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Ein richtiges Date?

FanFiction zur TV-Serie "Superman - die Abenteuer von Lois und Clark" (orig. "Lois and Clark - the New Adventures of Superman")

Ein richtiges Date?

Beitragvon Vega » So 24. Jun 2012, 17:42

Ein richtiges Date?

Es war kein gewöhnlicher Abend in Metropolis. Lois seufzte bei dem Gedanken daran, dass solche ungewöhnlichen Abende dabei waren ihr zur Gewohnheit zu werden. Es war der dritte oder vierte in Folge. Lois hätte nichts dagegen gehabt, wenn an diesem Abend ein wenig Normalität in ihr Leben eingekehrt wäre. Vielleicht hätte sie es endlich geschafft ihre Gedanken zu ordnen, wenn Clark an diesem Abend für sie Zeit gehabt hätte. Doch er hatte ihr mit einem bedauernden Schulterzucken erklärt, dass er beschäftigt war und sie auf den nächsten Abend vertröstet. So war sie allein mit ihren Gedanken, die kein Eisbecher der Welt von einem bestimmten Thema abhalten konnte.

So sehr sie sich auch bemühte, Lois gelang es einfach nicht, sich über ihre Gefühle klar zu werden. Jedes Mal, wenn sie dachte, dass sie Superman endlich überwunden hatte, geschah etwas, das alles wieder komplett über den Haufen warf. Doch nun war sie vollends verwirrt. Clark hatte wahrscheinlich längst die Nase voll von ihr. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, hatte Superman in diesen Minuten ein Date mit einer anderen Frau. Ein bisschen Normalität wäre wirklich nicht das Schlechteste, fand Lois und versenkte ihren Löffel in einem großen Becher Schokoladeneis. Der Anblick der cremigen, kalten Masse hatte etwas Tröstliches. Wenigstens eine Konstante gab es in ihrem Leben.

Ihr Gefühlswirrwarr hatte in dem Moment begonnen, in dem Clark von Dillinger erschossen worden war. Ihn zu verlieren hatte ihr vor Augen geführt, wie sehr sie ihn brauchte und liebte. Die Jubiläumsfeier des Daily Planet war nach seiner unerwarteten Rückkehr noch einmal richtig nachgeholt worden und Lois’ Probleme hätten sich möglicherweise in Luft aufgelöst. Unglücklicherweise hatte Perry einen Überraschungsknaller gelandet, mit dem keiner gerechnet hatte. Doch seine Idee hatte Wirkung gezeigt und alle aus den trüben Gedanken gerissen, die der Beinahetod ihres Partners ausgelöst hatte.

„Clark, du bist der Nächste. Komm hoch, Junge“, rief Perry und grinste breit.

Den ganzen Tag über hatte er sich darüber aufgeregt, dass ihm von der Geschäftsleitung die Rolle des Auktionators übertragen worden war. Doch im Laufe des Abends hatte er in seine Rolle gefunden und schien sie nun sogar zu genießen.

„Nun komm schon, wir beißen doch nicht. Oder würde eine der Damen diesen stattlichen Herren beißen?“ lockte er und Clark, der vorher noch abgewunken hatte, ging nun widerstrebend auf die Bühne.

Lois konnte sehen, dass er Perry etwas zuflüsterte. Der Chefredakteur bewegte seine Lippen, als würde er etwas erwidern, doch kein Wort der Unterhaltung war zu verstehen. Mit einem gequälten Lächeln drehte sich Clark um. Lois wusste, dass er nicht gerne im Rampenlicht stand, doch es war für einen guten Zweck. Warum nur klopfte ihr Herz plötzlich bei dem Gedanken an ein Date mit ihm? Sie erinnerte sich an die Fahrt nach Hause, nachdem Superman sie aus der Zementgrube gezogen hatte und Clark auf mysteriöse Weise wiedererschienen war. Sie hätte ihn so gerne mehr als nur umarmt. Ihn wieder zu haben war ein Geschenk.

„Das Mindestgebot für Clark Kent liegt bei 30 Dollar“, beschied Perry und klopft dreimal mit dem Hammer auf das Holzbrettchen vor sich, um die Auktion zu eröffnen.

Sofort schnellten Hände nach oben um für ihn zu bieten. Susan aus der Anzeigenabteilung erhöhte auf 40 Dollar, Milly, die Artikel zum Thema Heim und Garten verfasste, zog nach. Noch ehe Lois es recht gemerkt hatte, war ihre Hand ebenso hochgeschnellt. Perry leitete die Auktion geradezu virtuos. Vielleicht half die Erfahrung als Chefredakteur ihm den Überblick zu behalten. Mit einem gewissen, geheimen Stolz stellte Lois fest, wie schnell der Preis für ihren Partner in die Höhe ging. Doch je weiter der Preis stieg, desto geringer wurde die Zahl der Bietenden.

„150 Dollar zum ersten, 150 Dollar zum zweiten...“ rief Perry, als niemand mehr mit bot. Theatralisch hob er den Hammer, doch bevor er auf dem Brettchen aufschlug, rief eine mädchenhafte Stimme ein höheres Gebot in den Saal hinein.

Erstaunt wandten sich alle Köpfe, bis auf den von Lois, die die Stimme bereits kannte. Mit zusammengebissenen Zähnen rief sie ihrerseits ein höheres Gebot. Binnen Sekunden war aus der heiteren Auktion ein Kampf geworden, bei dem sich keine der beiden Kontrahentinnen geschlagen geben wollte. Lois hätte nicht einmal sagen können, warum sie so erbittert um Clark kämpfte. War er nicht am Abend zuvor eingeschlafen, als sie ihn nach Hause gefahren hatte? Verschwand er nicht oft mitten im Gespräch? Und hatte er ihr nicht gesagt, dass er sie nicht liebte, sondern das nur behauptet hatte, um sie von der unseligen Heirat mit Lex Luthor abzuhalten? Am Ende wäre er sogar noch wütend auf sie, dass sie ihn an einem Date mit Mayson gehindert hatte.

Trotz all dieser Bedenken und der bangen Frage, ob sie vielleicht einfach nur Mayson eins auswischen wollte, machte Lois weiter. Es gab natürlich gar keinen Zweifel daran, wer den Sieg davon tragen würde. Lois Lane war viel zu stur um zu verlieren. Während die beiden Frauen so taten, als würden sie einander geflissentlich ignorieren, beobachteten sie sich genau, versuchten abzuschätzen, ob die andere bereit war aufzugeben. Wäre ihnen aufgefallen, wie geradezu einmütig sie ihr Ziel verfolgten, beide hätten vermutlich sofort vor Schreck abgebrochen und den Vorwurf von sich gewiesen, dass sie irgendetwas gemeinsam haben könnten.

Doch so wurde der Wettstreit erst über einhundert Dollar später beendet. Perrys Hammer fiel ein letztes Mal auf das Holzbrett und verkündete somit, dass die Entscheidung endgültig war. „... und zum Dritten, verkauft an Lois Lane.“


Das war es also, Lois hatte es geschafft ein Date mit Clark zu ergattern. Natürlich war es kein richtiges Date, so hatte sie jedem mitgeteilt, der sie darauf angesprochen hatte. Wie sollte ein ersteigertes Date auch ein richtiges Date sein? Es war nicht romantisch und dennoch hoffte Lois, dass es ihr helfen würde, sich über ihre Gefühle klar zu werden. Das hatte sie gewollt – ein Date mit Clark von dem sie behaupten konnte, dass es kein richtiges Date war. Sie hatte Zeit ausführlich zu testen, ob sie sich auf sicherem Boden bewegte. Und wenn ihr die Sache zu gefährlich wurde, dann hatte sie schließlich noch immer die Chance zu behaupten, dass alles lediglich eine geschäftliche Vereinbarung war – Geld für ein paar Stunden zu zweit, für ein Abendessen, dass weiter nichts zu bedeuten haben musste.

Doch die Aussicht auf ein Date mit Clark war es nicht, was diesen Abend so ungewöhnlich gemacht hatte. Das Date würde ohnehin erst am nächsten Tag stattfinden. Nach der Versteigerung war Clark zu ihr heruntergekommen und hatte sich zusammen mit ihr noch ein oder zwei weitere Versteigerungen angesehen. Dann war wieder einmal geschehen, was immer geschah, wenn Lois gerade begann Clarks Gesellschaft zu genießen. Er war mit einer fadenscheinigen Ausrede verschwunden. Nachdem sie nun fast eineinhalb Jahre mit Clark verbracht hatte, konnte sie auch das nicht allen Ernstes als ungewöhnlich bezeichnen. Nein, seltsam war der Abend erst geworden, als Perry den letzten Junggesellen vorgestellt hatte.

Perry blickte über die Menge vor ihm, die sich an einigen Stellen gelichtet hatte. Er schien mit dem Ergebnis des Abends nicht unzufrieden zu sein. Zumal Lois wusste, dass sich in der einen oder anderen Ecke Perrys geheime Kuppelwünsche verwirklicht hatten. Obwohl sie sich für Clarks Verschwinden nicht rächen konnte, indem sie noch einen anderen Mann ersteigerte, genoss Lois es, dem Treiben zuzusehen. Das Lächeln auf dem Gesicht ihres Chefredakteurs machte sie zunehmend neugierig. Irgendetwas schien er noch in der Hinterhand zu haben und sein beredtes Schweigen ließ auch noch den letzten Zuschauer den Atem anhalten.

Lois Verärgerung über Clarks Verschwinden wich einer grimmigen Genugtuung, als sie sah, dass Mayson in einer Ecke stand und schmollte. Es erstaunte sie, dass die Staatsanwältin nicht längst gegangen war. Glaubte sie vielleicht, dass sie Clark für sich gewinnen konnte, wenn sie nur lang genug stehen blieb und um Trost bettelte? Mit einem verächtlichen Schnauben wandte Lois den Blick wieder Perry zu und beschloss, nicht länger über Mayson nachzudenken. Sie hatte Clark und ein Date, bei dem sie vielleicht endlich herausfinden konnte, weshalb er sich ständig aus dem Staub machte. Und sie würde es aus ihm herauskitzeln, mochte er sich auch noch so sehr wehren.

Perry räusperte sich verheißungsvoll, nahm dann aber noch einen Schluck Wasser und genoss es sichtlich, dass sich um ihn herum eine beinahe unerträgliche Spannung aufgebaut hatte.

„Wir kommen nun zum letzten Junggesellen an diesem Abend, auf den wir bisher leider vergebens gewartet haben. Doch, meine Damen, wenn sie hören, um wen es sich handelt, werden Sie sicherlich Verständnis haben. Er ist ein viel beschäftigter Mann, der mir erlaubt hat, ihn gegebenenfalls auch in Abwesenheit zu versteigern. Einhundert Dollar sind das Mindestgebot für ein Date mit..." Perry räusperte sich noch einmal und dehnte die Pause unnötig lang. „Superman", sagte er schließlich und klopfte wie schon zuvor dreimal auf das Holzbrett.

Lois fand sich inmitten einer Schar von Frauen wieder, die allesamt ihren Geldbeutel wie eine Waffe umklammert hielten. Die freie Hand schwebte vor der Brust, jeder Muskel angespannt und bereit, den Arm in die Höhe schnellen zu lassen, sobald das eigene Gebot von einer anderen überboten worden war. Lois konnte sich nicht beteiligen, da die Regel galt, dass jede Frau nur einen Mann ersteigern konnte. Unwillkürlich fragte sie sich, ob sie die einzige gewesen war, die nicht gewusst hatte, dass einer der Junggesellen Superman war. Gerne hätte sie Clark gefragt, ob er genauso überrascht war wie sie. Doch er war noch immer nicht zurück. Abgesehen davon war dies schon die zweite Versteigerung von Superman, bei der Lois keine Chance hatte. Beides zusammen half Lois nicht gerade dabei ihre gute Laune zu bewahren. Sie drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.


Lois versenkte ihren Löffel tief in dem Eisbecher auf ihren Knien. Doch sie stieß nur auf Pappe, lediglich ein paar klägliche Eisreste blieben an dem Löffel hängen, und mit einem Seufzen leckte sie sie ab. Sie wollte nicht mehr daran denken, und dennoch kreisten ihre Gedanken um nichts anderes. In diesem Moment hatte Superman ein Date – und zwar nicht mit ihr. Und Clark, der ihr hätte versichern sollen, dass das nicht das Ende der Welt bedeutete, hatte keine Zeit. Sie konnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Immerhin hatte sie den ganzen Tag damit verbracht, sich über Supermans Date aufzuregen. Warum sollte Clark nach all dem noch ein Interesse daran haben, sie zu trösten?

* * *

Einige Stunden zuvor...

„Lois, was um Himmels Willen hast du vor?“ fragte Clark, als ihm langsam klar wurde in welche Richtung Lois ging. Er kannte die Häuserzeilen in diesem besseren Teil der Stadt noch vom vorigen Abend und ihr Anblick beunruhigte ihn. Er versuchte sich einzureden, dass Lois’ Ziel nur zufällig hier lag. Im Grunde konnte es anders auch nicht sein. Was sollte Lois dort wollen? Sie hasste Mayson, also warum lief sie zu ihrer Wohnung? Doch vielleicht war genau das der Grund – sie hasste Mayson und verstand nicht – nun im Grunde verstand kein Mensch in der Stadt - was während der Auktion geschehen war.

„Ich hatte dich nicht gebeten mitzukommen, Clark. Aber wenn du es schon unbedingt wissen musst – ich recherchiere“, gab Lois etwas spitz zurück und lief unbeirrt voran.

Der Ton zwischen ihnen war angespannt, nachdem er während der Junggesellenversteigerung mal wieder hatte verschwinden müssen. Lois hatte immer noch wenig Verständnis für seine schlechten Ausreden. Es war auch unsinnig zu hoffen, dass sie ein Auge zudrücken würde, wenn er nicht endlich mit der Wahrheit herausrücken würde. Lois hatte den auf mysteriöse Weise zurückgekehrten Clark auf eine Weise umarmt hatte, die ihn erneut glauben ließ, dass sich seine Träume nun doch endlich erfüllen würden. Abern nun, nachdem das Undenkbare geschehen war, fing sein Optimismus wieder an zu schwinden.

„Du recherchierst?“ Er gab sich keine Mühe die Zweifel in seiner Stimme zu verbergen. „Hier?“ Es mochte ein Zufall sein, doch so recht konnte Clark nicht an diese Art Zufälle glauben. Er sah vielmehr Unheil auf sich zukommen. „Wenn du zu Mayson willst, solltest du es mal im Gerichtsgebäude versuchen“, schlug er vor und fragte sich, ob es Lois um Rache ging. Sie hatte keinen Hehl daraus gemacht, wie wenig sie von seiner - beziehungsweise Supermans - Verabredung mit Mayson hielt. Von Lois’ Verabredung mit Clark war keine Rede mehr.

“Was bitte soll das für ein Date werden?“ hatte sie gefragt und dabei ungläubig mit dem Kopf geschüttelt. „Mayson kann Superman nicht ausstehen. Also warum hat sie für ihn geboten? Will sie ihn benutzen? Was hat sie vor?“

Auch Clark wusste nicht so recht, was er davon halten sollte. Zumal er mehr oder weniger gerade erst erfahren hatte, wer Superman ersteigert hatte. Mit vielem hatte er gerechnet - sogar damit, dass Lois Perry überreden würde, ihr sowohl Clark als auch Superman zu lassen. Aber dass Mayson Drake Superman ersteigern würde, hatte jenseits der Vorstellungskraft von so ziemlich jedem Daily Planet Mitarbeiter gelegen. Jimmy hatte Wetten laufen, dass Mayson versuchen würde, Superman zu verhaften, während Perry immer noch über einen passenden Elvisvergleich nachgrübelte.

„Wenn ich sie etwas fragen wollte, wären wir sicherlich dahin gegangen“, erwiderte Lois mit der für sie typischen Ungeduld. „Manchmal hilft es etwas weniger offizielle Wege zu gehen, wenn man weiter kommen möchte", erklärte Lois, als ob an ihrer Vorgehensweise überhaupt nichts auszusetzen sei. Selbstsicher marschierte sie in Maysons Apartmenthaus und Clark folgte ihr notgedrungen. Vielleicht, so dachte er, konnte er ihr die Sache noch ausreden. Und vielleicht würde ja auch die Hölle zufrieren. „Mayson will uns nicht sagen...wer ihr Hauptverdächtiger ist...also finden wir es heraus“, fuhr Lois fort, während sie die Treppen hochstieg. Ihrer festen Stimme nach zu urteilen schien jeder Gedanke daran, dass es um etwas anderes als eine Intergang Story ging, völlig aus der Luft gegriffen. Doch sie konnte Clark nicht täuschen.

„Lois, das kannst du nicht machen“, wandte er ein und tat für einen Moment so, als würde er ihr die Ausrede abkaufen. Es erschien ihm sicherer, als sie direkt auf das Problem anzusprechen. „Und außerdem, woher willst du wissen, dass Mayson ihre Sachen zu Hause aufhebt? Sie könnten genauso gut in ihrem Büro liegen. Außerdem wäre es nicht richtig...“

Er schaute Lois eindringlich an, als könnte sein Hundeblick Lois weich machen. Aber das hatte er schön öfter vergeblich gehofft. Für einen Moment war Clark versucht Lois einfach hochzuheben und über die Schulter zu legen, um sie wieder die Treppe hinunter zu tragen. Was sollte sie schon dagegen machen? Allerdings hätte er dann seine letzte Chance bei ihr auch noch verspielt und das war das letzte, was er wollte.

„Vielleicht erinnerst du dich mal daran, dass wir Enthüllungsreporter sind, Clark. Ich bin zumindest einer. Und wenn du nicht zu beschäftigt damit wärst, eifersüchtig auf Maysons ‚Date’ mit Superman zu sein, dann wüsstest du vielleicht, dass ‚sie sich Arbeit mit nach Hause genommen hat’...“ raunte Lois ärgerlich, und ahmte dabei Maysons mädchenhafte Stimme nach.

„Ich bin nicht eifersüchtig...“ wehrte Clark ab, doch Lois unterbrach ihn harsch.

„Es ist unsere Aufgabe Dinge ans Licht zu bringen, die Verbrecher, die Regierung, oder wer auch immer am liebsten unter Verschluss wissen würde. Ich dachte immer, dass dir das genauso viel bedeuten würde wie mir“, sagte sie, als müsste sie ihm erst erklären, worin eigentlich ihr Job bestand. Clark fand es faszinierend, wie Lois es schaffte, gewisse Tatsachen zu verdrehen und sich so zurecht zu legen, dass sie ihr in den Kram passten.

Clark war sich bewusst, dass Mayson der Aufdeckung von Intergang womöglich einen entscheidenden Schritt näher gekommen war. Dennoch hielt er Lois’ Mittel für unverhältnismäßig, zumal er vermutete, dass es ihr gar nicht so sehr um eine Story ging. Er hatte keine Ahnung, was sie in Maysons Wohnung zu finden glaubte, aber Akten waren es bestimmt nicht. Als gute Journalistin wusste sie, dass es nicht immer zum Vorteil einer Story war, sich in die Polizeiarbeit allzu sehr einzumischen. Manchmal konnte sich ein wirklich guter Artikel dabei auch in Luft auflösen. Doch er beschloss seine Meinung lieber ungesagt zu lassen. Lois glich derzeit einem Minenfeld und nicht einmal Superman war gegen die Wirkung einer solchen Explosion gefeit.

Als sie Maysons Haustür erreicht hatten, begann Lois in ihrer Tasche zu graben. Mit Kennerblick musterte sie das Schloss und ein Lächeln umspielte dabei ihre Lippen. Clark war sich nicht sicher, was dieses Lächeln zu bedeuten hatte. Er hatte es schon öfter gesehen, in Momenten, in denen Lois etwas wirklich großem auf der Spur gewesen war. Aber es erschien genauso auf ihrem Gesicht, wenn sie dabei war, einen Plan in die Tat umzusetzen, etwas, dass sie auf die eine oder andere Weise glücklich machte. Ihre Finger hatten offenbar ein passend erscheinendes Stück Metall gefunden, denn Lois begann das Schloss zu bearbeiten.

„Ich glaube einfach nicht, dass du das tust, Lois“, beschwerte sich Clark, laut genug, dass jemand ihn hätte hören können, wenn denn nicht alle Bewohner des Apartmenthauses bei der Arbeit gewesen wären.

„Dann lass es halt“, meinte Lois ungerührt, während sie weiter in dem Schloss herumstocherte. Sie bedachte ihn nicht einmal mit dem für Fälle wie diesen üblichen strafenden Blick. Lois musste sich ihrer Sache sehr sicher sein.

„Mayson vertraut uns, sie gibt uns oft Informationen. Warum willst du das alles aufs Spiel setzen?“ gab Clark zu bedenken.

„Sie ist in dich verknallt. Da gibt es gar nichts aufs Spiel zu setzen. Außerdem gibt sie uns niemals wichtige Informationen. Sie glaubt, dass sie ganz allein gegen Intergang ankommt“, erwiderte Lois. Als sie sich umdrehte und Clarks skeptischen Blick sah, fügte sie hinzu. „Na gut, mit deiner Hilfe. Auf Superman glaubt sie ja verzichten zu können“, fügte Lois leicht höhnisch hinzu und lächelte. „Obwohl, vielleicht auch nicht.“ murmelte sie mit leicht saurer Miene und so leise, dass sie sicherlich glaubte, Clark würde sie nicht hören. Wahrscheinlich dachte sie dabei an das Date, dass Mayson und er heute Abend haben würden.

Einen kurzen, eleganten Dreh aus dem Handgelenk später, hatte die Wohnungstür sich Lois’ Überredungskünsten gebeugt und war aufgesprungen. Mit einem zufriedenen Seufzen trat sie ein und begann sich in der Wohnung umzusehen. Clark eilte ihr hinterher.

„Lois, sie könnte jeden Augenblick heimkommen“, flüsterte Clark und fragte sich, warum er sie nicht längst aus der Wohnung gezerrt hatte. Lois war sauer auf Mayson und die Tatsache, dass sie ihr das Date mit Superman weggeschnappt hatte – aber das musste sie doch nicht unbedingt in kriminelle Energie umsetzen. Und das auch noch in der Wohnung einer Staatsanwältin.

„Könnte sie nicht“, widersprach Lois und hielt die Wohnungstür noch einen Moment auf. „Du kannst ja gehen“, bot sie an. Doch als Clark sich nicht rührte, drückte sie die Tür wieder ins Schloss. „Mayson steckt in einer Besprechung, hat ihr Büro gesagt.“ Clark schaute sie entgeistert an. Lois hatte diesen Einbruch offenbar generalstabsmäßig geplant.

Gegen seinen Willen war Clark fasziniert, als Lois in Maysons Wohnung auf die Pirsch ging. Sie ging professionell vor, verschaffte sich erst einmal einen Überblick über die Gegebenheiten, bevor sie sich dann gezielt auf die Suche machte. Unwillkürlich begann auch Clark sich ein Bild von der Wohnung zu machen. Er war bisher nicht weiter als bis zur Eingangstür gekommen. Der Flur war in einem zarten orangerot gestrichen. Es gab eine weiße Kommode und einen Spiegel mit weißem Rahmen. Auf der Kommode stand eine Vase mit einem Strauß Rosen, deren rötlich-gelbe Blüten mit der Wand perfekt harmonierten. Alles war ein bisschen zu ordentlich und für Clarks Geschmack zu betont weiblich.

Im nächsten Zimmer reihten sich lange Regale voller Bücher an die Wände. Das meiste war juristische Fachliteratur, die deutliche Gebrauchsspuren aufwies. Was die vereinzelten Romane anging, hatte Clark das Gefühl, dass Mayson sie nicht allzu oft hervorholte. Sie standen in Reih und Glied, ein Buchrücken schmiegte sich feinsäuberlich an den anderen. Ein bisschen verwirrt erkannte Clark, dass darunter einige Titel waren, die er selbst besaß. Seine Augen flogen über die Reihen. Tatsächlich besaß Mayson kaum ein Buch, das sich nicht auch in seinem Schrank befunden hätte. Fast kam es Clark so vor, dass Mayson ihre Wohnung für ein Treffen mit ihm vorbereitet hatte – aber warum hatte sie dann Superman ersteigert? Wollte sie vielleicht Lois zu einem Tausch überreden? Immerhin schien seine Partnerin nicht mehr allzu glücklich mit dem Date, dass sie hatte, dachte er verdrießlich.

„Oh, mein Gott, ist das hier ordentlich“, beschwerte sich Lois. „Ich muss in einem Alptraum gefangen sein. Will sie Superman etwa herbringen?“ Den letzten Satz hatte Lois wohl mehr zu sich selbst gesagt, aber Clark hörte ihn natürlich trotzdem.

Das war es, was Lois mehr als alles andere zu beschäftigen schien. Was würden Mayson und Superman tun, wenn sie sich trafen? Clark fragte sich, was Lois sich eigentlich unter einem solchen Date vorstellte. Bevor er sich jedoch zu einem Kommentar hinreißen lassen konnte, hörte er die Tür des Apartmenthauses zuschlagen. Schritte auf der Treppe folgten und als Clark genauer hinhörte, erkannte er den Herzschlag. Es war Mayson, die die Treppe hinauf zu ihrer Wohnung eilte.

„Nur ihre Unterlagen sehe ich nirgendwo. Wo steht denn ihr Schreibtisch?“ Lois Stimme dröhnte in Clarks Ohren. Ob es nur daran lag, dass er sein Supergehör einsetzte, oder ob sie tatsächlich lauter sprach, konnte er nicht sagen. „Jemand der so ordentlich ist, muss doch sein Unterlagen so aufheben, dass sie jederzeit zu finden sind“, murmelte Lois ärgerlich.

„Still, Lois, da kommt jemand“, raunte Clark und bevor Lois sich versah, hatte er eine Tür geöffnet und sie hindurch gedrängt. Als er die Tür hinter ihnen beiden schloss befanden sie sich in völliger Dunkelheit. Einen Moment lang versuchte Lois sich an Clark vorbei aus der Dunkelheit herauszudrängen, aber er hatte sich so vor sie gestellt, dass der Versuch zwecklos war.

„Lass mich los! Was ist das hier?“ zischte Lois und gab sich nicht einmal Mühe, den Ärger in ihrer Stimme zu unterdrücken. Ungeduldig begann sie umher zu tasten. Clark erahnte, dass ihre Hände auf den Mantel neben ihr gestoßen waren. Daneben war etwas langes, schmales und rundes aus Holz, dass Clark für einen Besenstiel hielt. Wenig später hatte Lois ihn ebenfalls entdeckt. Und dann fuhren ihre Finger über das, was diesen Ort hauptsächlich auszeichnete – Wände. „Ein Wandschrank?“ fragte sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Empörung.

„Pssst!“ forderte Clark eindringlich. Dann hörte sie beide, wie ein Schlüssel ins Schloss gesteckt wurde, der sich bald darauf drehte. Die Tür wurde geöffnet und jemand trat in den Flur. Hochhackige Schuhe klackerten über den Boden und liefen an der Tür des Wandschranks vorbei.

„Sie ist hier?“ flüsterte Lois beinahe lautlos und schaffte es dennoch entrüstet zu klingen. „Kann denn niemand heute mehr in Besprechungen...“ Clark erstickte den Rest des Satzes, indem er seine Hand auf Lois Mund legte. Das letzte, was sie gebrauchen konnten, war, dass Mayson sie entdeckte.

Mit der anderen Hand rückte Clark seine Brille ein wenig tiefer. Er versuchte sich nicht von Lois ablenken zu lassen, die begonnen hatte, seine Hand von ihrem Mund zu zerren. Mit seinem Röntgenblick konnte Clark Mayson dabei zusehen, wie sie ihre Taschen im Flur abstellte und ihre Jacke an die Garderobe hängte. Dann nahm sie die Taschen wieder auf und trug sie in Richtung Küche. Sie hatte offenbar bergeweise Essen gekauft, einiges davon offensichtlich von einem Feinkosthändler. Der Champagner in ihrer rechten Einkaufstasche musste ein halbes Vermögen gekostet haben. Was hatte Mayson bloß vor? Das alles konnte ja wohl kaum für ihr Date mit Superman gedacht sein!

* * *

Lois Augen hatten sich halbwegs an die Dunkelheit gewöhnt. Durch die Ritzen der Tür drang etwas Licht. Es war kaum genug um etwas zu erkennen. Aber es reichte, um Clarks Silhouette auszumachen. Er stand dicht neben ihr, eine Hand verhinderte effektvoll, dass sie einen bissigen Kommentar loslassen konnte. Wie gebannt starrte er auf die Tür, als würden sich ihm in der Dunkelheit mehr Geheimnisse enthüllen als ihr. Dachte er daran, dass *sie* vor der Tür stand? Fühlte er sich genauso merkwürdig bei dem Gedanken an Maysons Date, wie sie bei dem Gedanken an Supermans Verabredung? Die Vorstellung, dass Clark eifersüchtig auf Superman war, gab Lois einen Stich. Es bedeutete ja, dass ihm an Mayson etwas lag und das hieß wiederum, dass...

Lois kämpfte stumm gegen Clarks Griff an und konzentrierte sich lieber darauf ihn zu lösen, als auf das Chaos ihrer Gefühle. Wie kam es nur, dass er nicht einmal eine Flasche aufdrehen konnte, es ihr aber nicht gelang, seine Hand von ihrem Mund zu lösen? Oh, er würde etwas zu hören bekommen, sobald sie nur erst hier heraus waren. Sie konnte nur hoffen, dass Mayson noch rechtzeitig verschwand, damit sie Clark lauthals die Meinung sagen konnte. Außerdem gab es da noch ein Date zu verhindern. Lois hatte noch keine Vorstellung, wie sie es anstellen musste, aber sie konnte Superman doch nicht ernsthaft dieser Schlange überlassen. Noch immer bedeckte Clarks Hand ihren Mund und Lois hoffte, dass ein Ablenkungsmanöver endlich zum Ziel führen würde.

„Wsch glbscht huu duhh schuu wwwhn“, nuschelte sie in Clarks Handfläche hinein und schaffte es damit seine Aufmerksamkeit zu erregen, obwohl er sie kaum verstanden haben konnte.

„Sei leise um Himmels Willen!“, flüsterte Clark, „Willst du, dass sie uns hört?“ fügte er kaum hörbar hinzu, und nahm doch endlich seine Hand von ihrem Mund.

„Ich wollte nur wissen, was du so anstarrst!“ wiederholte Lois, diesmal genauso leise wie Clark.

„Lois, wir sind in einem Schrank, ich sehe gar nichts“, widersprach Clark.

„Eben“, gab Lois zurück und genoss es, dass Clark verwirrt schwieg.

Wann würde er sich endlich daran erinnern, dass er ein Reporter war, fragte Lois sich ärgerlich. Sie hatte gewusst, dass dies der Anfang vom Ende war. Männer schafften es einfach nicht, beim Anblick einer schönen Frau die professionelle Distanz zu wahren. Aber warum mussten es ausgerechnet Maysons schlanke Beine sein, die ihn verwirrten? Immerhin hatte er es ja auch geschafft, ihren Rat zu befolgen, sich nicht in sie zu verlieben, dachte sie traurig. Lois konnte nicht umhin zu bedauern, dass sie so etwas je gesagt hatte.

Wieder waren vor der Tür Schritte zu hören und für einen Moment dachte Lois, dass Mayson den Wandschrank nun aufreißen würde. Unweigerlich hielt sie den Atem an und lauschte angestrengt, ebenso wie Clark, der sich dann neben ihr sichtlich entspannte. Kurz darauf wurde auch Lois leichter ums Herz. Sie hörte, wie Mayson auf der anderen Seite der Tür eine Telefonnummer wählte. Dann wurde es still im Apartment und Lois hörte nicht mehr, als Clarks Atemzüge neben sich. Vielleicht erfuhr sie nun endlich, was Mayson eigentlich mit Superman wollte.

„Clark?“ drang Maysons fragende Stimme zu ihnen in den Wandschrank. „Ach, du bist nicht da“, murmelte sie enttäuscht, woraufhin sich Lois ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Natürlich war er nicht da, er war ja hier. Es verging ein Augenblick, bis Clarks Anrufbeantworter sein Sprüchlein aufgesagt und um eine Nachricht gebeten hatte. „Clark, ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich... ich wollte es mit einem Abendessen wieder gut machen. Kommst du? Bitte, Clark, es würde mir so viel bedeuten.“ Dann legte Mayson auf.

Wieder war es still in der Wohnung. Lois schaute Clark aufmerksam an und versuchte etwas in seinem Gesicht zu erkennen. Aber immer noch starrte er über den Rand seiner Brille hinweg in Richtung Tür. Wusste er, wofür Mayson sich entschuldigen wollte? Ging es um ihr Date mit Superman? Hatte sie ihn ersteigert, um sich an Lois zu rächen? Aber sie konnte sich doch auch so mit Clark verabreden. Sie hatte sich doch auch schon so mit Clark verabredet. Und wenn sie eifersüchtig auf Lois’ Date mit Clark war, warum entschuldigte sie sich dann?

„Verdammt“, fluchte Mayson draußen und lief durch die Wohnung. „Verdammt, verdammt!“

„Weißt du, was mit ihr los ist?“ wisperte Lois in Clarks Ohr. Plötzlich schlug ihr Herz wie wild. Wollte sie die Antwort wirklich hören? Wollte sie, dass Clark ihr erzählte, wie eng seine Beziehung zu Mayson war und dass er selbst geschäftliche Verabredungen mit Superman nicht ertrug? Oder würde diese Verabredung überhaupt nicht geschäftlich sein?

„Lois, sei endlich still“, hauchte Clark zurück.

‚Ein Gentleman genießt und schweigt’, dachte Lois verärgert. Sie wusste doch, dass Clark durchaus in der Lage war seine Geheimnisse vor ihr zu verbergen. Das unterschied ihn von so vielen anderen, machte ihn zu einer Herausforderung für Lois. Zugleich konnte sie sich sicher sein, dass all ihre Geheimnisse, von denen er wusste, bei ihm in besten Händen waren. Lois dachte daran, dass er vielleicht längst mit Mayson all die Dinge teilte, die sie noch nicht über ihn erfahren hatte. Zu wissen welche Sorte Kekse er am liebsten aß, machte sie nicht zu der Frau, die ihn in Allem kannte. Er hatte ihr selbst gesagt, dass er ihr sein größtes Geheimnis bisher vorenthalten hatte. Wusste Mayson Bescheid?

„Ich schreie, wenn du nicht sagst, was sie von dir will“, drohte Lois, doch Clark schüttelte nur den Kopf.

Ob er dabei auch grinste, konnte sie nicht sagen. Er wusste, dass sie den Mund halten würde. Warum nur wollte sie plötzlich so dringend wissen, was zwischen Mayson und Clark war? Ging es ihr darum herauszufinden, ob ihr Team in Gefahr war? Oder musste sie sich endlich jener Einsicht stellen, die sie so weit es nur ging von sich schob? Sie war nicht bereit Clark zu teilen, nicht mit Mayson oder irgendeiner anderen. Ein Date mit ihm reichte ihr nicht. Schon seine Geschichten von nigerianischen Prinzessinnen waren mehr, als sie eigentlich hören wollte. Warum nur beschäftigte sie dann Supermans Date mit Mayson so sehr?

Lois zwang sich, wieder daran zu denken, weshalb sie eigentlich hier war. Natürlich ging es nicht um Intergang, jedenfalls nicht nur. Sie witterte eine Story hinter Maysons Verabredung mit Superman, oder besser gesagt, sie suchte den Grund dafür. Oder wenigstens versuchte sie sich einzureden, dass das ihr Hauptmotiv war. Inzwischen hatten sich die unterschiedlichsten Zeitungen und Nachrichtenmagazine mit diesem Thema befasst. Die meisten hofften auf eine Annäherung zwischen der Staatsanwältin und dem Superhelden. Mayson hatte immer wieder gesagt, dass sie Supermans Arbeit für Selbstjustiz hielt und in keiner Weise billigte. Die meisten Bürger der Stadt waren jedoch der Meinung, dass alles noch viel besser werden könnte, wenn Mayson Drake Superman unterstützte.

Lois kannte Mayson zu gut, um zu glauben, dass die Staatsanwältin ihre Meinung tatsächlich geändert hatte. Sie wusste nicht, was sie letztendlich finden würde, doch sie war überzeugt, dass es etwas anderes war als bloße Politik. Doch von einem Wandschrank aus würde sie wohl kaum die große Enthüllungskampagne starten können. Lois zwang sich dazu nach einer Lösung für ihre Lage zu suchen. Sie fragte sich, wie spät es wohl war. Würde Mayson wieder gehen, oder blieb sie an diesem Abend zu Hause? Wenn es so war, dann würden sie über Stunden hier sein. Unwillkürlich spürte Lois, dass ihre Blase langsam voller wurde. Sie konnten nicht ewig hier bleiben.

„Was glaubst du werden Mayson und Superman heute Abend machen?“ fragte Lois leise und ärgerte sich darüber, dass sie die Vorstellung von diesem Date kaum ertrug. Immerhin hatte sie ja ein eigenes und wie sollte sich Clark bei ihren Fragen wohl fühlen?

„Wie laufen solche Verabredungen wohl ab, Lois? Ein Essen, ein höfliches Gespräch...“ entgegnete Clark flüsternd. „Superman wird Mayson einen netten Abend bieten, es ist schließlich sein Teil des Geschäfts – Geld für einen guten Zweck im Austausch gegen eine Verabredung.“ So ähnlich war auch ihre Vorstellung immer gewesen. Lois erinnerte sich daran, dass es bestimmt nicht das erste Mal war, dass Superman eine solche Verabredung hatte.

„Oh, ja natürlich“, gab sie zurück und versuchte, dabei möglichst entspannt zu klingen. Aber war sie das auch? „Aber was hat Mayson nur vor? Ich meine warum sollte sie sich mit Superman verabreden, sie hält doch nichts von ihm.“

„Ich weiß es nicht, Lois. Da werden wir wohl bis morgen warten müssen. Du hast doch nicht etwa erwartet hier etwas herauszufinden?“ meinte Clark und sie konnte die Belustigung in seiner Stimme hören. Im Gegensatz zu ihr klang er kein bisschen eifersüchtig. „Oder wolltest du so lange warten, bis Superman vorbeikommt um Mayson abzuholen?“

„Ich habe dir doch gesagt, dass es um Intergang geht, Clark“, widersprach Lois und war froh, dass Clark in der Dunkelheit nicht erkennen würde, wie rot ihre Wangen geworden waren.

„Ja sicher“, gab Clark zurück und an seinem Tonfall hörte Lois deutlich, dass er ihr nicht glaubte.

Sie kam sich so dumm vor, weil sie die Sache mit Supermans Date so ernst nahm. Wie sollte es das bei einer Junggesellenversteigerung schon sein? Das konnte doch gar kein richtiges Date werden, was vor allem bei Mayson und Superman von vorneherein ein lächerliche Vorstellung war. Vielleicht hatte sie es einfach so überrascht, das ausgerechnet Mayson Superman ersteigert hatte. Und vielleicht quälten sie diese seltsamen Vorstellungen, weil sie wusste, dass ihr Date mit Clark echt sein würde. Aber war das tatsächlich so? Lois erinnerte sich auf einmal an Maysons Telefonat – sie hatte Clark eingeladen. Wäre auch ihr Date mit Clark nur ein Geschäft?

<Das ist schließlich sein Teil des Geschäfts>, wiederholte Clark seine eigenen Worte stumm und fragte sich, ob er die Sache auch so einfach betrachten konnte, wie Superman.

So eifersüchtig, wie Lois auf die Verabredung des Helden mit der Staatsanwältin reagierte, begann Clark sich zu fragen, ob sie ihre Verabredung vielleicht auch als Geschäft betrachtete. Obwohl Clark nur widerwillig zu Perry aufs Podium gegangen war, hatte er doch insgeheim den plötzlich ausgebrochenen Kampf zwischen Mayson und Lois genossen. Er hatte sogar gewagt zu hoffen, dass Lois seine Gefühle endlich erwidern würde. Aber nun schien es ihm so, als wäre nur mal wieder ihr unbedingter Siegeswille durchgebrochen. Lois mochte Mayson nicht, das war der springende Punkt. Vielleicht würde Mayson ja mit ihr tauschen, dachte Clark bitter. Im Grunde war er selbst schuld an seiner Misere. Wenn er Lois nicht immer wieder ermutigt hätte, sich Superman an den Hals zu werfen, dann würde sie vielleicht endlich Clark sehen.

„Macht es dir nichts aus?“ fragte Lois herausfordernd. „Ich meine, du hast dich doch schon mit Mayson verabredet.“

„Ein ersteigertes Date? Wieso sollte mir das etwas ausmachen?“ entgegnete Clark und fügte in Gedanken hinzu, dass Mayson sich treffen konnte mit wem auch immer sie wollte, ohne dass er von Eifersucht gepackt werden würde.

„Ich glaube Mayson macht es etwas aus, dass wir uns treffen, meine ich. Sie telefoniert dir sogar hinterher“, murmelte Lois und Clark glaubte in ihrer Stimme so etwas wie Eifersucht zu hören, aber so recht wollte er seinem Eindruck nicht trauen. Es tat zu weh jedes Mal enttäuscht zu werden.

„Irgendetwas sagt mir, dass es dir auch etwas ausmacht, dass sie sich mit Superman trifft, Lois“, meinte Clark trocken und schaffte es dabei nicht allzu unglücklich zu klingen.

„Natürlich – er ist mein Freund, ähm, unser Freund. Findest du es nicht merkwürdig, dass sie allen möglichen Leuten verkündet, wie sehr sie seine Arbeitsweise missbilligt und ihn dann ersteigert? Ich möchte Superman nur schützen. Er hat zu viel Gutes für die Stadt getan, als dass wir ihn einfach diesem Biest überlassen können“, verteidigte sich Lois und Clark konnte sie förmlich vor sich sehen. Wahrscheinlich blitzten ihre Augen vor Eifer und hatten diesen Ausdruck, den eine Löwin hatte, die ihr Junges verteidigen musste. Clark liebte es, wenn Lois so kämpferisch war – jedenfalls normalerweise. Doch im Augenblick hätte er es lieber gehabt, wenn sie nicht ganz so bemüht wäre Superman zu schützen und sich etwas mehr für ihr Date mit ihm begeistern könnte.

„Findest du nicht, dass du etwas besser von Mayson sprechen könntest? Immerhin bist du in ihrem Wandschrank und...“, der Rest seines Satzes verschwand diesmal in Lois’ Hand, die ihm ein scharfes ‚Psst’ zuraunte.

Schritte waren vor dem Schrank zu hören. Clark blickte nervös nach draußen und sah Mayson hin und herlaufen. Ihre Augen schweiften hin und her, als würde sie nach etwas suchen. Mayson musste sie gehört haben. Clark flehte sie im Stillen an bloß nicht den Schrank zu öffnen. Wenn sie Lois und ihn hier entdeckte, dann wäre Mayson wohl endgültig am Boden zerstört. Er mochte zwar nicht in sie verliebt sein, aber das wollte Clark ihr das auf keinen Fall antun.

„Wird wohl der Fernseher der Nachbarn sein“, sagte Mayson zu sich selbst und verließ kopfschüttelnd den Flur. „Seltsam. Die sind doch sonst nie da um diese Zeit.“

Lois und Clark atmeten beinahe gleichzeitig auf, als sich Maysons Schritte entfernten. Doch es dauerte nicht lange und sie kam in den Flur zurück. Während Lois neben ihm den Atem anhielt, sah Clark, dass sie wieder zum Telefon eilte. Sie drückte die Taste für Wahlwiderholung, lauschte einen Moment lang dem durchgehenden Ruf, legte aber dann wieder auf, bevor sich sein Anrufbeantworter gemeldet hatte.

„Verdammt“, murmelte sie und klang dabei noch eine Spur verzweifelter, als zuvor. Wieder griff sie nach dem Hörer, hob ihn auf, legte ihn zurück aufs Telefon, nur um ihn dann wieder aufzunehmen. Doch bald ließ sie ihn wieder fallen und murmelte einen weiteren Fluch, bevor sie wieder aus dem Flur in ihr Wohnzimmer stürmte.

„Was um Himmels Willen tut sie da draußen?“ fragte Lois verwundert. Clark hätte sie aufklären können, aber er ließ es vorsichtshalber bleiben. „Ich habe keine Lust, ewig hier zu bleiben“, schimpfte Lois, und Clark konnte in der Dunkelheit erahnen, dass sie von einem Bein aufs andere trat. „Warum haut sie nicht endlich ab, dann könnten wir... Meinst du, wir schaffen es ungesehen in ihr Arbeitszimmer?“

„Das ist viel zu riskant, Lois. Mayson wird sich bestimmt nicht darüber freuen zu entdecken, dass wir bei ihr eingebrochen haben. Außerdem warst du diejenige, die unbedingt herkommen wollte. Aber ewig kann es nicht mehr dauern, du weißt doch, dass sie heute Abend ein Date hat“, warf Clark ein und genoss es, etwas Salz in die Wunde zu streuen.

„Wenn es nach mir ginge, könnte sie es ruhig verpassen!“ murmelte Lois ärgerlich.

„Tatsächlich?“ fragte Clark mit einem Seitenblick auf Lois, die immer unruhiger wurde. Konnte es sein, dass da die Natur ihr Recht verlangte?

Lois brummte etwas. „Es ist nicht meine Schuld, dass wir hier drin sind, Clark!“ murrte sie.

„Wolltest du Mayson etwa Guten Tag sagen, Lois? Vielleicht kannst du sie ja noch fragen, ob sie das Date mit dir tauscht!“ erwiderte Clark, selbst überrascht über seine Worte. „Dann seid ihre beide glücklich.“ Er hatte den Gedanken nicht aussprechen wollen. Aber Lois hatte ihn schon einige Male zu Dingen veranlasst, die er nicht unbedingt geplant hatte, wie zum Beispiel in Maysons Wandschrank zu stehen.

* * *
Vega
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Re: Ein richtiges Date?

Beitragvon Vega » So 24. Jun 2012, 17:44

* * *

Lois wollte etwas sagen, aber Clarks Ausbruch brachte sie wirkungsvoll zum Schweigen. Sie hatte sich keine Gedanken darüber gemacht, was Clark wohl empfinden würde. Eigentlich wollte sie doch dieses Date mit ihm, hatte es von Anfang an gewollt, noch bevor Mayson überhaupt auf den Plan getreten war.

„So habe ich dass nicht gemeint, Clark“, murmelte Lois schuldbewusst und versuchte sein Gesicht zu erkennen. Aber so sehr sie sich auch Mühe gab, es gelang ihr nicht herauszufinden, ob Clark ihr nun wirklich böse war oder nicht. „Du bist doch nicht etwa eifersüchtig auf Superman?“ fügte sie hinzu, als sei allein die Vorstellung der Held könne eine Bedrohung für ihn darstellen lächerlich.

„Wie hast du es denn dann gemeint, Lois? Nur damit du es weißt, ich bin nicht eifersüchtig auf Superman“, erwiderte Clark ein wenig zu scharf, als dass Lois es ihm wirklich abgenommen hätte. „Ich fände es nur gut, wenn du dich etwas mehr für unser Date begeistern könntest. Ich meine, natürlich können wir auch das hier als Date zählen lassen. Zwar mangelte es ein wenig an Kerzenschein, aber von körperlicher Nähe ist wenigstens genug zu spüren.“

„Es ist nicht wahr, dass ich mich nicht für unser Date interessiere!“ protestierte Lois.

„Ach ja? Und warum haben wir dann immer noch keinen Termin?“

Plötzlich waren im Flur wieder Schritte zu hören, diesmal deutlicher als zuvor. Lois spürte, wie ihr unwillkürlich der Schweiß ausbrach. Sie waren laut geworden, so laut, dass es durchaus möglich war, dass Mayson sie gehört hatte. Würde sie es noch einmal für den Fernseher der Nachbarn halten? Oder würde sie diesmal die richtigen Schlüsse ziehen? Mit angehaltenem Atem wartete Lois ab, lauschte und fühlte, wie ihr Herz immer kräftiger pochte. Die Schritte waren langsamer geworden, doch sie kamen immer noch näher. Das Reiben ihrer Kleidung an Maysons Mantel kam ihr auf einmal schrecklich laut vor. Ihr eigener Atem dröhnte in ihren Ohren, als sie schließlich doch Luft holen musste.

Und dann hörte sie, wie eine Hand außen gegen die Tür stieß. Sie bewegte sich leicht und der Griff quietschte, als Mayson ihn drehte, um die Tür des Wandschranks zu öffnen. Lois schloss die Augen, als ob sie das irgendwie vor Mayson verbergen könnte. Doch sie war kein Kleinkind mehr und der Wandschrank war nicht besonders tief. Wie hatte es so weit kommen können?

Clark legte seinen Arm um sie, drückte Lois an sich, doch sie wusste, dass auch er nicht verhindern konnte, dass Mayson sie entdeckte. In diesem Moment hörte sie ein scharfes Piepsen.

„Oh, kann man denn nicht mal fünf Minuten seine Ruhe haben?“ Mayson klang genervt. Doch sie hatte den Türknauf offenbar losgelassen, denn nun entfernten sich ihre Schritte von der Tür.

„Drake hier. Was gibt es?“, fragte sie barsch. Dann schwieg sie eine Weile und hörte wohl jemandem zu, der am anderen Ende des Telefons sprach. „Gut, ich komme.“ Sie knallte energisch den Hörer auf die Gabel, ihre Schuhe klapperten über den Boden und kurze Zeit später flog die Tür ins Schloss. Clark ließ sie los und Lois öffnete mit einem erleichterten Seufzer die Augen.

„Es wird höchste Zeit, dass wir hier verschwinden“, sagte er angespannt und drückte die Tür des Wandschranks auf. Lois blinzelte in das helle Tageslicht, das in die Wohnung schien. „Und du wirst jetzt nicht ans Telefon schleichen um herauszufinden, welche Nummer sie angerufen hat.“ Er legte seine Hand auf ihren Rücken um sicherzustellen, dass Lois mit ihm die Wohnung verließ. „Ich möchte stark bezweifeln, dass Superman sie zu einem kleinen Flug nach Paris gebeten hat.“

Clark zog energisch die Tür hinter sich ins Schloss. Seine Lippen waren schmal, doch so sehr er sich auch bemühte, ungerührt zu wirken, seine Augen verrieten ihn. Lois verfluchte sich, als sie den verletzten Ausdruck in den Augen ihres Partners sah. Wie hatte sie nur so gedankenlos sein können? Clark hatte Recht, sie hatte doch ein Date, eines über das sie sich eigentlich hätte freuen sollen. Stattdessen verschwendete sie ihre Energie auf eine völlig sinnlose Suche nach Antworten. Was auch immer Mayson sich von dieser Verabredung versprach, sie würde es nicht bekommen. Die Frage war doch eigentlich, ob Lois nun noch das Date bekam, dass sie sich erhofft hatte.

„Clark, warte...“, rief Lois ihm hinterher, als sie gemeinsam die Stufen des Apartmenthauses hinabeilten. „Du wolltest doch noch festlegen, wann wir unser Date haben. Wie wäre es mit heute Abend?“ fragte Lois und hoffte, dass sie es damit wieder gut machen könnte.

„Geht nicht“, sagte Clark etwas steif. „Ich habe heute schon etwas vor.“

„Morgen?“ fragte Lois und biss sich auf die Lippen.

Sie hatte ihn doch schon einmal so verletzt. Warum hatte sie es blindlings wieder getan, obwohl sie doch inzwischen wusste, dass sie ihn liebte? Clark nickte nur statt zu antworten. Schweigsam gingen sie zurück zum Daily Planet. Lois machte sich weiter im Stillen Vorwürfe, aber da war sie nicht die einzige. Auch Clark wusste, dass er kein Unschuldslamm war und grollte mit sich und der Welt.

* * *

Ein paar Stunden später...

Während Lois in ihrem Eisbecher grub, war Clark zu dem wahrscheinlich merkwürdigsten Date aller Zeiten unterwegs. Es gab nicht viele Frauen in der Stadt, die von Superman nichts hielten. Im Grunde hatte Clark den Verdacht, dass Mayson die einzige war. Und ebenso war sie die einzige, die ein Date mit ihm hatte. Clark fragte sich noch immer, was ihn eigentlich geritten hatte als Superman bei der Junggesellenversteigerung mitzumachen. Vermutlich hatte er einfach Perry einen Gefallen tun wollen, doch manchmal hatte er das Gefühl, das ihn einer dieser Gefallen noch ins Grab bringen würde. Dieser war definitiv ein dicker Nagel in seinem Sarg.

Clark brauchte nicht lange, um zu Maysons Wohnung zu kommen. Er war pünktlich, auf die Minute. Doch bevor er zur Landung ansetzte, blieb er für einen Moment unschlüssig in der Luft stehen. Wie sollte Superman bei Mayson ankommen? Durch das Fenster, wie sich das für Superman gehörte? Oder sollte er doch lieber versuchen, sich bei seiner Verabredung nicht allzu unbeliebt zu machen? Letztlich entschied Superman sich doch für das Fenster, weil er fürchtete auf dem Hausflur zu vielen neugierigen Blicken ausgeliefert zu sein. So anonym ein Apartmenthaus auch war, Superman war klar, dass die Anonymität spätestens in dem Moment aufhören würde, in dem ein Mann in einem blau-roten Anzug auftauchte.

Clark schwebte ein paar Meter tiefer und klopfte sanft an die Scheibe. Eine ganze Zeit lang tat sich nichts, doch Clark konnte hören, dass Mayson zu Hause war. Er hörte Schritte, die mal mehr und mal weniger hastig hin und herliefen. Clark widerstand der Versuchung nachzuschauen was los war. Stattdessen klopfte er noch einmal etwas kräftiger. Dabei sandte er innerlich ein kurzes Stoßgebet zum Himmel, dass Mayson auch weiterhin nicht öffnen möge und schämte sich dafür.

Endlich kamen Schritte näher und Mayson trat ins Wohnzimmer. Durch die Gardinen an ihrem Fenster konnte Clark sehen, wie sie einen Moment lang stehen blieb und zu überlegen schien, bevor sie schließlich bis zum Fenster ging um es zu öffnen. Eine Windböe blähte die Vorhänge auf, als Clark in die Wohnung trat. Ihm war merkwürdig zumute, vor allem, da er nie erwartet hatte Mayson einmal auf diese Weise zu besuchen. Die Begegnung mit ihr hatte etwas Surreales.

„Guten Abend, Ms. Drake“, begrüßte Superman Mayson förmlich und betrachtete sie näher.

Sie trug dieselbe Kleidung wie am Nachmittag. Ihr Gesicht war geschminkt gewesen, doch der größte Teil des Make-ups war über den Tag hinweg verschwunden. Ihr Haar hingegen war ordentlich frisiert. An der Tür des Schlafzimmers, die Clark durch die offene Wohnzimmertür hinweg sehen konnte, hing ein elegantes Abendkleid. Alles wirkte so, als hätte Mayson vorgehabt sich schick zu machen, sich aber dann doch dagegen entschieden.

„Guten Abend, Superman“, entgegnete Mayson und klang dabei heiser und noch etwas förmlicher als Superman.

Schon in diesem Moment war deutlich zu spüren, dass dieser Abend vor allem aus peinlicher Stille bestehen würde. Wie schon vorher Lois fragte sich Clark, was Mayson mit der Ersteigerung von Superman hatte bezwecken wollen. Seine Vermutung, dass sie sich um ein besseres Verhältnis zu dem stadtbekannten Helden bemühen wollte, sah er eindeutig nicht erfüllt. Wie kam es, dass zwei Menschen, die sonst ohne Probleme miteinander sprechen konnte, sich plötzlich nichts zu sagen hatten?

„Ich stehe an diesem Abend zu Ihrer Verfügung, Ms. Drake. Haben Sie einen besonderen Wunsch?“ fragte Superman und kam sich dabei sehr ungeschickt vor. Es waren ganz bestimmt nicht die Worte, mit denen er sonst ein Rendez-vous begann. Nicht, dass er besonders viele gehabt hatte.

Mayson sah ihn nur an und sagte nichts. Ihre Augen jedoch sprachen Bände, huschten hin und her, als ob sie nach einem Ausweg suchen würden, den es nicht gab. Bereute sie es vielleicht Superman ersteigert zu haben?

„Ich muss zugeben, dass ich ein wenig erstaunt war, als Mr. White mir mitteilte, wer mich ersteigert hat, Ms. Drake. Bisher hatte ich immer den Eindruck, dass sie nicht allzu viel von mir halten“, fuhr Superman fort und hätte sich am liebsten für seine eigenen Worte geohrfeigt. Was war nur los mit ihm? Lag es daran, dass er auf dieser Junggesellenversteigerung an zwei Frauen geraten war, die ihn nun offensichtlich doch nicht haben wollten? Oder hatte er seine guten Manieren in ihrem Wandschrank vergessen?

„Nun, das ist auch so“, gab Mayson kalt zurück und Clark fühlte sich fast erleichtert, dass sie ebenso Taktgefühl vermissen ließ wie er. „Ich weiß auch nicht, wie es dazu kommen konnte, dass ich Sie ersteigert habe. Es...es ist einfach passiert“, murmelte Mayson und schwieg betreten. Sie schaute auf ihre Füße, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen.

„Ms. Drake, vielleicht...“

„Bitte gehen Sie, Superman. Ich habe einen Fehler gemacht. Es tut mir Leid“, unterbrach ihn Mayson mit fester Stimme. „Bitte, gehen Sie“, fügte sie noch etwas eindringlicher hinzu.

Clark ahnte auf einmal, was Mayson in solche Gewissensnöte stürzte. Sie dachte über dieses Date so ähnlich, wie Lois empfunden hatte. Sie hatte Clark angerufen, weil sie fürchtete, dass er sich betrogen fühlte, wenn sie sich mit Superman traf. Mayson sah zwei Menschen in ihm, einen in den sie sich wahrscheinlich verliebt hatte – und einen den sie offen ablehnte. In diesem Moment wurde Clark vielleicht das allererste Mal so richtig bewusst, dass auch Lois zwei Menschen in ihm sah, wo doch nur einer ihr täglich gegenüberstand. Es war unfair sie vor die Wahl zu stellen.

„Wir könnten diesen Abend nutzen, um ein paar Gegenseitige Vorurteile auszuräumen, Ms. Drake“, bot Superman an, doch Mayson schüttelte den Kopf.

„Bitte geh“, sagte sie nur.

* * *

Lois blickte trübsinnig in ihren leeren Eisbecher, als es an ihrer Scheibe klopfte. Auf diese wohlbekannte Weise, die ihr so oft einen Schauer über den Rücken gejagt hatte. Doch dieser Schauer blieb aus. Stattdessen hatte Lois das dringende Bedürfnis nach einem weiteren Becher Schokoladeneis. Nachdem sie lange über die Ereignisse des Tages nachgedacht hatte, fühlte sie sich ziemlich schlecht. Wieder einmal war sie Clark gegenüber ungerecht gewesen, ohne sich so rechte Gedanken darüber zu machen. Was konnte er dafür, dass sie es nicht fertig brachte, sich für einen Mann zu entscheiden?

Letztendlich empfand sie mehr für Clark als für Superman – das wusste sie. Doch das änderte nichts daran, dass sie bei dem Gedanken an ein Date zwischen Mayson und Superman beinahe verrückt geworden war vor Eifersucht. Nun gut, beinahe war vielleicht das falsche Wort. In einen Wandschrank zu klettern zeugte nicht unbedingt von geistiger Gesundheit. Außerdem hatte sie noch immer keine vernünftige Erklärung für Supermans plötzliches Auftauchen gefunden. Seltsamerweise störte sie das aber kaum, zumindest nicht im Vergleich zu dem Date, dass sie sich an diesem Tag endgültig verbaut hatte.

<Es ist schließlich Supermans Teil des Geschäfts...>

Wie war sie jemals auf die Idee gekommen, dass Supermans Date mit Mayson etwas anderes sein könnte als eine geschäftliche Verabredung? Es war einfach absurd gewesen diesem Hirngespinst nachzujagen und das auch noch direkt vor Clarks Nase. Sie liebte ihn doch, also warum tat sie ihm so etwas an? Warum flüchtete sie sich noch immer in die Traumwelt einer Beziehung zu Superman?

Lois setzte sich abrupt auf, als neben ihr ein Räuspern zu hören war. Sie hatte keine Schritte vernommen, nichts als das sachte klopfen an ihrer Scheibe. Doch nun stand der Mann in seiner vollen Pracht neben ihr, die Arme vor der Brust verschränkt, der Blick ernst und doch mit der Ahnung eines Lächelns auf den Lippen. Sie musste das Fenster offen gelassen haben.

„Clark hat mir erzählt, dass du lieber das Date mit mir gehabt hättest“, sagte Superman leise.

Lois blickte ihn erschrocken an. „Das...das...“, murmelte sie. „Er hat mich falsch verstanden, Superman. Ich habe mich nur gefragt, warum ausgerechnet Mayson Drake dieses Date ersteigert hat. Ich wollte Clark damit nicht das Gefühl geben, dass ich mich nicht auf die Verabredung mit ihm freue...“ Sie verstummte, als ihr bewusst wurde, was sie da gerade sagte. War Superman gekommen um ihr die Verabredung anzubieten, von der sie schon so lange geträumt hatte? Und hatte sie sie gerade abgelehnt, ohne auch nur einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden? „Ich fürchte, ich habe Clark heute ziemlich übel mitgespielt“, fügte Lois betreten hinzu. „Aber das hat er dir sicher auch schon erzählt.“

„Er wird es schon verkraften, Lois. Und wenn es dich beruhigt, ich glaube, Mayson wusste selbst nicht, warum sie mich ersteigert hat. Sie hat mich gebeten zu gehen, kaum dass ich gekommen war“, erklärte Superman. Dann wurde er schweigsam und für einige Zeit hingen sowohl Lois als auch er ihren Gedanken nach.

„Glaubst du, dass mein Date mit Clark echt sein wird?“ wollte Lois schließlich wissen. „Ich meine, es war auch nur ersteigert, so wie deins mit Mayson und...“

Sie schaffte es nicht weiter zu sprechen, obwohl aus Supermans verstecktem Lächeln ein offenes geworden war. Lois fühlte sich wohl in seiner Gegenwart und sie hatte das Gefühl, dass sie ihm alles anvertrauen konnte, sogar die Gefühle für einen anderen Mann, die über die Zeit inniger geworden waren, als sie das je vermutet hätte. Doch konnte sie das tatsächlich, oder mutete sie damit Superman nicht ein wenig zuviel zu? So wie sie Clark an jenem Nachmittag im Park zuviel zugemutet hatte.

„Lois, es gibt etwas, über das wir reden sollen, denke ich“, sagte Superman und sie sah ihn schlucken.

„Verzeih mir Superman, ich wollte nicht – ich sollte nicht mit dir über all das reden, ich meine über Clark und...“ murmelte Lois. Warum war sie nur dabei, alles zu zerstören, die Freundschaft zu den beiden Männern zu vernichten, die beide ihren Weg in ihr Herz gefunden hatten?

„Lois, bitte hör mir zu... es gibt etwas, dass ich dir schon längst hätte sagen sollen... Es ist meine Schuld, dass du so verwirrt bist. Es ist meine Schuld, dass du das Gefühl hast, dich zwischen Clark und mir entscheiden zu müssen.“

„Aber das muss ich doch auch – ich kann doch nicht euch beide lieben“, erklärte Lois verzweifelt. „Und dennoch ist es so – ich war eifersüchtig auf Maysons Verabredungen mit Clark und auf ihre Verabredung mit dir.“ Ihr schlug das Herz bis zum Hals und sie wäre am liebsten aufgesprungen und davongerannt. Wieso musste ihr Leben so kompliziert sein?

„Lois, ich bin nicht erst vor eineinhalb Jahren auf diesem Planeten gelandet – ich habe fast mein ganzes Leben hier verbracht“, sagte Superman leise und blickte auf seine Füße. „Wenn ich niemanden rette, dann versuche ich als Clark Kent ein normales Leben zu führen.“

Lois konnte nichts sagen, sie starrte ihn nur an und versuchte zu verstehen, was er ihr gerade gesagt hatte. Auf einmal waren die Ähnlichkeiten unverkennbar – das gleiche jungenhafte Lächeln, die gleichen dunkelbraunen Augen. Im Grunde wäre es nicht mehr nötig gewesen, aber Superman verschwand trotzdem in einem Wirbel aus rot und blau, der dunkel wurde und sich verlangsamte. Dann stand ihr Partner vor ihr, im dunklen Anzug und mit einem sehr verlegenen Gesichtsausdruck.

„Ich hätte es dir früher erzählen sollen, Lois“, sagte Clark entschuldigend und Lois wusste, dass es ihm wirklich Leid tat.

„Ja, das hättest du. Ich dachte, wir wären Freunde – beste Freunde. Hattest du so wenig vertrauen zu mir?“ fragte Lois, mehr enttäuscht als zornig. „Hast du geglaubt, dass ich einen großen Artikel schreiben würde, der deine wahre Identität verrät?“

„Anfangs ja“, gab Clark zu. „Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen sollte, wann der richtige Zeitpunkt gewesen wäre.“

„Bevor Dillinger auf dich geschossen hat, wäre ein guter Zeitpunkt gewesen. Als ich dich gefragt habe, ob es für uns eine Zukunft gibt, wäre ein guter Zeitpunkt gewesen!“ antwortete Lois und merkte, dass sie langsam aber sicher wirklich in Rage geriet. Seinetwegen hatte sie ein paar furchtbare Tage verbracht und wagte es auch noch ihr vorzuwerfen, dass sie in Superman verliebt war. Wie sollte sie denn nicht in ihn verliebt sein, wenn Clark und Superman ein und derselbe Mann waren?

„Ich verstehe, dass du sauer bist, Lois. Du hast jedes Recht dazu. Aber verstehe bitte auch mich“, bat Clark. „Ich lebe schon sehr lange mit diesem Geheimnis. Seit meiner Kindheit versuche ich zu verbergen, wie anders ich bin, versuche dazu zu gehören. Superman zu werden war eine Möglichkeit endlich meine Kräfte zu nutzen ohne das normale Leben zu verlieren, das ich mir schon so lange wünsche. Außer meinen Eltern wusste nie jemand Bescheid, nicht meine Freunde oder andere Familienmitglieder.“

Ihre Arme vor der Brust verschränkt, stand Lois in ihrem Wohnzimmer und blickte Clark an, der mittlerweile wie ein Häufchen Elend vor ihr stand. Sie bot ihm keinen Platz an und gab sich auch sonst keine Mühe es ihm einfacher zu machen. Tief in ihrem Herzen war ihr klar, dass sie gar nicht anders konnte als ihm zu verzeihen. Sie kannte Clark gut genug um zu wissen, dass er ihr sein Geheimnis nicht aus purer Bosheit verschwiegen hatte. Und wenn sie ehrlich war, dann hatte sie ihm bis vor kurzem auch nicht allzu viel Anlass gegeben ihr sein volles Vertrauen zu schenken. Doch das war kein Grund Clark nicht doch noch ein wenig schmoren zu lassen.

„Es tut mir Leid, Lois“, sagte Clark flehentlich. „Ich kann mir vorstellen, dass das für dich nicht einfach ist.“

„Da hast du allerdings Recht, Clark“, stimmte Lois zu. „Du hast mich glauben lassen, dass du zwei verschiedene Männer bist. Jedes Mal, wenn ich von Superman gesprochen habe, hast du...“ Sie stockte und ihr fiel wieder dieser Zug um seinen Mund auf, den Clark so oft bekam, wenn sie von dem Helden sprach. „Himmel – du bist tatsächlich eifersüchtig auf Superman, nicht wahr?“

Beinahe reflexartig schüttelte Clark den Kopf, doch die Bewegung wurde bald zögerlich und verwandelte sich in ein scheues Nicken. Obwohl es absurd erschien, fühlte Lois, dass sie richtig lag. Er hatte nicht geglaubt, dass es ihr tatsächlich um ihn ging und nicht um seine Kräfte.

„Für mich war Superman nie real, er war eine nützliche Verkleidung, nicht mehr“, sagte Clark leise. „Er hat kein Leben, keine Persönlichkeit, er ist nichts als eine Hülle, in die ich schlüpfen kann, wenn ich gebraucht werde.“

Clark hatte begonnen unruhig von einem Bein auf das andere zu treten, als würde er den Raum am liebsten verlassen. Lois konnte ihm ansehen, wie unwohl er sich fühlte. Vielleicht, so fand sie, sollte sie ihn endlich vom Haken lassen, die Spannung lösen, die sich in ihm aufgebaut hatte.

„Aber so haben ihn die Leute nicht wahrgenommen, Clark. Du kannst nicht erwarten, dass die Leute genauso über Superman denken wie du. Für die Menschen ist er sehr wohl real, ein Bild der Hoffnung, zu dem wir aufschauen können. Er ist ein Mensch, der manchmal entsetzlich einsam zu sein scheint, obwohl soviel Wirbel um ihn gemacht wird. Er kommt und wird umjubelt und dann geht er und ist allein“, versuchte Lois zu erklären, wie sie Superman gesehen hatte.

Clark schaute sie an und ließ den Kopf hängen. Fast tat es Lois Leid, dass sie es ihm nicht einfacher machte. Doch wieso hatte er es auch so verkompliziert? Die Unruhe in ihm wurde offensichtlich immer stärker. Clark rückte seinen Krawattenknoten zurecht, eine Geste, die sie häufig an ihm sah, wenn er nervös war.

„Vielleicht ist es besser, wenn ich jetzt gehe“, brachte er hervor, als säße ihm ein Kloß im Hals. „Es... ist mir nie leicht gefallen, die Wahrheit vor dir zu verbergen. Du bist bisher der erste Mensch in meinem Leben, dem ich es unbedingt sagen wollte. Es tut mir Leid, dass ich es nicht getan habe und ich verstehe es, wenn du Zeit brauchst, dich an diese Sache zu gewöhnen...“ Seine Wangen leuchteten in einem tiefen rot und er machte einen Schritt zurück in Richtung Fenster. "...wenn du mir nicht vergeben kannst", fügte er kaum hörbar hinzu.

„Und was ist mit meiner Verabredung?“ fragte Lois. „Ich habe Clark ersteigert und ich fürchte Superman kann ich mir nicht auch noch leisten.“ Sie lächelte verschmitzt und beobachtete, wie auf Clarks Gesicht ein zaghaftes Lächeln erschien.

„Ich denke, der ist im Preis inbegriffen“, erwiderte Clark und Lois konnte förmlich hören, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

„Ich hoffe unser Date ist den ganzen Stress wert, den ich deinetwegen hatte!“ meinte Lois und hob warnend den Finger.

„Du weißt doch, dass ist mein Teil des Geschäfts“, sagte Clark mit einem Zwinkern.

Lois ging auf ihn zu und legte ihre Arme um seine Schultern. „Nun, ich denke, du schuldest mir den vollen Service“, gab Lois zurück und stellte sich auf die Zehenspitzen. Ihre Lippen berührten die von Clark leicht und dann verharrte sie an seinem Mund. Clark zögerte nur kurz, bevor er schließlich seine Lippen leicht öffnete und Lois küsste. Ihre Zunge streichelte seine zärtlich und lockend. Hungrig presste Lois Clark an sich und wusste, dass sie ihn so bald nicht mehr loslassen würde. Der innere Kampf war vorbei, und sie hatte mehr gewonnen, als sie sich hatte träumen lassen. Ihren Sieg würde sie nun auskosten und dieser Kuss war erst der Anfang.

Ende
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