mitzuhalten. Verwirrt stolperte ich, halb mit ihm, halb neben ihm her. Der gequälte Ausdruck auf seinem Gesicht machte mich nervös. Beinahe hatte ich den Eindruck, dass Schweißperlen auf seiner Stirn standen. Mein Magen verkrampfte sich schmerzhaft, mein Herz pochte heftig.

Plötzlich standen wir vor den Aufzügen. Ich konnte meinem Partner ansehen, dass er lieber die Treppen genommen hätte. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. Als wir endlich das erlösende Klingeln des ankommenden Fahrstuhls hörten, seufzte er erleichtert auf und zog mich mit sich in die enge Kabine. Er zitterte förmlich vor Anspannung, seine Lippen waren schmal geworden, sein Gesicht weiß.

„Clark…“, brachte ich atemlos hervor ohne genau zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. Ich schmeckte Galle und versuchte die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken, die sich in meinem Magen breit machte.

„Lois…“, echote Clark und seine Lippen wurden noch etwas schmaler. Er atmete tief, nahm offensichtlich seinen ganzen Mut zusammen, bevor er erneut anhob. „Du hast Recht, ich habe dir nicht alles gesagt. Ich wollte es tun, gestern. Aber dann war es einfacher, es zu verschweigen.“

„Inwiefern einfacher?“ Meine Stimme überschlug sich. „Was sollte an einer Lüge einfacher sein?“ Der bittere Geschmack wollte sich nicht vertreiben lassen.

„Die Wahrheit… nun, ich denke du könntest die Wahrheit vielleicht falsch verstehen“, erklärte er nebulös und drückte sich dann wieder in eine Ecke des Aufzugs, als hätte er dort die Möglichkeit diesem Gespräch doch noch zu entfliehen.

Ich fragte mich, warum er sich nicht längst auf und davon gemacht hatte. Warum machte er es sich selbst schwer, wo doch niemand einfacher davon laufen konnte als Superman? Warum erlöste er uns beide nicht endlich und verschwand einfach! Der bloße Gedanke verstärkte meine Übelkeit noch. Was machte Clark bloß mit mir?

Ein erneutes Klingeln des Fahrstuhls riss mich aus meinen Gedanken. Clark stieß sich von der Wand ab, als die Türen aufglitten. Ich war im Nu bei ihm, folgte ihm den Gang hinunter bis zur Zimmertür, hinter der endlich die Wahrheit auf mich wartete.

Ich war mir nur nicht mehr so sicher, ob ich sie auch tatsächlich hören wollte. So ungeduldig ich eben noch gewesen war, so sehr schienen nun meine Füße auf dem Teppich zu kleben. Ein Teil von mir wollte gern unwissend auf dem Flur bleiben und sich ausmalen, dass doch noch alles gut werden konnte. Ich brach in kalten Schweiß aus. Der Flur schien vor meinen Augen zu verschwimmen.

Solange ich hier war, hatte ich noch Hoffnung. Wenn ich durch diese Tür ging, mochte sich das für immer ändern. Jenseits dieser Tür lag möglicherweise ein Leben, dass auch ich nicht mehr mit Clark verbringen wollte. War die Wahrheit wirklich diesen Schmerz wert?

Ich schluckte, verfolgte wie Clark die Chipkarte ins Schloss schob. Ein rotes Licht leuchtete auf, gefolgt von einem leisen Fluch von Clarks Lippen. Wieder nahm er die Chipkarte und steckte sie in den Schlitz. Etwa eine Sekunde ließ das Schloss uns im Unklaren, eine wunderbare Sekunde, in der alles möglich schien. Dann leuchtete das Lämpchen grün auf…

Wie betäubt vor Angst folgte ich Clarks einladender Hand und trat in das Hotelzimmer. Nach zwei Schritten verließ mich der letzte Rest von Mut. Ich war bereit aus dem Zimmer zu stürmen. Warum noch mehr Schmerzen ertragen? Sollte Clark doch bleiben wo der Pfeffer wächst. Ich brauchte das alles nicht, hatte es noch nie gebraucht, schließlich war ich Mad Dog Lane.

Meine Zunge blieb unbeweglich, genau wie meine Beine. Lammfromm stand ich im Flur, bis ich seine Hand auf meinem Rücken spürte. Sanft schob er mich vorwärts, immer weiter und weiter. Die Tür fiel ins Schloss. Wir waren allein. Mein Herz klopfte wie ein Dampfhammer.

„Die Wahrheit…“, murmelte Clark mit rauer Stimme und ging langsam an mir vorbei zum Fenster, schaute hinaus und drehte sich dann doch um. Er lehnte sich an das Fensterbrett und legte den Kopf gegen die Scheibe. „Erinnerst du dich noch an Jason Trask und Büro 39?“, fragte er schließlich und ballte seine Hände zu Fäusten, so dass seine Knöchel weiß hervortraten.

Ich nickte, auch wenn ich nicht ganz verstand, wohin das führen sollte. „Wie könnte ich den vergessen“, sagte ich mit einem Schaudern und machte einen Schritt auf Clark zu. Gern wollte ich ihn schütteln, ihn dazu bringen, mir alles zu sagen, ohne zögern und zaudern. „Was soll das Clark?“ fragte ich ungeduldig, aber behielt meine Hände bei mir. Er wich nicht zurück, aber das mochte daran liegen, dass er nicht konnte.

„Als wir in der geheimen Lagerhalle waren, habe ich etwas gefunden. Eine Kugel, die die Erde darstellte - und sobald ich sie berührt hatte, Krypton.“ Clark verzog das Gesicht und stieß sich ab. So nah war er mir lang nicht mehr freiwillig gekommen. Nun, das stimmte nicht ganz... Ich sah den traurigen Ausdruck in seinen Augen, der längst zu seinem Gesicht gehörte wie die Brille und die widerspenstige Stirnlocke. Eine harsche Bemerkung verpuffte auf meinen geöffneten Lippen.

„Später wurde mir die Kugel gestohlen“, spann er den Faden weiter. „Sie enthielt Botschaften für…“, er stockte kurz, als wäre er nicht sicher, was er als nächstes sagen sollte. „… mich.“

„Geht es darum? Um diese Botschaften?“, fragte ich ungläubig und versuchte mir vorzustellen was für eine Art von Wahrheit mich nun erwartete. „Willst du mir allen Ernstes erzählen, dass du unsere Freundschaft wegen so einer Kugelbotschaft zerstörst?“, meine Stimme überschlug sich vor Wut. Ich spürte Tränen in den Augen und blinzelte sie verärgert weg. Mit beiden Fäusten begann ich auf seine Brust einzutrommeln, atemlos, machtlos. Clarks Worte hatten eine Endgültigkeit, die mir Angst einjagte. „Was ist denn das für ein Grund?“, keuchte ich, während Clark meine Handgelenke umklammerte.

„Ich erfuhr, woher ich gekommen bin, wer meine Eltern waren“, sagte Clark mit geradezu unheimlicher Ruhe. „Es gab Antworten auf all die Fragen, die ich mir immer gestellt habe“, fuhr Clark fort. „Mein Vater Jor-El hat diesen Planeten gewählt, weil ich hier unter den Menschen aufwachsen konnte wie einer von ihnen. Es gibt keinen wesentlichen Unterschied in unserer Physiologie…“ Clarks Stimme verstummte und ich sah ihn schlucken.

Er kam noch einen Schritt auf mich zu und ich hielt den Atem an, als er seinen Griff um meine Handgelenke lockerte und sanft meine Wange umfasste. Sein Daumen strich an meinem Mundwinkel entlang, streifte meine Lippen. Dann beugte er sich vor und hauchte einen Kuss auf meinen Mund, kaum spürbar und dennoch war ich wie elektrisiert.

„… bis auf die Einschränkung“, fuhr er schließlich fort, seine Worte kaum mehr als ein Wispern. „… dass ein Kryptonier niemals mit einer Erdenfrau Kinder zeugen sollte. Er würde sie damit töten.“ Sein Blick fiel auf seine Füße. Er ließ mich los und wandte sich von mir ab, steckte seine Hände in die Hosentaschen.

Ich starrte ihn an und versuchte zu verstehen, was er mir eben gesagt hatte. Eigentlich war ich um nichts klüger als zuvor. Wie gelähmt stand ich vor ihm, während Clark sich daran machte ruhelos im Hotelzimmer auf und ab zu gehen. Immer wieder warf er mir kurze Blicke zu, um dann gleich darauf seine Augen peinlich berührt zu Boden zu richten.

„Ich habe mir eingeredet, dass das egal wäre. Schließlich war ich sehr zufrieden mit dir befreundet zu sein. Mehr konnte ich mir doch gar nicht wünschen“, sagte er leise und blieb einen Moment stehen. „Mein ganzes Leben lang bin ich damit zurechtgekommen, dass ich anders bin, warum also nicht auch diesmal…“, fügte er mit einem Schulterzucken hinzu, das reichlich verkrampft wirkte. „Aber ich wünsche mir mehr, Lois“, erklärte er sanft, liebevoll.

In seiner Stimme schwangen all die Empfindungen mit, die ich selbst in den letzten Wochen mühsam vor ihm verborgen hatte. Mein Mund war trocken geworden, die Zunge klebte mir am Gaumen fest. Ich konnte einfach nichts erwidern.

„Plötzlich kann ich an nichts anderes mehr denken, als daran, was mein Anderssein für eine mögliche Beziehung mit dir bedeutet. Seit unserer ersten Begegnung wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass wir irgendwann mehr sind als nur Freunde. Doch das ist völlig unmöglich“, setzt er hastig hinzu, sein Tonfall beinahe grob. „Siehst du, Lois, ich habe es versucht – wirklich versucht, aber es geht nicht.“

Mit einem Ruck drehte er sich wieder zum Fenster und starrte hinaus. Die Aura der Kälte, die er in den vergangenen Wochen und Monaten langsam um sich herum errichtet hatte, war wieder da. Sie erstickte meinen Impuls zu ihm zu gehen und ihm die Hand auf die Schulter zu legen. Meine Starre hatte sich nicht gelöst. Was auch immer ich erwartet hatte - sicher nicht das.

„Soll das heißen…“, keuchte ich, nicht sicher ob ich tatsächlich den richtigen Schluss gezogen hatte.

„Ich kann nicht mit dir schlafen, Lois“, erklärte Clark unmissverständlich. „Du musst mir glauben, dass es mir nie nur darum ging mit dir ins Bett zu gehen, aber…“ Er atmete tief und verfiel in Schweigen, offenbar nicht gewillt, den Satz zu Ende zu führen.

Das musste er auch nicht. Gerade weil der Gedanke tabu war, wurde er ganz automatisch beherrschend. So war es mir in den letzten Wochen gegangen. Ich hatte versucht nicht an Clark zu denken, mir nicht auszumalen, was sein könnte. Clark war bei mir gewesen, von morgens bis abends und sogar in der Nacht.

Mit einem Mal war er bei mir, fasste meine Hände und führte mich zum Sofa, das bisher verwaist in der Suite stand. Clark hatte darauf geschlafen und ich konnte mir einbilden, dass es seinen Geruch verströmte. Sanft zog er mich hinunter, während er sich schräg zu mir setzte.

„In meinen Träumen habe ich mich schon so oft zu dir ans Bett gesetzt und dich geküsst. Manchmal geht es sogar noch weiter“, er atmete tief, machte eine kurze Pause, die mir genug Zeit ließ, mich an meine eigenen erotischen Phantasien zu erinnern. Mein Puls schnellte in die Höhe, als ich seinen Atem auf meiner Haut spürte. Ich war Clark so nah, wie ich es mir Nacht für Nacht erträumte.

„Nächtelang liege ich wach, weil ich Angst habe, mich in diesen Träumen zu verlieren“, gestand Clark nach einer Weile und rutschte unsicher auf dem Sofa hin und her. „Dann wünsche ich mir nichts sehnlicher, als dass du endlich aus meinen Träumen verschwindest“, murmelte er gequält. Sein Blick glitt liebevoll über mich und nahm seinen Worten die Schärfe. „Doch ich kann dieses letzte Band einfach nicht zerreißen“, setzte er traurig hinzu.

Ich hörte ihm zu und hatte das merkwürdige Gefühl, dass er genau das aussprach, was auch ich empfand. Diese Träume, die mich seit Wochen begleiteten. Clark setzte sich zu mir ans Bett und immer schien ihm etwas auf der Seele zu liegen, war er davor mir etwas zu gestehen. Konnte es sein…? Mein Atem beschleunigte sich unwillkürlich. Allein der Gedanke war absurd. Wie konnten Clark und ich unsere Träume teilen?

„Siehst du nun, warum ich gehen muss, Lois?“, fragte Clark ruhig. Seine Miene war stoisch, beinahe undurchdringlich. Doch ich wusste, dass dahinter ein Orkan toben musste – so wie er auch in mir tobte.

Nein, ich verstand nicht, warum er gehen musste. Am liebsten hätte ich ihm das ins Gesicht geschrien, ihn geschüttelt, ihn gezwungen mich zu lieben. Ich konnte doch nicht zulassen, dass eine Kugel mein Leben zerstörte. Wir hatten uns doch gerade erst gefunden!

Ich schluckte. „Wir könnten eine Lösung finden, Clark“, brachte ich mühsam hervor. Meine Worte klangen hohl. Wie auch, wie sollte es eine Lösung geben? Hatte Clark das nicht längst versucht? Ich schluckte. Sein Verrat kam mir plötzlich gar nicht mehr so schrecklich vor. Ich konnte keine erkennen und bei dem Gedanken verkrampfte sich mein Magen.

„Das habe ich versucht, Lois“, entgegnete Clark und stand mit einem Ruck wieder auf. Das Sofa erzitterte und ließ die Kraft ahnen, die in diesem Mann steckte. „Glaubst du, ich hätte nicht schon darüber nachgedacht? Ich war dein Freund, ich habe mich von dir fern gehalten. Himmel, ich habe sogar eine Beziehung mit Mayson begonnen, um dich zu vertreiben.“ Die Scham darüber stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Aber Clark…!“, flehte ich, ohne zu wissen, was ich noch vorbringen konnte oder sollte. Er hatte Mayson nicht geliebt. Die Erleichterung vermischte sich mit dem schalen Beigeschmack von Mitleid. Nicht einmal Mayson hatte so eine Behandlung verdient. Aber ich wollte jetzt nicht über sie nachdenken. Meine Gedanken rasten, suchten den Weg, den Clark übersehen hatte.

„Es hat doch keinen Zweck, Lois“, fasste er das Ergebnis meiner Überlegung zusammen. „Ich kann so nicht weiter machen“, sagte er verzweifelt. „Bitte verzeih mir“, fügte er noch hinzu, bevor das Fenster aufflog. Ein Windstoß fegte durch das Zimmer und dann war Clark verschwunden.
Vega
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Nur in meinen Träumen - 19

Beitragvon Vega » So 3. Apr 2011, 10:07

* * *

Der Motor heulte auf, als ich das Gaspedal durchtrat. Mein Jeep machte einen Satz und schnellte nach vorn. Nervös krallte sich H.G. Wells in seinem Hut fest, den er mit beiden Händen umklammert hielt. Unsicher schaute er mich an. Ich sah ihn nur aus dem Augenwinkel. Aber mir war jetzt nicht danach, auf die Befindlichkeiten irgendwelcher Verrückten acht zu geben. Warum hatte ich ihn überhaupt mitgenommen? Ich wusste es nicht genau. Eigentlich war alles, was geschehen war, seit Clark sich aus dem Staub gemacht hatte, nur verschwommen.

„Ms. Lane“, keuchte Wells entsetzt und starrte gebannt auf die Straße, während der Wagen über die gerade Fahrbahn schoss, zurück in Richtung Metropolis.

„Wollen Sie lieber aussteigen?“, bot ich ihm an und trat kräftig auf die Bremse. Ich wurde in den Gurt gedrückt, spürte den Ruck, als der Wagen zum Stehen kam. Ungeduldig lehnte ich mich über ihn und öffnete die Tür. „Ihre Entscheidung. Ich habe sie nicht gebeten mitzukommen.“

„Sie scheinen nicht zu verstehen, Ms. Lane. Es ist von außerordentlicher Bedeutung, dass Mr. Kent erfährt, was ich zu sagen habe“, erklärte H.G. Wells mit näselndem englischen Dialekt. „Ich versuche schon seit Tagen, mit ihm Kontakt aufzunehmen.“

„Haben Sie schon mal daran gedacht, ihn einfach anzurufen?“, fauchte ich entnervt und knallte die Beifahrertür wieder zu, als Wells keine Anstalten machte auszusteigen. „Was für weltbewegende Dinge müssen Sie ihm denn erzählen, dass sie uns dafür extra ins Hotel gefolgt sind?“, fragte ich ruppig und ärgerte mich darüber, dass mich das Männlein mit dem Bowler tatsächlich neugierig machte.

„Nun, im Grunde hoffe ich darauf, dass er mir etwas erzählt“, gab Wells zurück und keuchte ängstlich, als ich den Motor erneut hochjagte. Er tupfte sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. „Wirklich, ich sollte mich an diese Art Gefährt gewöhnen…“, murmelte er verstört und schluckte.

„Wenn Sie weiter mitfahren wollen, müssen Sie mir schon etwas mehr sagen…“, erpresste ich ihn.

„Wirklich, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Ms. Lane“, wand sich Wells, der mir in der Hotelhalle über den Weg gelaufen war, gerade als ich auschecken wollte. Es hatte schließlich nicht viel Sinn, allein ein Ehepaar zu spielen. „Es ist unmöglich, die Folgen vorherzusagen…“

„Hören Sie endlich mit diesem Unsinn auf, Mr. Wells. Sie mögen ja meinetwegen aussehen wie dieser Schriftsteller. Aber meines Wissens ist er schon seit beinahe einhundert Jahren tot“, entgegnete ich scharf. „Was mache ich eigentlich hier? Ich kann mir beim besten Willen nicht erklären, warum ich mich von Ihnen habe überreden lassen, Sie mit nach Metropolis zu nehmen.“ Unwillkürlich trat ich erneut auf die Bremse.

„Vielleicht, weil ich Ihre letzte Hoffnung bin?“, beeilte sich Wells zu sagen, während das Auto langsamer wurde. „Na schön, also hören Sie mir zu, Ms. Lane“, H.G. Wells seufzte schwer und tupfte sich erneut mit dem Taschentuch über die Stirn. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie inzwischen auch wissen, dass Clark Kent in Wahrheit Superman ist.“

„Was?“

Der Wagen kam mit quietschenden Reifen zum stehen, als ich mich zu Wells umwandte. Sein Gesicht wirkte fast grün, als er sich mit schweißnassen Fingern an den Türgriff krallte.

„Woher wissen Sie das?“ fragte ich entsetzt.

Ich dachte wieder an den Erpresserbrief. War ich gerade dabei den Erpresser genau zu Clark zu führen? Nicht zum ersten Mal an diesem Tag schmeckte ich bittere Galle. Mein Herz schlug bis zum Hals. Seit ich mich nach Clarks Flucht aufgerappelt hatte, war meine unbändige Wut auf ihn kaum abgeflaut. Doch nun spürte ich nur noch nackte Angst, die mit eisigen Klauen nach meinem Herzen griff.

„Weil es stimmt, was ich Ihnen gesagt habe, Ms. Lane“, erklärte Wells mit Nachdruck und nun auch eine Spur wütend - erstaunlich für den gefassten Engländer. „Ich bin H.G. Wells, der Schriftsteller, der nicht nur über die Zeitmaschine geschrieben hat, sondern der sie auch gebaut hat“, er straffte sich und ein für einen Augenblick schwoll seine Brust vor Stolz. Wells räusperte sich verlegen und schrumpfte wieder. „Mit meiner Erfindung bin ich in die Zukunft gereist und habe dort eine Welt gesehen, die einfach perfekt war, friedvoll und gerecht.“ Er nahm die vom Schweiß beschlagene Brille von der Nase und begann sie mit seinem Taschentuch zu putzen. Ich hätte ihm gerne die Gläser aus der Hand geschlagen. „In dieser Zukunft gab es ein Utopia, das von Superman und Lois Lane begründet wurde“, setzte er leise hinzu. „Die Menschen dort verehren das Paar, wie kaum ein anderes in der Geschichte der Menschheit.“

Er machte eine bedeutungsvolle Pause, bevor er seine Brille wieder auf der Nase zurechtrückte. „Doch bei meinem letzten Besuch in dieser Zukunft war Utopia zerstört, vielmehr hatte es diese erstaunliche Welt niemals gegeben. Sie und Superman waren kein Paar geworden. Ich konnte nicht herausfinden, was geschehen ist, um die Zukunft so zu ändern. Aber ich möchte wetten, dass Tempus seine Hände im Spiel hatte.“

„Tempus?“, fragte ich verblüfft. „Wer ist das nun schon wieder?“ War das tatsächlich, das erste, was mir dazu in den Sinn kam? Was hatte Wells da gesagt? „Superman und ich? Utopia?“, ich merkte erst im letzten Augenblick, dass ich das ausgesprochen hatte. „Wovon sprechen Sie eigentlich?“

Ich blickte Wells kurz von der Seite her an. Er sah eigentlich nicht wie jemand aus, der perverse Freude daran hatte, andere zu quälen. Andererseits, war es nicht genau das, was er gerade tat?

„Was wollen Sie?“, fuhr ich ihn an. „Macht Ihnen das eigentlich Spaß?“

„Ganz sicher nicht, Ms. Lane“, entgegnete Wells schon ennervierend ruhig. „Die Lage ist ernst.“

„Sie müssen völlig verrückt sein, Wells“, langte ich verbal aus und umklammerte krampfhaft das Lenkrad, damit den Gedanken keine Taten folgten. Utopia! Wer dachte sich so etwas aus? Superman und ich? Unwillkürlich spürte ich einen Funken Hoffnung. Konnte Clark sich irren? Ich kämpfte den Gedanken nieder. Die Enttäuschung, die auf die Hoffnung unweigerlich folgen würde, war mehr als ich ertragen konnte.

Mein Herzschlag beruhigte sich nur langsam wieder. Was auch immer dieser Wells im Schilde führen mochte, er war nicht der Erpresser. Soviel sagte mir mein Bauchgefühl. Auf den Erpresser musste ich mich konzentrieren. Wells Hirngespinste gingen mich nichts an.

Draußen gab es also noch jemand anderen, der Clarks Geheimnis kannte. Und der mochte schwerer zu überwinden sein, als der kauzige Engländer.

„Tempus ist ein Mensch mit einem unglücklichen Hang zur Gewalt und dem erklärten Ziel Sie und Superman auseinander zu bringen“, entgegnete Wells entschieden, als sei es ganz offensichtlich. „Er…“

„Nun hören Sie aber auf“, fuhr ich Wells über den Mund. Ich konnte es doch nicht lassen. „Was für ein Interesse sollte dieser Tempo…“

„Tempus…“, verbesserte Wells mich augenblicklich.

„Tempus“, äffte ich seinen näselnden Akzent nach. „Also, warum sollte er uns auseinander bringen wollen?“ Wells wich meinem kritischen Blick nicht aus. Er hatte sogar aufgehört an seine Brille nervös zu betasten. „Wir sind nicht mehr als ein Paar von Millionen auf diesem Planeten.“

„Ein sehr bedeutsames Paar, Ms. Lane“, gab Wells zu bedenken, dann räusperte er sich hastig. „Ich sollte nicht zu viel verraten“, bemerkte er errötend.

„Dann verraten Sie mir eins, Wells. Wie glauben Sie hat Tempus es geschafft, dass ihr Utopia nicht mehr existiert?“ fragte ich ihn ungeduldig.

Ich wollte zu Clark. Es gab so viel wichtigere Dinge, als mit merkwürdigen Engländern zu diskutieren. Mein Fuß zuckte in Richtung Gaspedal. Warum hatte ich Wells überhaupt mitgenommen? Die Wahrheit war, dass er mich in einem falschen Augenblick überrascht hatte. An der Hotelrezeption hatte mir die Empfangsdame noch einen Umschlag in die Hand gedrückt.

<Wir erwarten natürlich eine kleine Gegenleistung dafür, dass ihr Geheimnis sicher bleibt. Als Reporterin kennen Sie doch bestimmt ein paar pikante Details über die politische Elite unseres Landes…> hatte auf der zweiten Botschaft gestanden. Mir brach jetzt noch der kalte Schweiß aus.

„Das hatte ich gehofft von Mr. Kent zu erfahren“, beantwortete Wells die Frage, die ich beinahe schon vergessen hatte.

„Wissen Sie was, Wells. Steigen Sie aus. Ich brauche niemanden, der sich in mein Leben einmischt“, sagte ich knapp und beugte mich wieder vor, um die Tür zu öffnen. „Ich habe keine Zeit für ihre Hirngespinste. Sie sind nicht der einzige der herausgefunden hat, das Clark Superman ist. Ich werde erpresst. Und ich muss Clark finden, bevor jemand dieses Wissen nutzt.“

Wells schaute mich entsetzt an. „Das ist ja furchtbar“, bemerkte er tonlos und begann erneut nervös an seiner Brille herum zu fummeln. „Aber glauben Sie mir Ms. Lane, es gibt drängendere Probleme. Die Welt kann damit umgehen, die Wahrheit zu kennen. Utopia hingegen…“

„Die Welt vielleicht… Aber ich glaube kaum, das Clark das könnte“, entgegnete ich frostig. „Sein Leben ist schon durcheinander, auch ohne dass jeder sein Geheimnis kennt.“

Wieder wurde mir übel. Ich hatte schließlich gewusst, dass Clark aufgeflogen war. Warum hatte ich ihn nicht davon abgehalten sein Geständnis im Hotelzimmer zu machen? Warum hatte ich ihn überhaupt dazu genötigt? Warum…? Ich schloss meine Augen. Die vergangenen anderthalb Tage liefen dennoch in all ihren grausigen Einzelheiten wie ein Film vor meinem inneren Auge ab. Clark hatte mich so oft angefleht, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Er hatte Recht gehabt. Hätte ich mich nicht so aufgedrängt, hätte ich seine stumme Botschaft verstanden, dann säßen wir jetzt nicht in diesem Schlamassel.

Ich spürte Wells neugierigen Blick selbst durch meine geschlossenen Lider. Er räusperte sich verhalten. Unwillkürlich blickte ich ihn an. Sein Bart zuckte, sein Atem ging rascher. Fast schien er aus seiner zurückhaltenden englischen Förmlichkeit ausbrechen zu wollen.

„Ms. Lane, Sie müssen mir sagen, was Sie wissen“, drängte er verzweifelt.

„Ich wüsste nicht, was ihr Tempus damit zu tun haben könnte“, kanzelte ich ihn ab. „Retten Sie ihre Phantasiewelt woanders. Ich muss sehen, was ich im hier und jetzt für Clark tun kann. Und dabei werden sie mir wohl kaum helfen können.“ Meine Stimme war lauter als nötig. Tränen brannten in meinen Augen, aber ich wollte jetzt nicht weinen. Ich hatte mich schon so lange mit aller Macht davon abgehalten.

„Sie glauben mir noch immer nicht“, stellte Wells ernüchtert fest. „Wie sollten Sie auch“, er lachte freudlos und kurz. „Ich kann nicht glauben, dass Tempus gewonnen haben soll“, murmelte er leise und biss sich auf die Lippen. „So viele Male haben wir ihn besiegt – und jetzt…“ seine Stimme klang belegt. Entmutigt ließ er den Kopf sinken und starrte auf den Bowler in seinen Händen.

Ich empfand plötzlich Mitleid für den kleinen Engländer. Er hatte einiges auf sich genommen, um Clark zu finden. Doch ich verstand nicht ganz, welches Ziel er dabei verfolgte. War er einfach nur verrückt, oder steckte etwas anderes dahinter? Was auch immer es war, es musste warten, bis ich Clark gefunden hatte.

Wieder trat ich das Gaspedal durch und jagte den Wagen über die Landstraße. Um mich abzulenken, schaltete ich das Radio ein. Es knackte kurz, dann schallte laute Popmusik durch das Auto. Wells wirkte sichtlich erschüttert. Ich war versucht, die fröhliche Musik wieder abzuschalten. Mir war nicht nach Konversation, aber ich konnte diese leichte, spritzige Melodie voller Lebensfreude kaum ertragen.

Das Radio ließ ich trotzdem spielen und richtete meine ganze Aufmerksamkeit auf die Straße. Die weißen Mittelstreifen schossen dahin, während wir durch die schier endlose Landschaft brausten. Auf den ersten Song folgte ein zweiter, etwas schwermütigerer. Bald hatte ich fast vergessen, dass neben mir ein Autor aus dem vergangenen Jahrhundert saß, der eine Welt retten wollte, die es noch nicht einmal gab.

<Die Nachrichten>, unterbrach eine ernsthafte Stimme das Programm, die in krassem Gegensatz zu der federleichten, oberflächlichen Musik des Senders stand. <Der Stadtrat hat beschlossen, das Hafenviertel - besser bekannt als Suicide Slum - in Zukunft vermehrt finanziell zu unterstützen. Die Pläne umfassen den Abriss und Umbau einiger Fabrikgebäude. Ziel ist, so der Sprecher des Stadtrates Will McGlee, das Viertel in Zukunft in ein Zentrum kulturellen Lebens umzuwandeln.> Der Sprecher räusperte sich, ein Blatt wurde zur Seite gelegt.

H.G. Wells warf mir einen hoffnungsvollen Blick zu, als ich für einen kurzen Moment zu ihm hinüber sah. Sogleich richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Straße, und der Engländer schloss unverrichteter Dinge wieder den Mund. Sein Elan in Bezug auf das geheimnisvolle Utopia war offenbar gewichen.

<Superman hat für morgen früh eine Pressekonferenz vor dem Rathaus einberufen>, fuhr der Sprecher fort. <Bislang hat er noch nicht bekannt gegeben, was der Zweck dieser Pressekonferenz sein wird. Und nun zu Nachrichten aus aller Welt…>

Es traf mich wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Die Pressekonferenz war bereits Wochen her, doch ich sah Diana Stride vor mir, als wäre es gestern gewesen. Ich sah Clark vor einer Meute Reporter.

<Sicher erinnern sie sich alle an die Reportage in dem Magazin „Top Copy“. Nun es hat keinen Sinn zu leugnen. Was Ms. Stride behauptet, entspricht der Wahrheit. Ich habe in den letzten Jahren ein Doppelleben geführt. Ich bin Superman.>, hallten die Worte in meinen Ohren wider.

Es stimmte nicht. Clark hatte sich vor der versammelten Presse nicht geoutet, vielmehr hatte er alle überzeugt, dass Diana Stride sich irrte. Wie auch immer ihm das gelungen sein mochte… Mein Puls raste. Alarmiert schaltete ich das Radio ab. Mein Atem flog und meine Hände zitterten, während ich mit schweißnassen Händen das Lenkrad umklammert hielt. Verstört verwechselte ich Gaspedal und Bremse, jagte den Wagen noch einmal hoch, bevor ich ihn schließlich ruckelnd zum Stehen brachte. Im Grunde hatte der Nachrichtensprecher doch nichts von Bedeutung gesagt….

„Nein, nein…“, flüsterte ich heiser und schüttelte den Kopf, als könnte ich damit die Vision vertreiben, die vor meinem Auge ablief.

Es war wie einer dieser Träume, die Clark und ich offenbar teilten. Mir war nicht ganz klar, wie das möglich sein konnte, aber das war egal. Ich fühlte, dass es stimmte, dass diese Pressekonferenz einem ganz bestimmten Zweck dienen würde. Wusste Clark etwa von der Erpressung? Blut rauschte in meinen Ohren. Was für eine dumme Frage. Er war Superman. Hatte ich ernsthaft angenommen, es vor ihm geheim halten zu können?

„…ist mit ihnen?“, drangen Wells Worte wie durch eine dicke Schicht aus Watte an mein Ohr. Ich spürte seine Hand auf meiner Schulter. „Ms. Lane. Geht es Ihnen nicht gut?“

„Was?“, murmelte ich verwirrt und schaute in H.G. Wells besorgtes Gesicht. Er nahm die Hand von meiner Schulter, als hätte er sich verbrannt.
„Verzeihen Sie“, entschuldigte er sich peinlich berührt. „Ich hatte den Eindruck, dass Sie mich nicht hören.“

* * *
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Nur in meinen Träumen - 20

Beitragvon Vega » So 3. Apr 2011, 10:15

„Sie glauben also, dass Clark der Welt sagen wird, wer er wirklich ist?“, murmelte H.G. Wells ungläubig und schüttelte seinen Kopf. „Das kann ich mir nicht vorstellen“, setzte er hinzu. Nervös fingerte er an seiner Brille herum und strafte seine Worte Lügen. „A…außerdem können Sie doch gar nicht wissen, worum es in dieser Pressekonferenz gehen wird.“

Ich schnaubte ungeduldig. „Das versuche ich Ihnen doch zu erklären. Es gibt… gibt diese“, ich zögerte kurz, nicht sicher, wie ich es nennen sollte. Unsicher schaute ich aus dem Fenster, als ob mir dort draußen jemand helfen könnte. Die Gegend war menschenleer. „…diese Verbindung zwischen uns“, sagte ich dann und wandte mich wieder Wells zu.

Wann hatte ich eigentlich angefangen dem kauzigen Engländer zu vertrauen? Doch die wachen Augen hinter der runden Nickelbrille ließen mich nicht daran Zweifeln, dass Wells auf meiner Seite stand. Er zwinkerte und sein Schnurrbart wackelte, während er mir aufmerksam zuhörte. Das brachte mich beinahe aus dem Konzept.

„Ich verstehe das selbst nicht ganz“, verteidigte ich mich. „Es ist nur… Clark hat sich vorgestellt es zu tun. Ich weiß, dass es von ihm kam“, fügte ich hilflos hinzu. Plötzlich wurde ich von dem überwältigenden Verlagen gepackt, einfach loszubrausen. Mein Blick schnellte zur Automatikschaltung und fixierte das kleine D für Drive. Es wäre nur eine kleine Bewegung…

Doch Wells hatte seine Hand auf mein Lenkrad gelegt und hielt es fest umklammert, um mich von solchen Schnellschüssen abzuhalten. Allein der Versuch wirkte lächerlich. Schließlich musste ich erst den Motor starten… Vielleicht konnte ich ja rechtzeitig in Metropolis sein! Noch war es nicht zu spät mit ihm zu reden! Wieder zuckte es in meiner rechten Hand. Aber was konnte ich Clark schon sagen?

„Vorgestellt?“, fragte Wells verwundert und holte mich wieder in die Realität zurück. „Ich habe immer geglaubt die Telepathie würde nur mit anderen Kryptoniern funktionieren“, sagte er wie selbstverständlich und kratzte sich am Kopf. Dass ich Clarks Gedanken teilen könnte, schien ihn nicht weiter zu beunruhigen. Andere Kryptonier? Mir wurde schwindelig. Es war gut, dass ich nicht losgefahren war.

„Telepathie…“, keuchte ich verwirrt und vergaß die Schaltung. „Clark ist telepathisch?“ Eigentlich hätte ich nicht so erstaunt darüber sein dürfen. Es war nur eine weitere Kleinigkeit, die Clark mir verheimlicht hatte. Die Offenbarung lag mir wie ein Stein im Magen.

Wells nickte ernst. „So ist es. Nur glaube ich kaum, dass er sich darüber im Klaren ist“, wiegelte er dann ab. „Wissen Sie, Ms. Lane, die Kryptonier kommunizieren auf diese Weise.“

„Woher wissen Sie so viel über diese Dinge? Clark ist doch der letzte Überlebende von Krypton“, warf ich ein und kam mir sofort albern vor, so als wollte ich nur beweisen, dass ich auch etwas wusste.

Wells räusperte sich unangenehm berührt. Seine Wangen erröteten. „Das ist nicht ganz… nein, das geht zu weit“, fiel er in ein Selbstgespräch. „Ich darf die Zukunft nicht…“ Er wandte sich wieder an mich. „Wir müssen uns mit wichtigeren Dingen beschäftigen“, wechselte er dann abrupt das Thema. „Wissen Sie, warum Clark so einfach seine Identität preisgeben möchte?“

„Es gibt noch andere überlebende Kryptonier?“, fragte ich überrascht und sofort im Reporter-Modus. Ich biss mir auf die Zunge. War das jetzt wirklich wichtig?

„Ja…“, gab Wells widerwillig zu. „Aber das tut jetzt wirklich nichts zur Sache. Hätte ich doch bloß meinen Mund gehalten“, verfluchte er sich leise.

Ich bohrte nicht weiter. Schuldbewusst versuchte ich mich daran zu erinnern, wo wir stehen geblieben waren. Warum blockte ich das wahre Thema ab, wenn es doch alles war, worüber ich nachdenken konnte? Wieder ließ ich meinen Blick in die Ferne schweifen. Das Auto stand auf einer einsamen Landstraße, ringsherum nur Grasland. Ein paar Kühe blickten träge zu uns herüber. Dieses Gespräch wirkte auf einmal ziemlich absurd. Zeitreisen, Kryptonier…Das war doch alles nicht von dieser Welt.

„Also, warum will Clark sein Geheimnis preisgeben?“, wiederholte Wells seine Frage. Eine Kuh hatte den Kopf gehoben, als ob sie daran auch interessiert wäre. Sie drehte die Ohren zu uns herüber.

Ich konnte meinen Blick von ihr nur langsam lösen. „Er weiß sicher von der Erpressung“, gab ich zurück und fühlte wie mein Hals sich zusammenzog.
Da war soviel mehr. Superman hatte mir einmal gesagt, dass er sich nicht an einen Menschen binden dürfte. Es hatte lange gedauert, bis ich einsah, dass er Recht hatte. Wenn es auch nur einen Menschen gab, der dem Helden offensichtlich nahe stand, dann würde er zur Zielscheibe werden. Dann hatte Superman eine Achillesferse, die offensichtlicher war als Kryptonit.

„Er tut, was er vor ein paar Monaten nicht tun konnte – er vernichtet Clark“, setzte ich schließlich schweren Herzens hinzu. Erst jetzt merkte ich, dass ich mich in das Lenkrad krallte. Ich zwang mich dazu loszulassen. „Er nimmt sich seine letzte Chance auf ein normales Leben“, sagte ich langsam und lehnte mich bewusst im Sitz zurück. All meine Muskeln waren schmerzhaft verkrampf.
Ich spürte Tränen in meinen Augen, die ich nicht mehr zurückhalten konnte. Kein Wunder, dass Clark in den letzten Wochen so unausstehlich gewesen war. Nun war der Moment, in dem er sich eingestand, was er schon seit der Botschaft seines Vaters sicher gewusst hatte. Für ihn gab es nicht das Leben, das er sich immer erträumt hatte. Ich hatte damals in Kansas bei seinen Eltern erlebt, wie glücklich er als Clark war. Diese Ausgeglichenheit hatte ich bei Superman nie erlebt.

„Aber warum?“, hakte Wells entsetzt nach.

„Das ist Clarks Angelegenheit“, wich ich aus und starrte betreten zwischen meinen Knien zu Boden. Die Fußmatte war voller Krümel. Ich hatte in letzter Zeit einfach zu viele Doppel-Nuss-Schokoriegel im Auto gegessen. „Er würde es sicher nicht gut heißen, wenn ich seine Geheimnisse einfach so ausplaudere.“ Mein Herz klopfte.

Wie viel Schaden konnte ich denn schon anrichten? Unser Leben war auch so schon aus den Fugen geraten. Clark war dabei, der Welt zu sagen, wer er wirklich war. Konnte es denn ernsthaft noch schlimmer werden?

„Ms. Lane“, drängte Wells erneut und die Verzweiflung stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Bitte sagen Sie mir, warum er das tut! Ich habe Clark Kent kennen gelernt, in mehr als einem Universum“, fügte er hinzu und errötete sofort. „Mir ist klar, wie absurd das für Sie klingen muss“, entschuldigte er sich eilig und räusperte sich nervös. Seine Finger umklammerten das Lenkrad, bis die Knöchel weiß hervortraten. „Sie beide haben so viele Hindernisse überwunden, ähm… ich meine… sie werden viele Hindernisse überwinden.“

Mit der freien Hand hatte Wells ein Taschentuch hervorgezaubert und tupfte sich nun den Schweiß von der Stirn. Sein Oberlippenbart zuckte und sein Kehlkopf hüpfte, während er wohl überlegte, was er als nächstes sagen sollte.

„Ich weiß nicht von welchen ‚Universen’ sie sprechen, Mr. Wells“, ich malte Gänsefüßchen in die Luft. „ Aber in diesem haben Clark und ich keine gemeinsame Zukunft“, fügte ich seufzend hinzu.

Plötzlich war da wieder dieses beklemmende Gefühl, dass mich schon in der Hotelsuite gefangen genommen hatte. Seit Clark mir dieses letzte Geständnis gemacht hatte, versuchte ich nicht daran zu denken, dass mein Leben für immer ohne ihn weitergehen würde. Doch davor konnte ich meine Augen unmöglich noch länger verschließen. Clark hatte völlig Recht. Ein sauberer Schnitt war die einzige Möglichkeit diesen Alptraum erträglich zu machen. Wie kam ich dazu ihn aufhalten zu wollen?

„Wie meinen Sie das, keine gemeinsame Zukunft?“, keuchte Wells verstört. „Sie beide sind verwandte Seelen, nichts könnte das ändern!“

„Verwandte Seelen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Was soll das denn heißen?“ Ein bezwungen geglaubter Hoffnungsschimmer machte sich wieder in mir breit. Seelenverwandte… Genau das empfand ich für Clark, hatte ich empfunden, was auch immer. Es war gefährliches, verbotenes Terrain.

H. G. Wells kannte keine Gnade. „Sie sind dafür bestimmt, ein Paar zu sein, überall und zu jeder Zeit, in jedem Leben“, erklärte er würdevoll.

„Ich hätte nicht gedacht, dass Buddhismus eine gängige Philosophie im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts war“, versetzte ich übellaunig und bereute meine Worte sofort. Wells mochte ja verrückt sein, doch das hatte er nicht verdient. „Es tut mir…“

„Das muss es nicht, Ms. Lane. Ich verstehe ihre Bedenken durchaus. Aber ich fürchte, so kommen wir nicht weiter.“ Mit diesen Worten öffnete er die Beifahrertür. Er stieg aus und setzte seinen Hut auf, den er die ganze Zeit in Händen gehalten hatte. „Es ist besser, wenn ich es Ihnen zeige, Ms. Lane.“ Ein hohes scharfes Sirren, begleitet von einem Lichtblitz folgte auf eine kleine Handbewegung.

Ich blinzelte, als ich durch die Windschutzscheibe ein…nun im Grunde war es unbeschreiblich. Ein dunkler, frei im Raum schwebender Rahmen umgab eine schimmernde blaue Fläche, die von Lichtblitzen durchzuckt wurde. Es wirkte künstlich, wie ein billiger Trick – und doch auf erschreckende Weise real. Die Erscheinung ähnelte einem Fenster und hatte doch so wenig damit gemein, wie es nur irgend ging. Es hatte sich direkt neben meinem Wagen aufgetan und starrte mich an.

„Kommen Sie, Ms. Lane“, sagte Wells wie durch einen Nebel. „Wir werden einen Ausflug in die Zeit machen.“

„Wohin?“, flüsterte ich tonlos und stieg wieder besseres Wissen aus dem Wagen.

* * *
Vega
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Nur in meinen Träumen - 21

Beitragvon Vega » Mi 6. Apr 2011, 18:12

* * *

Kälte kroch in meinen Körper, als ich Wells durch den Rahmen folgte. Ein Kribbeln packte mich, als wäre mein ganzer Köper eingeschlafen, taub. Panik stieg in mir auf, weil ich nicht atmen konnte, nichts sah und nichts spürte, als einen langen, tiefen Fall. Innerhalb von Sekunden war der Spuk vorbei und die Panik verebbte.

Jenseits des Fensters lag eine andere Welt. Es dauerte einen Moment, bis mir klar war, wo wir uns befanden. Ich blickte mich erstaunt um. Wir waren in Metropolis gelandet, auch wenn ich mir nicht erklären konnte wie. Doch die Stadt war nicht wieder zu erkennen. Die Straßen wirkten kalt und grau, als wäre jegliche Farbe gründlich getilgt worden. Vielleicht lag es an der dicken Wolkendecke. Doch es steckte mehr dahinter als eine Laune des Wetters. Auf den Straßen war es schon unheimlich still, als hätte jemand die Geräusche gedämpft. Die einzigen Geräusche kamen von den Autos, die an uns vorbeiflitzten. Menschen huschten über die Gehwege, eilten, hetzten, als wäre jemand hinter ihnen her. Der Schritt durch das Fenster war klein gewesen, der Sprung den wir gemacht hatten war gigantisch.

„Was ist das, Wells?“, fragte ich beklommen und schaute mich weiter um. Ich sah Angst, wo ich nur hinblickte. Sie waberte durch die Straßen wie dichter Nebel und ergriff zusehends auch Besitz von mir.

Ein Wahlplakat, halb zerrissen und besprüht blickte von der anderen Straßenseite auf uns herab. Den Politiker kannte ich nicht. Sein Blick war scharf, seine Mund wütend verzogen und er ballte die Hände zu Fäusten. Er kandidierte für das Amt des Bürgermeisters. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so ein Mensch in meinem Metropolis eine Wahl gewonnen hätte. Aber es passte zur Stimmung.

„Das Jahr… oh du meine Güte…“, stotterte Wells, offenbar verwirrt. Dann blickte er auf einen kleinen Kasten in seiner Hand. „Ich muss mich wohl vertippt haben“, murmelte er ungläubig. „Dies ist das Jahr 2034, Ms. Lane“, stellte Wells bedrückt fest. „Ich kann nicht glauben, dass die Stadt sich jetzt schon so stark verändert hat.“

Hektisch schaute Wells sich um. Sein Blick blieb auf einem Zeitungsstand haften. Er zögerte kurz, nahm mich dann beim Arm und zog mich mit sich. Ich protestierte nicht, ließ es einfach geschehen. Hätte ich nicht den Wind im Gesicht gespürt, wäre mir das alles wie ein Traum vorgekommen. Aber mein Bauchgefühl sagte mir unmissverständlich, dass es real war. Wir waren tatsächlich in Metropolis.

Der Zeitungsverkäufer betrachtete uns argwöhnisch. Sein Haar war zerzaust, sein Bart ungepflegt. Er wirkte gefährlich. Eine Narbe zierte sein Gesicht, quer über dem linken Auge. Mit klopfendem Herzen betrachtete ich die Zeitungen. In diesem Bereich zumindest hatte sich wenig verändert. Und falls ich noch letzte Zweifel gehabt hatte, so prangte mir nun überall das Datum entgegen – April 2034. Das war doch nicht möglich!

Es war eine schnelle Rechenübung. „Aber Superman müsste doch noch hier sein“, wandte ich ein und nahm mir eine der Zeitungen. Keine Schlagzeile lieferte jedoch einen Anhalt, wo Clark steckte. Sicher, er wäre jetzt um die sechzig Jahre alt, aber…

„Superman?“, der Zeitungsverkäufer lachte rau und spuckte auf den Boden. „Aus welchem Loch seid ihr Spaßvögel denn gekrochen?“ Seine Körper bebte, als er erneut auflachte. „Tja, an dem Tag an dem er sich als… was war es noch gleich… Reporter geoutet hat, war wohl seine große Zeit vorbei“, bemerkte der Verkäufer verächtlich. „Hat sich dann einfach aus dem Staub gemacht. Von wegen Superman.“ Er spuckte erneut auf den Boden, wie um zu zeigen, was er von dem einstigen Helden hielt. „Seid ihr etwa welche von diesen Schwachköpfen, die sich nach der guten alten Zeit zurücksehnen?“, rief er noch bedrohlich.

Ich beeilte mich die Zeitung zu bezahlen und zerrte Wells von dem Stand weg. Er stand wie ein begossener Pudel neben mir und schien mit der Schimpftirade, die uns den ganzen Block hinunter folgte, völlig überfordert. Seine Augen waren aufgerissen und er blickte sich immer wieder ängstlich um, ob uns jemand folgte. Doch der Verkäufer hatte sein Interesse an uns längst verloren. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Das sollte Metropolis sein? Ich konnte meinen Augen nicht trauen, doch ich hielt den Daily Planet in Händen und das war ja wohl Beweis genug.

„Das ist Metropolis, wenn Clark sein Geheimnis tatsächlich verrät?“, fragte ich Wells erschüttert und betrachtete noch immer ungläubig das Datum. Es war tatsächlich der 15. April 2034. Niemand konnte so eine perfekte Illusion schaffen. Und wer hätte die Stadt so verändern sollen? „Das ist die Zukunft?“

Wells nickte ernsthaft. „Eine Zukunft, die wir verändern müssen, Ms. Lane“, sagte er dann leise. „Und sie ist schlimmer, als ich angenommen hatte“, setzte er hinzu. „Denn dies ist erst der Anfang. Zwischen ihrem Metropolis und diesem sind etwas mehr als dreißig Jahre vergangen. Die Menschen können sich noch an Superman erinnern - aber diese Erinnerung wird schwinden.“ Der seltsame Engländer war stehen geblieben. „Etwas hat Superman gründlich zerstört und ich habe keine Ahnung, was es ist“, murmelte Wells bedrückt. „Wenn Sie etwas wissen, dann sagen Sie es mir bitte.“

Ich schaute mich erneut um, unschlüssig. Clark hatte mir gesagt, was dahinter steckte. Aber mir war nicht klar, wie Wells daran etwas ändern wollte. Er konnte Clark schließlich nicht als Mensch auf die Welt kommen lassen. Und das hätte schließlich auch nichts geändert.

„Bitte, Ms. Lane“, drängte Wells erneut. „Oh, ich wünschte ich könnte Ihnen Utopia zeigen. Es ist ein wunderschöner Ort, an dem es weder Not noch Armut gibt. Ihre Liebe war allen ein großes Vorbild. Ihre Nachkommen mildern die Not, wo sie am größten ist. Und so viele haben sich Ihnen angeschlossen…“, schwärmte er.

„Unsere Nachkommen?“, fragte ich verblüfft. „Wie meinen Sie das, Mr. Wells?“

„Nun, die Kinder, die aus Ihrer Beziehung mit Clark hervorgehen werden“, erklärte er schlicht, als wäre es das Natürlichste von der Welt. Und das war es ja auch… „Aber wir können keine Kinder haben“, sagte ich tonlos und musste schlucken. Es war das erste Mal, dass ich es aussprach. „Clark ist Kryptonier und ich bin ein Mensch. Clarks biologischer Vater hat ihn gewarnt, dass er keine solche Beziehungen aufbauen darf.“

Wells wurde rot und starrte mich an. Mein Magen verkrampfte sich plötzlich, als mir klar wurde, dass ich soeben einem Fremden Clarks intimstes Geheimnis erzählt hatte. Wenn nicht schon längst alles vorbei war, so hatte ich es in eben diesem Augenblick zerstört. Ich hatte das unbändige Verlangen mich einfach auf und davon zu machen. Aber das ging nicht – sonst würde ich hier für immer feststecken. In einer Zeit, die nicht meine war.

„Was?“, fragte Wells verdutzt und vergaß alle englischen Regeln der Höflichkeit. „Was sagen Sie da? Clark und Sie keine Beziehung? Aber das ist doch Unsinn!“, ereiferte er sich. „Woher haben Sie das?“

„Von Clarks Vater Jor El“, erwiderte ich trotzig. „Was bilden Sie sich eigentlich ein, was Sie davon verstehen, Wells?“, fauchte ich ihn an. „Sie sind nichts weiter als ein toter Schriftsteller. Wahrscheinlich nur mein Hirngespinst, damit ich diesen Wahnsinn besser ertrage. Sie…“ Ich kam nicht weiter. Wells hatte unversehens wieder einen Knopf gedrückt und stieß mich durch das aufgehende Fenster.

„Ich werde Tempus finden. Ich weiß zwar nicht wie, aber er muss hinter dieser Lüge stecken. Clark und Sie werden viele Kinder haben, Lois. Sagen Sie ihm das!“, war das letzte was ich von H.G. Wells hörte. Dann wurde die Welt um mich herum schwarz. Wieder bekam ich keine Luft, mein Körper wurde taub, aber die Panik blieb aus. Und wieder war Sekunden später alles vorbei.
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Nur in meinen Träumen - 22/22

Beitragvon Vega » Mi 6. Apr 2011, 18:25

* * *

Als ich mich vor Clarks Haustür wieder fand, war ich mir nicht sicher, ob ich nicht alles nur geträumt hatte. Verwirrende Bilder liefen vor meinem inneren Auge ab. Konnte ich tatsächlich in die Zukunft gereist sein? Mit einem Schriftsteller namens H.G. Wells? Je mehr ich versuchte, mich auf diese Erinnerung zu konzentrieren, desto undeutlicher wurde sie. Zurück geblieben war nur der Knoten in meinem Magen, die zusammen geballte Angst. Kalter Schweiß stand auf meiner Stirn, als ich zitternd die Hand hob.

Nie war es so schwer gewesen, an diese Tür zu klopfen. Die paar Zentimeter zwischen meiner Faust und dem Holz waren schier unüberwindlich. Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust. Vielleicht war Clark gar nicht da. Warum sollte er auch? Meine Geschichte musste klingen, wie die einer Wahnsinnigen. Zeitreisen, tote Schriftsteller. Ich hatte den Verstand verloren. Erschrocken fuhr ich zusammen, als meine Faust tatsächlich gegen das Holz krachte, immer und immer wieder.

„Clark! Mach auf!“, hörte ich meine Stimme wie die einer Fremden. „Clark, bitte!“ Was tat ich eigentlich da? Er war doch bestimmt längst auf der Pressekonferenz, um unser Schicksal endgültig zu besiegeln. „Clark!“ Meine Stimme versagte, erstickt von Tränen, die mir heiß und brennend über die Wangen liefen. „Cla…“

Ich brach ab, als ich ihm plötzlich ins Gesicht blickte. Mir stockte der Atem. In Jeans und T-Shirt sah er einfach umwerfend aus. Sein ständiger Begleiter – die Brille – fehlte. Auch wenn ich ihn unzählige Male ohne das Gestell gesehen hatte, so wirkte er nun doch fremd. Clark und Superman in einem Gesicht, einem sehr traurigen Gesicht.

„Lois…“, begrüßte Clark mich überrascht. „Was… was tust du hier?“

„Verhindern, dass du der Welt die Wahrheit sagst“, entgegnete ich rau. Meine Stimme wollte mir nicht so recht gehorchen.

„Woher weißt du, dass…“, flüsterte er heiser, erschrocken. Seine Augen waren weit aufgerissen und er stolperte ein paar Schritte zurück, fiel beinahe die Treppe hinunter. Ich folgte ihm, nicht sicher, wohin diese Unterhaltung uns führen würde.

„Es gibt diese Verbindung zwischen uns, Clark“, begann ich wirr. „Wir teilen unsere Träume.“ Seinem Blick konnte ich entnehmen, dass er nicht verstand. „Dieser Traum, von dem du mir erzählt hast“, fuhr ich eilig fort. „In dem du dich an mein Bett setzt – ich hatte ihn auch. Und vorhin hast du dir vorgestellt, was wohl gewesen wäre, wenn du damals bei Diana Stride alles zugegeben hättest.“
Die Worte fielen mir einfach so aus dem Mund, plumpsten ihm vor die Füße.

Welche Chance hatte Clark wohl, ihren Sinn zu erkennen, wenn sogar ich nicht ganz verstand, worauf ich hinaus wollte? Eine Weile lang standen wir nur reglos voreinander und blickten uns stumm an, zwischen uns all die Dinge, die gesagt worden waren. Es war soviel mehr als nur meine wirren Sätze. Schließlich machte Clark ein paar Schritte zurück und ließ sich kraftlos auf sein Sofa fallen. Er schaute zu Boden, rieb sich erschöpft die Augen und schaute mich nach einer Weile wieder an.

„Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, Lois“, gab er dann leise zu.

„Du hast nicht nur darüber nachgedacht, du hast gleich eine Pressekonferenz einberufen“, widersprach ich heftig.

Er nickte nur ergeben.

„Warum, Clark? Warum willst du alles aufgeben?“, schrie ich ihn an, während mir noch mehr Tränen die Wangen hinunter liefen. Es war mir egal. Ich warf die Jacke von meinen Schultern, bereit zum Kampf. „Nur wegen der Erpressung? Du hast dich schon aus schwierigeren Situationen herausgewunden!“

„Du weißt, dass es nicht nur um die Erpressung geht, Lois“, sagte er ruhig und mit leerem Blick.

„Also hast du davon gewusst“, ereiferte ich mich wütend. „Du hast davon gewusst und bist einfach abgehauen, um die Sache allein zu regeln. Ein schöner Partner bist du. Hast du auch nur eine Minute an mich gedacht?“, brüllte ich ihn wie von Sinnen an und ging auf ihn los.

Er blieb unbeweglich auf der Couch sitzen, was mir fast augenblicklich den Wind aus den Segeln nahm.

„Wenn du darüber nachdenkst, ist es doch nur vernünftig“, sagte er leise.

„Das ist doch Unsinn!“, widersprach ich ihm. „Vernünftig wäre, den Typen das Handwerk zu legen. Du bist Superman verdammt noch mal.“

„Um ihnen das Handwerk zu legen, brauche ich nicht Superman zu sein“, wandte er ein und zeigte auf den schmalen Beistelltisch neben seiner Couch. Ein Laptop stand darauf, der mir bisher nicht einmal aufgefallen war. Ein Brief lag daneben, adressiert an Perry. Es konnte nur um die Kündigung gehen. Mein Magen verkrampfte sich schmerzhaft. Ich wandte mich ab.

„Der Artikel ist fast fertig“, erklärte Clark seelenruhig. „Ich schätze, die können mit ihrem Eheberatungsinstitut dann einpacken.“ Ein äußerst flüchtiges Lächeln huschte über sein Gesicht und verschwand sofort wieder, als ich ihm ins Gesicht sah.

„Wann hast du denn den geschrieben?“, fuhr ich ihn wütend an. Clark zuckte zusammen und starrte mich erschrocken an. „Hattest du vor, mir irgendwann Bescheid zu sagen? Oder wolltest du mich in aller Ruhe schmoren lassen? Die kennen dein Geheimnis, berührt dich das denn gar nicht?“, schrie ich ihn an. „Verdammt, du hast es nicht mal mir freiwillig anvertraut! Und nun willst du es so einfach allen erzählen!“

„Ich habe den Artikel zuerst an deine Email-Adresse gesendet. Perry hat mir versprochen zu warten, bis du dem Artikel den letzten Schliff verpasst hast“, überging Clark meinen Einwand, als hätte er ihn nicht einmal gehört. „Du kannst auch hier arbeiten, wenn du willst. Ich…“, er stand vom Sofa auf und sah mich dabei kaum an. Was ich von seinem Gesicht sehen konnte, wirkte traurig und angespannt. Er schien sich in seiner eigenen Haut nicht wohl zu fühlen.

„Wo willst du hin, Clark?“, fragte ich bedrohlich und stellte mich in seinen Weg.
„Du wirst jetzt nicht einfach abhauen.“ Ich spürte Tränen in den Augen. Das war es, was er doch immer tat. Und wie sollte ich ihn schon davon abhalten? Dennoch wich ich nicht zurück.

„Es gibt nichts mehr zu sagen, Lois“, entgegnete er leise, ennervierend ruhig und trat einen Schritt an mir vorbei.

„Und was, bitte schön, soll das ändern?“, warf ich ein. „Wenn alle wissen, dass du Superman bist, dann…“

„Ich werde es ihnen nicht auf die Nase binden. Das würde euch, meine Eltern und dich nur in Gefahr bringen“, sagte Clark knapp, als hätte er nie ernsthaft etwas anderes in Erwägung gezogen. Ich wusste es besser. Dennoch war ich erleichtert, wenigstens ein bisschen.

„Und was wirst du dann tun?“, wollte ich wissen, immer noch darauf bedacht, nicht ohne Antworten aus dieser Wohnung zu gehen.

„Superman wird verkünden, dass er die Stadt verlässt. Und Clark wird aufhören zu existieren“, erwiderte er ernst. Ein harter Zug war um seinen Mund. Seine Lippen waren schmal geworden und die Muskeln an seinem Kiefer mahlten.

„Aber… aber du bist doch Clark.“ Es war offensichtlich. Und dennoch war es mir niemals so klar gewesen, wie in diesem Augenblick. Clark war Superman. Aber vor allem war er Clark. Clark war derjenige, der ein richtiges Leben hatte, Freunde, Hoffnungen. Superman war nur das Mittel zum Zweck, die Verkleidung, die Clark ein richtiges Leben ermöglichen sollte. „Wie kannst du das aufgeben?“

„Clark existiert aber nicht ohne dich, Lois. Ohne dich gäbe es nicht einmal Superman“, er schluckte und plötzlich fühlte ich seine Hand auf meiner Wange. Es war diese vertraute und so sehnlich vermisste Geste. Er streichelte mit seinem Daumen über meine Lippen und wischte die Träne weg, die sich unwillkürlich ihre Bahn brach. „Vielleicht finde ich Superman irgendwo da draußen wieder. Ich fürchte, Clark ist längst verloren.“

Das konnte doch nicht wahr sein! „Und was ist mit der Erpressung?“, versuchte ich ihn aus der Reserve zu locken, seinen Kampfgeist zu wecken. Er konnte doch nicht so einfach aufgeben.

„Die wissen gar nichts“, erwiderte Clark ruhig. „Sie stochern im Dunkeln, bis sie aus der Reaktion ihrer Opfer erkennen können, wo etwas zu holen ist. Dann erst verwanzen sie die Zimmer. Bei uns waren sie zu spät.“ Die Worte trafen mich wie ein kalter Guss. Erleichterung mischte sich mit … ich wusste nicht genau, wie ich es nennen sollte. Wut? Das Gefühl war nicht greifbar. Es war ohnehin alles so durcheinander.

„Es ist Zeit, Lebewohl zu sagen, Lois!“, fuhr Clark fort und ich sah ihn erneut schlucken. „Ich möchte dich nicht verlieren, aber ich sehe keinen anderen Weg“, sagte er ernst. In seinen Augen konnte ich sehen, dass auch er litt.

Mein Herz verkrampfte sich, bis ich das Gefühl hatte, nicht mehr atmen zu können. Wie konnte ich ihn einfach gehen lassen? Würde ich es ertragen, wenn er blieb? Wenn da immer diese unsichtbare Linie war, die nicht überschritten werden dürfte? Die Botschaft von Jor El war plötzlich so viel realer, als ein Zeitreisender, dass ich mir lächerlich vorkam, hysterisch. Was wollte ich eigentlich hier? Clark hatte Recht. Es war ein sauberer Schnitt. Ich hatte Clark doch schon vor Monaten verloren – eine endgültige Trennung konnte uns beiden doch nur helfen.

„Jemand hat die Botschaft von Jor El manipuliert“, rief ich dennoch mit dem Mut der Verzweiflung und packte ihn an der Schulter, zog ihn zu mir, bis Clark mich ansah. „Wenn du das durchziehst, dann zerstörst du Superman. Du spielst ihm doch nur in die Hände.“ Ich bohrte meine Finger tiefer in seiner Schultern, getrieben von dem verzweifelten Wunsch zu retten, was zu retten war. Meine Finger begannen zu schmerzen. Dabei war ich nicht einmal überzeugt, dass es tatsächlich das war, was ich wirklich wollte. Ergab das alles einen Sinn?

„Lois, was redest du da?“, fragte Clark, der mich mit wachsender Besorgnis betrachtete.

Plötzlich war es, als wäre ein Damm gebrochen. Ich sprudelte meine Geschichte herunter, von dem Moment an, in dem ich Wells das erste Mal begegnet war. Die Worte folgten so schnell aufeinander, dass ich mich selbst darüber wunderte, woran ich mich erinnerte. Der Erpresserbrief, die wilde Autofahrt, die Zeitreise. Ich nahm mir nicht einmal die Zeit Luft zu holen.

Clark hörte aufmerksam zu und schwieg. Aus seinem Gesichtsausdruck war wenig zu entnehmen. Als ich geendet hatte, war ich außer Atem. Es kam mir so vor, als hätte ich all das tatsächlich noch einmal durchlebt. Der Adrenalinschub war fast genauso intensiv.

„Dir ist klar, dass sich das alles ziemlich verrückt anhört“, sagte Clark schließlich leise.

„Auch nicht verrückter, als ein Kryptonier, der fliegen kann“, warf ich ein, klang unbeschwerter, als ich mich tatsächlich fühlte.

Immerhin erreichte ich, dass ein Lächeln über Clarks Gesicht zuckte. Es erinnerte an längst vergangene Tage. Unwillkürlich jagte ein Glücksgefühl durch meinen Körper, wärmte mich von innen. Es war nur allzu flüchtig.

„Alles, worum ich dich bitte, ist, dich untersuchen zu lassen, Clark“, bat ich ihn in diesem jähen Anflug von Hoffnung. „Jemand muss doch feststellen können, ob stimmt, was Jor El gesagt hat.“

Clarks Blick war undurchdringlich, sein Kiefer gespannt. Plötzlich wurde mir wieder kalt. Was, wenn er das längst getan hatte? Mein Magen zog sich zusammen. Als Clark den Mund öffnete, hätte ich mir am liebsten die Ohren zu gehalten. Meine Finger waren klamm, meine Haut kribbelte unangenehm. Ich hatte Angst vor seiner Antwort.

„Lois, bitte tu das nicht“, flehte er leise. „Bitte wecke keine falschen Hoffnungen in mir. Das hat doch keinen Sinn“, erklärte er bestimmt. „Die Botschaft war Jor El, warum – und vor allem wie - hätte sie jemand manipulieren sollen?“, fügte er stur hinzu. „Die Kugel ist durchs All gereist!“

Ich hatte mit der Antwort gerechnet. Dennoch war es eine kalte, ernüchternde Dusche. Betäubt stand ich vor Clark und wusste nicht, was ich tun sollte. Machte ich mir nicht selbst nur etwas vor? Clark hatte Recht. Die Kryptonier mussten eine fortschrittliche Technologie besessen haben. Wie sollte ein Mensch diese Botschaft verändern? Und warum? Nur um uns auseinander zu bringen? Das war doch absurd.

„Warum klammerst du dich nur so sehr daran, dass es keine Hoffnung gibt, Clark?“, schrie ich ihn dennoch an, wütend, verzweifelt. „Vielleicht gibt es einen Weg. Wir müssen ihn nur finden!“ Gern hätte ich ihn gepackt und geschüttelt.

„Meinst du, ich hätte nicht darüber nachgedacht?“, entgegnete er harsch. „Seit Monaten denke ich über nichts anderes nach. Und ich hab versucht, die Hoffnung nicht zu verlieren. Du weißt wozu das geführt hat, Lois.“ Er wandte sich von mir ab, peinlich berührt. „Ich habe dich nicht gerade so behandelt, als ob mir tatsächlich etwas an dir liegt.“

Seine Stimme klang plötzlich anders. Leise und verbittert. Zögernd drehte er sich wieder zu mir um. Die Wut war aus seinen Zügen verschwunden. Sanft blickte er mich an.

„Nach allem was war, ist es zu spät, Lois. Ich hab dich von mir gestoßen, hab etwas mit Mayson angefangen. Wie kann ich erwarten, dass du mir das verzeihst?“, sagte er leise.

„Weil ich dich liebe“, gab ich zurück und zuckte bei meinen Worten selbst zusammen. Es stimmte. Ich mochte durch die Hölle gegangen sein. Aber ich liebte ihn. „Ich möchte, dass du dich von diesem Alptraum befreist, Clark.“ Woher nahm ich mir nur die Gewissheit, dass er es konnte? Hatte H.G. Wells mich tatsächlich überzeugt? Oder die Zeitreise, die ich mir am Ende vielleicht nur eingebildet hatte?

„Ich habe nie darüber nachgedacht, die Worte von Jor El zu überprüfen“, sagte Clark nach einer Weile. „Seit Monaten denke ich über nichts anderes nach, als darüber, wie ich mein Leben wieder in den Griff bekommen könnte.“

„Mir wäre es vermutlich nicht anders ergangen“, gab ich leise zurück. „Wirst du es denn tun?“

„Ja, das werde ich“, murmelte Clark und straffte die Schultern. Ich sah das Zittern in seinen Armen, als er den Hörer in die Hand nahm.

„Wen rufst du an?“, fragte ich neugierig und selbst plötzlich unheimlich nervös.

„Dr. Klein.“

* * *

„Lois?“, hörte ich Clark mit warmer Stimme fragen. Unwillkürlich begann mein Herz zu klopfen. Ich hob den Kopf. Clark lächelte mich breit an. „Kaffee?“, fragte er leise und hielt mir die Tasse entgegen.

Mit einem Seufzer schob ich die Akten beiseite und nahm den Becher, den er mir anbot. Dampfend verströmte die Tasse einen aromatischen Duft. Clark nippte bedächtig an seinem Kaffee und setzte sich auf die Kante meines Schreibtisches. Fasziniert beobachtete ich das Spiel seiner Muskeln unter dem Hemd, sah die Kraft in seinen Bewegungen. Dann beugte er sich langsam zu mir hinüber, streckte seine Hand nach mir aus und wischte Milchschaum von meinen Lippen. Ich hatte ihn nicht einmal bemerkt. Doch Clarks Berührung spürte ich intensiv. Ein Kribbeln breitete sich in meinem Gesicht aus, als sein Zeigefinger mich zärtlich streichelte.

„Ich würde dich gerne zum Abendessen einladen“, murmelte Clark und seine Stimme klang noch ein bisschen tiefer als gewöhnlich. Seine Augen ruhten auf mir und ich konnte stumme Bewunderung in ihnen erkennen. Clark atmete ein bisschen rascher und er nestelte unruhig an seiner Krawatte, als könnte er sich nur mühsam davon abhalten, mich noch einmal zu berühren.

„Heute Abend?“, fragte ich aufgeregt und ärgerte mich ein bisschen darüber, dass ich meine Freude so offensichtlich zeigte. Doch auf diesen Moment hatte ich einfach zu lange gewartet. „Holst du mich um sieben ab?“

Clark nickte stumm und Überraschung stand ihm ins Gesicht geschrieben. Offenbar konnte er sein Glück gar nicht fassen – genauso wenig wie ich. Ein schmales Lächeln wurde in seinen Mundwinkeln sichtbar. Sie zuckten leicht und ich spürte, dass sich dieses Lächeln auch in meinem Gesicht auszubreiten begann. Eine Weile lächelten wir uns gegenseitig an, zu Anfang scheu, doch dann zunehmend mutiger.

Mein Partner stellte seine Kaffeetasse auf meinem Schreibtisch ab und rutschte die Kante entlang noch ein bisschen näher auf mich zu. Auch mich trieb es zu ihm hin. Unruhig fragte ich mich, ob ich auf dem Stuhl sitzen bleiben sollte. Wenn ich es nicht tat, dann würde es die ganze Redaktion sehen, dann würden alle wissen...

Clark beugte sich vor, streckte noch einmal seine Hand nach mir aus. Er strich eine Haarsträhne hinter mein Ohr und ließ seinen Daumen über meine Wange wandern, bis schließlich seine ganze Hand dort ruhte. Seine Augen schienen hinter den Brillengläsern eine noch dunklere Färbung anzunehmen und eine feine Röte breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ich sah ihn schlucken, während er sich noch weiter vorbeugte. Seine Lippen öffneten sich leicht und dann küsste er mich.

Ich schloss die Augen. Da war nur sein Mund, seine Zunge, die meine sanft liebkoste. Zärtlich knabberte er an meiner Unterlippe, saugte leicht daran und ließ sie wieder los. Seine Wärme schien auf mich überzugehen und mir wurde heiß. Meine Wangen brannten und hungrig erwiderte ich seinen Kuss, presste meine Lippen an seine und versuchte noch mehr von seiner Zärtlichkeit zu bekommen.

Ende
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