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Offenbarungs-Reihe

FanFiction zur TV-Serie "Superman - die Abenteuer von Lois und Clark" (orig. "Lois and Clark - the New Adventures of Superman")

Offenbarungs-Reihe

Beitragvon Magss » Mo 8. Feb 2010, 09:43

seit ein paar Tagen geistert mir so eine Szene durch den Kopf und ich musste sie dann auch gleich aufschreiben. Ich habe das an einem Tag geschrieben, in ca. drei Stunden. Es ist auch so ein wenig der Versuch, ob ich auch Einteiler kann.

Zeit, irgendwo nach der 4. Staffel
Ich habe das so spontan runtergeschrieben, dass ich es diesmal ohne Beta poste, ist also alles mein Mist.

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.




Offenbarung I


Ellen Lane war den ganzen Tag über schon nervös. Es war aber auch wirklich eine Frechheit, was ihre älteste Tochter sich da mal wieder geleistet hatte, sie musste ja schon immer irgendwie anders sein. Lois konnte nie einfach den vorgeschriebenen Weg gehen, immer machte sie, was sie wollte. Aber das hier war einfach nur gemein. "Clark und ich möchten euch beide um eine Unterredung bitten, es ist wichtig. Redet bitte mit niemanden darüber und kommt beide zum Kaffee zu uns."

Pah, eine Unterredung! Was konnte das bitte schon sein? Lois und Clark waren jetzt siebeneinhalb Jahre verheiratet und natürlich mussten sie nach Außen die Fassade wahren, aber Ellen konnten sie nichts vormachen. Eine Unterredung! Das konnte doch nur bedeuten, dass sie sich trennen würden, dass sie sich scheiden lassen würden. Wahrscheinlich hatte er sie betrogen, ja, so musste es sein. Clark... Er war nach Ellens Ansicht vom allerersten Tag an viel zu gut gewesen. So einen Mann konnte es einfach nicht geben. Gebildet, guter Umgangston, erfolgreich, gut aussehend, rücksichtsvoll, ein liebevoller Vater, immer für seine Familie da und nach einer Indiskretion, die Lucy ihrer Schwester in einer Plauderstunde entlockt hatte, ein begnadeter Liebhaber. Der konnte einfach nicht echt sein. Und Ellen hatte es von Anfang an gewusst. Es war schon eine Ironie des Schicksals, es war doch tatsächlich das verflixte siebte Jahr...

Lois tat ihr leid. Natürlich hatte sie gehofft, dass ihre älteste Tochter nicht auch die Erfahrung einer verlassenen Frau machen musste, aber es hatte ja so kommen müssen, sie hatte es sich selber ausgesucht, indem sie diesen Hochstapler gewählt hatte. Als Mutter wäre Ellen bereit, Lois die Erfahrung einer Scheidung abzunehmen, ihr den Schmerz und den Frust abzunehmen, aber da würde sie nun selber durch müssen. Arme Lois.

Und die Kinder. Die Kinder sind doch immer die Verlierer bei einer Scheidung. Sanna die Älteste würde es sicher noch am ehesten verstehen, sie war manchmal schon recht erwachsen, obwohl sie erst sechs Jahre alt war. Aber in ihrem Inneren würde auch sie furchtbar leiden. Wahrscheinlich würden die Kinder dann bei Lois leben und Sanna würde ohne ihren geliebten Daddy leben müssen. Sanna war ein richtiges Vater-Kind. Schon jetzt zerriss es Ellen das Herz. Sie mochte Sanna von den Kindern am liebsten. Und Nici, nur ein Jahr jünger und so ein süßer Junge. Auch er würde entsetzlich leiden. Nici war ein richtiges Familienkind, immer wollte er etwas mit allen zusammen machen, er war immer derjenige, der vermittelte. Gut, die Zwillinge waren noch so klein, sie würden von dem ganzen Drama nicht so viel mitbekommen, aber sie würden aufwachsen in einer getrennten Familie, wo die neuen Bekanntschaften ihrer Mutter, oder die Affären ihres Vaters einen großen Teil ihrer Kindheit, die doch eigentlich unbeschwert sein sollte, ausmachen würde.

Aber wenn die Kinder wirklich bei Lois leben würden, wäre es alles andere als leicht für sie, mit vier Kindern und dann alleinerziehend. Aber sie konnte doch dem Vater die Kinder nicht anvertrauen, noch nicht mal zeitweilig, nicht nach dem, was er ihr angetan hatte.

Warum mussten die beiden auch gleich vier Kinder in die Welt setzen, um dann festzustellen, dass sie... ja was, sich nichts mehr zu sagen hatten, sich nicht mehr anziehend fanden, sich nicht mehr genügten? Unverantwortlich war das! Ellen fühlte sich hin und her gerissen zwischen dem Schmerz, den ihre Tochter nun vor sich hatte und dem Schmerz den die Kinder erleiden mussten.

Doch was konnte sie tun? Ihnen ins Gewissen reden? Aber eine kaputte Ehe konnte man nicht einfach wieder zusammenreden, enttäuschte Gefühle, Verletzungen, Streit, Eifersucht und das Gefühl betrogen zu werden konnten nicht einfach durch ein paar Worte aus der Welt geschaffen werden, sie wusste das nur zu gut. Dieses Gefühl saß so tief. Das Einzige, was sie tun konnte, war ihrer Tochter eine Mutter sein und den Kindern die Großmutter, die sie jetzt mehr brauchen würden als jemals zuvor. Und das würde sie auch sein. Sie würde jetzt sofort losfahren, auch wenn sie eigentlich erst in einer Stunde aufbrechen musste, um pünktlich zu sein. Sie würde jetzt zu Lois fahren, Sam wollte sowieso direkt dorthin kommen.

Lois sah etwas abgespannt aus als sie die Tür öffnete, müde vielleicht, etwas überlastet. Dieser Job der Chefredaktion, den sie sich mit Clark teilte, aber trotzdem war es doch eine enorme Belastung neben Familie, Kinder, Ehe und Haushalt. Aber da würden sie ja dann in der Zukunft auch eine andere Lösung finden müssen, zusammen arbeiten während einer Scheidung würden auch die beiden sicher nicht schaffen. Und wenn die Kinder wirklich bei Lois blieben, würde sie da sicher gar keine Zeit mehr für haben. Dieser Schuft stellte doch tatsächlich alles auf den Kopf.

"Mutter, du bist schon da? Ich bin noch gar nicht fertig. Hatten wir nicht vier Uhr gesagt?" Ellen bekam von ihrer Tochter einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

"Meine Liebe, ich habe gedacht, ich kann dir vielleicht etwas behilflich sein, oder ich könnte mit den Kindern spielen." Ellen hing ihren Mantel an die Garderobe.

Lois lächelte kurz. "Oh das tut mir leid, die Kinder sind nicht da. Wir wollten ganz gerne ungestört mit euch sein..."

Natürlich waren die Kinder nicht da, Ellen hätte sich das eigentlich denken können, natürlich sollten sie nicht mitanhören, wie sich ihre Eltern gegenseitig Vorwürfe machten, wie sie stritten, wieder mal. "Oh schade..." Die Kinder und ganz besonders Sanna nicht zu sehen, tat ihr wirklich leid. Aber es war wirklich die richtige Entscheidung sie dies hier nicht miterleben zu lassen.

"Aber vielleicht kannst du mir tatsächlich etwas helfen und schon mal den Tisch fertigmachen. Den Kuchen haben die Kinder gebacken, er ist etwas schief, aber sicher lecker. Du weißt ja wo du alles findest. Ich muss noch ein paar Telefonate führen." Aber sicher würde sie ihrer Tochter helfen, ihr beistehen in dieser schweren Zeit.

Ellen wählte das feine Geschirr mit den kleinen Blümchen aus. Auch stellte sie die dazupassenden Kerzenständer auf den Tisch mit tiefroten Kerzen und passenden Servietten. Sicher würde niemand ein Auge dafür haben, welche Mühe sie für den Tisch verwendet hatte, aber sie wollte eine angenehme Atmosphäre schaffen.

Während Ellen ganz ruhig den Tisch eindeckte, hörte sie, wie Lois von hier aus versuchte diese verdammte Zeitung am Laufen zu halten. Headlines bestätigte, Termine machte, Interviews organisierte, Artikel verschob, umstellte und durchs Telefon änderte. Sie schien mit der gesamten Redaktion zu telefonieren. Als wenn es nicht mal einen Tag ohne sie gehen würde. Als wenn es nicht etwas Wichtigeres im Leben gab. Dieser Umstand war bestimmt auch einer der Gründe für das Scheitern dieser anfänglich so vielversprechenden Ehe. Was hatte Lois Clark hochgelobt. Ellen seufzte und dachte an ihre eigene Scheidung, das Gefühl verlassen zu werden, die schmerzlichste Erfahrung ihres Lebens. Auch wenn sie und Sam eine zweite Chance bekommen hatten und inzwischen sogar wieder verheiratet waren. Aber der Schmerz der Enttäuschung von damals saß noch immer tief.

Gegen kurz vor vier kam dann Sam und begrüßte erst seine Tochter, die immer noch am Telefon hing und dann seine Frau. Er nutze den Umstand, dass Lois immer noch beschäftigt war. "Und? Weißt du inzwischen, warum wir hier sind?"

Ellen nahm daraufhin schon mal am Tisch Platz. "Nein, aber das ist ja wohl offensichtlich." Doch weiter kam sie nicht.

Lois kam herein und beendete das Gespräch mit den Worten: "Und Peter, ab sofort wollen wir unter keinen Umständen gestört werden. Egal was passiert, verstanden? Nur für eine Superman-Meldung dürfen Sie mich anrufen... Bye." Bei diesen Worten lächelte Lois, was Ellen nun vollends unpassend fand. Diese Obsession Superman gegenüber hatte scheinbar nie wirklich aufgehört. Sicher war auch das ein Grund für das Scheitern ihrer Ehe und vielleicht war ja Lois nicht ganz unbeteiligt daran. Obwohl sich Ellen nach wie vor sicher war, der eigentliche Schuft war Clark.

Und dann erschien der Schuft höchstpersönlich. Er kam zur Tür herein und strich sich seine Krawatte glatt als hätte er sich gerade erst angezogen, wer weiß, wo er herkam? Dieser Mann war ein Blender, Ellen hatte das schon immer geahnt, unterbewusst gespürt.

Clark begrüßte sie und Sam mit seinem strahlendstem Lächeln, er konnte so charmant sein. Wer wusste schon, wie oft er es einsetzte und wofür? Ellen musste sich wirklich zusammenreißen, nicht auf ihn loszugehen. Für das ganze Unglück, das er über diese arme Familie gebracht hatte.

Nachdem sie alle am Tisch Platz genommen hatten und mit Kaffee und Kuchen versorgt waren, trat dieser unangenehme Moment ein. Dieser peinliche Moment; niemand beginnt das Gespräch, auf das alle warten, niemand sich traut den anderen anzusehen und niemand rührte den Kuchen an.

Lois nahm noch einen Schluck Kaffee und räusperte sich. "Also... wir haben das jetzt nicht abgesprochen, wie wir vorgehen... aber ich fang' jetzt besser mal an, bevor eure Fantasie noch mit euch durchgeht." Noch ein Schluck Kaffee. Lois schien nervös zu sein. Ellen war drauf und dran einzuspringen, zu sagen 'ich weiß doch, wie es dir geht, mein Schatz', aber Lois sprach schnell weiter. "Wir haben euch um dieses Treffen gebeten, weil wir euch etwas mitteilen wollen. Etwas, das wirklich wichtig ist. Und weil wir die Familie jetzt mehr brauchen, weil wir euch jetzt mehr brauchen..." Bei diesen Worten sah Lois fast ein wenig mitleidig aus.

Ellens Gedanken überschlugen sich, plötzlich hatte sie die Idee, dass es hier um etwas ganz anderes ging. "Meine Liebe, bist du etwa todkrank?" Lois sah ihre Mutter entsetzt an und schüttelte den Kopf. "Muss einer von euch ins Gefängnis?" Das war wieder der Part, den sie eher Clark zugetraut hätte, Schuft blieb eben Schuft. Aber Lois schüttelte wieder den Kopf. "Dann also doch ein Verhältnis, ich habe es gewusst."

"Mutter!", rief Lois ernst. "Hör mir doch nur einen Moment zu, dann klärt sich alles auf." Lois sah ihre Mutter fast böse an. "Also... es geht um Clark..."

Ellen schnaubte. "Natürlich geht es um Clark. Ich hab es gewusst."

Lois drohte ihrer Mutter inzwischen mit dem Kaffeelöffel. "Mutter, bitte!" Sie sah Ellen noch einen kurzen Moment warnend an und sagte dann zu Clark ganz ruhig: "Vielleicht solltest du einfach mal..." Immer noch an Clark gerichtet ließ sie ihrem Zeigefinger kreisen. Er schien zu verstehen, was diese völlig lächerliche Geste zu bedeuten hatte und nickte.

Clark stand vom Tisch auf und atmete einmal tief durch. Er hatte einen sehr ernsten Gesichtsausdruck, so ganz anders als Ellen das von Clark kannte, er verschränkte seine Arme vor der Brust und fing plötzlich an sich sehr schnell im Kreis zu drehen. Er drehte sich so schnell, dass Ellen keine Einzelheiten mehr erkennen konnte, sie sah nur noch die Farben und selbst die änderten sich. Von dem dunklen Blau, der Farbe seines Anzugs, hin zu einem leuchtenden Rotblau mit einer Spur aus Gelb. In diesem Moment fragte sich Ellen, ob sie durch ihren früheren Alkoholmissbrauch vielleicht doch einen beträchtlichen Hirnschaden erlitten haben könnte. Einen der sich genau in diesem Moment äußerte.

Der schnell rotierende Clark kam nun zum Stillstand, aber es war nicht Clark, der da vor ihnen stand, es war Superman! So, wie sie ihn schon so oft im Fernsehen gesehen hatte, mit dem engen Anzug, den glatten schwarzen Haaren, den roten Stiefeln und diesem männlichen, markanten Gesichtsausdruck, der auch Ellens Herz zum schmelzen brachte. Der Mann aus Stahl, wirklich und leibhaftig.

Aber Moment, wo war Clark? "Das... Nein... Wo ist er? Was hast du mit Clark gemacht?", Ellen merkte zwar, dass sie stammelte, aber sie konnte nicht wirklich etwas dagegen tun.

Sam schien genauso hilflos, er stammelte etwas von: "Déjà Vu."

Lois stand nun auch auf und stellte sich ganz selbstbewusst neben Superman. Natürlich, ihre Tochter hatte ihn ja schon so oft gesehen, sie machte bis auf den heutigen Tag die meisten Interviews mit ihm. Und Lois legte Superman ganz selbstbewusst ihren Arm um die Taille. Also, diese fast schon intime Geste war nun aber wirklich zu viel für eine verheiratete Frau. Kein Wunder, dass die Ehe nicht gehalten hatte.

Lois sagte dann mit einem leichten Lächeln: "Mutter, das ist Clark. Und Dad, du hast recht, du hast das schon einmal gesehen. Aber kurz darauf seid ihr alle in den Einfluss dieser Vergessens-Maschine geraten und deswegen weißt du davon nichts mehr."

Das war Clark?! Clark?! Ihr Schwiegersohn war der Mann aus Stahl? "Er sieht so anders aus..."

Lois fuhr Superman durch die Haare und kaum, dass diese etwas lockerer fielen, sah er wirklich aus wie Clark. Lois lächelte immer noch. "Erstaunlich nicht wahr, wenn er diesen Anzug an hat, bekommen seine Gesichtszüge so etwas heroisches. Selbst seine Stimme klingt dann anders. Aber tröste dich Mutter, ich hab es auch zwei Jahre nicht gesehen, habe mich von einer Brille täuschen lassen." Sie gab Superman - Clark - einen Kuss auf die Wange und sagte zu ihm: "Komm, zieh dich wieder um. Es ist leichter mit Clark zu reden."

Superman verwandelte sich auf dem gleichen Wege wieder zurück in Clark, vielleicht sogar noch etwas schneller. Aber auch dieses Mal konnte Ellen einfach nicht glauben, was sie da sah. Der Mann aus Stahl. Es war das zweite Mal, dass sie ihn in natura gesehen hatte und dabei war es ihr Schwiegersohn, schon all die Jahre. Ihre Tochter war demnach mit einem Außerirdischen verheiratet. Aber Lois schien ihr immer noch ganz normal, entspannt, ja glücklich sogar. Es schien keine Gefahr von diesem Außerirdischen auszugehen. Ellen würde sich jetzt so gerne setzen, aber sie saß schon. Sie hielt sich dafür am Ärmel von Sams Jackett fest. Ihr war ein wenig schwindelig.

Sam schien den Schock besser oder einfach nur etwas schneller überwunden zu haben. "Prinzesschen, warum habt ihr es die ganze Zeit über verschwiegen? Und warum offenbart ihr es jetzt?" Da sprach ganz der Wissenschaftler.

"Das, Daddy, sind die beiden wichtigen Fragen. Wir haben es euch nie gesagt, weil es nicht ganz ungefährlich ist und wir sagen es euch jetzt, weil wir eure Hilfe brauchen mit den Kindern..." Ellen merkte noch, wie ihr die Gesichtszüge zum wiederholten Male in den letzten Minuten entglitten. Doch sie bekam keine Zeit, sich ein Horrorszenario um eines der Kinder auszumalen, Lois fuhr einfach fort: "Sie fangen langsam an ihre Kräfte zu entwickeln. Und weil wir es für wichtig erachten, dass sie auch weiterhin viel Zeit mit ihren Großeltern verbringen, müsst ihr einfach Bescheid wissen."

Sowohl Ellen als auch Sam fanden ihre Sprache wieder und die brennendsten Fragen brachen aus ihnen heraus. Seid wann, warum, wie, wer wusste davon, wie sollten sie damit umgehen? Lois und Clark beantworteten ihnen alle offenen Fragen. Sanna hatte als erste gezeigt, dass sie etwas von Clarks besonderen Kräften geerbt hatte, sie besaß eine beschleunigte Wundheilung - die Unverwundbarkeit. Ein aufgeschlagenes Knie verheilte bei ihr inzwischen innerhalb einer halben Stunde. Sie erklärten, wie sich bei Clark die Kräfte gezeigt hatten, was es für eine Verantwortung war und für eine Mühe diese Kräfte zu kontrollieren. Sie erklärten, warum Clark manchmal nicht da sei, oder auch manchmal schnell verschwinden musste. Sie erklärten, warum sie die Kinder nicht in einen normalen Kindergarten bringen konnten. Sie erklärten, warum dieses Geheimnis niemand außerhalb der Familie erfahren durfte. Und sie erklärten, dass sie beide sehr glücklich mit ihrem Leben, ihren Kindern, ihrer Familie, ihrem Job und sogar mit dieser ganz besonderen Situation wären.

Auf dem Weg nach Hause merkte Ellen, wie sie immer wieder ungläubig den Kopf schüttelte, ihr Schwiegersohn war der Mann aus Stahl und der hatte mit ihrer Tochter vier Kinder, die allem Anschein nach ähnliche Kräfte entwickeln würden, was bedeuten würde, ihnen stand eine Zukunft mit fünf Supermans bevor - was für Aussichten. Doch in dem Moment, da Sam den Wagen vor ihrem Haus zum Halten gebracht hatte, sagte Ellen plötzlich: "Sam, ich habe es gewusst. Dieser Mann ist zu gut, um echt zu sein. Er ist kein Mann, er ist ein Kryptonier."

Sam lächelte sie an. "Ja, du hast es immer gesagt."

"Und er scheint unsere Tochter sehr glücklich zu machen." Sie stiegen aus dem Wagen und gingen Arm in Arm durch den Garten. Ellen merkte, dass sie sehr stolz war, auf ihre Tochter, ihre Enkel, darauf dieses alles zu erleben. In diesem Augenblick fühlte sich Ellen Lane als eine sehr glückliche Frau.


ENDE


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Offenbarungs-Reihe Teil II - Offenbarungen

Beitragvon Magss » Di 16. Feb 2010, 08:57

Fortsetzung der Offenbarungs-Reihe.

Mit ihrem Beta haben mir Tahu und KitKaos beiseite gestanden und auch bei bei dieser kleinen Spielerei war ich darüber unglaublich dankbar. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele „wie“ und „warum“ KitKaos in so einen kurzen Text bekommt – danke dafür! :wink:

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen. Viel Spaß!





Offenbarungen (ca. im Jahr 2015)


"Der Kapitän lässt fragen, ob Sie in diesem Hafen anlegen wollen." Der junge Mann in seiner schicken Hochseeuniform sah Cat erwartungsvoll an.

Cat nahm das Fernglas, das der junge Offizier ihr reichte und blickte damit etwas gelangweilt zum Strand. Die Mannschaft kannte die Ansprüche der Eignerin dieser Luxusyacht inzwischen ganz gut. Sie hasste nichts mehr als diese kleinen provinziellen und verschlafenen Häfen, in denen bis auf Fischfang und am Strand plärrende Kinder der Badegäste nichts los war. Und auch dieser kleine Hafen mit seinem beschaulichen Strand daneben versprach genau diese vorhersehbare Langeweile, stinkende Fischkutter am Anleger und vermeintliche Familienidylle im Sand. Cat wusste wirklich nicht, warum die Mannschaft daran dachte, hier in diesem kleinen Nest überhaupt anzulegen, wahrscheinlich wollte der Koch ein paar Lebensmittel einkaufen. Oh nein, für sie war das definitiv nichts... doch... was war das? Nein! das konnte nicht sein! Unmöglich. Aber sie sah genau so aus... Dort an diesem Strand, zwischen all den Badegästen sah sie... Lois Lane!

Cat nahm kurz das Fernglas von den Augen, als wollte sie sich vergewissern, dass sie keiner Fatamorgana aufgesessen war. Sie hob es dann wieder an die Augen und suchte die Stelle am Strand, an der sie ihre ehemalige Kollegin vom Daily Planet erblickt hatte. Es gab wirklich keinen Zweifel, die Frau am Strand war niemand anderes als Lois Lane. Cat war sich ganz sicher, dass sie Lois immer wieder erkennen würde.

Sie spürte nun eine kribbelige Spannung. Der junge Mann bei ihr wird ihr Liebhaber sein müssen. Ein Traum von einem Mann, wie Cat bewundernd feststellte, sportlich und kräftig, wie Clark zu seinen besten Zeiten. Lois stand also eindeutig noch auf den selben Typ Mann. Er hatte dunkles, kurzes Haar und war... wahrscheinlich erst zwanzig, höchstens zweiundzwanzig! Lois und so ein junger Liebhaber - das hätte Cat ihr niemals zugetraut.

Sie senkte das Fernglas erneut herab und sagte ungeduldig zu dem jungen Offizier, der immer noch neben ihr stand und ihre Weisungen erwartete: "Wir laufen diesen Hafen an!" Das musste sie sich genauer ansehen.

Sofort darauf beobachtete sie wieder das Treiben am Strand.

Lois und ein so junger Liebhaber! Cat konnte es immer noch nicht fassen, wie sie neidvoll feststellen musste. Und es war ihr Liebhaber, das war eindeutig. Lois cremte den jungen Adonis allem Anschein nach mit Sonnencreme ein. Das Benehmen der beiden war wirklich sehr vertraut, ja geradezu intim. Die Art, wie sie sich ansahen, wie Lois ihn berührte, das konnte nur ihr Liebhaber sein.

Doch auch der Blick auf ihre Planet-Kollegin schürte Cats Neid, Lois sah einfach fantastisch aus. Sie trug nur einen knappen Bikini und kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, dass das nicht passend wäre. Ob dieser Traummann sie so jung hielt? Sie rechnete im Geiste kurz nach, auch Lois musste inzwischen fast fünfzig sein, doch sie sah auf diese Entfernung wie höchstens vierzig aus. Dieses Fernglas taugte nichts.

Während die Yacht in den Hafen einlief, sah sie immer mal wieder zum Strand, um sich zu vergewissern, dass sie nicht doch träumte. Und sie dachte über ihre ehemalige Kollegin nach und über die gemeinsame Planet-Zeit. Das alles war schon so lange her. Sie seufzte innerlich. Nie wieder hatte Cat eine so ehrgeizige und verbissene Kollegin gehabt wie Lois Lane. Und auch nie wieder eine, die so viele Preise für ihre Arbeit erhalten hatte.

Cat und Lois hatten vier Jahre als Kolleginnen beim Planet zusammen gearbeitet. Clark tauchte erst am Ende dieser Zeit auf. Dass der grüne Junge aus Nowheresville hoffnungslos verliebt war in die preisgekrönte Lois Lane, war Cat vom ersten Augenblick an klar gewesen, doch Lois hatte nur Augen für diesen Gott in einem Cape gehabt - wer konnte es ihr verdenken? Nur dass Lois über diese Schwärmerei teilweise den Boden unter den Füßen verloren hatte. Zuerst schienen andere Männer überhaupt nicht mehr zu existieren und als sie sich dann endlich wieder für einen Mann zu interessieren begann, wer war das? Lex Luther, dem sie auch gleich noch ein 'Jawort' gegeben hatte. Und selbst zu der Zeit gab sie ihre fanatische Schwärmerei für Superman nie wirklich auf. Aber auch das war in gewisser Weise typisch für sie, was sie auch machte, sie machte es so zweihundertprozentig wie niemand anderes.

Zwei Jahre nachdem Cat den Planet verlassen hatte um an der Westküste ihr Glück zu suchen, hatten Lois und Clark doch geheiratet. Wann diese vielversprechende Ehe aber gescheitert war, hatte Cat nicht mitbekommen, obwohl sie über die Jahre immer wieder Artikel von Lane und Kent gelesen hatte, besonders die sensationellen und die ausgezeichneten.

So, und nun hatte sich Lois diesen jungen Liebhaber geangelt. Wie schaffte sie es, einen so jungen Mann zu halten? Das Geheimnis hätte Cat nur zu gerne gelüftet. Nicht, dass sie wirklich tauschen wollte, Cat war seit über zehn Jahren glücklich verheiratet und brauchte sich über wirklich nichts mehr Sorgen zu machen, außer darüber, dass ihr Mann zu viel arbeitete und sie zu viel alleine ließ.

Nachdem die Yacht angelegt hatte, machte sich Cat sofort zum Strand auf. Sie ärgerte sich noch kurz über den vielen Sand in ihren Schuhen, nun ja, ihre Sandalen bestanden eigentlich nur aus ganz feinen Riemchen, nicht gerade ideal, um damit durch Sand zu laufen. Aber sie fand Lois schnell wieder. Ungeachtet des schönen Wetters und der guten Laune der Badegäste war Cat zu der Stelle gelaufen, wo sie Lois noch vor kurzer Zeit gesehen hatte. Doch die große blaue Decke im Sand war verlassen. Nur ein paar Meter weiter, gleich neben dem großen Eisstand ertönte Musik. Und hier sah sie ihre ehemalige Kollegin in der Beach-Disco mit eben diesem jungen Mann, den sie vorher so liebevoll eingecremt hatte. Sie tanzten barfuß einen ruhigen Samba. Lois hatte sich zu dem Bikini einfach ein Tuch um die Hüften geschlungen, während der junge Mann nichts weiter als seine Badehose trug. Beide lachten und schienen sich göttlich zu amüsieren. So als würde die Welt um sie herum nicht existieren.

Die Musik verstummt und genau in dem Moment drehte sich Lois so, dass sie Cat erblickte. Lois riss überrascht die Augen auf, ließ den jungen Mann einfach dort stehen und kam gut gelaunt auf sie zu. "CAT! Bist du das wirklich?" Inzwischen standen sich die beiden Frauen direkt gegenüber, Lois zögerte noch einen ganz kurzen Augenblick, schien dann aber jegliche Hemmnisse beiseite zu schieben und begrüßte Cat sehr herzlich mit einer Umarmung. "Ich glaube es nicht... Cat Grant."

Cat war ganz leicht überrascht, dieser kleine Moment des Zögerns war so typisch für Lois gewesen - nur nicht zu viel Nähe zulassen - aber diese herzliche Umarmung, das war eine ganz andere Lois. Eine reifere Lois.

Der junge Mann war inzwischen auch zu ihnen getreten und sah die beiden Frauen gespannt an. Er zeigte ihnen ein wirklich strahlendes Lächeln. Tiefbraune Augen, eine markante Kinnlinie und sonnengebräunte Haut. In Natura sah er noch viel besser aus als durch das Fernglas und Cat musste sich fast zusammen reißen, dass sie ihn nicht wenigstens mit den Augen hier und jetzt auffraß. So langsam nahm der Neid in Cat doch sehr viel Raum ein, da hatte sich Lois wirklich einen Leckerbissen in ihr Bett geholt...

Lois schien die Situation überhaupt nicht peinlich zu sein, ganz selbstbewusst stellte sie einander vor, der junge Mann hieß Nici. Und dann schickte ihn Lois mit den Worten weg: "Sei ein lieber Junge und bringe uns beiden doch etwas zu trinken, ja?"

Kaum dass er nicht mehr da war, musste Cat sich aber dann doch Luft machen. "Lois, dieser junge Mann ist ja ein Traum von einem Kerl...", es klang noch etwas schwärmerischer als Cat das beabsichtigt hatte.

Lois' Blick bekam darauf etwas weiches und bescheidenes. "Ja... ich bin auch ehrlich gesagt sehr stolz auf ihn."

"Und? Ist er sehr verliebt...?" Nie hätte sich Cat vorstellen können ein so entspanntes, lockeres Gespräch über ihren Liebesritter mit Ich-kann-alles-ich-weiß-alles-Lois-Lane zu führen.

Lois' Lippen kräuselten sich zu einem Lächeln. "Ja... Soweit ich weiß, ja. Er erzählt mir viel von seinen Gefühlen, worauf ich auch sehr stolz bin, aber auch nicht alles." Ihr Lächeln ging ins schelmische.

"Aber mal ganz ehrlich, Lois, wie alt ist er?" Diese Frage brannte Cat unter den Nägeln, ihre Spannung wuchs ins Unermessliche.

Doch Lois antwortete ganz locker: "Siebzehn."

Siebzehn!? Und das sagte sie auch noch so unbekümmert? "Lois! Das ist Verführung Minderjähriger!"

Aber Lois ließ sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. "Da seine Angebetete sechzehn ist, sehe ich da kein Problem." Lois' Blick glitt suchend über den Strand, dann stockte sie und sah Cat unumwunden an. "Moment mal... Du glaubst... du hast gedacht... du denkst... Nici ist mein Geliebter...?"

Die Art und Weise wie Lois Cat nun ansah, verstärkte in Cat das Gefühl, dass sie am liebsten im Erdboden versinken würde. Was hatte sie denn bloß geritten, an diesem lächerlichen Strand anzuhalten? Jemanden mit einem viel zu jungen Liebhaber zu entdecken war eine Sache, jemandem solch eine Beziehung zu unterstellen, wenn es gar nicht an dem war und es einfach so auszuplaudern, das war einfach nur noch peinlich.

Aus der Tatsache, dass Cat diesen Gedanken nicht vehement abstritt, schien Lois zu schließen, dass sie mit ihrer Vermutung genau richtig lag. Sie lachte einmal kurz auf, aber nicht so lange, dass es für Cat unnötig peinlich werden würde. "Aber ganz ehrlich, Cat, es ehrt mich, dass ausgerechnet du mir zutraust, einen so jungen Kerl für mich interessieren zu können - danke!"

Langsam fand Cat ihre Sprache wieder. "Aber ich bitte dich, die Art, wie ihr getanzt habt..."

Lois hakte sich bei Cat unter und führte sie zu einer Bank. "Ja, ich habe ihn auch schon gefragt, ob das wohl so eine gute Idee war. Es ist folgendermaßen: Er ist wie gesagt, verliebt und er wollte, dass seine Angebetete sieht, dass er durchaus tanzen kann. Und am unverfänglichsten fand er es mit seiner Mutter zu tanzen. Aber ich hab ihm auch schon gesagt, das könnte auch nach hinten losgehen. Wenn sie genau das gleiche denkt wie du..."

Mit ein wenig Holpern in der Stimme fragte Cat: "Das ist dein Sohn?" Lois nickte darauf nur. "Kein Wunder, dass er Clark so ähnlich sieht... Dann bist du womöglich auch noch mit Clark zusammen?" Lois schaffte es, dass die peinliche Situation für Cat auf einmal gar nicht mehr so peinlich erschien.

"Natürlich."

Nici brachte ihnen beiden nun einen Cocktail und der war wirklich gut, sehr fruchtig, sehr leicht und mit nur ganz wenig Alkohol, aber das war Cat nur Recht, sie sollte wirklich einen klaren Kopf bewahren, um nicht noch mehr idiotische Ideen Preis zu geben.

Lois schickte Nici dann mit den Worten weg: "Schatz, könntest du bitte nach den Kleinen sehen, ich würde gerne ein wenig mit Cat plaudern."

Der junge Mann nickte daraufhin nur und ging; es schien für ihn überhaupt kein Problem darzustellen den Babysitter zu spielen.

"Du hast noch mehr Kinder?" Glücklicherweise saßen Cat und Lois derweil und Cat hatte sich soweit gefangen, dass die weitere Unterhaltung nun in einem ganz natürlichen Plauderton stattfand. Nie hatte Cat gedacht mal so entspannt schwatzen zu können mit Miss Wenn-es-für-Ehrgeiz-einen-Kerth-gibt-will-ich-den-auch.

"Ja, Nici hat noch eine ältere Schwester und die Zwillinge sind jetzt neun. Da unten am Strand spielen sie, da, wo Nici jetzt hingeht."

Cat folgte Lois' Finger zum Wasser hin. Dort spielten ein Junge und ein Mädchen in einer riesigen Sand-Burganlage. Beide hatten sie die gleichen dunklen Haare, wie der junge Mann, sie hatte ihre langen Haare zu einem Zopf gebunden und er trug sie kurz, hübsche Kinder. "Du hast vier Kinder?!"

"Ja. Unglaublich, nicht wahr? So richtig geplant war eigentlich keines, aber wenn sie sich nicht gerade alle gegen uns verschworen haben, sind es unwahrscheinlich tolle Kinder. Ein Leben ohne sie kann ich mir nicht mehr vorstellen." Sie sagte das mit diesem typischen Mutterstolz im Blick. Cat wunderte sich, Lois Lane und Mutterstolz - diese beiden Worte in einem Satz schienen eigentlich ein Paradoxon zu sein.

Sie plauderten dann noch eine Weile, bis Cat fragte, wo Clark eigentlich sei. Lois erklärte ihr, dass er noch eine Kleinigkeit zu erledigen hatte, aber eigentlich jeden Augenblick wieder auftauchen müsste. Cat lud dann ganz spontan Lois und Clark auf ihre Yacht zum Dinner ein. Die Tatsache, dass Cat so ganz selbstverständlich von ihrer Yacht sprach, davon, dass ihre Crew ihnen ein Dinner servieren würde, machte auf Lois schon einen gewissen Eindruck, wie Cat erfreut feststellte. Sie verabredeten die Uhrzeit und den Ort und dann verabschiedete sie sich von Lois. Es gab noch ein wenig vorzubereiten und ein wenig über das sie nachdenken wollte.

~o~o~

Wenn Cat ehrlich zu sich selber war, hatte sie seit Jahren immer mal wieder davon geträumt, Lois irgendwann wieder zu begegnen und ihr ihre ganz persönliche Offenbarung zu unterbreiten und Lois hatte ihr heute, natürlich ohne es zu ahnen, noch den allerletzten Beweis geliefert. Ja! Heute würde sie es tun, das würde ihr großer Auftritt werden.

Gerade kam ihr wieder das Bild von Lois am Strand vor Augen - sie sah wirklich unglaublich gut aus, jünger als sie wirklich war. Es schien als sei die Zeit für sie stehen geblieben. Gespannt war Cat auf Clark. Hoffentlich würde er wirklich mitkommen, wenn er dort fertig war, wo er zu tun hatte, wo immer das auch war.

Dem Koch hatte sie den Auftrag gegeben, für drei Personen ein kleines dreigängiges Menü zu zaubern, nichts Protziges, kein Kaviar, kein Hummer oder sonst irgendwelche unbezahlbaren Zutaten, sondern ein gutes und wohlschmeckendes Menü. Sie wollte auf keinen Fall mit ihrem Geld, oder eher dem ihres Mannes prahlen, sondern eher eine natürliche Atmosphäre schaffen. Und ganz besonders nach der überraschenderweise lockeren Plauderei mit Lois schien ihr das heute eher möglich als es zu Planet-Zeiten jemals denkbar gewesen wäre.

Cat sah an sich herunter, das Kleid, welches sie für heute Abend ausgewählt hatte, war lange nicht mehr so farbenfroh, wie Lois und Clark es noch von Planet-Zeiten her kannten, es war "nur" rot, korallenrot um genau zu sein. Es hatte auch sehr viel mehr Stoff und doch schmeichelte es ihrer sportlichen Figur, auf die Cat heute stolzer war, als noch zu den Zeiten, in denen sie noch zusammen gearbeitet hatten. Ja, so konnte sie die beiden empfangen.

Sie kontrollierte noch einmal das Speisezimmer. Es vermittelte mit seiner Mischung aus dunklen Hölzern und weiß lackierten Flächen einen edlen Touch. Natürlich war dieser Raum ein klein wenig improvisiert, sie befanden sich schließlich auf einem Schiff und die hatten nun mal die Angewohnheit außen keine geraden Wände zu haben, sondern natürlich war die schnittige Form des Bootsrumpfs auch in diesem Raum zu erkennen. Das Speisezimmer bot im besten Fall Platz für zwölf Personen, aber zu dritt war es wirklich sehr gemütlich. Der Tisch war schön eingedeckt, weißes Tischtuch, die gleichen orangegeflammten Rosen wie auf der Anrichte. Das Besteck lag richtig, Kerzen und Servietten passten zueinander und auch die verschiedenen Weingläser stimmten.

Sie hörte durch das geöffnete Fenster die Stimmen von Lois und Clark auf dem Kai; sehr gut, Clark hatte, was auch immer er zu tun hatte, erledigt und begleitete Lois nun. Cat ging nach draußen, um die beiden an Bord zu begrüßen. Es war ein herzliches und gelöstes 'Hallo'. Cat kam diese Stimmung fast ein wenig unheimlich vor, Clark war schon immer eine Ausgeburt an freundlichem Wesen und guter Laune, aber Lois... so entspannt zu erleben, versetzte Cat immer wieder in Erstaunen und ließ in Cat eine leichte Unsicherheit aufkeimen.

"Clark! Es freut mich ungemein, dass du dich freimachen konntest:" Und auch mit Clark gab es eine Umarmung. Aber das fühlte sich längst nicht so gespenstisch an, wie bei der gutgelaunten Lois. Clark hatte sich wirklich schick gemacht, dunkelgrauer Anzug und dann eine von diesen schrecklichen, bunt-geklecksten, für ihn so typischen Krawatten.

"Cat, du hast dich ja wirklich gemausert", lächelte ihr Clark anerkennend zu, "von der Klatschtante des Planets zu diesem schwimmenden Palast... Alle Achtung! Ich bin beeindruckt!"

Diese Bewunderung beflügelte Cat immer wieder. Aber sie sah doch auch ein wenig neidisch auf Lois und Clark, die ihr Arm in Arm gegenüber standen, während sie die alleinige Gastgeberin dieses Dinners sein würde. Und das Bild, das die beiden abgaben, wirkte so natürlich, sie erschienen als Einheit. In ihren Gesten und Blicken war soviel Fürsorge umeinander und trotzdem strahlten beide Persönlichkeiten eine unglaubliche Stärke aus. In diesem Moment konnte sie sich kaum noch vorstellen, was sie Lois heute Mittag noch angedichtet hatte.

Lois trug ein ganz schlichtes schwarzes Kleid, sehr schick, glücklicherweise hatte sie sich endlich von ihren gouvernantenhaften Kostümen verabschiedet.

Cat beschloss augenblicklich, sich von Lois und Clark, die sie selbst nach diesen vielen Jahren immer noch an Turteltauben erinnerten, nicht die Laune verderben zu lassen. Beherzt ging sie einfach zwischen die beiden, hakte sie beide unter und führte sie in ihr Speisezimmer. Sie bemerkte mit Genugtuung, dass Clark anerkennend pfiff, während sie die Yacht von innen sahen und Lois' kurzes und knappes: "Wow!", das sie beim Betreten des Speiseraums verlauten ließ, verstärke diesen Eindruck noch.

Sie goss ihnen als Aperitif ein Glas Champagner ein.

Seit Cat Lois am Strand zurückgelassen hatte, hatte sie überlegt, wie sie ihre Offenbarung einleiten sollte, wie sie das Gespräch in die gewünschte Richtung lenken konnte und ihr war bis zu diesem Augenblick keine wirklich gute Strategie eingefallen. Sie würde improvisieren und am besten auch gar nicht lange warten.

"Und Clark, fliegst du immer noch so viel im Anzug durch die Gegend, oder helfen dir deine Kinder inzwischen bei der Weltrettung?", sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Ihre beiden Gäste standen vollkommen sprachlos in dem Speisezimmer der Luxusyacht und sahen ihre Gastgeberin nur ungläubig an. "Aber wisst ihr, was ich schon damals nicht verstanden habe, warum habt ihr bloß so lange gebraucht, um zusammen zu kommen? Lois war dir doch schon in dem Moment verfallen, als ihr beide durch das Fenster des Planets geflogen kamt."

Lois sah ihre ehemalige Kollegin ohne jede erkennbare Gefühlsregung an, stand einfach nur dort, mit ihrem Glas in der Hand. Clark hingegen zog kurz seine rechte Augenbraue nach oben und hob den Kopf ganz leicht, aber auch er sagte erst mal kein Wort. Er sah kurz seine Frau an, als erhoffte er sich von ihrer Seite Hilfe und dann sagte er, wieder an Cat gewandt, betont sachlich: "Ähm... was bitte meinst du denn damit?"

Es war zu erwarten gewesen, dass sie erst mal alles abstreiten würden. Cats Grinsen wurde inzwischen immer breiter. Die verhaltene Reaktion von Clark und die Nicht-Reaktion von Lois war doch eigentlich die beste Bestätigung. "Ach, kommt schon. Das erste Mal hatte ich diese Idee, als wir alle noch zusammen beim Planet gearbeitet haben." Cat rückte die Weingläser auf dem Tisch noch etwas zurecht, obwohl sie schon in einer perfekten Linie standen." Ohne ihren Stolz zu unterdrücken, fuhr sie fort: "Und mit den Jahren haben ich immer mehr Beweise für diese These gefunden..."

Endlich hatte Miss-Plappermaul ihre Sprache wieder gefunden. "Nicht dass es wahr wäre, das will ich nicht sagen, aber... was für Beweise meinst du?" Lois stellte diese Frage ganz sachlich. Nur ja keine Gefühlsregung zeigen.

Cat genoss diese Situation. "Naja, das erste Argument ist ja wohl das zeitgleiche Auftauchen von Superman und Clark in Metropolis. Dann wurden sie nie zusammen gesehen, es gibt nicht ein Foto von ihnen beiden und das, obwohl sie doch angeblich so gute Freunde sind. Sie wussten immer bestens übereinander Bescheid."

Clark räusperte sich und sagte dann: "Das könnte ganz einfach Zufall sein..."

Cat ließ sich überhaupt nicht irritieren und fuhr lächelnd fort: "Ihr Beide dürft eines nicht vergessen, auch ich bin eine Reporterin, auch ich kann recherchieren, auch ich kann Fakten zu einer Story zusammenfügen. Nur weil ich keinen Kerth bekommen habe, heißt es nicht, dass ich blöd bin. Von einer Brille lass ich mich doch nicht täuschen. Es gibt einfach einige Informationen, die ich über die Jahre gesammelt habe, Lane und Kent machen Familienurlaub in Australien und zufällig ist Superman in der Zeit sehr aktiv in Down Under. Lane und Kent decken in Paris diesen Skandal bei den Flugzeugkonstukteuren auf und Superman ist - welch eine Überraschung - sehr aktiv in Frankreich. Solche Übereinstimmungen gibt es über die Jahre etliche. Aber das letzte - das entscheidende Argument habt ihr mir heute geliefert..."

Nun war es Lois, die mit einer immer noch eingefrorenen Mimik fragte: "Heute...?! Was denn bitte?"

Cat atmete einmal durch und sah die beiden genau an. "Das Alter." Keine Reaktion. "Lois, es gilt als bekannt, dass Superman nicht altert, oder doch sehr viel langsamer. Und Clark ist seit damals nicht einen Tag älter geworden. Selbst auf dich scheinen die kryptonischen Kräfte abzufärben. Du bist wirklich zu beneiden."

Lois sah Clark kurz an, als brauchte sie seine Rückendeckung. "Ähm, Cat... nicht dass ich dir diese lose Argumentationskette bestätige, aber... was hast du denn nun vor mit dieser Information?" Die Spannung bei ihren beiden Gästen war deutlich zu spüren.

"Ach Lois, entspann dich. Dieses Geheimnis hüte ich schon seit 22 Jahren und ich werde es auch weiter hüten, auch ich kenne meine Verantwortung, weiß, wann ich eine Meldung nicht bringen darf, weiß, dass es hier um ein höheres Ziel geht. Ich wollte nur, dass ihr wisst, dass ich es weiß."

Clark brachte etwas gequält heraus: "Ich schätze, wir können ihr vertrauen."

Lois atmete hörbar aus: "Ich schätze, wir müssen ihr vertrauen."

"Jetzt hört mal, ihr beiden, in den letzten zwei Jahrzehnten hätte ich tausend Möglichkeiten gehabt, das zu veröffentlichen. Jede Zeitung hätte mir die Story aus der Hand gerissen, vielleicht hätte ich dafür sogar einen Preis kassiert... Ich hab es nicht getan, reicht euch das noch nicht? Kommt Leute, lasst uns einen netten Abend zu dritt verbringen, über alte Zeiten quatschen, ihr erzählt mir ein wenig von euren Kindern... Und dann sollten wir Eduardos Menü genießen, ich glaube, er hat sich sehr viel Mühe gegeben." Mit diesen Worten stieß Cat an Lois' Glas an und nickte ihr zu.

Lois schien sich tatsächlich langsam zu entspannen, auch sie stieß erst mit Cat und dann mit Clark an und ganz vorsichtig zeigte sich bei ihr wieder ein Lächeln. Das zeigte Cat nur wieder, wie sehr Lois sich verändert hatte, die Lois aus den frühen Neunzigern hatte nicht die Kraft, so zu vertrauen.


ENDE


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Offenbarungs-Reihe Teil III - á la Mad Dog Lane

Beitragvon Magss » Sa 20. Feb 2010, 11:17

Hier kommt ein neuer One-Shot von mir, Teil 3 meiner „Offenbarungs-Reihe“. Wobei ich jetzt schon mal darauf hinweisen möchte, dass ein „One-Shot“ natürlich keine Fortsetzung hat, sich aber an diesen Teil 3 ein logischer Teil 4 anschließt und den werde ich auch noch diese Woche einstellen, da er auch schon fertig ist.
Ich wünsche euch also viel Spaß beim Lesen.
Zeitlich spielt dies hier direkt im Anschluss von Folge 22 aus der 4. Staffel. Es ist also eine direkte Fortsetzung in die Zukunft. Die inhaltliche Lücke schließt „Dringende Familienangelegenheit“, die meines Wissens nach leider im Netz nicht mehr verfügbar ist. Was aber für das Verständnis notwendig ist, habe ich eingeflochten. Sollten also jemand „Dringende Familienangelegenheit“ nicht kennen, (was sehr schade ist) ist das kein Problem.

Meinen beiden Betas, KitKaos und Tahu ein riesiges Dankeschön. Beide haben nicht nur den Text überarbeitet, sondern wie immer mit ihren Anmerkungen und Fragen mitgeholfen die Story zu entwickeln. Und das in gewohnter Weiser sehr, sehr qualifiziert. Danke dafür! Was würde ich ohne euch machen...? ;-)

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen. Viel Spaß!






Offenbarung á la Mad Dog


Clark legte einen Arm um Lois. Wie sie starrte er immer noch auf die Stelle in ihrem Wohnzimmer, an der bis vor kurzem noch die Zeitmaschine gestanden hatte. Auch er hörte noch das Geräusch des anlaufenden Flux-Konverters, so hieß dieses Teil wohl. Sah die Lichtblitze noch. Was aber viel schlimmer war als das Geräusch der Maschine, war die nun einsetzende Stille. Bis eben hörten sie JJs Stimme noch, diesen kleinen Jungen, der Lois und ihn vollkommen verzaubert hatte. JJ, der Junge aus der Zukunft, der Nachfahre Supermans, wie ihm H.G. Wells erzählt hatte. Clark hatte die Bedeutung dieser Worte mit Lois nicht diskutiert. Ein Nachfahre Supermans - würde das nicht die Hoffnung auf gemeinsame Kinder nur wieder schmerzlich aufleben lassen? Ein Nachfahre Supermans hieß doch nur, dass er irgendwann ein Kind haben würde. Von Lois hatte Wells nicht gesprochen.

Lois legte ihren Arm um seine Taille, sah ihn an und sagte mit glasigem Blick: „Ich werde ihn vermissen. JJ war schon etwas ganz besonderes. Genau so hätte ich mir ein Kind von dir und mir vorgestellt.“ Mit einem Blick, der weit in die Ferne gerichtet war, fuhr sie fort: „Er war so wissbegierig und seine Fragen... Soetwas muss einem erst mal einfallen. Und er kuschelte so gerne.“ Dann sah sie Clark ganz klar an als wäre sie gerade wieder in der Realität gelandet. „Und diese dunkelbraunen Augen, genau wie deine.“

Ihre Worte schmerzten, auch wenn sie dabei gelächelt hatte und Clark wusste nicht, wie er sie trösten sollte. Er nahm sie einfach nur etwas fester in den Arm und gab ihr einen zarten Kuss auf die Haare. Keine Worte konnten die Hoffnungslosigkeit aufwiegen, so viel war ihm klar.

Es war gerade mal drei Wochen her, dass er ihr die vernichtende Nachricht mitgeteilt hatte, das Ergebnis von Kleins Untersuchungen: Supermans Physiologie und die einer Erdenfrau hätten nicht genügend biologische Kompatibilität um gemeinsam ein Kind zu zeugen. Das Paradoxe daran war, dass Lois sich genau zeitgleich mit dieser vernichtenden Mitteilung scheinbar sicher geworden war, dass sie Kinder wollte. Sie, die niemals Kinder gewollte hatte. Sie, die Karrierefrau. Sie, die immer behauptet hatte, kein Familienmensch zu sein. Das hatte ihn sehr überrascht.

Lois schmiegte sich noch weiter in seine Umarmung und seufzte. „Ich finde wir haben unsere Aufgabe gar nicht mal so schlecht gemacht... Miss Morris irrt sich, wir sind keine schlechten Eltern!“

Genau an Miss Morris von der Adoptionsbehörde hatte Clark auch gerade gedacht. Sie hatte doch wirklich die Frechheit besessen, ihnen mitzuteilen, dass sie wohl für eine Adoption nicht in Frage kamen, weil Lois in ihrem Job zu viel Risiko einging. Dass es eigentlich eher er selbst war, der einen Risikojob hatte, konnten sie ihr natürlich nicht mitteilen. Aber Menschen wie Miss Morris hatten die Macht solche Entscheidungen zu treffen. Nahmen für sich in Anspruch, die Hintergründe, die sie gar nicht kennen konnten, richtig einzuschätzen. Sie hielten die Fäden für Glück oder eben Nicht-Glück in der Hand. Was wusste diese Frau denn schon von ihnen? Nichts! Gar nichts! Clark war sich sicher, Lois würde eine fantastische Mutter abgeben. Das hatte sie ihm in den letzten zwei Wochen wirklich mehr als einmal bewiesen. Sie hatte sich in ihre neue Rolle schneller eingefügt als Clark das für möglich gehalten hatte. Es war fast ein wenig beängstigend, wie dieser Mutterinstinkt eine ganz neue Selbstverständlichkeit geschaffen hatte.

Dadurch dass Lois in der Vergangenheit immer geäußert hatte, dass sie eben keine Kinder wollte, hatte er sie auch nie als Mutter gesehen. Doch kaum hatte sie dieses Bündel auf dem Arm gehabt, hatte sie ihm ein ganz anderes Bild gegeben. Sie hatte sich in diese Aufgabe gestürzt, so wie es einfach ihre Art war, hundertprozentig, kompromisslos und ehrgeizig. JJ erhielt augenblicklich die höchste Priorität und Lois schien eine bisher verborgene Fähigkeit mobilisieren zu können, sie wusste instinktiv, was gerade das Beste für ihn war.

Doch Lois' augenblickliches Verhalten ängstigte ihn auch, vielleicht sogar noch mehr.

Sie hatten so viel Hoffnung in die Ergebnisse von Klein gesetzt. Nach dem ersten Vernichtungsschlag hatte ihre ganze Hoffnung dann auf Miss Morris von der Adoptionsbehörde geruht und auch sie hatte ihnen einen abschlägigen Bescheid erteilt. Einfach so. Und dann, als sie sich beide wahrscheinlich gefragt hatten, wie sie das alles verkraften sollten, war plötzlich dieses Kind aufgetaucht. Clark hatte auf einmal mitten in der Nacht ein Geräusch gehört, war nach unten gegangen und mitten in ihrem Wohnzimmer hatten sie den Säugling JJ vorgefunden. In Clarks Babywiege, zugedeckt mit einer Decke, auf der ein rot-gelbes 'S' prangte. Das Superman-Emblem, das Wappen des Hauses El. Der Brief, der bei ihm lag, hatte ihnen gesagt, dass sein Name JJ war und dass sie für ihn sorgen sollten.

Das erschien ihnen wie ein Wunder.

Nur ein paar Minuten später war H.G. Wells erschienen. Ein paar Minuten, in denen sich Lois scheinbar vollkommen verliebt hatte in den Kleinen. Sie hielt ihn einfach nur im Arm sprach beruhigend auf ihn ein. Wells hatte ihnen dann die meisten ihrer Fragen beantwortet. JJ käme aus der Zukunft, er sei ein Nachfahre Supermans und er bräuchte Schutz. Den Schutz von Lois und Clark. Er würde für zwei Wochen bei ihnen bleiben und sie müssten einfach nur dafür sorgen, dass dem Kleinen nichts passieren würde. Lois sagte sofort zu. Sie hatte den Säugling dabei auf dem Arm gehabt und ihn angestrahlt. Ihr Gesicht hatte einen Ausdruck gezeigt, den Clark noch nie zuvor bei ihr gesehen hatte.

Clark hatte aber gleich daran gedacht, was es für Lois bedeuten würde, dieses kleine Bündel nach zwei Wochen wieder herzugeben. Zwei Wochen würden sicher ausreichen, dass der Kleine ihr richtig ans Herz wachsen würde. Umso mehr würde der Abschied schmerzen. Doch nun, nachdem sie JJ gerade hatten gehen lassen, ging es Lois überraschenderweise recht gut. Keine Tränen, keine Hysterie, weder als der Junge noch da gewesen war, noch jetzt, wo sie alleine waren.

Eines der Dinge, die so besonders an JJ waren, war, dass er an jedem Tag, den er in dieser Zeit verbrachte um ein ganzes Jahr älter wurde. Das, so erklärte es ihnen Wells, hinge mit den paradoxen Einflüssen der Zeitreise von dem Jungen zusammen. Vor zwei Wochen hatten sie einen Säugling in ihre Obhut erhalten und heute Abend hatten sie einen dreizehnjährigen Jungen an seine leibhaftigen Eltern abgegeben.

„Hey, geht es dir gut?“, fragte Clark seine Frau vorsichtig.

„Ja.“ Sie sah ihn mit festem Blick an. „Wirklich. Es ist okay. Wir wussten vom ersten Tag an, dass wir ihn wieder hergeben müssen.“ Lois löste sich aus seinen Armen, ging zum Schreibtisch und sah nach, ob es Anrufe auf dem Anrufbeantworter gab, immerhin waren sie zwei Wochen in Smallville gewesen, aber die Anzeige blinkte nicht. Sie lächelte. „Hast du gesehen, wie er sich gefreut hat seine Eltern wieder zu sehen?“

Clark nickte schweren Herzens. „Lois, es tut mir so leid...“, sagte er mit belegter Stimme.

Sie sah sich den Stapel Post durch, öffnete aber keinen Brief. „Was tut dir leid?“ Lois wirkte fast etwas abwesend.

Clark ließ sich resigniert auf das Sofa fallen. „Es ist meine Schuld, dass wir keine Kinder haben können...“, sagte er verzweifelt.

Sie drehte sich zu ihm um. „Moment mal. Es geht nicht um Schuld. Und nur um das mal klar zu stellen, es ist mein Problem, dass ich einen Kryptonier geheiratet habe. Und es isdein Problem, dass du eine Erdenfrau geheiratet hast. Folglich ist es unser Problem, nicht deins. Ich will das nie wieder hören!“ Lois ging im Wohnzimmer umher und löschte nach und nach die Lichter. „Komm, lass uns schlafen gehen. Es waren anstrengende Tage.“, sagte sie müde. An der Treppe blieb sie stehen und sah sich nach ihm um. Clark erhob sich langsam aus dem Sofa und folgte ihr schwerfällig. Lois ging ein paar Stufen nach oben. „Weißt du, was die ganze Angelegenheit für einen Vorteil hat?“ Sie klang ganz ruhig dabei.

Oh nein, das wusste Clark wirklich nicht. Bisher hatte er nicht auch nur den kleinsten Vorteil in der Tatsache sehen können, dass sie beide nie Kinder haben würden. „Was für einen?“, fragte er kraftlos. Jede Stufe fiel ihm schwer.

Lois blieb kurz stehen, drehte sich zu ihm um und blickte ihn schelmisch an. „Wir brauchen nicht mehr zu verhüten.“ Dann ging sie weiter nach oben. „Wir werden wahrscheinlich hunderte von Dollars sparen... Wir können uns sicher mal einen Urlaub extra leisten dadurch... Keine Unterbrechungen mehr... Kein schlechtes Gewissen, wenn wir es doch vergessen haben...“

Es fiel Clark schwer, das als einen Vorteil zu sehen, er hätte gerne auf den Urlaub verzichtet. Aber das behielt er lieber für sich.

~ ~ ~

Clark hatte fest damit gerechnet, dass Lois wenigstens am nächsten Tag in eine Art Katzenjammer verfallen würde. Er war immer davon ausgegangen, dass es ihr sehr schwer fallen würde, JJ herzugeben. Da hatten sie für zwei Wochen die Möglichkeit diesem Kind all ihre Aufmerksamkeit zu geben, ihre Liebe und ihre Zuwendung. Und natürlich war er ihnen ans Herz gewachsen. Es war ein wirkliches Abenteuer gewesen zu beobachten, wie sich seine Persönlichkeit mit jedem neuen Tag deutlicher zeigte. Und sie hatten die Möglichkeit gehabt, zu erleben, wie es sich zu dritt lebte, mit einem Kind. Wie eine Familie. Zwei Wochen waren sie auf der Kentschen Farm gewesen, so hatte niemand Fragen gestellt. Zwei Wochen ohne Planet. Zwei Wochen lang hatten sie einfach nur jeden Tag genossen, ohne noch einmal über die Ergebnisse von Kleins Untersuchung oder von Miss Morris zu sprechen.

Martha und Jonathan waren vollkommen aus dem Häuschen gewesen, sie hatten es genauso genossen die Großeltern zu sein, wie Lois und Clark es genossen hatten, zeitweilig in die Rolle der Eltern zu schlüpfen. Noch nicht einmal Perry hatte ihnen auch nur den kleinsten Stein in den Weg gelegt, diesen Urlaub hatten sie ohne jeden Widerstand genehmigt bekommen. Und so war ihr Plan aufgegangen, zwei Wochen ohne lästige Fragen, sondern einfach nur eine große und glückliche Familie.

Aber jetzt? Jetzt war da nichts und niemand mehr, der sie von der harten Realität, doch nur zu Zweit zu sein, ablenkte.

In diesen Tagen sprachen Lois und Clark privat nicht viel miteinander. Was hätten sie auch sagen sollen? Im Planet waren sie von allem abgelenkt. Nachdem sie zwei Wochen nicht da gewesen waren, drohten ihre Schreibtische sowieso überzulaufen. Aber wenn sie zu Hause saßen, hingen sie beide meist still irgendwelchen Gedanken nach. Clark beobachtete Lois während des Tages öfter, bei der Arbeit oder auch wenn sie abends ein Buch las und er fragte sich immer wieder, wie gut sie die Trennung von JJ wirklich verkraftet hatte, wie viel sie ihm wirklich zeigte. Was auch immer in ihrem Inneren vorging, sie zeigte es nicht. Sie wirkte auf ihn als wenn alles ganz normal sei, als wenn es nichts gab, das sie bekümmerte. Auf der anderen Seite war er selber so mit seinem Schmerz beschäftigt. Auch ihm tat es leid, den Kleinen hergegeben zu haben.

Sie beide würden JJ niemals wiedersehen, so viel war klar. Er war zurückgekehrt in seine eigene Zeit, in das Jahr 2109.

Clark fühlte sich hin und her gerissen zwischen dem Bedürfnis zu trösten und selber Trost zu erhalten. Und er war sich nicht sicher, wer von ihnen beiden es nötiger brauchte.

~ ~ ~

Ungefähr zwei Wochen, nachdem der kleine JJ von Wells mit der Zeitmaschine wieder in seine wirkliche Zeit gebracht worden war, wachte Clark mitten in der Nacht plötzlich auf. Es war dunkel und er fragte sich gerade, was für ein Geräusch ihn geweckt haben könnte. Er ließ seine Hand auf ihre Seite des Bettes gleiten, doch sie ging ins Leere, Lois war nicht da. Ihre Seite des Bettes war verlassen. Clark richtete sich verschlafen auf und machte das Licht an. Der Wecker zeigte kurz nach drei Uhr an. Wo war Lois?

Die Antwort darauf war leicht zu finden, nachdem er nach unten gegangen war. Sie saß im Wohnzimmer, am Schreibtisch vor ihrem Computer.

Clark band sich seinen Bademantel zu, während er in das Erdgeschoss ging. „Lois, Schatz, weißt du wie spät es ist?“, fragte er schon von der Treppe her. Er ging auf sie zu.

„Ich konnte nicht schlafen. Hab noch ein bisschen was recherchiert.“ Lois klappte ihren Laptop zu und drehte den Stuhl zu ihm um, dann sah sie Clark an. Und dieser Gesichtsausdruck von ihr machte ihn augenblicklich hellwach. Mad Dog Lane. Sie hatte eine Idee. Der Pittbull hatte sich verbissen und war irgendeiner Möglichkeit auf der Spur.

Sie bearbeiteten seit zwei Tagen einen Fall über finanzielle Unstimmigkeiten bei der staatlichen Unterstützung von Pflegefamilien. Metropolis gab an Familien, die Kinder in Pflege hatten sehr viel mehr Geld aus als es Pflegekinder gab. Und bis zu diesem Moment hatte noch niemand herausfinden können, wo diese undurchsichtigen Kanäle steckten, ob das Geld bei den Behörden veruntreut wurde oder ob es Familien gab, die für mehr Kinder Geld kassierten als sie betreuten.

Gespannt fragte Clark seine Frau: „Und? Hast du endlich herausgefunden wie diese finanziellen Löcher zum Trotz der gesamten Bürokratie entstehen?“ Eigentlich war sich Clark sicher, wenn es jemand herausfinden konnte, dann sie.

Lois wich seinem Blick aus. „Ähm... nein.“ Sie biss sich kurz auf die Unterlippe. „Ehrlich gesagt habe ich daran auch gar nicht gearbeitet.“

Clark setzte sich verwirrt auf die Armlehne des Sofas, so war er ihr am nächsten. „Woran bitte arbeitest du dann, mitten in der Nacht? Was ist so wichtig?“ Gespannt sah er sie an.

Sie schloss die Aufschläge ihres Bademantels noch etwas höher, so als wäre ihr seine Frage unangenehm. „Tja, wenn du mich so direkt fragst...“

„Ja... das tue ich.“ Seine ganze Aufmerksamkeit war nun bei ihr.

Lois atmete tief durch, wahrscheinlich hätte sie gerne noch ein wenig Zeit gehabt, um ihre Taktik zu durchdenken, sie wusste scheinbar nicht so recht, wo sie anfangen sollte. Clark konnte ihr ansehen, wie sie diese kurze Verzögerung nutzte, um ihr weiteres Vorgehen zu ordnen, Struktur in ihren Plan zu bringen. „Okay... Also... Ich habe recherchiert, was für Möglichkeiten wir haben...“

Clark verstand gar nichts. „Wir?! ... Möglichkeiten - für was?“

Lois steckte ihre Hände tief in die Taschen ihres Bademantels und sah ihn an, während ein kleines Lächeln ihre Lippen umspielte. „Ich rede von unserer Familienplanung...“

Oh. Natürlich. Es war klar, dass Lois nicht aufgab. Dass sie suchte; alle Möglichkeiten abcheckte, jede noch so kleine Chance überprüfte, alle denkbaren Aussichten abwog, jede kleinste Variante inspizierte. Aber es war ein gefährliches Spiel mit der Hoffnung, wenn am Ende doch ein 'Nein' stand. Wie oft würden sie es verkraften, enttäuscht zu werden? Wie würde sie damit umgehen, am Ende doch aufgeben zu müssen? Würde ihre Ehe dieser Belastung standhalten oder würden sie sich im Laufe der Zeit gegenseitig die Schuld zuweisen? Clark fühlte sich sowieso schon schuldig.

Er sah sie ernst, fast ein wenig verzweifelt an. Sollte er ihr seine Gedanken mitteilen und sie damit sofort demotivieren, oder konnte er es riskieren, ihr noch einen kurzen Moment der Hoffnung zu gewähren, nur um dann zu erkennen, dass sie doch verlieren würden? „Lois, ich bin mir nicht so sicher...“

Sie lächelte noch immer, „Warte! Vielleicht solltest du mir erst einmal zuhören – hm?“

Ja, vielleicht sollte er das. Aber er fürchtete, dass sie sich damit genau in diese Hoffnung hineinsteigern würde, sich und ihn auch. 'Oh, Clark! Vergiss es! Es ist Mad Dog Lane, mit der du hier sprichst. Die ließ sich noch nie mit einem einfach vorgetragenem Argument von einer Idee abbringen.' Aber was sollte es da noch für Möglichkeiten geben? Sie konnten kein Kind zeugen, sie würden keines adoptieren können und dass noch einmal ein Kind vom Himmel fallen würde, wie der kleine JJ, war nun wirklich sehr unwahrscheinlich.

Clark forderte sie trotzdem mit einer Handbewegung auf, fortzufahren und ihm war augenblicklich klar, dass er dabei alles andere als enthusiastisch wirkte.

Lois drehte sich kurz um und nahm einen Bleistift von ihrem Schreibtisch. Sie sagte immer, sie könnte besser denken, wenn sie einen Stift in der Hand hielt. "Miss Morris hat uns sehr deutlich gemacht, dass sie uns kein Kind anvertrauen würde, und selbst wenn wir in einem anderen Bezirk von Metropolis wohnen würden, würden wir sicher das selbe Ergebnis bekommen.“ Sie ließ den Bleistift durch ihre Finger gleiten. „Lane und Kent sind stadtbekannt. Aber wenn wir in einem anderen Bundesstaat ein Kind adoptieren wollten, hätten wir es nicht mehr mit Miss Morris zu tun." Erwartungsvoll sah sie ihren Mann an.

Clark verstand überhaupt nicht, worauf dieses Argument abzielen sollte. "Lois, solange wir in Metropolis leben, werden wir immer mit Miss Morris zu tun haben."

Sie sah ihn ganz ruhig an. "Wohl wahr. Solange wir in Metropolis leben... Aber wenn wir nicht in Metropolis leben würden, wären auch andere Adoptionsbehörden zuständig."

"Wir können denen doch nicht vormachen, dass wir woanders leben, wenn wir es gar nicht tun. Wir reden von Behörden, die kriegen so etwas heraus." Clark verstand überhaupt nicht, worauf sie hinaus wollte, mitten in der Nacht.

"Clark, ich spreche nicht davon, dass wir irgendjemandem irgendetwas vortäuschen. Ich meine, dass wir notfalls woanders leben müssten - wirklich. Andere Bundesstaaten haben zum Beispiel auch andere Quoten, was die Vergabe von Kindern angeht." Sie griff sich nun ein Blatt Papier, das auf ihrem Schreibtisch lag. „Soviel habe ich schon herausgefunden, die besten Quoten scheint es in Georgia oder in Kalifornien zu geben...“

Kalifornien?! Das war das andere Ende von Amerika! "Lois, du würdest Metropolis verlassen wollen... um... unsere Aussichten, ein Kind zu adoptieren, zu erhöhen? Wir haben gerade erst dieses Haus gekauft. Was wird mit dem Planet?" Nicht dass es Clark in diesem Augenblick wirklich um den Planet ging, aber Lois war in Metropolis aufgewachsen und diese Zeitung war ihr beider Leben und ganz besonders war sie Lois' Leben.

Sie sah ihn nun ganz gefasst an. "Ja. Und ich glaube, wir könnten sicher mit Perry reden, eine Zeitlang als freie Mitarbeiter für den Planet tätig zu sein. Ansonsten... Ich denke, wir müssen uns schon fragen, was wir bereit sind zu tun, um das zu erreichen, was wir wollen."

„Puh...!“ Clark ließ sich ein wenig zurückfallen. Da hatte Mad Dog Lane ja mal wieder eine Idee hervorgebracht.

Doch er bekam nicht wirklich eine Verschnaufpause, da sah er schon wieder so ein verräterisches, provokantes Blitzen in ihren Augen, sie war wohl noch lange nicht fertig. Lois lächelte überlegen. „Es gibt noch eine andere Möglichkeit...“

Clark war sich nicht wirklich sicher, ob er sie wissen wollte, aber hören musste er sie doch. „Welche?“ Das Problem war, dass Lois sich scheinbar schon seit Tagen mit dieser Thematik beschäftigte. Sie war bestens vorbereitet, ganz im Gegensatz zu ihm.

Lois war inzwischen aufgestanden und lief ein wenig im Wohnzimmer herum, aber weniger aus Nervosität, wahrscheinlich war sie sich sehr wohl bewusst, dass sie aufrecht stehend mehr Eindruck machte. „Nun... das liegt doch auf der Hand. Wenn wir keine Chance auf eine Adoption in den Staaten haben, dann eben ein Kind aus dem Ausland...“

Erschrocken rief Clark aus: „Lois – das ist illegal!“

Doch, da war es wieder, dieses leichte, kaum sichtbare Lächeln, das ihm zeigte, auch diesen Einwand würde sie einfach wegfegen. „Nicht, wenn wir dort leben würden...“

Oh nein! „Erst willst du Metropolis verlassen! Dann willst du die USA verlassen!“ Was käme als nächstes?

„Clark, wir könnten durchaus mal eine Weile im Ausland arbeiten. Unserem Lebenslauf täte das auch gut. Du kannst doch fast jede Sprache. Und überlege doch einmal ganz ernsthaft, was wir einem Kind für Möglichkeiten bieten können, das sonst auf den Straßen Brasiliens oder im kargen Gebirge Afghanistans lebt. Wie schon gesagt, wir müssen uns fragen, was wir bereit sind zu tun, um das zu erreichen, was wir wollen."

Clark gingen so viele Fragen gleichzeitig durch den Kopf. Wann hatte es begonnen, dass dieses Kind, das sie nicht haben würden, zur fixen Idee bei ihr geworden war? Warum wollte Lois mit aller Macht Mutter werden? Tat sie es für ihn? Oder weil es nicht möglich erschien?

Lois schien seine Verzweiflung zu bemerken und kam auf ihn zu; sie legte ihm ihre Arme um seine Schultern und zeigte ihm noch immer dieses siegesbewusste Lächeln. „Es gibt noch eine weitere Möglichkeit...“

„Und welche sollte das wohl sein? Willst du jetzt auch noch die Erde verlassen?“ Er wollte nicht, dass es so zynisch klang, aber es fiel ihm so schwer seine Gefühle und Hoffnungen zu bewältigen. Und er war sich nicht sicher, ob er noch eine weitere Möglichkeit verkraften würde.

Doch Lois lächelte nach wie vor. „In gewisser Weise wäre der nächste Schritt... nun ja, exoterrestrisch. Wenn man es so ausdrücken möchte. Es hat mit deiner Herkunft zu tun." Lois fuhr ihm zärtlich durch die Haare. Er genoss ihre Berührung, aber es machte Clark nervös, dass sie so gelassen wirkte. "Nein, aber im Ernst, weißt du noch, was Klein damals zu dir gesagt hat, warum es nicht geht?“ Clark versuchte sich an den genauen Wortlaut von Kleins vernichtendem Ergebnis zu erinnern, aber er schüttelte den Kopf. „Das habe ich mir schon gedacht. Aber das sollten wir klären, vielleicht gibt es eine abwegige Möglichkeit. Und wenn die Zielsetzung für Klein eine andere ist, sprich, wenn wir ihn nicht einfach fragen, ob es geht, sondern wenn wir ihm sagen, dass wir es wollen... notfalls außerhalb des Körpers...“

„Lois!“ Entfuhr es ihm völlig unkontrolliert. Er sah sie entsetzt an. „Du redest von... einer... künstlichen Befruchtung?! Wie soll das denn gehen, ohne dass Klein herausfindet, dass du die Frau bist, die mit Superman verheiratet ist?“

Lois hielt in der Bewegung ihrer Hände inne und sah ihn an. Ihr Gesichtsausdruck schien noch immer vollkommen unerschütterlich. "Ich denke, das kann nicht gehen, ohne dass Klein es erfährt. Natürlich nicht. Aber wie ich schon sagte, wir müssen uns fragen..."

Clark unterbrach sie und setzte den Satz fort: "... was wir bereit sind zu tun, um das zu erreichen, was wir wollen. Ja, ja, ich hab's verstanden. Aber Lois, ich dachte wir waren uns einig, dass so wenige Menschen wie möglich erfahren, wer Superman ist."

"Ja natürlich, so wenig wie möglich..." Und begeistert und mit leuchtenden Augen fuhr sie fort: "Aber Klein weiß schon so viel von dir. Er hat dir schon so oft geholfen. Du kannst ihm vertrauen. Und ganz ehrlich, wenn es einer verdient hat, dann er." Inzwischen hatte sich Lois auf sein eines Bein gesetzt und kuschelte sich noch etwas näher an ihn heran. "Ich mache mir ehrlich gesagt viel mehr Sorgen um den armen, geschockten Klein. Er wird in Ohnmacht fallen. Aber wirst du trotzdem mit ihm reden?"

Clark nickte, sagte aber nichts und nahm sie nun etwas fester in den Arm.

Natürlich würde er Klein fragen. Auch wenn er wusste, dass es sowohl für Klein als auch für ihn selber ziemlich unangenehm werden würde. Er würde es machen, er würde es für sie machen. Er liebte sie viel zu sehr, um ihr einen Wunsch abzuschlagen. Nur war ihm bisher nicht klar gewesen, wie wichtig dieses Thema für sie war. Lois hatte ihm in der Vergangenheit immer den Eindruck vermittelt, dass ihr ihre Karriere viel wichtiger war. Aber Lois hatte auch einmal gesagt, dass sie nicht eher heiraten wollte, bevor sie einen Pulitzer-Preis verliehen bekommen hatte. Sie schien ihre Ziele also gelegentlich zu ändern.

Klein hatte in der Vergangenheit schon so manches Wunder vollbracht. Wer wusste denn schon, wozu Dr. Bernhard Klein wirklich fähig war? Natürlich würde er Klein sein Anliegen schildern... Denn wer wusste, auf was für Ideen Lois sonst noch käme?

Lois hatte sich inzwischen ganz eng an ihn geschmiegt, als er sie sagen hörte: „Und als allerletzte Möglichkeit...“ Oh nein! Bitte nicht! Was für Alternativen wollte sie ihm noch aufzeigen. Eine verrückter als die nächste.

Clark sah sie gespannt an, traute sich aber kaum zu atmen. „Also, was noch?“

Lois sah ihn an und es schien sie nicht zu kümmern, dass er immer verzweifelter wurde. „Künstliche Befruchtung mit einem anonymen Spender. Dann wäre es wenigstens zu 50% unser Kind. Das ist sehr viel mehr als bei einer Adoption. Oh Clark, es tut mir leid, das ist alles ziemlich viel für dich, hm? Ich denke da schon seit ein paar Tagen drüber nach.“ Sie strich ihm zart über die Wange. „Priorität hat in meinen Augen Klein.“

„Okay“, sagte er ein wenig kraftlos, „ich werde mit ihm reden. Wenn er umfällt, bist du Schuld.“ Sie lachte daraufhin nur. Und sie hatte Recht, es war viel, sehr viel sogar. Lois, die bereit wäre für eine Adoption in einen anderen Bundesstaat umzuziehen, die sogar eine Zeitlang im Ausland arbeiten würde, oder die darüber nachdachte, durch eine Samenbank schwanger zu werden. Das Gespräch mit Klein von den S.T.A.R. Labs schien da wirklich noch das Einfachste zu sein. Clark hatte in seinen Zukunftsträumen immer Kinder gesehen, aber er hatte es niemals für möglich gehalten, dass es für Lois so wichtig sein könnte.

Da kam eine spannende Zeit auf sie zu...


ENDE


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Offenbarungs-Reihe IV - eine kleine Offenbarung

Beitragvon Magss » So 21. Feb 2010, 12:17

Hier kommt, wie versprochen, ein neuer One-Shot von mir, Teil 4 meiner „Offenbarungs-Reihe“. Er gehört ein wenig zusammen mit Teil 3, „Offenbarung á la Mad Dog“
Ich wünsche euch also viel Spaß beim Lesen.
Zeitlich spielt dies hier direkt im Anschluss von Folge 22 aus der 4. Staffel. Es ist also eine direkte Fortsetzung in die Zukunft. Die inhaltliche Lücke schließt „Dringende Familienangelegenheit“, die meines Wissens nach leider im Netz nicht mehr verfügbar ist. Was aber für das Verständnis notwendig ist, habe ich eingeflochten. Sollten also jemand „Dringende Familienangelegenheit“ nicht kennen, (was sehr schade ist) ist das kein Problem.

Meinen beiden Betas, KitKaos und Tahu ein riesengroßes Dankeschön. Beide haben wie immer den Text überarbeitet und mich mit zahlreichen Anmerkungen und Fragen auf Lücken aufmerksam gemacht und natürlich mitgeholfen die Story zu weiter zu entwickeln. Wie immer macht es irre viel Spaß eure Anmerkungen zu lesen. Danke dafür!

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen. Viel Spaß!





Eine kleine Offenbarung

Die Morgensonne schien penetrant durch die verknickten Lamellen und die Lücken in der schon etwas demolierten Jalousie. Sie blitzte gemein in seine Augen, als hätte sie ihn gesucht. Bernhard Klein rieb sich verschlafen die Augen und beschloss entnervt ungefähr zum hundertsten Male sich endlich eine neue Jalousie zuzulegen. Wenigstens in seinem Schlafzimmer wollte er Ruhe haben vor der Welt, die immer nur mit Problemen der verschiedensten Art aufwartete. Entweder man legte ihm immer die größten wissenschaftlichen Herausforderungen auf den Tisch, oder er musste für Projekte die Verantwortung übernehmen, die er gar nicht wollte. Und auch helles Licht konnte ein Problem darstellen, zumindest wenn man doch eigentlich noch schlafen wollte.

Die Krümmung der Mikrowellenstrahlung in der Ablenkung durch magnetische Lichtresonanz... er sollte diesen Versuch einfach noch einmal mit verschiedenen Gasen durchführen. Vielleicht brachte ihn das ja weiter...

Bernhard Klein schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken zu verscheuchen. Aber wo er nun schon einmal wach war, konnte er genausogut aufstehen und duschen. Je eher er in die S.T.A.R Labs kam, umso eher konnte er sich diesem Problem mit vollem Einsatz widmen. Es hatte ihn schon gestern nicht losgelassen, auch nicht hier in seiner Wohnung. Er drehte sich herum, um die Beine aus dem Bett zu schwingen und bemerkte nun durch aufdringliches Papiergeraschel, dass er sein gestriges Problem mit ins Bett genommen hatte: Seine Unterlagen, eine mehr als dreißigseitige Zettelsammlung, lag verstreut und nun natürlich verknittert unter seiner Bettdecke, neben dem Kissen und zum Teil auf dem Boden. Seine Notizen sahen aus, als hätte er darauf geschlafen. Aber wen wunderte das? Er hatte ja auch darauf geschlafen.

Der Algorithmus für die Hochgeschwindigkeits-Belichtungsquantisierung unter effizienter Matrixmessung mit A/D-Wandler...? Ja... auch das könnte eine Möglichkeit darstellen...?

Der Wissenschaftler stand auf und versuchte die Unordnung in seinem Schlafzimmer zu ignorieren, aber das Chaos hielt an. Nur wenig später wurde er daran erinnert, dass er schon vor ein paar Tagen hätte Rasierschaum kaufen wollen und auch müssen. Das Gesicht im Spiegel, zur einen Hälfte mit dem weißen Schaum bedeckt, sah ihn missmutig an. Er versuchte den wenigen Schaum auch auf die andere Seite zu verteilen und doch wusste er genau, wenn er sich mit so wenig Schaum rasierte, malträtierte er seine arme Gesichtshaut. Sie würde ihn dann den ganzen Tag mit Jucken und trockenem Gereiztsein daran erinnern, wie schändlich er sie gleich am frühen Morgen behandelt hatte. Er hatte nun mal eine sehr sensible Haut...

Kurz darauf blickte er in einen vollkommen leeren Kühlschrank. In diesem Moment wusste er auch wieder, dass er gestern eigentlich hätte einkaufen lassen müssen . Was hatte ihn bloß davon abgehalten?

Die Interferenzen in der Sublimation der chromatischen Aberration könnte eventuell in der Viskosität der verschiedenen Edelgase auch einen entscheidenden Einfluss haben...

Stimmt, das hatte ihn den ganzen gestrigen Abend beschäftigt, auf seinem Weg nach Hause, beim Abendessen - er hatte sich Pizza kommen lassen - vor dem Fernseher – eine lächerliche Quizsendung - und schlussendlich als er zu Bett gegangen war. Und seine wichtigen Unterlagen so genüsslich zerknittert hatte. Leider hatte ihn das Schlafen auf den Notizen keinen Schritt weiter gebracht.

Eine halbe Stunde später trat Bernhard Klein vor das Haus und ging zum Parkplatz. Was dieser Tag wohl bringen würde, wo er doch schon miserabel begonnen hatte? Ein skeptischer Blick zum Himmel, während er seinen Nierengurt anlegte. Ob diese dunkle Wolke wohl Regen bedeuten würde, oder ob er trocken durch die Stadt kam?

Er beschloss, dass dieser dunkle Himmel nichts mit ihm zu tun haben würde und startete seine Harley. Der satte Klang erinnerte ihn an eine Katze – eine sehr große Katze, eine wilde Katze, eine eigenwillige noch dazu - und noch bevor er sein Visier schloss, wusste er wieder, warum er sich diesen ganzen Stress machte: Nur um dieses Fahrgefühl zu genießen! Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, trotz der unzureichenden Rasur, trotz des fehlenden Frühstücks, trotz des immer noch ungelösten Problems. Aber natürlich sah dieses Lächeln niemand unter seinem Helm, egal. Der Wind, die Beschleunigung, die an seinen Armen zog und das angenehme Brummen zwischen seinen Beinen. Bernie drückte die schwere Maschine in eine langgezogene Kurve und genoss die pure Kraft. Das war Freiheit.

Kaum hatte er die Umgehungsstraße erreicht, brach der befürchtete Regen los. 'Brach los' war wohl eher die Untertreibung des Jahrhunderts, 'der Himmel öffnete seine Schleusen' traf es besser. Wassermassen prasselten auf ihn nieder, nahmen ihm die Sicht. Binnen weniger Minuten waren seine Schultern und Oberschenkel vollkommen durchnässt und er fuhr nur mehr nach Gehör denn nach Sicht. Natürlich - hätte er seinen Regenoverall angezogen, wäre es trocken geblieben. Logisch. Aber der sah so uncool aus... Doch in der Sekunde, in der er überlegte doch noch seine ungeliebte Regenkleidung anzulegen, kam auch schon wieder die Sonne heraus. Na wunderbar, sein Visier würde bei der Feuchtigkeit so beschlagen, dass er kaum noch etwas sehen konnte.

...

Dr. Bernhard Klein, hochdotierter Wissenschaftler der S.T.A.R Labs, parkte sein Moped, wie er seine geliebte Harley in einem Anflug von Untertreibung gerne nannte, auf dem Parkplatz für Mitarbeiter. Nun in strahlendstem Sonnenschein. Unter der schwülen Wärme klebte die schwere Lederkleidung an seinem Körper.

Doch als wenn das alles noch nicht ausreichen würde, um seine Laune zu verderben, hörte er nun auch noch ein Geräusch hinter sich, so dass er sich augenblicklich weit weg wünschte. Er schloss kurz die Augen - Urlaub, Karibik, Sonne, Strand, Palmen, Carolyn... Hach – das Leben könnte so schön sein, doch stattdessen war da dieses 'Wusch'. Dieses Geräusch, das eigentlich nur Ärger verhieß, viel Arbeit, unbeantwortete Fragen, niemand, mit dem er dieses Problem diskutieren konnte, immer war alles 'Top secret'. Nie gab es eine Leitlinie, an die er sich klammern konnte. Immer nur etwa tausend Regeln und Vorschriften, die er brechen musste.

Nicht dass er den Stählernen nicht mochte, nein, ganz sicher nicht. Neben all den Dingen, die dieser schon für das Land im Allgemeinen und auch für die S.T.A.R Labs im Speziellen getan hatte – nein, er mochte Superman, wirklich. Aber er kam immer mir sehr diffizilen Dingen, mit viel Arbeit eben. Es gab Tage, da konnte Bernie das besser verkraften und andere, da konnte er es weniger. Und solche mit ramponierten Unterlagen, schlechter Rasur, ohne Frühstück und mit sintflutartigen Regenfällen auf der Fahrt gehörten zu den Tagen, wo er es schlechter verkraftete.

Doch es half natürlich nichts, sich unter seinem Helm verstecken zu wollen, zumal Superman wirklich ein sehr betretenes Gesicht machte, wie er durch das geöffnete Visier sehr gut sehen konnte. Er sah weniger nach Weltuntergang durch kriminelle Psychopathen aus als nach einer... Peinlichkeit... als würde ihm sein Anliegen unangenehm sein. So wie der Held in seinen blauen Strumpfhosen da betreten von einem Bein aufs andere trat und sich nicht traute ihn anzusehen. Gerade so, als hätte er beim Fußballspielen eine Fensterscheibe zerbrochen.

Was sollte das nur wieder bedeuten?

Bevor er seinen Helm nun endgültig abnahm und sich damit der unausweichlichen Wahrheit stellte, schickte Bernie noch ein Stoßgebet gen Himmel – wenn es da oben doch nur irgendjemanden geben würde, an den er glauben könnte.

Er versuchte ein versöhnliches Lächeln. „Morgen, Superman. Auch schon so früh auf den Beinen?“

Statt einer Antwort nickte der Mann mit dem roten Cape nur.

Der Unverwundbare hatte nie so verletzlich gewirkt. Wirklich noch nie - obwohl... vor... wann war das doch gleich? Vor ein paar Wochen war er mit einem ähnlich betretenen Gesichtsausdruck hier aufgetaucht. Hatte damals davon gesprochen, dass er sich mit einer Frau traf, und hatte wissen wollen, ob sie gemeinsam Kinder bekommen könnten. Bernie war fast gestorben vor Neugierde. Er war aufgeregt gewesen und hatte sich tagelang gefragt, wer diese Frau wohl war.

„Superman, geht es um Leben und Tod...?“ Versuchte der Wissenschaftler mit einem Lächeln auf den Lippen die Stimmung aufzulockern.

Der Held sah ihn ganz kurz an, nur um sofort darauf seinen Blick wieder zu senken. „In gewisser Weise... ja. Aber vielleicht könnten wir das lieber... unter vier Augen...“

Bernie sah ein, das musste etwas Persönliches sein, sonst würde er nicht so dastehen wie ein begossener Pudel. Und bevor Superman nun noch mehr so kryptische Aussagen machte, nickte Bernhard Klein ihm zuversichtlich zu, während er seinen Helm an die Maschine anschloss. Dann deutete er auf den Eingang, eine unmissverständliche Zustimmung, dass er sich natürlich die Zeit nehmen würde.

Schweigend gingen die beiden dann ins Gebäude. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, was würde Superman ihn gleich fragen? Was sollte er ihm antworten? Nun ja, das hing von den Fragen ab. Er war soetwas wie ein Arzt für Superman, niemand kannte den Körper des Stählernen so gut wie er, doch wie konnte er ihm helfen? Der Wissenschaftler durchlief dabei mehrere Sicherheitsabfragen. Doch erst in seinem Büro, nachdem sich beide gesetzt hatten, sprach er wieder. Bernie versuchte einen möglichst ruhigen Ton anzuschlagen, versuchte seine väterlichste Stimme: „Also, worum geht es denn nun?“ Er würde sich so gerne einen Kaffee kochen, fand es aber in diesem Moment unpassend, sein Gegenüber brauchte nun seine Aufmerksamkeit.

Es war wirklich erstaunlich, wie schnell der Stählerne im Raum umherblicken konnte ohne ihn anzusehen.

Superman rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Dr Klein, Sie erinnern sich noch daran, dass ich vor ein paar Wochen schon einmal bei Ihnen war... mit einer Frage...?“ Hilfesuchend sah er sein älteres Gegenüber an.

Oh nein, es ging also doch um die Frage der Nachkommenschaft. Bernhard Klein bemühte sich redlich, sich sein innerliches Seufzen nicht ansehen zu lassen. Aber er hatte ihm doch seinerzeit eine sehr eindeutige Aussage dazu gemacht. „Ja, natürlich erinnere ich mich.“, wie konnte er das auch vergessen? Er, der Wissenschaftler, dem es wesentlich lieber war mit Erlenmeyerkolben und Oszillographen zu kommunizieren als die Rolle des beratenden Arztes zu übernehmen. Also musste er nun noch einen tröstlicheren Ton anschlagen – er wollte in sein Labor! Dorthin, wo ihn niemand mit Fragen belästigte. „Aber Superman, ich dachte wir hatten alles geklärt?“, versuchte er möglichst ruhig und ohne jede Ungeduld zu fragen.

„Ja, natürlich.“, versuchte der in diesem Moment gar nicht mehr so heldenhafte Held sich stammelnd zu erklären, „Sie haben mir damals gesagt, es ginge nicht... Also es, ähm, ich und eine Erdenfrau hätten nicht genügend biologische Kompatibilität um gemeinsam ein Kind zu zeugen. Das waren Ihre Worte. Aber warum?“ Er hörte auf seine Hände zu kneten und sah den Wissenschaftler nun unsicher an.

Warum?! Bernie schüttelte verständnislos den Kopf. „Du bist von Krypton! Schon vergessen?“, fragte er ihn ungeduldig.

Darauf echauffierte sich auch Superman. „Vergessen? Nein, natürlich nicht! Wie könnte ich das auch vergessen?“ Und ruhiger setzte er nach: „Aber Sie haben auch gesagt, dass meine Erbanlagen im Wesentlichen humanoid sind. Kryptonier und Erdmenschen vielleicht sogar einen gemeinsamen Ursprung haben...“

„Im Wesentlichen – ja.“, zog er die Worte genervt in die Länge. Dr Klein fuchtelte ein wenig mit den Armen. „Aber eben auch nicht gleich. Was bitte ist denn das eigentliche Problem? Ich habe das Gefühl, hier geht es nicht nur darum eine Wissenslücke zu schließen.“ Erwartungsvoll sah Bernie den jungen Mann an.

Und der druckste nun noch mehr herum: „Nein, es geht nicht um Wissenslücken...“ Wieder dieser nervöse Blick im Raum. „Sie... also die Frau... und ich natürlich auch... obwohl genaugenommen, also wir... Es... Nun ja, geht nicht einfach um die Frage, ob es geht, sondern... wir wollen wirklich ein Kind – gemeinsam – zeugen, meine ich...“ Wie konnte man nur so viel Verzweiflung in einen Blick legen?

Klein atmete hörbar aus. Langsam verstand er. Es ging nicht um Verhütungsfragen. Sie wollten keine Schwangerschaft vermeiden, sie wollten ein Kind zeugen! Das war natürlich eine gänzlich andere Fragestellung. Aber wie sollte das gehen? Selbst wenn es einen Weg gab, er konnte doch nicht einfach dabei helfen die Erbanlagen zu kreuzen, so wie Mendel das mit roten und weißen Erbsenblüten gemacht hatte! Er seufzte. „Wie soll das gehen?“

Superman verhielt sich so supermanuntypisch. Er stammelte, blickte sich ständig nervös im Raum um und sprach so leise, dass Klein ihn kaum verstand. „Sie, also die Frau – und ich auch... also wir beide wollen einfach ganz sicher sein, dass...“, er hob seinen Blick und sah Klein fast flehentlich an. Superman atmete tief durch, als müsste er seinen ganzen Mut zusammen nehmen und fuhr dann ein wenig sicherer fort: „Wir wollen einfach wissen, ob es für uns noch irgendeine Möglichkeit gibt, vielleicht dass man meine Erbanlagen irgendwie... ich weiß nicht, behandelt, präpariert, vielleicht mit Kryptonit... Notfalls würden wir auch eine künstliche Befruchtung in Betracht ziehen...“

'Künstliche Befruchtung', hallte das eben Gesagte in Bernies Kopf nach. Diese Worte führten augenblicklich dazu, dass sich so viele Gedanken in seinem Kopf absolut selbsttätig ihren Weg suchten. Das würde bedeuten, er müsste diese Frau kennen lernen. Er würde erfahren, wer sie war. Ja! Der neugierige Wissenschaftler war erwacht. Hier gab es ein Problem, welches nur mit außergewöhnlichem Einsatz zum außergewöhnlichen Ziel führte. Ja! Superman war sogar bereit sich für diese Prozedur freiwillig Kryptonit auszusetzen. Das konnte nur bedeuten, es musste ihm wirklich sehr ernst sein. Wer sie wohl war? Ob Bernie sie kannte? Welche Frau konnte dem Unbesiegbaren das Wasser reichen? Würde sich der Stählerne ein devotes Weibchen suchen oder eher eine starke, selbstbewusste und intelligente Frau? Eher zweiteres, dachte er sich mit einem Lächeln.

Und er, Bernhard Klein, würde sie kennen lernen! Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg, rief er sich zur Vernunft. Was dachte sich Superman eigentlich? Er war doch kein Reproduktionsmediziner. Oh, oh, da würde einiges auf ihn zukommen. Und dann womöglich eine künstliche Befruchtung. Konnte er das tun? Nein, verdammt, das konnte er nicht! Natürlich wollte er Großes tun, er wollte helfen und er starb vor Neugierde, aber eine künstliche Befruchtung – da musste man ganz sicher sehr sensibel sein, rücksichtsvoll und immer genau das Richtige sagen – nein! Eindeutig nein, das konnte er nicht. Schon bei dem Gedanken bekam er schweißige Hände. Aber... aber hier ging es um Superman... An wen sollte der sich denn sonst wenden, wenn nicht an ihn, Bernard Klein, und er würde erfahren, wer die Frau war. Und Superman würde ihm sicher sehr dankbar sein. Ach verdammt, was sollte er nur tun?

Doch die Vorstellung, Superman zur Nachkommenschaft zu verhelfen, war so... grandios, überwältigend... Was wohl mit den kryptonischen Eigenschaften passieren würde in der nächsten Generation? Sehr spannend! Bernie wurde sich plötzlich bewusst, dass Superman ihn immer noch erwartungsvoll ansah, oder eher gespannt, man könnte auch sagen, er war kurz vor dem Explodieren. „Ähm, bevor wir darüber reden, was wir überhaupt machen können, ich müsste die Frau dann kennen lernen.“

Sein 'Patient' schien nun doch ein wenig ruhiger zu werden, er lehnte sich etwas in seinem Stuhl zurück. „Darüber sind wir beide uns im Klaren.“, sagte er nun ganz ruhig. „Aber wir gehen natürlich davon aus, dass diese Information, genauso wie alles Andere, was Sie bisher für mich getan haben, unter uns bleibt.“

Bernhard Klein nickte seriös. „Natürlich! Wer ist es...?“

„Später. Jetzt lassen Sie uns doch erst mal darüber reden, was für Untersuchungen Sie machen können, oder müssen. Wo Sie suchen können, was für Möglichkeiten es überhaupt gibt, geben könnte.“ Superman wirkte sehr ruhig, während er das sagte, doch Bernie war sich sicher, auch er war nervös. Seine Antwort wirkte so betont sachlich.

Ach verflixt. Aber einen Versuch war es wert gewesen. „Natürlich. Ich habe die Ergebnisse der letzten Untersuchung ja noch hier. Ich fürchte, ich werde ein paar Tage brauchen, um zu wissen, in welcher Ecke wir überhaupt suchen müssen. Ich möchte aber noch sagen, macht euch bitte nicht zu viele Hoff...“

In diesem Augenblick wurde die Tür zu Kleins Büro stürmisch aufgerissen und Lois Lane kam herein. Sie sah aus, als hätte sie gerade einen Touchdown geschafft.

Superman und Klein sprangen gleichzeitig auf und fast machte es den Eindruck, als wäre ihnen die Störung ihres Männergesprächs mehr als unangenehm, sie riefen entsetzt und im Gleichklang:

„Lois!“

„Miss Lane!“

Neben ihr Kleins wissenschaftlichen Assistentin, die sich zu rechtfertigen versuchte: „Sie können da nicht... Es tut mir leid, Dr Klein, ich konnte sie nicht aufhalten...“ Hilfesuchend sah sie ihren Vorgesetzten an.

Das alles wunderte Bernie nicht. Lois Lane, diese Frau hielt man nicht so einfach auf. Und während seine Assistentin sich nun zurückzog und die Tür wieder schloss, kam Lois über das ganze Gesicht strahlend auf sie zu, nickte Bernie kurz zu und ging dann zu Superman. Wahrscheinlich half er dem Lane-und-Kent-Team gerade mal wieder bei einer investigativen Story. Aber konnte das nicht warten?

Doch was dann geschah, sprengte einfach Bernies Vorstellungskraft...

Sie, Lois Lane, gab Superman, ungeachtet seines entsetzten Gesichtsausdrucks einen Kuss – auf die Lippen! Superman, der dies alles geschehen ließ, sah sie mit weit aufgerissenen Augen an. Aber Bernie wurde das Gefühl nicht los, dass er weniger entsetzt darüber war, dass Lois Lane, eine verheiratete Frau, die eine Hälfte von Lane und Kent, die Frau ihres gemeinsamen Freundes, ihn geküsst hatte. Nein, diese Geste wirkte so vertraulich, auf eine merkwürdige Art 'normal' auf ihn.

Doch Bernie bekam kaum Zeit diesen Gedanken bis in alle Konsequenzen zu verarbeiten. Während sich Lois nun einen zweiten Stuhl heranzog und sich setzte, sprach Superman sie entrüstet an, aber auf eine Weise, als hätte er Kleins Anwesenheit inzwischen völlig vergessen: „Schatz! Was ist passiert?“

Bernhard sah von einem zum anderen. 'Schatz'? Er hatte 'Schatz' zu ihr gesagt! Superman sprach die Frau von Clark Kent mit 'Schatz' an... Das konnte nur bedeuten, dass sie die Frau war – ja! Lois Lane war die Frau, mit der Superman um jeden Preis ein Kind zeugen wollte! Wow!

Bernhard Klein wurde etwas schwindelig. Er konnte den beiden doch nicht innerhalb einer Dreiecksbeziehung helfen ein Kind zu bekommen! Ausgerechnet jetzt fiel ihm ein, dass er immer noch nichts gefrühstückt hatte, sein Magen fühlte sich sehr merkwürdig an. Und doch, wenn er sich genau an die Vergangenheit erinnerte, war Lois Superman schon immer mit der gleichen Vertrautheit begegnet wie ihrem Mann. Sie hatte sich immer so unglaublich gesorgt, wenn es Superman mal nicht gut ging...

Aber sie war doch verheiratet. Mit Clark Kent. Lane und Kent – das heißeste Team der Stadt... aber Moment mal, warum waren eigentlich Superman und Clark niemals gemeinsam hier bei ihm gewesen? Entweder Lois kam mit Superman, oder Lois kam mit Clark, aber nie mit beiden...

Doch schon wieder bekam Bernie nicht die Zeit, diesen Gedanken weiter zu verfolgen. Lois schien nun erzählen zu wollen, was sie denn veranlasst hatte, hier so ungestüm herein zu platzen. Sie legte ihre Arme um Supermans Hals, strahlte über das ganze Gesicht und sagte ganz ruhig: „Ich bin schwanger.“

Auch Superman strahlte nun schlagartig und auch er legte seine Arme um die Frau neben ihm. Sie beide schienen Bernhard vollkommen vergessen zu haben. Superman sah die Frau in seinen Armen zärtlich an. „Aber wie kann das sein?“, hauchte er die Worte.

Lois grinste zufrieden. „Ich habe keine Ahnung – aber spielt das eine Rolle? Ich meine, macht es einen Unterschied, ob mein Körper auf das Kryptonische in dir reagiert hat oder umgekehrt?“

Superman schüttelte seinen Kopf und neigte ihn dann in ihre Richtung, vergrub sich in ihrer Halsbeuge. „Liebes, das ist so fantastisch. Seit wann weißt du es?“, flüsterte er.

Bernhard Klein war so gerührt. Das war so liebevoll. Hingerissen sah er den beiden zu, fühlte sich fast wie im Kino, fehlt nur noch das Popcorn mit Senf. Sollte er sich räuspern und den beiden in Erinnerung rufen, dass sie gar nicht alleine waren?

Lois genoss die Berührung Supermans ganz offensichtlich und doch schlich sich mit der letzten Frage etwas Schelmisches in ihr Gesicht. Sie sah den Mann neben sich an und sagte zu ihm: „Oh, die Vermutung habe ich schon ein paar Tage. Aber ich wollte erst ganz sicher sein, also haben sie vor einer Stunde ein Ultraschallbild gemacht. Es ist wirklich passiert! Das Unmögliche ist möglich geworden!“ Mit diesem Lächeln gab sie Superman dann, als sei es die natürlichste Sache der Welt, einen Kuss. Innig und leidenschaftlich...

Dieser Kuss war aber für Bernie zu leidenschaftlich. Er sah aus dem Fenster. Versuchte sich abzulenken und kratzte sich am Kopf.

Und dann machte es klick in seinem Kopf.

Mit einem Male sah er alles ganz klar, das vollständige Puzzle gab nun ein komplettes Bild: Lois würde ihren Mann niemals untreu sein, nein... sie saß mit ihm hier in seinem Büro! Clark war Superman, so gab plötzlich alles einen Sinn, wirklich alles!

Ein wenig unkoordiniert und mit der ihm eigenen kindlichen Begeisterung rief er laut aus: „Ha! Das ist Clark!“

Lois und Clark lösten sich voneinander und beiden stand ins Gesicht geschrieben, dass sie Klein wirklich vollkommen vergessen hatten. Lois fand als erstes ihre Sprache wieder, sie sah ihren Mann an und fragte ihn: „Du hast es ihm nicht gesagt?“

Der versuchte sich herauszureden: „Nein... noch nicht... soweit war ich in meinem Gespräch noch nicht.“ Diese Art des sich Herausredens war so sehr Clark. Warum war ihm das nicht schon vorher aufgefallen?

Lois lächelte ihren Mann an. „Macht gar nichts. Jetzt weiß er es. Und das ist auch nicht das Schlechteste. Ich bekomme ein Kind mit Superkräften, wer weiß schon, was das wirklich bedeutet? Niemand kennt sich so gut mit deiner Physiologie aus, Schatz.“

...

Ein paar Stunden später saß Bernie wieder in seinem Büro, alleine diesmal, inzwischen gesättigt, er trank einen Espresso aus einem Reagenzglas und dachte über die Erkenntnisse dieses Morgens nach. Welch eine Überraschung. Was für eine Blindheit. Und die Frau an Supermans Seite war niemand anderes als Lois Lane. Ja, sie passte zu ihm. So stark, so intelligent, so eigenwillig – oh ja, sie konnte ihm das Wasser reichen. Der Gedanke, dass er zum Leibarzt eines schreiendes Balgs würde, ängstigte ihn, aber natürlich würde das sicher das größte Experiment seines Lebens werden. Und auch wenn er niemals einen Artikel darüber für eine Fachzeitschrift schreiben würde, alleine die Vorstellung dabei zu sein, erfüllte ihn mit Stolz.


Ende


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Offenbarungs - Teil 5 - so ganz nebenbei

Beitragvon Magss » Mi 3. Mär 2010, 00:49

Wahrscheinlich unrealistisch, sehr, sehr unrealistisch, aber es war so eine Idee...
Und dann reden wir schließlich über einen Mann der fliegt...
Hier kommt also noch ein kleines One-Shot aus der Offenbarungs-Reihe und diesmal wirklich. Es hat mit den beiden anderen von vor ein paar Tagen gar nichts zu tun, wie ihr sehr schnell feststellen werdet – ganz andere Zeit – aber seht selber. Viel Spaß dabei

Meiner Beta-Leserin KitKaos ein riesengroßes Dankeschön. Ich bin so glücklich über diese Zusammenarbeit! Danke dafür!

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen. Viel Spaß!





Offenbarung so ganz nebenbei


Lois verließ das höchste Gebäude Metropolis' durch das marmorverkleidete Foyer und trat zögerlich an die Straße. Der Verkehrslärm schlug ihr kraftvoll entgegen und sie wünschte sich in diesem Moment, wäre er doch nur so laut und könnte damit all die Fragen und Selbstvorwürfe in ihrem Kopf übertönen. Lex hatte ihr angeboten, einen Wagen nehmen zu können, auch einen mit Fahrer. Aber obwohl sie wirklich sehr verwirrt war, wollte sie das hier doch lieber ohne jede Hilfe ins Reine bringen. Verwirrt war sie und wütend. Sie hatte sich diese Suppe selber eingebrockt und sie würde sie auch selber auslöffeln, wie auch immer es dazu gekommen war. Das war sie sich, ihrem zukünftigen Ehemann Lex, ihrer Zukunft, ihrer Familie, aber eben ganz besonders sich selbst schuldig.

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Sie winkte sich ein Taxi heran und nannte dem Fahrer Clarks Adresse. Er murmelte noch irgendetwas von 'Kann 'ne Weile dauern. Die Stadt ist total voll!' Aber das interessierte sie nicht wirklich. Lois war nicht sehr erfreut darauf, nun zu Clark fahren zu müssen. Nicht sehr erfreut war gut, es ärgerte sie maßlos, es machte sie fuchsteufelswild. Sie war wütend, wütend auf ihn – und auf sich selbst.

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Dieses Gespräch würde nicht einfach werden, ganz besonders weil Clark und sie in diesen Tagen eigentlich gar nicht mehr miteinander sprachen. Ach verdammt! Seit der Planet explodiert war, schien auch ihr Leben aus den Fugen geraten zu sein. Das Taxi fuhr eine scharfe Linkskurve und drückte sie gegen die Tür, aber Lois sah noch nicht mal aus dem Fenster um zu sehen, wo sie war, oder um zu kontrollieren, ob der Taxifahrer sie übers Ohr haute.

Eigentlich sollte dies die glücklichste Zeit in ihrem Leben sein – sie war im Begriff zu heiraten, bald, in wenigen Tagen.

Lex' Antrag hatte sie überrascht. Warum wollte ein Mann wie er eine Frau wie sie? Und warum wollte überhaupt jemand sie zur Frau? Und warum wollte der Mann, den sie wirklich, mehr als alles andere auf der Welt wollte, sie wiederum nicht? Zu Superman hätte sie 'ja' gesagt und das wirklich in jeder Hinsicht. Warum hatte sie ihn nicht für sich gewinnen können? Zu allem Überfluss hatte ihr dann auch noch Clark gesagt, dass er Gefühle für sie hegte. Aber Clark war niemals eine Alternative für sie gewesen, was hatte er sich bloß davon versprochen? Er war ihr Freund, ihr bester Freund, ihr Partner. Doch im Moment hatten sie gerade Funkstille, das würde das nun anstehende Gespräch nicht gerade einfacher machen.

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Das letzte Gespräch mit Clark war schrecklich gewesen. Er hatte ihr wütend an den Kopf geworfen, sie sollte doch ruhig mit dem Teufel ins Bett gehen. War das die blanke Eifersucht oder sorgte er sich um sie? Aber Lex war nicht schlecht, nicht durch und durch böse, davon war sie fest überzeugt. Sicher, er war kein Lamm. So naiv war sie nicht, zu glauben, dass er sich dieses Imperium nur mit Nettigkeit und Generosität aufgebaut hatte. Seit Monaten schon behauptete Clark, Lex sei die Wurzel allen Übels in dieser Stadt, hatte aber niemals Beweise vorlegen können. Doch Clark hatte das schon behauptet, bevor Lex ihr den Heiratsantrag gemacht hatte, bevor sie ausgegangen waren und lange bevor Lex angefangen hatte in ihrem Leben eine Rolle zu spielen. Seit wann Clark diese Gefühle für sie wohl schon verbarg?

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Viel zu früh für ihren Geschmack hielt das Taxi und kündigte Lois damit das Ende ihrer Grübeleien an. Ob sie den Fahrer bitten konnte, noch einmal um den Block zu fahren? Nein, sie musste da nun durch. Also zahlte sie und stieg aus dem gelben Wagen aus, ging auf Clarks Wohnung zu, klopfte mit heftig pochendem Herzen und hoffte doch, dass er nicht da war.

Clark war da, natürlich war er da. Er öffnete und sah sie überrascht an. Wie meist wenn er zu Hause war trug er nur eine enge Jeans und ein dunkelblaues T-Shirt, und er sah verdammt gut darin aus. Offensichtlich machte er sich gerade etwas zu Essen, ein Duft von jungem Olivenöl und Basilikum schlug Lois entgegen. In jeder anderen Situation hätte ihr das das Wasser im Mund zusammen laufen lassen, aber in diesem Moment spürte sie nicht den Hauch von Hunger, Appetit oder auch einfach nur die Lust auf Essen.

Er stand immer noch in der Tür, fast so, als wäre er sich nicht sicher, ob er wirklich beiseite treten sollte, um sie herein zu bitten. „Lois?!“

„Na wenigstens hast du mich wieder erkannt... Kann ich reinkommen?“, entgegnete sie ihm bitter und ärgerte sich auch gleich über diesen scharfen Ton. Sie sollte sich wirklich bemühen zuvorkommender zu sein, Clark hielt ihre Zukunft in seinen Händen, streiten brachte nun gar nichts.

Er trat beiseite und ließ sie herein. Sein Gesicht wirkte aber verschlossen und unschlüssig.

'Lois, reiß dich zusammen! Es hängt alles davon ab, wie dieses Gespräch jetzt läuft, also wenn du eine Lösung willst, solltest du jetzt wirklich diplomatisch sein!', versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sie war bis zum Sofa gegangen und setzte sich nun, atmete einmal durch und sagte ganz ruhig, während sie bewusst jeden Groll aus ihrer Stimme verbannte: „Wir müssen reden. Es gibt ein Problem...“

Clark war ihr gefolgt und setzte sich zu ihr. Er sah sie an und sein Blick war so verschlossen, so vollkommen clarkuntypisch. „Ein Problem? Eines was Mister Einflussreichster-Mann-der-Stadt nicht lösen kann?“

'Lois, ganz ruhig.' Sie sah kurz zur Decke und bemühte sich mit allen Kräften den sarkastischen Ton aus seinem Kommentar zu ignorieren. In fast schon meditativem Ton antwortete sie ihm ganz ruhig: „Ja, es gibt ein Problem – und das kannst nur du lösen.“

Der böse Blick war einen kurzen Moment weg und er sah sie einfach nur überrascht an. „Ich? Wie kann ich dir helfen? Ich hoffe doch nicht, dass du von mir erwartest, ich soll auch Luthor helfen.“ Da war der sarkastische Unterton auch schon wieder da.

Flehentlich entgegnete Lois ihm: „Clark, bitte! Dein Sarkasmus hilft uns auch nicht weiter.“ Daraufhin wurde sein Blick etwas weicher. Ob er ihr nun zuhören würde? „Es geht um folgendes...“ Um sich besser konzentrieren zu können stand Lois nun auf und fing an auf und ab zu laufen, sie musste einfach etwas gegen diese Energie, gegen dieses Kribbeln machen. „Lex hat sich darum gekümmert das Aufgebot zu bestellen. Ich habe ihm also meine Papiere gegeben und einer seiner Leute wollte dann alle Formalitäten erledigen.“ Clark sah sie gespannt und interessiert an und folgte ihr mit den Augen bei ihrer Wanderung durch sein Wohnzimmer. „Dabei hat dieser Sekretär dann eine ziemliche Überraschung aufgedeckt...“ Lois blieb stehen und sah Clark an. „... Lex und ich können nicht heiraten.“

Clark lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. „Muss mir das jetzt leid tun?“

Lois begann wieder auf und ab zu laufen, schneller diesmal. Sie hätte auch gerne etwas mehr Auslauf zur Verfügung gehabt, dieser Raum war einfach zu klein, zu eng. „Ich... ich kann nicht heiraten... weil, nun ja, weil ich schon verheiratet bin.“

Clark beugte sich vor und sah sie besorgt an. „Du bist verheiratet? Lois, davon hast du nie etwas erzählt!“

Sie blieb abrupt stehen und sah ihn verzweifelt an. „Nein, natürlich habe ich es nie erzählt! Ich habe es nicht gewusst! Und ich wusste es nicht, weil ich zu dem Zeitpunkt nicht bei Sinnen war. Und ich war nicht bei Sinnen, weil ich... weil wir... weil... erinnerst du dich an die Geschichte mit diesen Pheromonen?“ Hilfesuchend sah sie ihn an.

In Clarks nun folgender Frage schwang bereits eine Idee mit, das konnte sie deutlich spüren, auch wenn er es nicht auszusprechen wagte. „Und wer, ich meine mit wem bist du verheiratet?“, fragte er sehr vorsichtig.

Lois stieß die Antwort hervor, als wäre diese Frage inzwischen vollkommen überflüssig, weil ja doch offensichtlich: „Mit dir!“ Sie stand vor ihm, die Arme nun verschränkt und sah ihn aus böse funkelnden Augen an.

Clark sagte einen kurzen Moment gar nichts, als überlegte er, ob dies ein Scherz sein sollte, oder konnte. Doch dann schien er zu beschließen, dass Lois bei so einem wichtigen Thema wohl kaum einen Witz machen würde. „Ähm, Lois... ich weiß eigentlich gar nicht so genau, was ich dazu sagen soll. Ich war damals genauso von Sinnen.“, sagte er mehr zu sich selbst, „Es gibt da einfach ein paar Stunden, an die ich mich überhaupt nicht erinnern kann. Vollkommener Filmriss. Aber verheiratet? – Das kann doch nicht sein. Daran müsste ich mich doch erinnern... obwohl...“ Sein Blick glitt verschwommen zu einem Punkt, der außerhalb der Realität lag.

Lois ließ sich wieder auf das Sofa fallen, sah ihn immer noch böse an und verschränkte sofort wieder ihre Arme vor der Brust. Sie durfte ihm nicht das Gefühl geben, sie würde weich werden, oder melancholisch, sentimental. „Los, sag schon! An was genau erinnerst du dich!“

Eingeschüchtert zog Clark sich ein wenig zurück von ihr, fast so als hätte er Angst auszusprechen, was ihm in diesem Moment an Bildern im Kopf herum spukte. Vorsichtig und langsam begann er zu sprechen: „Es gibt da so einige zusammenhanglose Bilder, wie hohe Häuser, viele Lichter in der Wüste, vielleicht Las Vegas... Und dann ist da ein Name, Bubbah's Kapelle des Lichts oder Glücks oder soetwas und ein ziemlich hektischer Priester, aber ich habe immer geglaubt ich sei bei dieser Trauung nur Zeuge gewesen.“ Ohne sie anzusehen fuhr Clark, immer noch jedes Wort genau abwägend, fort: „Und dann gibt es da noch ein Bild... ein Hotel, eine Suite, die Hochzeitssuite und diesmal war es nicht das Lexor...“ Bedeutungsschwer ließ er den Rest des Satzes im Raume stehen.

Lois hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. „Hör auf! Bitte.“ Doch das Entsetzen hielt nur kurz an, sie kramte aus ihrer Handtasche ein Blatt Papier und gab es Clark. Es war die Kopie ihrer Heiratsurkunde.

[align=center]Kraft der vom Staate Nevada verliehenen Autorität wird hiermit die Vermählung von
Clark Kent und Lois Lane
beurkundet.
Las Vegas, 29. November 1993. Reverend Ben Baxter, Kapelle zur Sonne.[/align]


Und während Clark das Papier kopfschüttelnd durchlas und sicher auch anerkennen musste, dass das unbestreitbar ihre beiden eigenhändigen Unterschriften waren, suchte Lois noch etwas in ihrer Tasche. „Und das hier. Ich habe mich immer gefragt, wieso mit meiner Kreditkarte eine Hochzeitssuite im 'Love Me Tender' in Las Vegas bezahlt wurde.“

Clark sah sich auch das zweite Papier an und sagte ziemlich ruhig: „Dann ist das alles wirklich passiert, was ich in meinem Kopf habe.“ Die Fassungslosigkeit stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.

Lois konnte das nicht so gelassen sehen. „Clark! Wir haben nicht nur offensichtlich eine Ehe geschlossen, wir haben sie allem Anschein nach auch vollzogen! Ich bin erledigt!“ Resigniert ließ sie sich zurückfallen. Sie hatte Lex versprochen diese Angelegenheit schnell, einfach und unkompliziert zu regeln. Sie wollte Clark einfach zu einer Annullierung überreden und dann könnten sie den angesetzten Hochzeitstermin einhalten, mussten die Hochzeit nicht verschieben, nicht hunderte von Einladungen ändern. Aber nach allem, was Lois wusste, war eine Annullierung einer Ehe nur möglich, wenn beide sie erwirken wollten, nicht zusammen lebten und wenn sie die Ehe nicht bereits vollzogen hatten. Von der Hotelrechnung, die sich schon seit Monaten in ihrer Handtasche befand, hatte sie Lex nichts mitgeteilt. Doch nun gab alles einen Sinn.

Clarks Stimme drang durch ihre wirren Gedanken zu ihr. „Und du kannst dich wirklich an gar nichts erinnern?“, fragte er unsicher.

Oh nein, sie wollte auf keinen Fall an die Bilder in ihrem Kopf denken! Unwirsch schüttelte sie ihren Kopf. Diese Bilder konnten keine Erinnerungen sein, sie durften es einfach nicht sein. Diese Bruchstücke von zärtlichen Berührungen. Diese Fragmente von einer nie gekannten Leidenschaft. Außerdem war da noch etwas, eine wage Erinnerung, ein fernes Bild, das ihr Angst machte, das sie zutiefst verunsicherte: Das Gefühl sich geliebt zu fühlen, angenommen zu sein, akzeptiert zu werden. Einfach so, wie sie war, ohne sich verstellen oder anpassen zu müssen. Etwas wie Harmonie, Vertrauen. Aber das war in Wirklichkeit nichts, ein erinnertes Gefühl, eine nicht wirkliche Erfahrung, unter Drogen und eindeutig nicht bei vollem Verstand. Nein, das hatte nichts zu sagen, absolut nichts, gar nichts. Sie musste sich einfach auf das konzentrieren, was vor ihr lag, ihre Zukunft als Frau von Lex Luthor.

Vehement und mit Nachdruck schüttelte sie nun noch einmal den Kopf und Clarks Blick überraschte sie. Er schien enttäuscht. Hatte er gehofft, dass diese gerade wiederbelebte Erinnerung sie bekehren würde? Aber natürlich, nun kam ihr das auch wieder in den Sinn, er war verliebt, in sie, das hatte er ihr gesagt, er hatte ihr seine Liebe gestanden, im Park. Oh nein, sie hatte doch in diesem Moment nicht noch die Kraft, ihn zu trösten und doch sagte sie möglichst mitfühlend: „Clark, ich liebe dich nicht - nicht so. Das habe ich dir gesagt...“ Er war einfach einer der besten Menschen, den sie kannte und sie wollte ihn niemals vorsätzlich verletzen.

Nun war es Clark, der aufsprang und in seinem Wohnzimmer umherlief, von einem Ende zum anderen und wieder zurück, wie ein Tiger in der Falle. „Ach, aber Luthor liebst du genug, um ihn zu heiraten, oder?“, stieß er die Worte heftig erregt hervor, „Luthor ist doch auch nur deine zweite Wahl. Weiß er das? Oder wirst du ihm niemals sagen, dass er dein Jawort nur erhalten hat, weil du den, den du wirklich liebst, nicht bekommen kannst?“

„Das ist nicht wahr“, stieß Lois ungestüm und laut hervor. Ein wenig beherrschter, aber mit einer Spur Provokation setzte sie nach: „Und wie kommst du bitte darauf, hm?“ Ihr war diese Diskussion sehr unangenehm. Warum konnte er ihr nicht den Gefallen tun und endlich mal etwas völlig Abwegiges sagen? Warum musste er immer so genau treffen?

Clark war stehen geblieben und sah sie verzweifelt an. „Du kannst dich wirklich nicht an mehr erinnern...?“

Wovon, verdammt noch mal, sprach er? „Meinst du schlimmer als den Vollzug...?“ Das war nun heftiger herausgekommen als sie es gewollt hatte. Sie konnte sich kaum daran erinnern, aber alles, was an diffusen Erinnerungsfragmenten durch ihren Geist schlich, das konnte sie Clark gegenüber niemals zugeben. Da war so viel Wohlfühlen, Genießen und so viel Vertrauen. Wenn sie doch bloß ein paar Minuten haben könnte um ihre Gedanken zu strukturieren.

Clarks Blick wurde immer verzweifelter. „Nein“, sagte er kraftlos, „du weißt es scheinbar wirklich nicht mehr...“

Ihr wäre sehr viel wohler, wenn sie doch nur eine geringe Ahnung hatte, worauf er anspielte. Und dann, ganz plötzlich, als wenn jemand einen Schalter umgelegt hatte, gab es da Bilder, Erinnerungen, die eigentlich überhaupt keinen Sinn machten. Warum verknüpfte sie das Gefühl tiefen Vertrauens, das sie Superman gegenüber empfand, plötzlich mit den Erinnerungsbruchstücken an die Pheromon-Affäre? Deswegen hatte sie diese Erinnerung so gut verdrängen können. Diese Hochzeitsfantasie hatte sich mit ihr und Superman in ihrem Kopf eingefressen. Nur warum gab es eine Fantasie in ihrem Kopf, in der sie Superman geehelicht hatte und eine Heiratsurkunde auf den Namen Clark Kent? Clark ohne Brille, Clark in einem blauen Anzug. Aber das konnte nicht sein, es durfte nicht sein. Superman, schwarzhaarig und fantastisch aussehend, genauso wie Clark. Superman mit seinen weichen, wunderschönen braunen Augen, genauso wie Clark. Superman mit seinem athletischen Körper, genauso wie Clark. Supermans Stimme, seine warmen und zärtlichen Hände...? „Moment mal, Clark“, Lois spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte und sie fast nicht mehr atmen konnte. „Es gibt da noch etwas... Aber das ist so unglaublich, so fantastisch, so irre...“

Lois hatte plötzlich das Gefühl, als sei sie nach einer langen Blindheit sehend, als fügten sich nun Puzzleteile zusammen, von denen sie bisher gar nicht gewusst hatte, dass sie nur Fragmente zeigten. Es entstand ein Bild, ein Ganzes – nie waren sie beide im selben Raum, immer wusste Clark, wie er Superman finden konnte und natürlich waren sie beide zur gleichen Zeit in Metropolis aufgetaucht. Natürlich... Und natürlich hatte Clark sie belogen, all die Monate. Und natürlich hatte auch Superman gelogen.

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Lois hob ihren Kopf, ihr Blick fiel auf ihn und ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken und noch ehe sie sich versah, war ihre Hand mit einem lauten Klatschen an seiner Wange.

Erschrocken rieb Clark sich die getroffene Stelle und sagte: „Oh, ich sehe, jetzt erinnerst du dich.“

„Ja! Allerdings. Und jetzt möchte ich, dass du mir eine gibst.“, forderte sie ihn schwer atmend auf.

Clark sah sie verblüfft an. „Eine Ohrfeige? Ich dir, warum?“ Doch noch während er antwortete schüttelte er den Kopf. Es war wohl auch mehr als unwahrscheinlich, dass Clark ihrer Forderung wirklich nachgekommen wäre.

„Allem Anschein nach habe ich mit Superman geschlafen und weiß nichts mehr davon. Wenn ich dafür keine verdient habe, dann weiß ich auch nicht mehr. Du scheinst ja noch alles zu wissen.“ Peinlich berührt drehte sie sich ab. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis, wenn sie mit Superman geschlafen hatte, so war das die Erfüllung eines Traums, und doch hatte sie damit auch mit Clark geschlafen, aber war das wirklich so ein Albtraum? Sie konnte ihn doch jetzt nicht fragen, 'wie war es denn?' Diese ganze Angelegenheit war einfach zu bizarr. Sie hatte wohl wirklich mit Superman geschlafen und wusste nichts mehr davon! Das würde sie sich niemals verzeihen. Und sie war mit ihm verheiratet – oh Himmel! Dieser Gedanke drängte sich ihr nun mit voller Macht auf. War es nicht genau das, was sie gewollte hatte? Sie war hierher gekommen, um diese Ehe möglichst schnell und unbürokratisch zu annullieren und nun, was wollte sie nun? Aber so konnte man doch keine Beziehung beginnen! Doch sie hatte Superman gefragt, noch vor wenigen Tagen und sie hatte das gesagt, weil sie es wirklich gewollte hatte. Und nun, was wollte sie nun? Was konnte sie verlangen, erwarten, wünschen? Verdammt, verflucht und zugenäht! Lois wünschte sich weit weg.

Wie hatte es nur soweit kommen können?

Und warum musste alles immer nur so furchtbar kompliziert sein?

Clarks Stimme riss sie aus ihren sich überschlagenden Gedanken. Sie hatte leichte Probleme seinen Blick zu deuten, da war etwas verunsichertes und etwas abwägendes. Aber blickte sie da nicht auch ein eingeschnappter Clark an? Doch es fiel ihr ausgesprochen schwer, sich in diesem Moment auf ihn zu konzentrieren, war sie doch viel zu sehr in ihren eigenen Stricken verfangen. Clarks Tonfall war ruhig und fast vorsichtig: „Ehrlich gesagt kann ich mich auch nicht an allzu viel erinnern. Diese wirren Bilder geben erst mit dieser Urkunde“, er hielt ihr die Kopie ihrer Heiratsurkunde entgegen, „einen Sinn.“

„Clark, was haben wir bloß getan? Und viel wichtiger, was machen wir denn jetzt?“ Alle Taktik und Diplomatie war vergessen, sie zeigte ihre Verzweiflung ganz offen.

„Nun ja“, unsicher versteckte er wenigstens seine Hände in den Hosentaschen seiner Jeans, „Clark hat Lois gesagt, dass er sie liebt. Und Lois hat ihre Liebe gegenüber Superman eingestanden. Inzwischen weiß Lois aber, dass beide ein und dieselbe Person sind...“

Sie hatte so eine Idee, warum er von ihnen beiden in der dritten Person sprach. Doch sein Gedankengang war so abwegig. „Clark! Du denkst darüber nach, dieses... diesen Zustand so zu belassen?!“, schleuderte sie ihm entsetzt entgegen.

Nun versuchte er fast auch noch seine Unterarme in den Hosentaschen zu verstecken. „Bis vor ein paar Stunden wusstest du nichts davon und bis zu dem Moment, in dem Luthor dir diesen Antrag gemacht hat, hat es doch wirklich gut funktioniert mit uns... als Kollegen... Partner – und als Freunde. Können wir nicht einfach da weitermachen?“

Lois verstand nun seinen Hintergedanken. „Du willst nur verhindern, dass ich Lex heiraten kann.“ Und das konnte er wirklich. Eine Annullierung kam nicht mehr in Frage und eine Scheidung würde zwar auch ohne seine Zustimmung funktionieren, würde aber natürlich Zeit brauchen. So konnte er wenigstens kurzfristig ihre Heiratspläne boykottieren.

„Lois, denk einfach noch mal darüber nach, dass Lex nur deine zweite Wahl ist.“, sagte er beschwörend.

Verdammt, er hatte Recht. Lois stand nun wieder vom Sofa auf, sie musste sich bewegen. Sie hatte Lex ihr Jawort gegeben, weil Superman, ihre große Liebe, ihre größte Liebe, ihr einen Korb gegeben hatte. Aufgeregt lief sie wieder auf und ab. Und nun musste sie realisieren, dass sie mit genau dieser allergrößten Liebe ihres Lebens bereits verheiratet war. Und wieder war der Raum zu klein, die Luft zu dünn. Und sie musste realisieren, dass Clark, den sie niemals als Mann betrachtet hatte, eben auch derjenige war, den sie so über alle Maßen verehrte. Clark war derjenige, dessen Güte sie berührte, dessen Kraft sie bewunderte, dessen Sensibilität sie beeindruckte. Und seine Zärtlichkeiten... Aber er hatte sie belogen. Doch was war mit ihr? War sie besonders fair zu ihm gewesen? Hatte sie ihm jemals eine Chance gegeben? Eigentlich nicht. Oder noch besser gesagt, eher überhaupt nicht. Und hatte Clark diese Chance nicht jetzt verdient?

Lois hatte das Gefühl, dieses Problem mit denken nicht lösen zu können. Ihre Gedanken fuhren sowieso schon Achterbahn und waren alles andere als produktiv. Vielleicht gab es ja eine Möglichkeit ihr Gefühl zu befragen. Einmal, nur ein einziges Mal würde sie so gerne auf ihr Gefühl hören, einfach mal nach ihrem Herzen handeln. Sie blieb stehen und sah Clark an, der sie beobachtete. Er hatte inzwischen seine Brille abgenommen. Diese Gläser, die sie so lange hatten täuschen können. Es schockierte sie, wie sie sich hatte von dieser Sehhilfenattrappe mit Fensterglas hatte ablenken lassen. Ohne weiter nachzudenken trat sie ihm gegenüber. „Clark, bitte küss mich!“ Doch so ausgesprochen erschreckten sie ihre eigenen Worte. Ihr war klar, sie war auf dem besten Wege alles zu verlieren, Clark ihren Partner, Superman ihren Freund und Lex ihren Verlobten. Doch sie musste diesen Test machen.

Clark war gerade dabei seine Brille in die Hemdtasche zu stecken, als er erschrocken inne hielt. „Bitte?!“ Mit dieser Wendung schien er überhaupt nicht gerechnet zu haben.

„Ich muss einfach wissen, ob der Mann ohne den blauen Anzug in mir wirkliche Gefühle auslösen kann. Wenn ich das nicht weiß, hat alles weitere überhaupt keinen Sinn.“ Das war plötzlich zur alles entscheidenden Frage geworden.

Clark schien bei dem Gedanken, dass er ausgetestet werden sollte, sehr unbehaglich zu sein. Er zögerte, schien abzuwägen, was es für Alternativen gab. Und doch legte er dann vorsichtig seine Hände auf ihre Schultern und gab ihr einen kurzen, flüchtigen Kuss auf die Wange

Lois wurde ungeduldig, verdrehte die Augen zur Decke und fuhr ihn an. „Doch nicht so. Richtig...“ Doch dann ermahnte sie sich, ihre Aufforderung war nicht gerade besonders romantisch. So war es eher ein Kuss auf Bestellung, wie eine Regieanweisung. „Clark, mir ist klar, dass die ganze Situation ziemlich absurd ist, aber ich bitte dich, als meinen besten Freund, mir bei der Lösung zu helfen.“, fuhr sie dann wesentlich entgegenkommender fort.

Clark sah sie eindringlich an und entsprach dann ihrer Bitte, langsam kam er ihr näher, fast so als fürchtete er immer noch, sie würde ihn gleich wütend anfahren und fragen, was er sich einbildete. Doch sie sagte nichts, kein Protest, kein Widerstand, keine bösen Worte. Statt dessen kam sie ihm entgegen, hob ihr Gesicht seinem entgegen. Sie sah ihm noch einmal in die Augen und dann trafen seine Lippen die ihren. Zart und warm berührte er sie. Einen kurzen Augenblick war ihre Aufmerksamkeit nur auf ihre Lippen konzentriert, doch gleich darauf spürte sie ein Kribbeln, in ihrem Bauch, spürte wie die Schmetterlinge zu fliegen begannen, sie forttrugen. Obwohl sie sich wehren wollte, war es, als wenn ein Blitz sie durchfuhr. Wie eine Sternschnuppe, die langsam und sachte auf sie nieder regnete. Sanft gehalten von starken Armen, Supermans Armen, Clarks Armen. Lois konnte nicht anders, sie schloss ihn fester in ihre Arme, wollte diesen Kuss vertiefen, ihn intensiver spüren, sich an ihm festhalten, ihn nicht mehr loslassen. In diesem Gefühl wollte sie sich verlieren, niemals sollte es aufhören, bis ans Ende der Welt wollte sie diese Geborgenheit spüren und diese Aufregung.

Atemlos und viel zu schnell, wie es ihr erschien, lösten sie sich voneinander. Zärtlich streichelte sie seinen Arm. Sie sah Clark noch einmal in die Augen, diese warmen, schokobraunen Augen. Warum hatte sie niemals zuvor gesehen, dass sie genau die gleiche Güte ausstrahlten wie Supermans Augen? Sie hatte es nicht sehen wollen.

Abrupt löste sie sich aus Clarks Umarmung. „Ich muss gehen! Sofort!“ Entsetzt sah er sie an, sprachlos blitzte die blanke Fassungslosigkeit aus seinen Augen. Sie lächelte ihn versöhnlich an. „Keine Sorge, ich habe nur etwas zu erledigen, ich muss die Hochzeit absagen.“ Nur noch ein kurzes Lächeln.

Mit diesen Worten griff sich Lois ihre Jacke und ihre Handtasche; sie ging und ließ Clark in seinem Wohnzimmer stehen. Er sah ihr nach, sah zur Tür, durch die sie verschwunden war, immer noch sprachlos. Nur in seinen Gedanken formte sich das Wort 'Wow!' Und dabei fühlte er sich wie von einem Tornado überrollt. Aber von dieser Naturkatastrophe würde er sich gerne ständig überrollen lassen. Immerzu, jeden Tag. Und sie hatten die Chance dazu. Vielleicht würde es noch Monate dauern, bis sie eine wirkliche Beziehung hatten und doch waren sie niemals so dicht dran wie in diesem Augenblick.

Natürlich hatten sie es in der falschen Reihenfolge begonnen. Aber Clark war sich sicher, je länger sie zusammen arbeiten würden als Partner, als Freunde, umso näher würden sie sich kommen, umso mehr Vertrauen würden sie sich gegenseitig schenken können.

Sicher, diese Ehe schien erst einmal aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Und wer wusste es schon, vielleicht kamen sie um die Scheidung herum. Clarks Traum war es sowieso und daran würde er festhalten, mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft.


ENDE


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Offenbarungs VI - Was für ein Wochenende

Beitragvon Magss » Fr 5. Mär 2010, 09:55

Ich setzte meine Offenbarungs-Reihe fort. Dieser One-Shot ist direkt nach Dragonettis Safe angesiedelt.
Ein ganz liebes Dankeschön geht an Tahu, die Beta gelesen hat.

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.



Offenbarung 6 - Was für ein Wochenende!


Lois hob müde ihren Kopf und sah am Ende der Häuserschlucht der Carter Street dass der Himmel bereits begann sich rotgelb zu färben. Bald schon würde die Sonne aufgehen. Doch sie fühlte sich überhaupt nicht nach Morgen oder frisch. Ihre Knochen fühlten sich bleischwer an.

Mit letzter Kraft, so kam es ihr vor, erklomm sie die Stufen zu dem Haus, in dem sie wohnte. Am liebsten würde sie all den gedanklichen Ballast abwerfen, von sich abfallen lassen. Mit jeder Stufe ein wenig mehr vergessen. Vergessen – das war so verlockend – und doch wusste sie, dass es ihr nicht gelingen würde.

Zuviel war in den letzten Stunden passiert.

Gerade noch vor einer halben Stunde hatte sie sich von Lex im Krankenhaus verabschiedet. Er hatte sie gebeten bei ihm zu bleiben, mit ihm zu frühstücken, den neuen Tag zu beginnen. Inzwischen war sie in ihrem Stockwerk angekommen. Doch so verlockend die Aussicht auf frischen Kaffee und Croissants auch gewesen war, sie hatte nein sagen müssen.

Zuviel ging ihr durch den Kopf. Sie öffnete das erste Schloss ihrer Tür.

Diese Geiselnahme um Dragonettis Safe hatte so viele Fragen aufgeworfen. Es folgte das zweite Schloss.

Vordergründig war alles beantwortet worden. Willy der Wachmann des Daily Planet hatte seine Kenntnisse von diesem Safe aus längst vergessenen Tagen an die Gangster weitergegeben und die hatten nach diesem Safe, beziehungsweise seinem Inhalt gesucht. Auch das dritte Schloss war nun geöffnet. Es war nie Teil des Plans gewesen, dass sich so spät abends noch so viele Mitarbeiter in dem Redaktionsbüro aufgehalten hatten. Sie waren alle mehr oder weniger zufällig Geiseln geworden. Das machte es weder besser, noch half es Lois bei der Beantwortung ihrer vielen Fragen. Das letzte Schloss öffnete sich und endlich war sie in der Sicherheit ihres Apartments.

Es waren Stunden der Angst gewesen. Die Gangster waren gefährlich, schwer bewaffnet und wild entschlossen gewesen. An der Garderobe hängte sie ihre Jacke auf und schlüpfte aus ihren Pumps. Sie fielen um, doch das kümmerte sie nicht mehr. Zum Aufräumen hatte sie einfach keine Kraft mehr. Lex war angeschossen worden. Sie alle hatten ständig in Lebensgefahr geschwebt und nicht zuletzt hatten die Ganoven den Urheber ihres Plans, Willy, übers Ohr gehauen. Erst mit dem Eingreifen Supermans hatte sich das bedrohliche Wirrwarr aufgelöst und sie konnten endlich nach Hause gehen. Es war inzwischen sieben Uhr in der Früh. „Und, Lois? Hungrig? Oder doch eher schlafen?“, fragte sie müde ihr Spiegelbild.

Nach der Rettungsaktion von Superman war die Spannung von Lois abgefallen wie ein böser Traum. Das war wohl allen so ergangen.

Im ersten Moment hatte Lois sogar noch Scherze gemacht. Nachdem sie alle das Gebäude verlassen hatten, die Polizei die Geiselnehmer festgenommen hatte, wurde Lex von einem Sanitäter versorgt und hatte zu ihr mit seinem charmantesten Lächeln gesagt: „Wir haben sogar die Nacht miteinander verbracht.“

Was hatte sie nur dazu sagen sollen? „Naja...“, stammelte sie mit einem verstohlenem Lächeln.

Lex konterte scherzhaft: „Ich wusste nicht, dass Sie so ein Mädchen sind.“

„Ja...“ Lois hatte fast ein wenig verlegen mit den Resten der Handschellen gespielt, die immer noch an ihrem Handgelenk baumelten und hatte innerlich ihren Kopf geschüttelt. Wenn sie nur die Worte bedachte, ohne die Situation zu berücksichtigen, hatte das alles hier schon seinen eigenen Witz. Sie hatte Lex leicht provozierend entgegnet: „Ich stecke eben voller Überraschungen.“ Sie musste unbedingt diese Handschellen loswerden.

Als sie kurz darauf mit Clark gesprochen hatte, hatte sich dieser Schalk noch einmal gezeigt. Sie war gerade auf ihn zugegangen und war wirklich unendlich erleichtert und glücklich gewesen, dass er wie alle anderen heil aus dieser Geschichte heraus gekommen war. Trocken hatte sie zu Clark gesagt: „Und wieder eine ganz gewöhnliche Samstag-Nacht in Metropolis...“ Wer wusste es schon? Vielleicht gewöhnte sie sich sogar noch daran.

Clark verstand ihre Ironie und lachte warmherzig. „Ja...“

Lois fuhr dann genauso trocken fort: „Weißt du, bei solchen Gelegenheiten denke ich wirklich, ich brauche einen langweiligen, normalen Job, heirate einen Typen, der Versicherungen verkauft und ziehe 2 Komma 4 Kinder groß.“

Einen kurzen Moment hatten sie sich beide angesehen. Vielleicht hatte sich Clark diese Situation ja bildlich vorgestellt. Sein Blick hatte jedoch etwas skeptisches. Sie hingegen hatte vor ihrem inneren Auge ein durchschnittliches Vorstadthaus mit weißem Zaun, geraden Gardinen an den Fenstern und einem perfekt geschnittenen Rasen gesehen. Bei diesem Gedanken hatte Lois sich schütteln müssen und beide hatten sie grinsend und wie aus einem Mund geantwortet: „Nee...“ und dann herzlich gelacht.

Diese Art von Galgenhumor war auf eine ganz bestimmte Stimmung zurück gegangen. Wahrscheinlich hatte sie damit nur versucht die Angst zu verdrängen, die ihr immer noch in den Knochen steckte. Die Angst um ihre Freunde, um sich selbst und auch um Lex. Doch nachdem kurze Zeit später klar war, dass Lex' Verletzung viel weniger schlimm war, als sie befürchtet hatte, beruhigte sie sich endlich ein wenig. Dafür meldete sich so langsam Mad Dog Lane zurück.

Lois stand nun schon seit Minuten unschlüssig in ihrer Küche und überlegte immer noch, ab sie die Kaffeemaschine anschalten sollte. Oder doch eher gleich schlafen gehen? Die entscheidenden Fragen stellten sich von selbst, begannen das Geschehene zu beleuchten, alles Gesagte auf die Goldwaage zu legen. Vielleicht sollte sie etwas essen, aber verdammt, nichts mehr da, kein Knäcke, keine Kekse, kein Müsli, kein Obst. Warum eigentlich war Lex Verletzung mehr oder weniger schon verheilt gewesen als die Ärzte ihn angesehen hatten? Er war angeschossen worden. Sie hatte es mit ihren eigenen Augen gesehen. Wahrscheinlich hatte sie noch Schokoeis da, aber zum Frühstück...? Warum hatte Clark Lex überhaupt geholfen? Er hasste ihn doch eigentlich. Sie sollte wirklich mal wieder ihren Herd putzen. Wovon verschmierte der eigentlich so? Sie kochte nie. Warum um alles in der Welt hatte Clark sie gebeten mit Lex vorsichtig zu sein? War er einfach nur eifersüchtig oder hatten seine Befürchtungen eine reale Grundlage? Diese Frage gab ihr einen Stich ins Herz, eigentlich wollte sie darüber nicht nachdenken. Ihr bester Freund beschuldigte den Mann, mit dem sie ausging... Wollte sie darauf wirklich eine Antwort? Wenn er nun aber einfach nur eifersüchtig war, würde das nicht bedeuten, dass er mehr für sie empfand? Oder sorgte er sich einfach nur als Freund um sie? Und was wäre ihr lieber, ein besorgter Freund oder ein eifersüchtiger Verliebter?

Himmel hilf! Fragen über Fragen. Alles so gefährliche Fragen. Sie würde so gerne verstehen...

Auf jeden Fall musste sie sich einen Toast machen. Erst in diesem Augenblick merkte sie wie hungrig sie plötzlich war. Toast war genau das Richtige, schnell und einfach. Absolut narrensicher.

Ganz besonders die Frage nach den Motiven Clarks sollte sie möglichst weit in die Tiefen ihres unablässig arbeitenden Geistes verdrängen. Lois schob zwei Toastscheiben in den Toaster. Clark war... es war kompliziert, so viel war ihr schon jetzt klar. Es hatte Zeiten gegeben, da war sie drauf und dran gewesen sich in ihn zu verlieben. Und das wirklich nicht nur wegen seines Adonis-Körpers, der sie schon am zweiten Tage hatte die Luft anhalten lassen. Oh nein, da war noch viel mehr. Clark war ein guter Kerl. Zu gut? Auf jeden Fall war er lange nicht so provinziell, wie es ihm nur zu gerne vorgeworfen hatte. Lois beobachtete abwesend ihren Toaster. Er war ein wirklicher Freund, ihr bester Freund. Doch sie sollte sich wohl als erstes über ihre Gefühle Lex gegenüber klar werden. Madam Butterfly war ja nun ins Wasser gefallen. Schwer atmend stieß sie hervor: „Aber wie ich Lex kenne, wird er mich sicher schon bald mit etwas Neuem überraschen.“ Als nächstes sollte sie dann endlich mal versuchen das Gefühlschaos mit Superman zu durchleuchten. Der Toast brauchte lange... Erst danach konnte sie die Frage Clark angehen. Die schien ihr am gefährlichsten. Nicht in der Art gefährlich, wie sie Gefahr in dieser Nacht erlebt hatten, nein, viel subtiler. Da nahm sie es lieber mit zehn Bösewichten gleichzeitig auf, als wirklich ernsthaft darüber nachzudenken, jemanden in ihr Herz zu lassen. Denn das spürte sie instinktiv, Clark berührte sie mehr als ihr lieb war. Das war in der Tat viel gefährlicher.

Obwohl sie sich immer noch strikt weigerte diesen Gedanken wirklich bis zum Ende zu denken, spürte sie, dass Clark derjenige war, der sie am meisten berühren würde. Der ihrem Herzen am gefährlichsten werden konnte.

Doch Mad Dog Lane in ihr gab keine Ruhe. Je mehr sie über Clark nachdachte, desto mehr spürte sie, da gab es noch etwas. Ihn umgab praktisch ein ganzer Fragenkomplex. Es war wie ein riesiges, übermenschliches Gebilde, wie ein furchteinflößendes Monster. Ist der Toaster kaputt? Ahh... sie hatte vergessen, den Hebel runter zu drücken. Lois hatte so eine unbestimmte Ahnung, dass, wenn sie dieses Monster wecken würde, es zu einem Titan werden könnte. Größer und immer schwerer zu bändigen. Sie fühlte sich wie ein Raubtierdompteur, dem jemand die Peitsche weggenommen hatte. Sie hätte dieses Fragenmonstrum gerne in seinem Käfig belassen, doch es befreite sich, brach einfach aus. Und dieses ungezähmte Titanmonster war die Frage, wo war Clark eigentlich gewesen, während Superman sie alle gerettet hatte?

Ein Blick in ihren zweiten Küchenschrank, schließlich hatte sie zwei davon, wenn die auch meist leer waren und sie hatte noch einen Orangensaft gefunden. Der war sicher noch von Lucy übrig geblieben. Das war vielleicht besser als Koffein. Aber Fruchtsaft und Honigtoast passte nicht wirklich zusammen, wie sie gerade feststellte.

Lois wusste, dass diese Frage schon lange in ihr schlummerte. Es war nicht nur die Frage dieser Nacht. Sie lief zum Fenster, doch da bekam sie auch keine Lösung. Diese Frage hatte sie tief in sich verborgen, verdrängt und sorgfältig gehütet – und doch war die Frage da. Allgegenwärtig. In diesem Moment kämpfte sie sich an die Oberfläche und zog gleich die anderen Fragen nach sich. Jetzt brach das Monster aus: Wo war Clark gewesen, als Superman gegen den Meteoriten geflogen war? Das Schokoeis schmeckte ziemlich pappig – ach, es war ja auch Toast. Wo war Clark gewesen, als der Stählerne gegen den Superman-Klon gekämpft hatte? Aber sie musste etwas trinken. Warum hatte Clark vorgegeben die Stadt verlassen zu wollen, während Superman seine Kräfte per Gerichtsbeschluss nicht hatte einsetzen dürfen? Sie zog die Schublade auf – ja! Schokolade – das würde ihr helfen. Wie hatte Clark sich retten können, nachdem ihn Trask aus dem Flugzeug geworfen hatte? Superman war beschäftigt gewesen, er hatte sie gerettet. Warum hatte sie nicht gleich die Schokolade gegessen? Das war viel besser. Und wo war Superman gewesen, als sie mit Clark in Smallville auch gegen Trask gekämpft hatte. In dieser Situation hätte Clark Supermans Hilfe wirklich gebrauchen können. Sie waren doch angeblich Freunde. Partner...

Oder waren sie etwa doch mehr füreinander?

War Clark für Superman so eine Art Sekundant? Oder konnte Clark der Assistent sein, ohne den Superman vielleicht gar nicht agieren konnte? Hm... und jetzt, nach der Schokolade? War er so etwas wie der Helfershelfer Renfield für Dracula? Nein, der Gedanke war zu abwegig. Der Vergleich zwischen Renfield und Clark hinkte. Renfield ernährte sich von lebenden Insekten und Superman hatte nun wirklich nichts von einem blutsaugendem Vampiren. Doch so schnell wie Lois diesen Gedanken verwerfen wollte, so schnell ließ sie sich von einem Bild ablenken, dass sie nun augenblicklich vor ihrem inneren Auge sah: Der fliegende Vampir Superman kam in tiefdunkler Nacht mit ausgebreiteten Armen auf sie zugeflogen. „Lois, würdest du dich von diesem Super-Vampir beißen lassen? Der Biss eines Vampirs soll ja angeblich ein hocherotisches Erlebnis sein. So ist es doch in der Literatur immer wieder nachzulesen... glaube ich wenigstens mich entfernt erinnern zu können...“ Sie seufzte. Den Gedanke an Erotik sollte sie lieber ganz weit weg schieben. Natürlich würde er sie nicht töten, selbstredend. Aber nein, diese Figur erinnerte doch eher an Batman. AH! Da war noch ein Double-Fudge-Crunch-Bar. „Fast so gut wie Erotik... Hmmm.“ Clark... Wie kam sie jetzt bloß von Erotik auf Clark...? Sie schüttelte den Kopf. Lois, konzentriere dich! Also, was war Clark für Superman? In welcher Beziehung standen die beiden zueinander?

Wenn Superman einen Assistenten brauchte um ungehindert agieren zu können, müsste doch Clark bei jedem Superman-Einsatz dabei sein oder abgelenkt oder einfach nur etwas tun. „...oder etwa nicht...?“, brabbelte sie vor sich hin. Sprich, was auch immer Clark gerade tat, wenn Superman aktiv werden wollte, musste Clark verschwinden von dort, wo er gerade war. Er wäre dann bei seinem... Herrn... Meister... Gebieter... Freund, Partner, was auch immer. Ja-aaa, das war ein Gedanke, der es Wert war verfolgt zu werden. Und einer, den sie überprüfen konnte. Jimmy! Sie musste Jimmy ans Telefon bekommen. Sie dürfte jetzt keine Zeit mehr verlieren. Das war vielleicht die Lösung, der Schlüssel zu allem...

Aufgeregt lief sie zu ihrem Telefon. Perry hatte ihnen zwar gesagt, sie alle, Jimmy, Jack, Clark und sie könnten heute etwas später in den Planet kommen. Schließlich hatten keiner von ihnen in der letzten Nacht auch nur ein Auge zubekommen. Aber Lois war sich sicher, dass sie Jimmy im Planet erreichen könnte. Jedenfalls konnte sie es versuchen.

Sie tippte Jimmys Durchwahl. Jetzt, wo sie eine Aufgabe hatte, schoss ihr das Adrenalin durch die Adern, war jede Müdigkeit wie weggefegt. Mit ein wenig Glück würde sie ihn dort antreffen, trotz Perrys Angebot. Jimmy hatte ihr mal erzählt, dass er tagsüber nicht gut schlafen konnte. Es klingelte dreimal, dann meldete sich ihr junger Kollege. „Daily Planet. James Olsen.“ Was für ein Glück sie doch hatte. Obwohl Lois sich sicher war, er hätte schon einmal frischer geklungen.

Sie hingegen legte einen Ton an, der keinen Widerstand duldete. „Wunderbar, Jimmy. Ich hatte gehofft dich im Büro zu erreichen. Du musst eine Recherche für mich machen. Möglichst umgehend. Am besten machst du es sofort. Ich brauche eine Liste aller Supermanaktivitäten der letzten... hm, sagen wir drei Wochen. Datum, Uhrzeit, bitte alles auf Ostküsten Standardzeit und wo, das Was ist nicht ganz so wichtig, also nur ein Wort dazu – okay?“

Jimmy murmelte am anderen Ende der Leitung: „Superman... wann... wo... was, nur Stichwort. Richtig, ja? Sag, willst du nur Metropolis oder weltweit?“

„Weltweit natürlich!“, stieß sie entsetzt hervor. Was für eine Frage? Sie gab Jimmy noch auf, sie sofort Zuhause anzurufen, sobald er diese Liste fertig hatte.

Nachdem sie aufgelegt hatte, fragte sie sich, was sie nun tun konnte, bis Jimmy sich meldete. Wirklich Schlafen? Nein, das war nun völlig abwegig, sie war inzwischen vollkommen aufgedreht. Ja, sie war geradezu von dieser kribbeligen Erregung erfasst, die sie an den wirklich spannenden und großen Fällen so liebte. Bei Lois führte das dazu, dass ihr Reporter-Instinkt auf Hochtouren lief. Das war gut so. Was konnte sie tun, bis sie die Informationen von Jimmy hatte? Und wie sollte sie weiter vorgehen?

„Lois, du brauchst deinen Terminplaner. Daran kannst du am besten sehen, woran genau du gearbeitet hast. Genau“, bestärkte sie sich selbst, „ich könnte mir schon mal eine Liste machen, wann Clark mich jeweils im Stich gelassen hat...“ Sie kramte den Terminkalender und Schreibblock aus ihrer Tasche. „... Mit diesen... diesen unglaublichen Ausreden. Was glaubt er eigentlich, wie blöd ich bin? Hm?“ Ihre ganze Körperhaltung hatte inzwischen fast Kampfposition eingenommen, geballte Fäuste, einen gefährlich gesenkten Kopf und den bösen Blick dazu natürlich. „Na warte, Kerle, dir werde ich auf die Schliche kommen. Endlich werde ich aufdecken, was du mir verheimlichst. Endlich werde ich herausfinden, wohin du verschwindest, wenn die Parkuhr ruft, deine Käse-des-Monats-Zeitung, Frisör, Zahnarzt oder du mal wieder die haarigen Haustiere irgendwelcher Nachbarn füttern willst...“ Sie redete sich in Rage. Doch diese Energie kam ihr gerade Recht. Sie war in der Stimmung das Geheimnis um Clark aufzuknacken.

Nur eine halbe Stunde später hatte sie vor sich eine Liste liegen, auf der schön säuberlich geordnet die Fälle aufgelistet waren, an denen sie gemeinsam mit Clark in der letzten Zeit gearbeitet hatte. Beginnend mit dem heutigen Tag und dann ging es Zeile für Zeile weiter in die Vergangenheit. Meist konnte sie sich ganz genau erinnern, wann Clark sie stehen gelassen hatte wie einen vergessenen Koffer. Erst Vorgestern Abend wollten sie zu einen Interview gehen als Clark diesen abwesenden Blick bekam, mit dem er jedesmal sein hanebüchenes Verschwinden einläutete. Sie notierte die Uhrzeit. Am Tag davor bat Perry sie beide zum Rapport über den gerade laufenden Fall als Clark mal wieder eine Parkuhr füttern wollte, für das Auto, das er gar nicht hatte. Auch hier notierte sie die Uhrzeit. Ein Verschwinden reihte sich an das nächste, die Liste wurde länger und länger.

Urplötzlich schoss ihr eine Idee durch den Kopf. Wie oft hatte sie Clarks Anrufbeantworter schon mit der Frage genervt: „Clark! Wo bitte steckst du nachts um vier Uhr. Warum bist du nicht zu Hause?“ Es war ein Leichtes für sie, zu ermitteln, wann sie jeweils so einen Anruf getätigt hatte. Gerade heute hatte sie ihre Telefonrechnung erhalten. Auf der Einzelverbindungsübersicht konnte sie das genau erkennen, Clarks Nummer, die Uhrzeit und die Dauer so eines Anrufs dürfte bei knapp unter einer Minute liegen. Perfekt.

Nun brauchte sie nur noch die Jimmys Liste, um die Daten miteinander zu vergleichen. Sie blickte ungeduldig zum Telefon. „Na los, komm schon...!“ Sie trommelte mit den Fingern auf ihren Aufzeichnungen. „Klingel endlich.“

Nur eine Sekunde später klingelte Lois' Telefon tatsächlich und so sehr sie darauf gewartet hatte, so sehr erschrak sie nun. Beim zweiten Klingeln war sie am Apparat und hob ab. „Ja?“

Jimmy klang immer noch nicht viel wacher. „Lois, ich bin's. Ich hab deine Liste. Soll ich sie dir diktieren?“

Was für eine Frage? Sie hatte schließlich kein Fax in ihrem Apartment. „Ja, bitte. Den aktuellsten Termin zuerst.“

Jimmy ratterte seine Liste tonlos herunter. Lois schrieb fleißig mit und schon bald hatte sie ihre Seite gefüllt. Schon während sie mitschrieb fielen ihr die ersten Übereinstimmungen auf. Als er ihr vorgestern Abend mal wieder einen Frisörtermin als Ausrede angeboten hatte, das war ziemlich genau um 17:00 Uhr, war Superman nur wenige Minuten später auf dem Aéroport Paris-Charles-de-Gaulle um die Passagiere aus einer brennenden Maschine zu retten. Zu dem Zeitpunkt, da Perry sie am Tag zuvor zum Rapport bestellt hatte, war Superman vor der schottischen Küste um das auslaufende Öl eines havarierten Öltankers zu bergen. Lois vervollständigte ihre Liste und mit jeder weiteren Zeile wuchs ihre Wut. Die Übereinstimmungen waren praktisch minutengenau. Zu jedem Verschwinden begleitet von diesen unglaublichen Ausreden gab es einen passenden Supermaneinsatz. Und zu jedem erfolglosen Anruf bei Clark zu Zeiten, wo er eigentlich zu Haus hätte sein müssen, gab es auch eine Superman-Rettungsaktion.

Natürlich gab es auch Rettungseinsätze zu denen Lois kein Clark-redet-sich-heraus-Termin notiert hatte. Aber sie konnte für diese Termine auch nicht belegen, wo Clark gewesen war. Woher sollte sie das auch wissen, wenn sie getrennt unterwegs waren. Sie verbrachten ja nun auch nicht den ganzen Tag zusammen.

Diese Liste brachte ein wirklich unumstößliches Ergebnis: Wann immer der Mann aus Stahl aktiv war, war Clark verschwunden.

„Lois Lane“, stammelte sie atemlos, „du hast es herausgefunden“, sie setzte sich gleich ein wenig aufrechter hin. Darauf war sie jetzt durchaus stolz. „Superman braucht Clark... die beiden müssen zusammen...“ Doch gleich schoss ihr ein neuer Gedanke durch den Kopf. „Aber warum sieht man sie dann niemals zusammen? Superman ist wirklich schon öfters unerwartet aufgetaucht. Warum war Clark dann nicht in seiner Nähe? Moment mal... was wäre denn...? Nein!“ sie schüttelte energisch ihren Kopf. „Nein. Das ist viel zu abwegig... aber... sie sehen sich so verdammt ähnlich... Clark hat schwarzes Haar, Superman auch.“ Lois stand auf und fing an hin und her zu laufen, immer um ihr Sofa herum. „Clark hat braune Augen, genau wie Superman. Clark hat einen beeindruckenden Oberkörper, den er meist unter seinen Anzügen zu verbergen sucht. Und Superman? Wie würde er ohne den Anzug aussehen? Nun ja, ungefähr so, wie Clark...“ Lois faltete nachdenklich ihre Liste zusammen. Wie langsam der Verstand doch manchmal sein konnte. Dieser Gedanke war so abwegig, so unglaublich - und warum? Warum...?

Sie fühlte sich ein wenig wie in Watte. Lois musste sich setzen. Ihre Gedankenbruchstücke waberten ganz langsam durch ihren Kopf, wie durch eine Nebelwand und doch ging es ihr viel zu schnell, um es wirklich zu erfassen. Sie musste wieder aufstehen, rumlaufen, sich bewegen. Es gesellten sich immer weitere Geistesblitze dazu, die es auch nicht durchsichtiger machten. Lieber wieder hinsetzen.

Lois hatte sich schon öfters gefragt, ob Superman in einer anderen, gewöhnlich irdischen Identität ganz normal unter ihnen leben würde. So abgefahren war diese Idee gar nicht. Es würde ihm ermöglichen ganz normal zu leben, Freunde zu haben, zu arbeiten, zu lieben vielleicht...? Klar, das war schlüssig. Sie stammelte gedankenversunken vor sich hin: „Irgendwie gibt es einen Sinn...“ Aber konnte es wirklich sein, dass diese zweite Identität ihres angehimmelten Superhelden ihr Provinz-Kollege Clark war?

Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass die einzelnen Puzzleteile sich in ihrem Kopf, vor ihrem inneren Auge neu platzierten. Verdammt, wenn sie so müde war, arbeite ihr Gehirn einfach zu langsam. Die Puzzleteile bewegten sich, ordneten sich neu an und gaben nun ein andere Bild – und sie warfen eine weitere Frage auf: Warum war Clark damals von den Pheromonen nicht beeinflusst worden? Er war besprüht worden, sie hatte es selbst gesehen.

„Lois, seh' es endlich ein, es gibt für all das hier nur eine logische Erklärung: Clark... ist... Superman...“ Sie stand wieder auf und lief ein wenig unmotiviert auf und ab. Frustriert und mit dünner Stimme betete sie sich die Fakten vor: „Kein Wunder, dass sie beide zeitgleich in Metropolis aufgetaucht sind. Nie sind sie beide zur selben Zeit am selben Ort. Immer weiß Clark wie er Superman erreichen kann. Die häufigen Exklusivinterviews führt Clark also mit sich selber – Kunststück. Der Mann aus Stahl führt so oft fort, was Clark begonnen hat – warum hast du das nie gesehen? Lois, du willst eine Enthüllungsreporterin sein? Den Titel musst du dir wohl neu erarbeiten...!“ Die letzten Worte stieß sie fast schmerzhaft hervor. Ihr stiegen die Tränen in die Augen.

Wie fühlte sich diese Erkenntnis nun an? Ihr Magen schien inzwischen vollkommen verknotet zu sein, so schmerzhaft hatte er sich zusammen gezogen. Die Wut stieg ihr langsam den Hals hoch. Schnell wischte sie sich die Tränen weg. Auch wenn sie hier alleine war und niemand sie sehen würde, sogar vor sich selbst wollte sie sie nicht zeigen. Er hatte sie belogen, ihr Partner, ihr bester Freund und Superman natürlich auch. Die Fäuste hatte sie unwillkürlich geballt. Seit Monaten hatten die beiden sie... hatte er sie belogen, betrogen, verschaukelt... für dumm verkauft. War das wirklich ein Freund...?

Inzwischen lief sie schneller hin und her, fühlte sich nun wie ein Panther in einem viel zu engen Käfig. Doch wohin mit dieser Wut. Sie hätte ihre Fäuste zu gerne gegen jemand gerichtet, gegen ihn...

Ja genau, das war es natürlich. Sie würde ihn mal wieder in seiner Wohnung aufsuchen und dann könnte sie endlich ihrer Wut eine Richtung geben, könnte sich abreagieren, könnte ihm sagen, was sie von ihm dachte... Das war es, was sie tun musste. In weniger als einer Minute hatte sie sich ihre Jacke wieder angezogen, ihre Tasche gegriffen, in die sie noch schnell die Liste gepackt hatte und schon hatte sie ihr Apartment hinter sich gelassen. Diese Liste würde alles beweisen. Er sollte ja nicht auf die Idee kommen, sich herausreden zu wollen. Oh nein. Sie hatte zwar lange gebraucht, aber letztlich hatte Mad Dog Lane die Blutspur aufgenommen und natürlich ihr Ziel gefunden. „Na warte, Clark, wehe dir...“, drohte sie. Oh, die Idee war nicht so gut. Die Selbstgespräche sollte sie auf der Straße vielleicht lassen, die Menschen sahen sie schon etwas skeptisch an.

Was würde sie ihm eigentlich sagen wollen? Sie hatte nicht die geringste Ahnung. Sie wusste nur, dass sie ihn mit ihrer Erkenntnis konfrontieren musste. Warum hatte er sie nur so lange belogen? Sie waren doch Freunde, dachte sie wenigstens... Nun gut, bei Supermans ersten Auftauchen natürlich noch nicht, da war sie nur die Reporterkollegin für ihn, eine Kollegin, die er noch nicht lange kannte. Eine Kollegin, die ihn nicht wirklich mit Respekt behandelt hatte. Eine Kollegin, die den Ruf hatte, für eine gute Story über Leichen zu gehen. Gut, dass er der Lois Lane von damals nicht gleich die Wahrheit gesagt hatte, konnte sie gewissermaßen verstehen. Vielleicht hätte sie selbst genauso gehandelt.

Doch diesen Gedanken durfte sie nicht weiter verfolgen, wenn sie nicht erreichen wollte, dass ihre Wut verflogen war, bis sie dem Verräter Clark gegenüber stand. Außerdem waren sie in der Zwischenzeit schließlich Freunde geworden. Und sie dachte immer, Clark war jemand dem sie vertrauen konnte, er war schließlich ihr Freund, ihr einziger bester Freund. Ein Freund, der sie belogen hatte. Was war die Freundschaft dann schon wert? Pah, was war das letzte Jahr dann noch wert?

Superman...? Der Mann aus Stahl, dieser Gott in einem Cape... Mehr als alles andere stand er für die Wahrheit. Doch natürlich hatte auch er sie belogen. Superman hatte sie belogen. Was war die Freundschaft dann schon wert?

Den Weg zu Clarks Wohnung hatte sie heute in Rekordzeit geschafft. Diese Wut hatte sie so beflügelt, dass sie schnell wie sonst nie plötzlich vor seiner Tür stand. Sie hob schon die Hand um an seine Tür zu klopfen, ein kurzer Moment des Zögerns, was würde sie ihm sagen? Sie wusste es immer noch nicht. Was würde sie tun, wenn er nun gar nicht da wäre? Er könnte in Südafrika, Neuseeland oder auf den Shettland Inseln sein. Sie würde warten, auf jeden Fall, in seiner Wohnung, natürlich. Er würde ihr heute nicht entgehen.

Lois pochte an seine Tür, stemmte ihre Hände gleich in Abwehrhaltung in ihre Hüften und wartete.

Clarks Stimme kam nur ein paar Sekunden später: „Es ist offen“, rief er zuversichtlich

Okay, jetzt ging es los. Sie holte einmal tief Luft. Nun gab es kein zurück mehr. Lois straffte ihre Schultern. Sie öffnete die Tür und stürme herein. Clark stand in kurzen Sporthosen und T-Shirt in der Höhe seines Sofas und sah sie freudig überrascht an. Er lächelte. Wollte er sich mit dieser Freundlichkeit schon vorab freikaufen? Sie versuchte sein allzu zuversichtlichen Gesichtsausdruck zu ignorieren und überwand die letzten Meter bis sie direkt vor ihm stand. Clarks Lippen formten gerade das Wort 'Lois', wohl mit einem Fragezeichen am Ende. Doch sie hatte nicht die Absicht, ihn zu Wort kommen zu lassen.

Lois holte aus und gab ihm eine kräftige und befreiende Ohrfeige. Klatsch!

Entsetzt sah er sie mit weit aufgerissenen Augen an.

„Jetzt tu nicht so, als wenn das weh tut... Superman.“ In das letzte Worte legte sie alle Verachtung, die sie für ihn verspürte. Sie atmete erleichtert aus, auch wenn ihre Wut wahrlich nicht verflogen war, nein, sie kochte weiter. Zusätzlich tat ihr nun auch noch die Hand weh. Aber sie hatte ihre Erkenntnis wirklich auf den Punkt gebracht.

Clarks Gesichtsausdruck durchlief im Bruchteil einer Sekunde verschiedene und vollkommen entgegen gesetzte Ausdrücke. Wo eben noch die freudige Erwartung zu sehen war, stand kurz die pure Überraschung und ging dann in einen schuldbewussten Dackelblick über. „Oh... du... was... wie hast du es herausgefunden“, stammelte er tonlos.

Keine Gegenwehr, nicht die Spur. Er stritt nichts ab, gab es einfach unumwunden zu. Natürlich! Sie hatte nichts anderes erwartet. Mad Dog Lane ließ sich doch nicht zweimal hinters Licht führen. Doch auch wenn sie wusste, dass er nichts anderes hatte tun können, als einzugestehen, schockierte sie sein Geständnis. Mehr als erwartet. Nun stand diese Wahrheit wirklich im Raum, doch sie stand auch zwischen ihnen.

Clark rieb sich seine Wange, gerade so als hätte sie ihm doch weh getan. Er sah sie immer noch bestürzt an, rührte sich aber sonst nicht von der Stelle.

Lois fing an herum zu laufen, um ihn herum zu laufen. „Reib da nicht so demonstrativ über deine Wange, als würdest du diese Ohrfeige spüren wie jeder andere Mann“, fauchte sie ihn aufgeregt an.

„Lois...“, er schluckte, doch sie hatte nicht vor, ihn zu schnell davon kommen zu lassen.

„Ganz gleich, was du nun sagen willst, du hast es verdient. Du hast mich verletzt und du hast mir etwas vorgemacht. Seit einem Jahr und das Tag für Tag. So etwas tut man doch nicht mit seinem Partner. Obwohl es irgendwie auch dumm von mir ist. Wahrscheinlich tut mir diese Ohrfeige mehr weh als dir.“ Sie lief aufgeregt um ihn herum und funkelte ihn böse an, während sie sich immer weiter in Rage redete.

Sein Blick folgte ihr ängstlich. „... Ich... ich bin unverwundbar, wie du ja nun weißt. Aber ich spüre den Schmerz sehr wohl... den auf meiner Wange und dann trifft es mich im Herz, dass du so wütend auf mich bist“, gab er devot zu.

Sie hielt abrupt inne, blieb stehen und sah ihn bestürzt an. Er spürte den Schmerz. „Wirklich?“ Das hatte sie nicht gewusst. Aber er hatte es verdient. „Clark“, fuhr sie nun wieder mit ihrer ungehemmten Wut fort: „du hast mich belogen. Über Monate, immer und immer wieder. Du hast mir vorgemacht, du seiest zwei verschieden Personen. Du hast dich von mir als Superman anhimmeln lassen, während du als Clark einfach nur mein Partner warst. Wahrscheinlich hast du dich kaputt gelacht, wenn ich dir von Superman erzählt habe...“ Er schüttelte den Kopf. Nicht?

Clark stand vor ihr mit hängenden Schultern. Alle Energie schien ihm inzwischen verloren gegangen zu sein. „Nein, Lois, ich habe nie über dich gelacht.“ Seine demutsvolle Haltung machte es ihr schwer, ihre Wut wirklich auszutoben. Sie hätte es lieber gehabt, wenn er versucht hätte, die Umstände wegdiskutieren zu wollen. Doch den Gefallen schien er ihr nicht tun zu wollen. „Und es tat mir jedes einzelne Mal leid, wenn ich dich anlügen musste. Aber ich dachte, es sei eine gute Idee, die Brille, der Anzug... Ich habe diese zweite Identität geschaffen, als wir beide uns noch nicht so nah standen, uns noch nicht so gut kannten, noch keine Partner waren...“

Lois schoss ein neuere Gedanke durch den Kopf. „Du warst die ganze Zeit da, während die Männer Fuentes uns gefangen gehalten haben?“ Ihre Stimme klang viel schriller und lauter als sie das gewollt hatte. Aber dieser Gedanke war vernichtend. Sie hatten sich über Stunden in Todesangst in der Hand von den fünf Geiselnehmern gedacht. Während Superman die ganze Zeit dort gewesen war und doch hatte er nichts unternommen. Er hätte sie jeder Zeit befreien können und hatte nichts getan als einfach nur zuzusehen. Clark blieb nichts anderes übrig als stumm zu nicken. „Warum...?“, setzte Lois immer noch schockiert, von dieser unfassbaren Unterlassung nach.

„Ich konnte nicht eingreifen, ohne zu riskieren, dass alle es verstanden hätten, wer ich wirklich bin“, antwortete er ihr niedergedrückt.

Lois sah ihm an, dass es ihn quälte, das so unumwunden zugeben zu müssen. Aber sie hatte auch den Eindruck, dass es ihm auch wirklich schwer gefallen war in Perrys Büro nicht eingreifen zu können.

Zum wiederholten Male an diesem Morgen verfluchte Lois die Tatsache, dass sie, bedingt durch die Müdigkeit, viel zu langsam denken konnte. Den nächsten Gedanke, der ihr unwillkürlich ins Bewusstsein drang, sprach sie auch gleich aus, aber lange nicht mehr so vorwurfsvoll: „Du hast Lex geholfen...“ Sie wusste, dass Clark auf Lex Luthor alles andere als gut zu sprechen war. Laut Clark war der Mann mit dem sie ausging die Wurzel allen Übels in dieser Stadt. Wer wusste, wie stark die Wunde geblutet hätte? Womöglich hätte Lex sterben können. Wahrscheinlich hatte Clark ihm das Leben gerettet. „Warum...? Und wie? Was war das bloß für eine Mixtur?“, entschlüpften ihr diese Fragen tonlos.

Seine Haltung entspannte sich ein wenig und er tat etwas vollkommen Unerwartetes: er setzte seine Brille ab und legte sie auf den Tisch. Auf Clarks Gesicht zeigte sich ein ganz vorsichtiges Lächeln. Das brachte Lois nun aber vollkommen durcheinander. Ohne diese Brille sah er aus wie Superman. Natürlich. Warum nur hatte sie das niemals gesehen? Bevor sie jedoch diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, beantwortete ihr Clark nun ganz ruhig ihre Frage: „Diese Mixtur war nichts, Nonsens, Fantasie... Ich musste euch doch irgendetwas bieten, weshalb die Wunde aufhörte zu bluten. Es war ein glatter Durchschuss, das hatte ich gesehen. Ich musste nur die Blutung stillen, also hab ich euch alles einsammeln lassen, was in Perrys Büro zu finden war.“

„Du meinst, ich habe nur so zum Spaß diese ganzen Kaugummis gekaut, von denen mir Perry immer mehr in den Mund gesteckt hat?“, brach es entsetzt aus ihr heraus. Sollte sie ihm wirklich böse sein? Er hatte Lex das Leben gerettet. Clark nickte mit einer Spur Amüsement im Gesicht. Mad Dog Lane hingegen wollte mehr wissen: „Aber wie hast du es gemacht...?“

Clark schilderte ihr all dies ohne sich dabei besonders hervorzutun, fast so als wäre es ganz normal für ihn. „Ich kann meinen Hitzeblick wie einen feinen Laser einsetzten. Und genau wie manche Chirurgen feine Arbeiten mit Laserstrahlen ausführen, habe ich damit die Blutung zum Stillstand gebracht.“

Lois ging langsam auf Clark zu. Ihre Wut war verflogen. Der Mann der hier vor ihr stand, war wirklich ein Super-Mann. In jeder Hinsicht. Dass er Lex gerettet hatte, rechnete sie ihm sehr hoch an. Wer war wohl sonst in der Lage seinem Feind so selbstlos zu helfen? Sie spürte, wie sich ihre Gesichtszüge langsam entspannten. Das war noch kein Lächeln, aber die Bösartigkeit, mit der sie hier eingefallen war, hatte sich verflüchtigt. Lois griff zum Tisch und nahm von dort seine Brille. „Ich kann es nicht glauben, dass ich mich davon habe ablenken lassen...“ Sie betrachtete Clarks Brille noch einen Moment stumm.

Er stand neben ihr und sah sie verstohlen an, versuchte nun ein zaghaftes Lächeln. „Lois, wirst du mir jemals verzeihen können?“, fragte er vorsichtig.

Sie stand entspannt vor ihm und verschränkte auf seine Frage hin ihre Arme vor der Brust. Ihre Miene war offen und entspannt und sie sah ihm ruhig in die Augen. „Das... das weiß ich wirklich nicht. Jedenfalls nicht heute.“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging langsam zur Tür und verließ Clarks Wohnung.

~ ~ ~

Einige Tage später...

„Oh Lex, was soll ich nur mit dir machen...?“ Lois lachte herzlich. Eigentlich hatte sie diese Worte streng klingen lassen wollen, aber es war ihr nicht gelungen. Lex Luthor hatte sie um ein Date gebeten, hatte sie mit dem Rolls abholen lassen und dann war der Wagen zu Flughafen gefahren. In diesem Moment saß sie mit Lex in seinem Privat-Jet. Er hatte von Essengehen gesprochen. Italienisch. Sie hatte doch nicht ahnen können, dass er sie dafür gleich nach Italien entführte. Er schenkte ihnen beiden Champagner ein und sagte in leichtem Plauderton und mit seinem charmantesten Lächeln: „Verbringe dein Leben mit mir.“

Gleichzeitig griff er in die Innentasche seines Jacketts und holte ein Kästchen hervor. Eines von der Art, in dem sich üblicherweise ein Ring befand. Er machte – das war wirklich Lex Luthor – er machte ihr einen Heiratsantrag!

Lois stockte der Atem und gleichzeitig schlug ihr Herz so wild, dass sie befürchtete damit das Fluggeräusch des Jets zu übertönen. Das kam so überraschend und doch war es so perfekt inszeniert. Ein grandioser Sonnenuntergang färbte den Himmel in rot-goldenen Farben. Der Klang der Violine rahmte sie Stimmung vollendet ein.

Während Lois sich hin und her gerissen, aber auch geschmeichelt fühlte, sagte ihr Lex wirklich die entscheidenden Worte: „Lois Lane, willst du mich heiraten?“ Immer noch mit diesem gewinnenden Lächeln sah er sie an und wartete auf ihre Reaktion, auf ihre Antwort.

„Lex... ich weiß nicht was ich sagen soll“, stammelte sie sie ein wenig unsicher. Das kam wirklich aus den tiefsten Tiefen ihres Herzens, sie wusste es wirklich nicht.

Er hingegen zeigte nicht die Spur von Unsicherheit, mit einnehmender Miene und einem deutlichen Strahlen in seinen Augen antwortete er ihr: „Nun, es gibt nur drei Möglichkeiten: Ja, nein oder vielleicht...“ Lex kam ihr auf der Couch etwas näher und sah sie gespannt an.

Statt einer möglichen Antwort kam Lois plötzlich eine Idee. „Lex, eine Gegenfrage bevor ich weiter darüber nachdenke. In der Nacht in Perrys Büro, als wir in der Gewalt der Geiselnehmer waren“, er sah sie aufmerksam an und nickte, „Clark hat dir das Leben gerettet, indem er deine Wunde versorgt hat. Superman hat uns alle gerettet. Hast du dich bei einem von beiden bedankt...?“

Lex Luthor rückte wieder ein klein wenig von ihr ab und sein Gesichtsausdruck wurde eine Spur ernster. „Nun, Superman hat einfach seine Pflicht getan, denke ich. Und es ist ja nicht gerade so, dass er im Telefonbuch steht. Da wirst du mir zustimmen müssen.“, was sie mit einem Nicken auch tat. „Clark Kent hingegen hat in meinen Augen irgendeinen Dschungeltrick vorgeführt, um sich wichtig zu machen. Ich denke, ich kann es nur meiner hervorragenden Konstitution verdanken keine Blutvergiftung erlitten zu haben.“ Er schien den leichten Widerstand bei ihr zu spüren und bemühte sich schnell einzulenken: „Aber Lois, wenn du denkst, dass ich das hätte tun sollen, dass ich mich bei Kent und Superman erkenntlich zeigen sollte, so kann ich das nachholen. Das ist doch kein Problem...“

Als wenn das Problem damit vollständig ausgeräumt war, legte er nun wieder sein strahlendstes Lächeln auf und lenkte die Aufmerksamkeit wieder auf den Champagner und stieß ihr Glas mit seinem an. „Lois, lass uns doch nicht über die Vergangenheit reden. Die Zukunft ist so viel verlockender... Also... ja, nein oder vielleicht... Wirst du darüber nachdenken?“

Lois nahm einen Schluck Champagner. „Nein Lex“, begann sie langsam aber mit fester Stimme. Nie war sie sich so sicher gewesen, wie in diesem Moment. „Ich brauche keine Bedenkzeit. Die Antwort kann ich dir sofort geben: Sie lautet nein. Ich werde dich nicht heiraten...“

Gerade weil sie damit gerechnet hatte, dass er versucht sein könnte, ihr diesen Entschluss auszureden, überraschte sie seine Reaktion. Seine Gesichtszüge wurden ernst, ihm wich die Farbe aus den Wangen. Sie konnte ihm ansehen, dass er es nicht gewohnt war, so ein eindeutiges nein zu hören. Er rückte von ihr ab und blickte an ihr vorbei. Fast kam es ihr so vor, dass er das nicht ausgesprochene Wort 'Niemals' gehört hatte. Ihm schien die Unabänderlichkeit ihrer Entscheidung sehr bewusst zu sein. Mit einem leichten Zittern in der Stimme fragte er sie: „Willst du zurück nach Metropolis?“

„Ja, Metropolis.“ Im Geiste fügte sie noch hinzu: '344, Clinten Street. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät.'

Nur eine Stunde später stand sie im Abendkleid vor Clarks Tür. Wie bei ihrem letzten Besuch zögerte sie zu klopfen. Diesmal war es nicht die Wut, die sie antrieb. Heute wollte sie versuchen heraus zu finden, ob sie nicht doch mehr füreinander waren als Partner und Freunde. Sie hatte in den letzten Tagen kaum ein Wort mit Clark gewechselt, das über das Berufliche hinaus gegangen war. Aber sie hatte viel nachgedacht. Doch erst Lex' Antrag hatte ihr wirklich deutlich vor Augen geführt, was Clark ihr bedeutete. Clark und 'Ewigkeit', das war in ihrer Vorstellung kein Problem, es gehörte fast schon zusammen. Lex hingegen... warum hatte sie das nicht vorher schon gesehen? Aber sie glaubte fest daran, dass Clark und sie eine Chance hatten. Also klopfte sie doch. Auch wenn ihr das Herz bis zum Hals schlug. Dies war ein sehr bedeutender Moment.

Clark öffnete und sah sie überrascht an. Lois beobachtete ihn genau, versuchte einzuschätzen, was er in diesem einen kurzen Moment dachte. Es war wohl eher ein freudig-überraschter Ausdruck, kein entsetzt-überraschter. Ja!

Ihr Herz schlug noch wilder und die Aufregung trieb ihr die Röte in die Wangen. „Man hat mir heute Abend ein italienisches Essen versprochen. Hast du Lust für mich zu kochen...?“ Plötzlich schien alles so einfach, so klar, so deutlich. Sie sah Clark gespannt an und hielt den Atem an.

Er trat beiseite und ließ sie hereinkommen, begleitet von einem Grinsen, das von einem Ohr zum anderen ging.


ENDE


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Offenbarung 7 - Spielschulden sind Ehrenschulden

Beitragvon Magss » So 7. Mär 2010, 13:31

ich wollte den hier doch auch noch in "schriftlicher" Form nachreichen...

Und noch eine Offenbarung. Auch diesmal hat sie mit den vorherigen absolut nichts zu tun. Dieser One-Shot spielt kurz vor dem Jahreswechsel der 2. Staffel, also nach 'Seasons Greedings'. Viel Spaß damit.

Ein ganz liebes Dankeschön geht an Tahu, die Beta gelesen hat.

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.




Offenbarung 7 - Spielschulden sind Ehrenschulden


Clark nahm die große Schüssel aus dem Kühlschrank. Er wollte noch etwas Kakaopulver auf das Tiramisù streuen und das sah besser aus, wenn es ganz frisch gemacht wurde. Lois müsste jeden Augenblick hier sein. Sie hatte um dieses Treffen gebeten, einen schönen, gemütlichen Videoabend, kein Essen, einfach nur Treffen und einen netten Film ansehen, das war alles was, sie sich gewünscht hatte. Den Film sollte er aussuchen, wahlweise Aktion, aber nicht zu aufreibend oder auch gerne etwas Romantisches. Kein Essen, das hatte sie ganz ausdrücklich gesagt, aber sie würde sicher nichts gegen Tiramisù haben. Er hatte die Mascarpone noch schnell frisch aus einer traditionellen Molkerei in Milano geholt. Die machten einfach die beste dort.

Er mochte diese Videoabende mit Lois. Es hatte so etwas vertrautes, harmonisches. Gerade als die hauchdünne Schicht Kakao genau seinen Vorstellungen entsprach, klopfte es an seiner Tür – perfektes Timing.

Wie erwartet war es Lois. Doch ihr Aufzug entsprach weniger seinen Erwartungen. Sie trug ein eng anliegendes, schwarzes Kleid, das unter ihrem offenen Mantel hervorlugte. Ihr Dekolletee zierte eine einfache goldene Halskette mit einem aufwendigen Anhänger der einige dunkelrote Steine gefasst hatte. Dazu die passenden Ohrringe. Sie trug Make-up und auch der Lippenstift passte zu den Steinen ihres Schmucks. Das war nicht gerade die Aufmachung, um sich gemütlich auf dem Sofa lümmeln zu können. Es hätte eher zu einem Presseball, Theaterbesuch oder zu einem richtigen Date gepasst. Er versuchte sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen. „Lois, schön, dass du da bist. Du siehst toll aus... wirklich toll.“ Das entsprach genau der Wahrheit, nur dass er sie in Jeans und T-Shirt erwartet hatte.

Im Moment des Türöffnens hatte Clark das Gefühl, dass in ihrem Blick eine Spur Unsicherheit zu erkennen war. Das war sehr verwunderlich, dafür gab es nicht den geringsten Anlass. Sie hatten so einen Filmabend schon öfters gemacht. Nach seiner Begrüßung und seinem Kompliment hatte Clark den Eindruck, dass dieser Hauch an Unsicherheit verschwand. Gerade so als sei sie sich nicht sicher, wie ihre Aufmachung ankam. Sie lächelte ihn an und auch darin glaubte Clark eine Spur Unentschiedenheit zu erkennen. „Hallo... Clark“, sie folgte ihm und kam herein, „schön, dass du Zeit hast, heute Abend... äh für mich Zeit hast... ich meine, du könntest ja auch etwas vorhaben. Mit Jimmy ins Kino gehen oder vielleicht gibt es da noch irgendeinen Artikel, den du unbedingt noch überarbeiten willst. Mir ist vollkommen klar, dass ich überhaupt kein Recht habe zu erwarten, dass du immer für mich...“

„Lois!“, fiel er ihr ins Wort, nachdem er ihr den Mantel abgenommen hatte. Sie plapperte. Lois redete sich um Kopf und Kragen. Sie plapperte aber normalerweise nur, wenn sie nervös war oder etwas überspielen wollte. Warum war sie aufgeregt? Sie hatten sich doch nur zu einen gemütlichen Filmabend treffen wollten. Oder gab es da noch etwas anderes? Hatte er etwas nicht mitbekommen?

Clark wollte ihr Brücken bauen. Wenn es etwas gab, das sie verunsicherte, wollte er es ihr so leicht machen, wie möglich. Also fuhr er möglichst gelassen und mit einem freundlichen Lächeln fort: „Komm doch erst mal rein und nimm Platz.“ Clark lud sie mit einer Armbewegung ein, ihr zu folgen. Sie gingen beide bis zum Sofa und setzten sich. Auf dem Tisch hatte er schon eine offene Flasche Rotwein und zwei Gläser stehen. „Möchtest du ein Glas Wein?“

Lois nickte und blickte verstohlen an ihm vorbei. „Ja, Wein ist eine gute Idee.“

Was war denn bloß los? Lois war vollkommen durcheinander. Er schenkte zwei Gläser ein, gab ihr das Glas, nahm sein eigenes und prostete ihr zu. Sie trank das Glas zur Hälfte aus. Merkwürdig, sonst nippte sie nur. Er musste herausfinden, was sie beunruhigte. „Lois...“, begann er in einem möglichst einfühlsamen Ton, „was ist denn nur passiert? Dir geht doch irgendetwas durch den Kopf, das merke ich doch? Also...?“

Sie sah sich mit hektischem Blick um. „Es hat kaum Sinn, es vor dir verbergen zu wollen, hm?“ Auf jeden Fall war er schon mal froh, dass sie es zugab, dass da etwas war, was auch immer es sein mochte.

Er versuchte ermutigend drein zu sehen. „Nein, nicht wirklich.“

Lois stellte ihr Glas beiseite und stand auf, sie fing auf und ab zu gehen. Oh boy, das war ja schlimmer, als er angenommen hatte. „Clark“, setzte sie in einem gehetzten Tonfall an, „du bist mein Freund, mein bester Freund. Ich meine, wenn du nicht so ein guter Freund für mich wärst, dann könnte ich das hier niemals sagen. Aber ich vertraue dir, mehr als wahrscheinlich sonst wem auf der Welt...“ Während sie vor seinem Sofa hin und her lief als wollte sie aus ihrem Käfig ausbrechen, begann er sich langsam Sorgen zu machen. Doch er beschloss sie in diesem Plapperanfall, der sich gerade zu einem Mega-Anfall auswuchs, am besten nicht zu unterbrechen. Das war seine beste Chance, zu erfahren, was Sache war, was sie so schrecklich irritierte. Lois verknetete ihre Hände ineinander und sprach mit einem leichten Zittern in der Stimme, doch sie sah ihn nicht an: „Ich muss dich auch bitten, über alles, was an diesem Abend hier in diese Räumlichkeiten gesprochen oder getan wird, absolutes Stillschweigen zu bewahren.“ Sie sah ihn kurz fragend an, was er mit einem zustimmenden Nicken beantwortete. Das schien ihr auszureichen. Sie fuhr fort und ihre Stimme klang immer noch nicht fester: „Ich muss dich um einen Gefallen bitten, also genaugenommen irgendjemand, aber nach reiflicher Überlegung kommst nur du in Frage. Ich... ähm, ich weiß jetzt nicht so genau, wie ich das sagen soll...“Sie sah ihn verzweifelt an, flehentlich, aber was sollte er nur tun? Wie konnte er helfen? Er hatte immer noch keine Ahnung, worum es ging. Lois hatte ihn schon so manches Mal um die unmöglichsten Gefallen gebeten. Doch noch nie hatte sie selbst so einen Zauber darum gemacht. Es musste wohl etwas wirklich Großes sein.

Clark stand auf und gesellte sich zu ihr. Er legte ihr sanft seine Hände auf die Schultern. Daraufhin sah sie ihn an. „Lois, sag es doch einfach“, forderte er sie beschwichtigend auf. „Was kann denn schon so schlimm sein, dass du es nicht mal aussprechen willst, hm?“

Sie sah ihm direkt in die Augen. Er konnte in ihrem Blick die Unsicherheit sehen. Ihre Stimme bekam nun auch so hohe Spitzen, fast so als würde sie sich gleich überschlagen. „Ich... Ich... ich möchte dich bitten... dass du... dass du mit mir schläfst...“

WAS?! Er musste sich verhört haben. Das konnte nicht sein. Das konnte nicht Lois sein. War sie es denn wirklich? Kein Klon, keine Doppelgängerin oder sonstwer verkleidete als Lois? Das konnte doch wohl nur ein Witz sein. Statt einer Antwort schluckte er nur. Was sollte er auch darauf auch sagen? Doch alles an Lois zeigte ihm, dass sie es war, wirklich sie selbst, die diese Forderung formuliert hatte. Sie sah ihn immer noch mit dieser Unsicherheit im Blick an und schien wirklich ernsthaft eine Reaktion von ihm erwarten. „Du willst was?“, krächzte er nur.

Lois begann nun wieder in seinem Wohnzimmer unruhig hin und her zu laufen. Sie knetet immer noch ihre Hände und sie sah ihn auch immer noch nicht an. Im Gegenteil, ihren Blick ließ sie hektisch umher fliegen. Dies war keine romantische Bitte oder gar eine Verführung. Da lag noch etwas ganz anderes im Verborgenen, soweit war er sich sicher. Ihre Stimme brachte immer noch diese unkontrollierten Spitzen hervor, während sie weitersprach: „Ich... genaugenommen... also wollen ist nicht so ganz der richtige Ausdruck, ich muss. Die Bedingung ist, dass ich mit einem Mann – irgendeinem – Sex habe und das vor Ablauf des Jahres. Was mir jetzt noch so ziemlich exakt“, sie blickte auf ihre Uhr, „75 Stunden gibt. Ich habe, es... ist eine Wette... Nein genaugenommen ist es eine Spielschuld. Ich habe beim Pokern verloren. Ich habe halt 'darum' gespielt. So, nun weißt du es. Endlich ist es heraus. Jetzt kannst du mich auslachen...“ Mit dieser Aufforderung ließ sie sich wieder auf das Sofa fallen, verschränkte ihre Arme vor der Brust und senkte ihren Kopf. Sie igelte sich ein, versuchte sich vor dem zu schützen, was nun kam, was er nun sagen würde.

Clark stand immer noch in der Mitte seines Wohnzimmers und traute sich kaum zu atmen. In diesem Moment wurde ihm klar, dass seine Hände zitterten. Eben hatte er sie ihr noch auf die Schultern gelegt, um sie zu beruhigen. Jetzt war er es, der ein wenig Zuspruch gebrauchen könnte. Lois wollte Sex mit ihm, um eine Spielschuld zu begleichen...! Aber das ging nicht, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Es war nicht richtig! Natürlich hatte er immer davon geträumt, dass sie mehr von ihm wollte, als nur seine Freundin und Partnerin zu sein. Und natürlich hatte er auch davon geträumt, sie zu berühren, zu küssen und auch mit ihr zu schlafen. Aber ja. Sie war die Frau, mit der er dieses Erlebnis teilen wollte, nur sie. Aber doch nicht so. Nein. Auf keinen Fall so.

Um die langsam peinlich werdende Stille zu überbrücken, räusperte er sich. Er musste etwas sagen, sie erwartete eine Reaktion von ihm. „Daher das Kleid... das Make-up...“ hauchte er kraftlos.

Ihre Antwort kam kleinlaut: „Ja. Zuerst hab ich gedacht, ich versuche dich einfach zu verführen. Ohne dir zu sagen, warum. Aber ganz ehrlich...“ sie hob ihren Kopf ein klein wenig und sah ihn von unten her an, „das hast du nicht verdient. Dafür bist du mir zu wichtig.“

Seine Beine fühlten sich butterweich an, er sollte sich besser setzen. „Oh...“ Etwas besseres wollte ihm einfach nicht einfallen. Das ehrte ihn natürlich, neben dieser unglaublichen Verwirrung. Doch, da kam noch ein Gedanke: „Mit wem hast du... um so etwas gespielt?“ Es musste jemand sein, der Lois sehr wichtig war, sonst könnte sie doch einfach sagen, sie würde diese Spielschuld nicht einlösen, wenn sie es nicht wollte.

„Mit meiner Schwester“, grummelte sie vor sich hin.

Das nahm Clark den Atem. „Mit Lucy...!“, brachte er halb erstickt hervor. Sie nickte verstohlen. Aber dann... dann bestand ja noch Hoffnung. „Lois, ich erzähle deiner Schwester alles was du willst“, bemühte er sich hastig, ihr anzubieten. „Ich meine, ich sage ihr einfach, wir hätten... Wieso hast du um so einen Einsatz gespielt?“

„Na, was glaubst du denn? Ich dachte, ich gewinne. Ich war mir so sicher.“ Nun zeigte Lois wieder ein wenig von ihrer bekannten Energie. „Wir haben gepokert, mit Salzstangen. Das haben wir schon ganz oft so gemacht. Schon als Kinder. Nur dass wir die Salzstangen auch gegessen haben. Also wurden unsere 'Chips' immer weniger. Und dann hatte ich das Blatt, Clark. Ein Straight Flush, Pick, 9 bis König in einer kompletten Reihe.“ Lois hatte nun eindeutig ihre Selbstsicherheit wieder gefunden. „Es gibt nur noch ein einziges Blatt, was da drüber geht. Aber wann hast du in deinem Leben auf einem Pokertisch schon mal wirklich ein Royal Flush gesehen?“ In der Tat, das hatte er noch nie. „Die Wahrscheinlichkeit dafür eine Straße bis zum As hoch zu bekommen liegt bei 1 zu 650.000. Ich war mir klar, sie hatte ein gutes Blatt, Full House oder sogar ein Four-of-a-kind, sie hat so bedacht gesetzt. Dann waren unsere Salzstangen alle, aber keiner wollte aussteigen. Wir wollten beide mehr bieten als wir hatten. Lucy hat dann vorgeschlagen, wir setzten etwas, was wir tun müssen, wenn die Verliererin feststeht...“

Clark saß auf dem Sofa und hörte dieser Geschichte einer Schwester-Poker-Runde ganz hingerissen zu. Ihm war klar, dass Lois mit harten Bandagen spielte. Sie spielte so, wie sie einfach alles tat – ganz oder gar nicht und mit dem ihr eigenen Ehrgeiz. Und soweit er Lucy einschätzen konnte, hatten sie und Lois mehr Ähnlichkeiten als ihr wahrscheinlich bewusst war. Also spielte Lucy genauso verbissen. „Was hast du von ihr als Einsatz gefordert?“

„Ha! Das ist ja der Witz an der ganzen Sache“, stieß sie empört hervor, „Ich, die große Schwester, das Vorbild, die Vernünftige von uns beiden, ich hab sie aufgefordert sich endlich für ein Studium einzuschreiben, wenn sie verliert. Weißt du, Lucy ist nicht dumm. Sie sollte nur endlich aufhören sich mit Jobs über Wasser zu halten. Sie muss ihr Leben endlich in die Hand nehmen.“ Doch bevor sie weitersprach, ebbte die gerade gezeigte Sicherheit auch ganz schnell wieder ab und sie fuhr nun wieder betreten fort. „Sie hat dann als Einsatz von mir gefordert, dass ich bis Ende des Jahres mit einem Mann ins Bett gehe. Ich weiß wirklich nicht, was sie sich dabei gedacht hat. Ich war mir so sicher zu gewinnen... Also hab ich kurzerhand ja gesagt.“

Aha, sie wollte nicht, sie musste. Das war natürlich noch viel schlimmer. „Lois, ich hab das eben ganz ernst gemeint“, bot er versöhnlich an, „ich sage deiner Schwester, was immer nötig ist, so dass sie glaubt, wir hätten...“ Damit sollte das Problem doch sicher aus der Welt sein. Er würde ihr auch noch versprechen, niemals auch nur ein Wort darüber zu verlieren. In einem hatte Lois nämlich wirklich Recht, sie konnte sich auf ihn verlassen. Musste er ihr das sicherheitshalber bestätigen?

Doch Lois schüttelte energisch ihren Kopf. „Das wird nicht funktionieren. Weißt du, Clark, was mich zu einer guten Reporterin macht?“ Worauf wollte sie denn nun hinaus? Da gab es viele Eigenschaften, die er aufzählen konnte, aber was hatte das hiermit zu tun? „Es ist unter anderem die Fähigkeit immer zu wissen, ob mir jemand die Wahrheit erzählt. Bei einem Interview ist das sehr praktisch. Aber es ist ein Lane-Gen. Lucy hat diese Eigenschaft auch. Wenn du ihr irgendwas erzählen würdest, sie würde es sofort merken. Glaubst du nicht, dass ich daran auch schon gedacht habe?“ Entsprechend frustrierend sah sie ihn an.

Je mehr Lois ihre Argumentation offen legte, desto offensichtlicher wurde ihr Anliegen. Sie wollte wirklich mit ihm schlafen. Aber wie sollte Clark aus dieser Geschichte nur heraus kommen? Es war ja nicht so, dass er das nicht gerne tun würde. Aber er konnte es unmöglich machen, bevor sie nicht gewisse Wahrheiten über ein gewisses capetragendes Ego wusste. Ihm wurde gerade bewusst, dass er vollkommen verspannt auf dem Sofa saß. So weit wie möglich von Lois entfernt. Er sollte versuchen sich ein wenig zu entspannen. Sie saß inzwischen auch nicht mehr ganz so angespannt am anderen Ende des Sofas. Clark drehte sich ihr ein wenig mehr zu und fragte vorsichtig: „Wie würde denn Lucy überhaupt erfahren, wie... oder mit wem du deine... Spielschulden abgetragen hast?“

„Nun, ich müsste ihr natürlich sagen, wer es ist... Den würde sie dann irgendwas fragen... nehme ich an. Darüber haben wir gar nicht gesprochen. Sie würde sich sicher etwas einfallen lassen“, gestand sie etwas gedrückt.

„Hast du vielleicht...“ Nein, das konnte er nicht fragen, das war zu intim. Aber er konnte doch auch nicht mit ihr schlafen. Verdammt, warum tat sie ihm das an? Lois sah ihn herausfordernd an. Er räusperte sich noch einmal und fuhr dann etwas verkrampft fort: „Hast du vielleicht ein besonderes Kennzeichen... ich meine, eines, was ich erst sehen würde, wenn... du weißt schon.“

„Nein. Außerdem... Spielschulden sind Ehrenschulden. Ich denke, ich habe keine andere Möglichkeit als es wirklich zu tun. Ich denke über dieses Problem schon zweieinhalb Monate nach, da hatten wir unseren Pokerabend. Also, hilfst du mir nun?“

Clark rutsche daraufhin nervös hin und her. Was sollte er nun antworten, so direkt gefragt, wo sie ihm keine Ausweichmöglichkeit mehr ließ? „Ich... also... Lois... das ist kompliziert“, versuchte er sich der Beantwortung zu entziehen.

Lois hingegen wirkte enttäuscht und igelte sich wieder zusammen. „Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass du dich so sehr wehren würdest.“ Sie wirkte eingeschnappt. „Aber wenn ich so abstoßend für dich bin... Ich finde sicher noch jemand anderen. Harry aus der Sportredaktion oder irgendeinen Agenten von der Drogenfahndung...“ Sagte sie trocken, während sie sicher in voller Absicht an ihm vorbei sah.

Bei dem Worten 'Agenten von der Drogenfahndung' bekam Clark ein unerklärliches Gefühl von Déjà Vu. Vor seinem geistigen Auge sah er einen Mann in zu grellen Hemden, einer viel zu lässigen Art und einem zu smarten Lächeln. Nur nicht das! Diese Anspielung traf ihn wie einen Dolchstoß, mitten ins Herz. „Nein!“, rief er viel lauter als gewollt, „Ich will nicht, dass du zu einem anderen gehst. Aber ich... Oh Lois...“, hilfesuchend blickte er zur Decke und wand er sich verzweifelt hin und her, „Genaugenommen würde ich gerne mit dir schlafen, wollte ich schon immer... aber nicht so“, brach es verzweifelt aus ihm heraus.

Sie warf ihm einen sehr skeptischen Blick zu. „Aha. Wie dann?“

Verflucht, jetzt hatte er sich hinreißen lassen, ihr zu sagen, dass er durchaus mit ihr schlafen würde. Es war ziemlich warm hier heute in seinem Wohnzimmer. Wie sollte er da an seiner Argumentation, dass es einfach nicht sein durfte, festhalten? Wie sollte er nur aus dieser Falle herauskommen? Er fühlte sich wie auf Eiern, jeder Schritt den er machen würde, führte ins Chaos. „Nun ja... nach einem Date... nach einen Kuss und nachdem du auch in mich verliebt bist.“ Oh verdammt, Clark! Er hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Jetzt fängst du auch noch an von Liebe zu reden. Es wurde mit jeder Minute heißer hier. Du solltest erst denken und dann ein Wort sagen.

Lois Blick schien ihn inzwischen zu durchbohren. „Du willst mit mir schlafen?“ Clark zögerte, nickte dann aber stumm. „Du bist in mich verliebt?“ Er nickte wieder. Ihm wurde langsam schlecht. Was sollte er tun? Er konnte ihr doch nicht noch mehr Lügen auftischen.

„Clark, aber dann hilf mir doch“, forderte sie ihn unmissverständlich und unnachgiebig auf. Er zögerte immer noch. Natürlich , er musste zögern, anderenfalls... Aber es ging doch nicht, ohne dass sie wusste... Nein, das durfte einfach nicht sein. Lois ließ ihn nicht weiter zu Atem kommen und Clark sah nun auf ihren Lippen auch noch ein vorwitziges Lächeln aufkommen. Das war gefährlich. „Meine Güte, wenn dich die Frauen in der Vergangenheit auch immer so becircen mussten, um dich herum zu bekommen, wirst du nicht viele Eroberungen aufzuweisen haben.“ Sie lachte vorsichtig.

Diese Anspielung traf ihn mitten ins Herz. Sein Magen rutschte gleich einen ganzen Meter tiefer. Ihm fiel nichts besseres ein als beschämt zur Seite zu blicken. Er bemerkte nur noch, dass er rot wurde. Seine Wangen fühlten sich an wie Feuer, wahrscheinlich wurde er gerade knallrot.

Entsetzt und hastig entgegnete sie: „Oh nein...! Sag mir, dass das nicht wahr ist.“ Er konnte sie immer noch nicht ansehen. Etwas atemlos sprach sie weiter: „Du hast... du hast wirklich noch nie... du bist noch J... j... jemand, der wirklich auf die eine große Liebe wartet?“

Es war heraus. Nun wusste sie es. Das war nicht das Schlimmste. Er glaubte immer noch nicht, dass er sich dafür schämen musste, gewartet zu haben. Es gab bei ihm schließlich einige Besonderheiten. Er hatte schon immer gewusst, wenn er das mit einer Frau teilen wollte, musste er ihr wirklich vertrauen. Vollkommen. Vorsichtig suchte er ihren Blickkontakt. „Lois, es ist viel komplizierter. Glaub mir. Ich kann nicht mit dir schlafen, ohne vorher...“ Nein! Clark biss sich auf die Zunge, um sich selbst am Weiterreden zu hindern.

Lois schien für diesen Moment ihr eigenes Problem vergessen zu haben. Sie zeigte auch nicht nur die pure Neugier, da war auch echte Anteilnahme in ihrem Blick. „Hat es etwas mit unverheiratet zu tun? Moral? Ich meine, wolltest du dich aufbewahren?“ Jedenfalls machte sie sich nicht über ihn lustig, stellte er mit einer Spur Erleichterung fest.

„Glaub mir, es ist wirklich noch komplizierter.“ Versuchte er sich zur Wehr zu setzten.

Da erwachte ganz eindeutig Mad Dog Lane. Clark ermahnte sich selbst, gut aufzupassen, was er nun sagen würde. Gespannt und mit der für sie typischen geschärfter Aufmerksamkeit fragte sie ihn, indem sie jedes Wort bedächtig setzte: „Du... würdest aber prinzipiell schon eher... mit einer Frau schlafen?“ Er nickte, noch immer beschämt zur Seite schauend. „Gibt es ein... technischen oder ein medizinisches Problem...? Irgendeine alte Sportverletzung...?“

Er atmete verkrampft aus. Himmel, nun dachte sie er wäre schwul oder impotent. Was käme als nächstes? Er musste diesem Irrsinn ein Ende machen. Jetzt sofort. Es hatte keinen Sinn mehr. Hier würde er sich nicht mehr herausreden können. Lois würde ganz sicher nicht aufhören Fragen zu stellen. Wenn Mad Dog Lane einmal Lunte gerochen hatte, gab es keine Hoffnung mehr. Sein doppeltes Spiel war die Wade, in die sich der Pit Bull verbissen hatte. Einmal musste sie es ja doch erfahren. Denn da war sich Clark schon lange sicher, sie war die Frau, der er sein Geheimnis anvertrauen würde. Nur sie. Alles was er an diesem Abend zu ihr gesagt hatte, entsprach doch der Wahrheit, er liebte sie, schon lange. Sie war die Frau, mit der er alles teilen wollte, auch seine geheime Identität. Auch Intimität. Oh ja, Sicher, er hatte sich das anders vorgestellt. Aber letztlich war dieser Moment genauso gut wie jeder andere. Das Lügen hätte ein Ende...

Clark atmete einmal tief durch, um sich selbst ein wenig zu beruhigen. „Lois“, seinen Stimme war nun, da er diesen Entschluss gefasst hatte, viel fester. Er stand langsam vom Sofa auf und sah sie an. Sein Herz schlug immer noch einen wahren Trommelwirbel, aber sein Magen beruhigte sich ein ganz klein wenig. Lois schien sehr gespannt zu sein, was nun kommen würde. Sie ließ ihn nicht aus den Augen. „Am besten, ich zeige es dir einfach.“ Clark nahm seine Brille ab und gab sie ihr. Lois nahm sie mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht entgegen. Er trat einen Schritt zurück und rotierte in seinen rotblauen Anzug, den er immer unter seiner normalen Kleidung trug. Es dauerte nur wenige Sekunden. Er kam zum Stillstand, blieb vor ihr stehen und sah sie mit festem, ernsten Blick an. Nun aber als sein capetragendes zweites Ich. Mit der für Superman typischen Körperhaltung, die sich so sehr von der Clarks unterschied, leicht breitbeinig, Hände selbstbewusst in die Hüften gestemmt und mit erhobenem Haupt.

Lois schien für einen Moment die Luft anzuhalten. [gelesen]

„Vielleicht verstehst du es jetzt.“ Seine Stimme, ein wenig tiefer als die Clarks, hatte nun auch das Zittern verloren. Sie war viel fester. Dieser Anzugs war so viel mehr als nur eine Verkleidung oder Tarnung. Er gab ihm diese typische Superman-Selbstsicherheit. Nun konnte er nur noch abwarten. Wie oft hatte er sich die Situation schon vorgestellt, dass er Lois endlich sein Geheimnis offenbarte? Hundertmal, Tausendmal? Er war froh, dass sie es nun wusste, dass es nun kein Geheimnis mehr zwischen ihnen gab. In seinen Vorstellungen waren ihre Reaktionen sehr unterschiedlich ausgefallen, von reiner Begeisterung bis hin zur vollkommenen Vernichtung war alles dabei gewesen. Darin war auch seine größte Angst begriffen, er wusste einfach nicht, wie sie reagieren würde.

Es vergingen ein, vielleicht zwei Minuten, die ihm wie eine Ewigkeit erschienen. In dieser Zeit ließen sich in Lois' Gesicht viele emotionale Reaktionen ablesen: Erstaunen, Entsetzen, Ohnmacht, Fassungslosigkeit, doch dann ging es eindeutig in Richtung Erregung, Ärger, Entrüstung, Wut und Zorn über. Clark konnte nichts anderes tun als ihr diese Zeit zu geben. Doch dann stürmte sie plötzlich auf ihn zu und trommelte ihm mit den Fäusten auf die Brust, gab ihm eine Ohrfeige nach der nächsten und beschimpfte ihn dabei: „Du gemeiner, durchtriebener, hinterlistiger, fieser Kerl! Du hast mich belogen! Hinters Licht geführt! Vorsätzlich betrogen! Du hast mir vorgemacht, du seiest zwei verschiedene Personen. Du hast zugesehen, wie ich mich zwischen deinen beiden Identitäten aufreibe, hast zugesehen, wie ich in euch beide verliebt bin und dich wahrscheinlich über mich lustig gemacht... Was hast du dir nur dabei gedacht...?“ Und immer so weiter.

Clark ließ all das über sich ergehen, wehrte sich nicht und das nicht nur, weil es ihn körperlich nicht verletzen konnte. Er dachte die ganze Zeit, er hätte es verdient. Er hatte sie belogen, was sollte er darauf entgegnen? Er hatte gewusst, was sie Superman für Gefühle entgegen brachte. Doch der Satz, dass sie in seine beiden Identitäten verliebt sei, hatte er sehr wohl mitbekommen. Dieser Satz hatte dann doch sein Herz berührt. Sie hatte es wirklich gesagt. Da mochte sie ihn schlagen, so viel sie wollte, sie hatte gesagt, dass sie seine beiden Seiten liebte, also auch Clark, den einfachen Mann, den Kollegen, ihren Partner. Das ließ ihn unter den wutentbrannten Prügeln hoffen.

Plötzlich hielt Lois in ihrem Wutausbruch inne und sah ihn an, taxierte ihn. Er musste sie wohl sehr bekümmert anschauen. Diese unerwartete Stille hatte fast etwas Unheimliches. Wieder las er ihre tiefsten Emotionen in ihrem Blick ab, diesmal war es mehr Mitleid. Verstand sie vielleicht, was es für ihn bedeutet hatte, was es für eine Qual war? Unversehens kam sie ihm näher und er spürte plötzlich ihre Lippen auf seinen. Es fiel Clark alles andere als leicht diesem Wechselbad an Gefühlen von Lois zu folgen. Er konnte kaum noch atmen. Sie küsste ihn – wirklich!

Ihr Kuss begann vorsichtig, zart und wurde schnell wilder, hungriger, leidenschaftlicher. Oh Lois, lass mich bitte am Leben, flehte er stumm. Er hoffte, dass er verstehen würde, was hier gerade passierte, dass er sie verstehen würde. Doch er betete auch, dass dieser Moment nie verging. Eben noch schien sie ihn vernichten zu wollen und nun küsste sie ihn, dass er den Verstand verlor. Es war Himmel und Hölle zugleich. Hieß das, dass sie ihm vergab? Ihn verstand? Instinktiv, aber vorsichtig begann er seine Arme um sie zu legen, sie festzuhalten.

Dieser Kuss, ihre Lippen, ihre Hände auf seinem Rücken, die ihn immer näher zogen, all das bewegte ihn sehr, brachte ihn vollkommen durcheinander. Er verlor fast den Boden unter den Füßen. Gerade noch wollte sie ihn umbringen, nun schien sie nicht von ihm lassen zu können. Doch Clark bekam kaum die Chance zu Atem zu kommen. Genauso stürmisch wie sie begonnen hatte, löst sich Lois wieder von ihm. Er hörte ihr Herz wild schlagen. Aber es kam wohl kaum an sein eigenes verwirrtes Herz heran. Atemlos aber mit einem Lächeln sagte sie ihm: „Nun ist mir diese Wette auch egal. Du kannst meiner Schwester erzählen, was du willst. Das ist mir alles gleichgültig... Aber...“ etwas beschämt senkte sie ihren Blick, „ich möchte trotzdem mit dir schlafen...“

~ ~ ~


Einige Tage später in Lois' Apartment...

„Hier ist deine Cola.“ Lois kam aus der Küche und reichte ihrer Schwester ihr Glas.

Lucy sah ihre ältere Schwester mit einem verschmitzten Lächeln an. „Und...? Was hast du mir zu berichten?“

Lois setzte sich zu ihr und zog die Beine auch auf die Sitzfläche. Sie wusste natürlich genau, wovon Lucy sprach. Doch bis zu diesem Moment war sich immer noch nicht ganz sicher, wie sie Lucy beibringen sollte, was sie zu sagen hatte. Zögerlich begann Lois: „Ich... ich habe verloren. Ich habe meinen 'Einsatz' nicht erbracht.“ Lucy riss ihre Augen weit auf. Lois bemühte sich, schnell weiter zu berichten: „Als einzige denkbare Alternative hätte ich mit Clark schlafen müssen. Jemand anderes kam einfach überhaupt nicht in Frage. Aber er ist einfach ein zu guter Freund. Das wollte ich nicht gefährden.“

Ein wenig enttäuscht ließ Lucy sich zurückfallen. „Clark war eine wirklich gute Idee... Brauchst du mehr Zeit, ich könnte dir, sagen wir mal, noch ein, zwei Wochen anbieten...?“

„Nein...“, wehrte Lois ab. „Zeit hilft mir gar nicht.“ Sie ließ ihren Blick zu Boden sinken und fuhr leise fort: „Ich... also genaugenommen habe ich mit Clark geschlafen“, gab sie geknickt zu. Sie hatte lange überlegt, ob sie ihrer Schwester die Wahrheit erzählen sollte, aber dann erinnerte sie sich daran, was sie Clark über das Lane-Gen erzählt hatte. Lucy würde es doch herausfinden. „Aber das möchte ich nicht als Abtragen meiner Spielschuld sehen“, räumte sie schnell ein, „dafür ist es mir zu wichtig.“ Sie sah ihre Schwester genau an. „Dafür ist mir Clark zu wichtig. Ich habe verloren. Dieses Spiel habe ich verloren... Doch was ich dafür gewonnen habe, ist mir diese Schmach alle mal wert. Clark und ich...“, es fiel ihr schwer weiter zu sprechen, „... wir sind... zusammen jetzt.“ Mit jeden weiteren Wort hatte Lois gespürt, wie ihr die Röte in die Wangen gestiegen war, aber da war auch wie von selbst ein verstohlenes Lächeln auf ihren Lippen erschienen, das sie nicht unterdrücken konnte. Es war das erste Mal, dass sie es aussprach: Sie und Clark waren ein Paar. Sie hatte es gesagt.

Seit diesem denkwürdigen Eigentlich-hätte-es-ein-Videoabend-werden-sollen hatten sie beide so viel Wahrheit preisgegeben. Sie hatten es wirklich geschafft aus dieser verfahrenen Situation etwas Gutes zu machen. Hatten sich beide ihre Liebe gestanden, waren sich immer näher gekommen und konnten gar nicht anders als sich zu lieben. Sie wusste von seinem Geheimnis und hatte es nach einer Weile sogar verstehen können. Sie hatte eingesehen, wie sehr er die ganze Zeit gelitten hatte, sie anlügen zu müssen. Doch nun stand nichts mehr zwischen ihnen, nun wollten sie alles teilen.

All das konnte und wollte sie Lucy nicht erzählen. Aber die Formulierung ' wir sind zusammen jetzt' hatte ihr richtig gut getan. Es fühlte sich gut an, es zu sagen.

Lucys Mundwinkel zogen sich auch zu einem Grinsen. Dann blickte sie zur Decke. „Dem Himmel sei Dank. Okay, dann kann ich ja auch endlich sagen, was ich gemacht habe: Ich habe mich an der Uni eingeschrieben“, sagte sie mit einem triumphierenden Blick.

Lois blickte ihre Schwester überrascht an. „Das musstest du nicht. Du hast bei dem Spiel gewonnen.“

Nun war es an Lucy verstohlen zu schauen. „Hab ich nicht... Ehrlich gesagt... Die Karten waren gezinkt.“ Was?! Lois wollte nicht glauben, was sie hörte. Lucy fuhr beklommen fort: „Ich habe schon den ganzen Abend die Karten für das Blatt zusammen gesucht. Und erst als ich den Royal Flush wirklich fertig unter dem Tisch liegen hatte, habe ich dich in diese Aktion 'dann bieten wir eben etwas, was wir tun müssen' verwickelt.“

Die Ältere sah ihre Schwester entsetzt an. Lois wusste noch nicht einmal, ob sie jetzt wütend werden sollte. Sie hatte schon oft mit Lucy gespielt, Poker und auch andere Spiele. Nie hatte einer von ihnen dabei betrogen. Sie hatten immer hart, aber ehrlich gespielt. „Lucy, warum...?“

„Oh Lois“, begann sich Lucy mit einer gewissen Entrüstung heraus zu reden, „Hätte ich diesen Spieleinsatz nicht von dir gefordert, wärest du jetzt wahrscheinlich immer noch nicht mit Clark zusammen. Ihr beide habt es doch nicht geschafft. Da musste ich etwas tun. Ich musste kuppeln.“

„Aber gleich zu fordern, dass wir miteinander schlafen sollen...“, zeigte Lois ihre Entgeisterung.

„Hat es funktioniert oder nicht?“ Provozierend sah Lucy ihre ältere Schwester an. „Es war so offensichtlich. Ich meine, wenn ihr beide nur in demselben Raum wart, sprühten die Funken zwischen euch, damit hätte man den ganzen Raum erleuchten können. Wenn ihr euch berühren würdet, wäre wahrscheinlich die ganze Straße hell erleuchtet gewesen. Und solltet ihr miteinander schlafen, würde das wohl für ganz Metropolis ausreichen...“

„Schwesterchen, du denkst in viel zu kleinen Dimensionen. Dieser Funkenregen war in der gesamten nördlichen Hemisphäre zu sehen...“ Lois grinste. Sie war immer noch ein wenig entsetzt, dass ihre kleine Schwester so viel mehr gesehen hatte, als sie selbst. Aber es gelang ihr nicht wirklich, ihr böse zu sein.

Lucy war überrascht. „Wow... so gut...?“

Nun war es an Lois, sie mal ein wenig schmoren zu lassen. „Pssst... Zur Strafe erfährst du von mir nicht ein einziges Detail.“ Und doch hatte Lois das Gefühl, dass sie ihre Schwester damit nicht wirklich strafen konnte. Die schien ganz zufrieden damit zu sein, dass ihre Verkupplungsaktion erfolgreich war. Das war sie wirklich. In diesen wenigen Tagen hatte sich so viel verändert. Über dieses Chaos hatte sie sich zu einer Affäre hinreißen lassen. Doch das Gefühl dabei war so echt und so stark, dass sie es in eine wirkliche Beziehung retten konnten. Ohne es zu ahnen oder es sich vorstellen zu können, war aus ihrem monatelanger Partner der Mann fürs Leben geworden. Es war auch weniger die Möglichkeit gewesen, Superman ins Bett zu bekommen, vielmehr hatte sie seine Offenheit mehr beeindruckt als sie das für möglich gehalten hatte. Er hatte ihr wirklich sein größtes Geheimnis anvertraut. Dieses Vertrauen hatte sie so sehr berührt. Lois fühlte sich seit langem, vielleicht sogar das erste Mal in ihrem Leben wirklich geliebt.


ENDE


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Offenbarungs 8 - Clark und Superman

Beitragvon Magss » Sa 13. Mär 2010, 16:58

Diese Offenbarung ist mir ein langer Herzenswunsch, Sie ist nicht so witzig angelegt. Aber die Idee dafür arbeitet schon sehr lange in meinem Kopf.

Ganz lieben Dank an Tahu (Elphie) für ihr schnelles und kreatives Beta.

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.

Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.





Offenbarung 8 – Clark und Superman

„Clark, eines der Dinge, die ich mir für dieses Jahr vorgenommen habe, ist entschlossener zu sein. Warum sehen wir nicht nach einem Termin und tun es einfach. Wir sollten ausgehen... Ein Date haben.“ Lois lächelte zufrieden, war aber nicht sehr gut zu verstehen, sie blätterte in ihrem Kalender, während sie auf Clark zukam. Um beide Hände frei zu haben hielt sie ihren Bleistift mit den Lippen fest.

Aber er hatte sie ganz genau verstanden. Und er war froh um jedes einzelne Wort, das sie zu ihm gesagt hatte. Wie oft hatte er diese Worte schon im Geiste formuliert und sie dann doch nicht ausgesprochen. Er wollte mit Lois ausgehen, lieber heute als morgen, aber waren sie wirklich schon so weit? Doch wenn er noch länger wartete, kam vielleicht ein anderer daher. Nein. Lois hatte vollkommen Recht, sie sollten wirklich ausgehen. Sie saß inzwischen auf seinem Schreibtisch und schlug die Beine übereinander. Den Bleistift hatte sie inzwischen aus dem Mund genommen. Er gab ihr einen halben von seinem Donut. „Ja, sehr gute Idee, wie wäre es mit Donnerstag?“, rief er begeistert aus. Sehr gut, ermutigte er sich selbst, gleich einen Termin vorschlagen, das würde ihr zeigen, wie ernst es ihm war.

Lois blätterte in ihrem Kalender und antwortete wieder mit vollen Mund, diesmal aber vom Donut: „Nein, Donnerstag geht nicht, da trifft sich die Nationale Organisation der weiblichen Journalisten. Wie ist es Mittwoch?“

„Ach, Mittwoch wollte ich zu einem Vortrag der Mikro-Entomologen.“ Er sah ihren ungläubigen Blick und setzte erklärend nach: „Es interessiert mich nun mal. Wie wäre es mit heute?“

Sie schüttelte ihren Kopf. „Heute ist meine Prüfung zum braunen Gürtel im Taekwon-Do. Freitag?“ Lois sah ihn hoffnungsvoll an.

Clark nickte gerade noch und dann hörte er unten auf der Straße eine Sirene. Nein, es waren mehrere Sirenen und sie hatten die unterschiedlichen Tonlagen von Polizei, Ambulanz und Feuerwehr. Verdammt, Lois würde ihm sicher wieder vorhalten, dass er einem persönlichen Gespräch aus dem Weg gehen wollte. Also bemühte er sich hastig zu antworten: „Freitag? Perfekt. Ja wirklich. Das machen wir – Freitag. Ich freu mich schon jetzt darauf.“ Aber nun musste er wirklich los, wer wusste schon, wie viel Verletzte es gab? Er würde es sich niemals verzeihen, wenn er zu spät kam. Instinktiv griff er sich an seinen Krawattenknoten, obwohl er genau wusste, dass er ihn erst öffnen würde, wenn er unbeobachtet war. Lois bekam diesen leicht säuerlichen Gesichtsausdruck, diesen Ja-geh-nur-und-lass-mich-hier-stehen-Ausdruck. Er versuchte seine Lage ein wenig zu verbessern, auch wenn das nur in Spuren möglich sein dürfte: „Lois. Freitag – versprochen. Aber ich muss jetzt wirklich... mein Zahnarzt... es gab keinen anderen Termin. Wirklich.“ Dann stürmte er los.

~ ~ ~

Für das, was dann passiert war, hatte Clark keine Worte, um es zu beschreiben. Dieses Gespräch mit Lois, dass sie ein Date haben sollten und auch beide wollten, hatte am Dienstag Nachmittag stattgefunden. Nach dem Hören der Sirene war Clark als sein capetragendes Ego sofort zu einem Großbrand geflogen. Doch das war nur der Anfang eines Superman-Einsatzes der Superlative gewesen. Stunden hatte er damit zugebracht bei diesem Großbrand in einer Fabrik für Gummibären und andere Gummitiere sein Bestes zu geben. Unzählige Male war er mit Verletzten in die umliegenden Krankenhäuser geflogen. Doch kaum, dass er gedacht hatte, die Lage sei unter Kontrolle, hatte ihn schon die nächste Katastrophenmeldung erreicht. Eine Ölraffinerie im Süden des Landes war auch in Brand geraten. Die nächste Meldung rief ihn zu einem havarierten Öltanker vor der schottischen Küste. Dann war es ein sinkender Containertanker im japanischen Meer, ein entgleister Güterzug bei Toronto und bei einem U-Bahn-Brand in London drohte es hunderte von Toten zu geben. Ein Tornado, eine Schlammlawine nach unglaublichen Überschwemmungen und ein Waldbrand gesellten sich auch noch dazu. Es war wie verhext.

Als er das nächste Mal wieder in Metropolis war, in seiner Wohnung stand, war es Donnerstag Abend. Er war 48 Stunden nicht in Metropolis gewesen, nicht in seiner Wohnung, nicht im Planet, nicht bei Lois. Sie würde ihm den Kopf abreißen. Nun, wenigstens hatte er noch die Chance, dass er das Date einhalten könnte – wenn Lois noch mit ihm sprach.

Doch ganz gleich, wie sauer sie nun war, es hatte keinen Sinn, die Begegnung mir ihr auch noch unnötig lange hinaus zu zögern. Es war jetzt fünf Uhr; zum Planet zu gehen, lohnte sich nicht mehr. Doch er konnte noch ein paar Stunden schlafen. Aber dann würde er zu Lois gehen.

Er würde sie besuchen, in ihrem Apartment. Clark stopfte seinen Anzug in die schmutzige Wäsche und ging ins Bett. Mit seinem Entschluss, in ein paar Stunden zu Lois zu gehen, war er sehr zufrieden. Und nun wollte er nur noch eines, schlafen...

~ ~ ~

Nach zwei Stunden Schlaf, geduscht und rasiert, fühlte sich Clark um einiges besser als noch vorher. Doch es wollte ihm nicht wirklich gelingen, einfach so gut gelaunt und beschwingt zu Lois' Apartment zu schlendern. Ihm war klar, dass der Tornado, der ihn gleich erwartete, jede bisher erlebte Naturkatastrophe an die Wand spielen würde. Aber es hatte gar keinen Sinn, dem ausweichen zu wollen. Er wollte sich mit Lois aussöhnen, er wollte, dass sie ihm verzieh und er wollte dieses Date.

Er lief mit bangen Herzen die Treppe in den fünften Stock ihres Hauses herauf. Während er aus dem Treppenhaus trat, kam Lois gerade aus dem Fahrstuhl. Sie sah ihn mit einer Spur Überraschung und fragend an. Die Frage, die ihr wohl auf den Lippen lag, war offensichtlich: Wo war er die letzten zwei Tage gewesen? Doch stattdessen und statt des auch infragekommenden Gewitters öffnete sie eines nach dem anderen der fünf Schlösser an ihrer Apartmenttür. Schweigend. Daraufhin trat sie in ihr Apartment und gab den Weg für ihn frei, immer noch wortlos und mit einem leicht verächtlichen Blick. Sie nahm ihm den Kaffee ab, den er mitgebracht hatte und sagte betont gelassen: „Hüte dich vor Griechen, die mit Geschenken kommen...“

Ihr Blick hatte etwas funkelndes, wohl aber eher böse funkelnd. Ihre Stimme klang so betont ruhig, gerade so als wollte sie nicht zeigen, was wirklich in ihr vorging. Doch Clark hatte das Gefühl, der Vulkan stand kurz vor dem Ausbruch. Überall war das Donnergrollen bereits zu hören, die Erde vibrierte ganz leicht.

Es würde schwerer werden als er gedacht hatte. Ach verdammt, alles nur, weil sie nicht wusste, was sie vielleicht endlich wissen sollte. Aber dies war nun wahrlich kein guter Moment um lang gehütete Geheimnisse zu offerieren. Immerhin hatte sie seinen Kaffee angenommen und ihn herein gelassen. Lois trank Kaffee zu jeder Tageszeit und diesen mochte sie besonders gerne. Er sollte versuchen die Stimmung ein wenig aufzuhellen. Clark versuchte möglichst gutgelaunt, aber auch nicht allzu selbstbewusst zu erscheinen: „Hallo, Lois.“

Sie sagte immer noch kein Wort und ging nun Richtung Küche.

„Sicher hast du den Barning-Fall inzwischen gelöst...“, versuchte er es mit einem aufmunterndem Lächeln.

Lois kam zurück und schenkte ihm einen Blick, der so vernichtend und geringschätzig war. Wenn Blicke töten könnten... Dann betonte sie jedes einzelne Wort: „Perry hatte uns bis Mittwoch Zeit gegeben. Heute ist Donnerstag. Natürlich habe ich den Artikel fristgerecht abgeliefert.“ Jedes Wort wie eine Ohrfeige.

„Natürlich...“ Was konnte er nur sagen? Dass er in den letzten zwei Tagen mehr als Tausend Menschen das Leben gerettet hatte? Nein, er wollte sich nicht mit den Taten seiner zweiten Identität brüsten. „Lois, ich...“

Doch sie fiel ihm aufgeregt ins Wort: „Ich... will keine Erklärung hören! Keine! Nichts, was mit mit Zahnarzt, Frisör, Nachbarn, Parkuhr, Videobänder, Käse-des-Monats oder Pudeln zu tun hat. Ich will das alles nicht hören. Aber - wenn du willst, dass ich meinem Partner irgendwann in diesem Leben noch einmal vertraue, dann solltest du einfach aufhören zu lügen. Also sag am besten gar nichts. Okay?“ Mit jedem weiteren Wort hatte sie sich mehr echauffiert. Dann schien die Luft raus zu sein, sie hatte sich inzwischen auf ihr Sofa fallen gelassen. „Willst du den Artikel nun lesen?“ Das fragte sie nun wieder in dem bewusst unterkühlten Ton.

Clark nickte und atmete einmal tief durch. Das würde ein sehr langer Abend werden. Aber immerhin hatte sie ihn nicht umgebracht, sie redete mit ihm. Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung für ihn. Er hatte fast das Gefühl als würde die Sonne aufgehen und langsam ihre wärmenden Strahlen zu ihnen schicken. Doch dieser Glücksmoment dauerte nur einen ganz kurzen Augenblick. Während Lois den Artikel aus ihrer Tasche an der Garderobe holte, ließ er seinen Blick durch ihr Apartment wandern. Und das, was er dabei entdeckte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren: Auf der Anrichte in ihrer Küche stand eine leere Flasche Rotwein und zwei Gläser. Zwei! Auf dem Tischchen vor ihrem Sofa standen Kaffeebecher, aber es waren auch zwei. In einer kleinen Vase, die auf dem Kamin stand, befand sich eine einzelne rote Rose.

Er konnte kaum atmen. Lois hatte Besuch gehabt, über Nacht!, das war offensichtlich. Jemand, der ihr eine rote Rose mitgebracht hatte – es musste ein Mann gewesen sein und er war über Nacht geblieben! Hatte sie wirklich eine Beziehung hinter seinem Rücken oder wollte sie ihn nur provozieren? Provozieren, indem sie so tat, als hätte sie eine Affäre oder indem sie wirklich einen Mann über Nacht bleiben ließ? Clark schwirrte der Kopf.

Natürlich hatte er gar kein Recht, Lois vorzuschreiben, wie sie ihre Nächte verbrachte – und mit wem. Sie waren schließlich noch kein Paar. Aber Clark hatte doch gedacht, erwartet, gehofft, dass sie auf dem besten Weg dahin waren. Doch nun schien er zu spät gekommen zu sein...

Lois kam mit dem Artikel zu ihm und gab ihn das Papier. Sie setzte sich wieder hin. Doch Clark bekam gar keine Chance, ihn zu lesen, sie redete nun auf ihn ein. Nicht ganz so freundlich, wie sie es normalerweise tat, aber auch nicht mehr ganz so frostig, wie noch vor wenigen Augenblicken: „Ganz gleich, was Perry uns morgen gibt, ich würde ganz gerne etwas mit dir besprechen... Ich möchte, dass wir beide etwas tun, uns um etwas kümmern... Clark, hörst du mir überhaupt zu?“ Sie hatte wohl seinen erschrockenen und verwirrten Gesichtsausdruck gesehen.

Natürlich hätte er sich gerne besser unter Kontrolle, aber die Tatsache, dass Lois die Nacht mit einem Mann verbracht hatte, schockierte ihn so sehr, dass er sein Entsetzen nicht verbergen konnte. Er räusperte sich, noch einmal, bevor er seine Stimme wiederfand. Auch danach war sie eher nur ein Krächzen, doch er konnte wieder reden: „Lois... du hast... da war ein Mann über Nacht bei dir...“

Blitzartig änderte sich ihr Blick, der gerade eine Spur Freundlichkeit gezeigt hatte, wieder in Richtung streng und vorwurfsvoll. „Ich wüsste zwar nicht, dass dich das etwas angeht... Aber du hast Recht, Sherlock Holmes.“ Lois atmete scheinbar gelassen ein und aus, ließ das Gesagte einen kleinen Moment wirken. Sie war sich sicher bewusst, was sie damit bei ihm anrichtete – und scheinbar tat es ihr gar nicht leid, ihn so zappeln zu lassen und leiden zu sehen. Einen Hauch freundlicher fuhr sie dann fort: „Genaugenommen geht es um ihn, über den ich mit dir reden möchte. Es geht ihm nicht gut. Ich denke, jemand sollte ihm, ja, ich weiß auch nicht, helfen, mit ihm reden, was auch immer nötig ist. Und da er dir auch sehr nahe steht, dachte ich mir, du würdest mir vielleicht helfen...?“ Sie sah ihn immer noch ernst, aber auch erwartungsvoll an.

Sie hatte es nicht geleugnet. Wie hatte sie diesen Mann in der letzten Nacht getröstet? Bei dem Gedanken, dass jemand anderes Lois küsste, sie berührte, spürte er einen Schmerz in seinem Herzen, der ihm alle Kraft nahm. Doch wer war es? Er kannte ihn auch, das hatte sie gesagt. Jemand, der ihnen beiden nahe stand – Jimmy? Perry? Beide erschienen ihm so unwahrscheinlich. Würde einer von ihnen Lois eine rote Rose mitbringen? Und bis zum Morgen bleiben? Die Zeichen waren doch sehr eindeutig. Zu eindeutig. Clark lehnte seinen Kopf zurück. Er konnte so schlecht atmen, die Luft hier war so dünn.

Lois sah ihn daraufhin sorgenvoll an. „Clark, ist dir nicht gut?“ Sie fühlte ihm fürsorglich die Stirn. „Du fühlst dich normal an.“

Er ließ kraftlos seine Hände sinken, mit denen er noch immer ihren Artikel festhielt. Sie sah ihn besorgt an. Was sollte er nur sagen? Hatte er das Recht sie zu fragen? Eigentlich sprach alles dagegen und doch konnte er sich nicht zurückhalten, es brach geradezu aus ihm heraus: „Wer war heute Nacht bei dir?“

Lois sah ihn überrascht an und da war auch wieder dieses böse Funkeln in ihren Augen. „Ach, das ist es: Du bist eifersüchtig!“ Ihr Tonfall unterstützte ihren bösen Blick. Während sie nun weitersprach, zeigte sich all ihr aufgestauter Groll. „Du bist wirklich gut. Erst bist du für Tage nicht da. Lässt mich alle Arbeit alleine machen. Ich muss mir bei Perry eine Entschuldigung nach der anderen für dich ausdenken. Und das alles nur, weil du es nicht für nötig hältst, mir zu sagen wo du hingehst. Andauernd verschwindest du. Es ist fast so, als würdest du ein Doppelleben führen. Aber was für eins? Was machst du nur immer? Wohin verschwindest du?“ Oh ja, Groll, Ärger, aber auch Verzweiflung zeigte sich da.

Clark holte Luft, setzte zu einer Erklärung an, doch sie ließ ihn nicht einmal zu Wort kommen, sprach schnell weiter, bevor er auch nur ein Wort gesagt hatte. „Nein! Ich will es nicht hören. Das hab ich dir schon einmal gesagt. Und ich habe dir auch schon gesagt, dass es dich überhaupt nichts angeht, mit wem ich die Nacht verbringe.“ Lois sah ihn einen Moment taxierend an. Diese Wut schien sich ein wenig abgebaut zu haben, sie fuhr nun viel ruhiger fort: „Aber andererseits ist er es ja, über den ich mit die sprechen will. Also werde ich es dir sagen: Der Mann, der letzte Nacht bei mir war, ist Superman. Und wir müssen über ihn reden. Er ist schließlich auch dein Freund. Ich denke, es geht ihm nicht gut. Wir beide sind seine Freunde. Was bedeutet, dass wir ihm helfen müssen – also, bist du dabei?“

Clark hatte geradezu an ihren Lippen geklebt, so gespannt war er zu erfahren, wer es war. Doch als das Wort Superman gefallen war, hatte es ihn wie einen Schlag getroffen. Danach hatte er nur noch halb zugehört. Sie hatte die Nacht mit Superman verbracht! Das glaubte sie wenigstens. Aber er konnte es ja gar nicht gewesen sein. Doch wer oder was war dann bei ihr gewesen? „Lois, Superman...? Das kann nicht sein“, stammelte er nur.

Provozierend sah sie ihn daraufhin an. „Warum nicht?“

Oh verdammt, es konnte nicht sein, weil Superman in der letzten Nacht um die halbe Welt geflogen war. Woher wusste er das? Weil er es selber war. Logisch. Doch genau das konnte er ihr nicht sagen, bevor sie nicht ein gewisses Geheimnis über seine zwei Identitäten wusste. Was er ihr aber nicht sagen konnte. Doch dann fiel ihm etwas ein: „Denk an den Superman-Klon, den Luthor erschaffen hat.“

„Ja, aber den hab ich doch genaugenommen recht schnell entlarvt, sein Macho-Gehabe hat ihn verraten. Kein Wunder, Luthor hatte ihn programmiert... Aber dieser ist der echte Superman. Glaub mir.“

„Nein“, brach es ungeduldig aus ihm heraus, „er kann es nicht sein.“

Wenn sie eben schon fast soweit war, ein kleines Lächeln zu zeigen, so kehrte sie nun wieder ihre Wut heraus. „Warum nicht? Glaubst du, ich bin nicht interessant oder attraktiv genug für ihn?“

„Nein, Lois“, er war wirklich verzweifelt, wand sich hin und her, „du bist sicher die interessanteste und attraktivste Frau, die Superman sich nur vorstellen kann. Aber er war es nicht. Er kann es nicht gewesen sein.“

„Warum nicht?“ Bei dieser Frage war noch deutlich das pure Interesse zu spüren. Bei den folgenden Worten zeigte sich dann deutlich die ihm sehr bekannte Lane'sche Rage: „Was willst du mir denn bloß sagen? Kannst du nicht endlich mal aufhören immer so kryptisch zu reden?“

Clark brauchte nur ein paar Sekunden. Einen kurzen Augenblick schloss er seine Augen und wog das eine gegen das andere ab. Es war jemand bei Lois gewesen, der sich für ihn ausgegeben hatte. Warum? Und wer? Es galt seine Doppelidentität zu schützen. Um jeden Preis? Lois musste erfahren, was hier geschah, mit ihr geschah. Jetzt? Ja. Ja! Sie sollte es erfahren. Sie hatte ein Recht darauf. Sie sollte wissen, dass es ihm um weit mehr als Eifersucht ging. Er sorgte sich um sie. Mehr als um sonst jemanden.

Der Entschluss war gefasst. Das war schon einmal ein gutes Gefühl. Auch wenn ihm das Herz bis zum Hals schlug. Er versuchte ruhiger zu atmen. „Lois, der Moment ist nicht ideal.“ Seine Stimme wurde aber mit jedem Wort fester, sicherer. „Ich hatte mir das ein wenig anders vorgestellt, aber die Umstände erfordern es. Ich habe diese Ansprache schon tausendmal geübt – und jetzt weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich anfangen soll...“ Er sah sie um Hilfe bittend an. Aber natürlich konnte sie ihm nicht helfen. Lois wusste in diesem Augenblick offensichtlich gar nicht, was sie zu erwarten hatte. Doch es gab kein Zurück mehr. Clark holte noch einmal tief Luft und versuchte sich selbst zu motivieren: Sag es einfach gerade heraus. Das half ihm ein wenig. „Der Mann der letzte Nacht bei dir war, kann nicht Superman sein, weil ich Superman bin. Und ich war letzte Nacht überall auf diesem Globus, aber nicht bei dir.“

Lois Augen weiteten sich. Sie schien zu überlegen, wie irre seine Behauptung war. Oh ja, vielleicht sollte er es beweisen. Zur Unterstützung seiner These schwebte er in seiner sitzenden Position einfach ein Stück in die Höhe. Gerade soweit, dass sie klar erkennen konnte, er schwebte wirklich. Gab es einen besseren Beweis?

Clark konnte nun sehen, wie sich bei ihr die einzelnen Puzzlestücke langsam zu einem Ganzen zusammensetzten. Wahrscheinlich beantworteten sich ihr in diesem Moment sehr viele Fragen. Sein ständiges Verschwinden oder die Tatsache, dass er als Superman eigentlich immer in ihrer Nähe war. Doch dann kam auch sie sehr schnell zu dem Anfang ihres Gesprächs. „Oh nein, Clark. Wer war dann letzte Nacht bei mir? Und die beiden Nächte davor?“, rief sie entsetzt aus, während er sich langsam wieder auf dem Sofa niederließ.

„Ja“, entgegnete er tonlos, „das sollten wir herausfinden.“ Sie sprach von drei Nächten! „Was hat er... habt ihr gemacht?“ Nun hatte er diese Frage, die ihm schon seit geraumer Zeit unter den Nägeln brannte, doch gestellt. Er biss sich auf die Zunge. Lois hatte natürlich Recht gehabt, im Grunde genommen ging es ihn nichts an. Sie waren Partner, mehr nicht. Dass er hoffte, es würde eines Tages mehr daraus werden, stand auf einem ganz anderen Blatt.

„Oh, keine Sorge, wir haben geredet“, winkte sie lässig ab, „mehr nicht. Stundenlang. Und was er gesagt hat, hat mich tief berührt. Clark, da war so eine tiefe Traurigkeit in ihm. Es war auch nicht so, dass er eine bestimmte Information von mir haben wollte, er hat die meiste Zeit gesprochen. Ich hatte auch die ganze Zeit das Gefühl, dass das alles war, was er wollte - einfach nur reden.“ Das beruhigte Clark.

Lois hatte ihm das so unumwunden mitgeteilt, er sah das als einen ersten Schritt, dass sie ihm verzieh. Er hatte so lange gelogen, ihr etwas vorgemacht. Doch sie redete noch mit ihm, er lebte noch und sie weihte ihn in das ein, was wirklich passiert war. Er begann zu hoffen. Aber sie hatten ein Problem zu lösen. Wer war Lois' nächtlicher Besucher und was wollte er? „Wird er heute Abend wiederkommen?“ Das schien ihm der einfachste Weg um herauszufinden, wer er war und was er wollte – eine direkte Konfrontation.

„Hm, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Es könnte sehr gut sein. Als er ging, hat er gesagt: 'Wir sehen uns', aber nicht wann. Oh mein Gott, Clark, sieh mich nicht so an. Ich komme mir vor, als hätte ich dich betrogen.“ Ihre Betroffenheit war deutlich zu spüren.

Clark war sich gar nicht bewusst gewesen, dass er sie auf eine Art und Weise angesehen hatte, bei der sie sich in die Enge getrieben fühlen konnte. Genausowenig konnte ja von 'betrügen' die Rede sein, sie waren ja noch nicht mal ein Paar – noch nicht. Diese emotionale Verstrickung sollten sie für's Erste auch besser außer Acht lassen. Daher wollte er möglichst sachlich und methodisch vorgehen. „Lois, hatte dieser... Supermann letzte Nacht denn auch wirklich Superkräfte?“

„Ja“, brach es verzweifelt aus ihr heraus, „glaubst du wirklich, ich würde mich noch einmal so leicht von einem gefälschten Superman täuschen lassen?“ Er schüttelte seinen Kopf, um ihr zu zeigen, dass er ihr voll und ganz vertraute. „Aber, Clark, vielleicht solltest du dich verstecken. Wenn er dich sieht, dann...“

„... Dann könnte ihn das abschrecken“, setzte er ihren Einwand fort. „Du hast Recht.“ Er stand auf und ging in Lois' Küche und versteckte sich daraufhin hinter ihrer Anrichte.

Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Lois blieb angespannt auf ihrem Sofa sitzen und wartete genauso schweigend. Was würde er tun, wenn dieser falsche Superman vor ihm stand? Kämpfen? Herausfinden, wer er war und was er wollte – das war wichtig. Die Minuten schlichen träge und klebrig dahin. Die Zeiger der Uhr schienen sich gegen sie verschworen zu haben und bewegten sich in einer unendlichen Langsamkeit.

Bis er plötzlich von diesem eigentlich so vertrauten Geräusch aufgeschreckt wurde – dem typischen 'Wusch' das die Landung ankündigte. Aus der Distanz klang es eigenwillig fremd. Clark sah auf und erblickte auf Lois' Fenstersims Superman – lächelnd und mit einer weiteren roten Rose in der Hand. Der gleiche Anzug, die Haarlocke, Augenfarbe, selbst seine Körperhaltung glich Clark bis aufs letzte Haar. Es hatte etwas befremdliches, wie in einen verzauberten Spiegel zu sehen.

Clark zögerte keine Sekunde, er schoss aus seinem Versteck hervor, auf den Mann in rotblau zu. Clark schlug dem erschrocken dreinblickenden Superman die Rose aus der Hand. Stach sich an den Dornen. Bis zu diesem Moment war ihm nicht wirklich klar gewesen, wie eifersüchtig er in Wirklichkeit doch war. Dann griff er Superman brutal an den Hals und hob ihn hoch. Clark war aufs Äußerste gespannt. Er war kampfbereit. Spürte eine Welle der Aggression in sich aufsteigen. Er wollte diesen falschen Helden vernichten.

Doch entgegen all seiner Erwartungen und schlimmsten Befürchtungen wehrte sich dieser Superman nicht. Er hing ein paar Zentimeter über dem Boden, fest in Clarks Griff und rührte sich nicht. Clark sah ihm in die Augen. Dort sah er dann genau das, was Lois ihm schon angekündigt hatte – eine tiefe Traurigkeit blickte ihm entgegen. Doch abgesehen davon, hatte Clark das Gefühl, er blickte in seine eigene Seele. Alles erschien ihm so vertraut und bekannt.

Dann sprach Superman und auch seine Stimme glich der von Clark vollkommen. „Nein... bitte nicht kämpfen. Ich möchte nicht kämpfen – und schon gar nicht mit dir.“ Seine Stimme, sein ganzes Auftreten wirkte so niedergeschlagen, so kraftlos und traurig.

Diesen Mann, diesen Lügner, diesen Blender... Clark wollte, aber er konnte ihn nicht angreifen. Da war etwas, eine Ahnung, die Clark sagte, er war kein Feind, obwohl er auch keine Vorstellung hatte, was er stattdessen war. Clark ließ ihn langsam herunter. „Wer bist du?“, war das Einzige, das er noch herausbrachte.

Superman, nun wieder auf seinen eigenen Füßen, stand vor ihm und fuhr sich mit seiner Hand einmal kurz über seinen Hals. Clark hörte wie Lois aufstand, sicher wollte sie zu ihnen treten. Ohne sich nach ihr umzudrehen, bedeutete Clark ihr mit seiner Hand nicht näher zu kommen. Auch wenn er beschlossen hatte diesen falschen Helden nicht auf der Stelle zu vernichten, noch hatte er keine Vorstellung, was hier vor sich ging. In welcher Gefahr sie sich befanden.

Superman sah Clark direkt in die Augen und sagte beherrscht, bedächtig: „Ich – bin – du...“

Clark sah sein rotblaues Spiegelbild verwundert und skeptisch an und wusste doch instinktiv, dass sein Gegenüber die Wahrheit sagte. Es gab eine Verbundenheit zwischen ihnen, die er nicht erklären konnte und doch tief in seinem Herzen spürte. „Wie...? Und Warum?“, stammelte er ergriffen.

„Ja, ich fürchte, ich schulde dir eine Erklärung.“ Supermans Körperhaltung verlor langsam die angespannte Vorsicht. Er klang immer noch so, als fiele ihm das Reden schwer, kam dann aber Clarks Frage nach: „Eigentlich wollte ich dir auch gar nicht begegnen. Mir war klar, dass das kompliziert werden würde – für dich und für mich. Es ging mir nur darum, Lois zu sehen...“

Entgegen Clarks Empfehlung trat Lois nun doch näher zu ihnen beiden. Jetzt war sie es, die ein wenig atemlos „Warum?“ fragte.

Superman rieb sich gedankenverloren das Kinn. Eine Geste die Clark von sich selber kannte, wenn er nicht genau wusste, was er sagen sollte. Superman ging nun weiter in den Raum hinein, Lois und Clark ließen ihn gewähren, behielten ihn jedoch ständig im Auge. Dann setzte sich Superman auf das Sofa. „Wo fange ich nur an?“ Lois und Clark setzten sich daraufhin auf das gegenüberliegende Sofa, doch Clark kam es so vor, als waren sie nicht in der Lage sich zu entspannen. Superman hingegen saß dort, als ergebe er sich in sein Schicksal, er fuhr gelassen fort: „Ich komme aus der Zukunft, aus eurer Zukunft. Mit einer Zeitmaschine. Es ging mir nur darum Lois zu sehen. Eigentlich wollte ich sie nur von Ferne betrachten, wenigstens ein einziges Mal noch. Aber als ich sie dann gesehen hab, konnte ich nicht widerstehen, ich musste mit ihr sprechen. Ihre Stimme zu hören, ihren Elan zu spüren...“, auf seinen Lippen bildete sich ein vorsichtiges Lächeln, „... ihr Geplapper... Gott,wie ich das geliebt habe...“ Seine Stimme klang nun belegter und sein Blick wurde glasig.

Clark war sich sogar sicher, dass er Tränen sah. Alles was sein Spiegelbild ihnen zeigte, war genau diese tiefe Traurigkeit, von der Lois die ganze Zeit gesprochen hatte.

Superman fuhr sich kurz mit den Fingern über die Augen und fuhr mit einem Zittern in der Stimme fort: „Ich bin alleine und ich halte es nicht mehr aus. Als sie mich verlassen hat, diese Welt verlassen hat, da hatte ich das Gefühl, ich höre auf zu existieren.“ Er schluckte einmal schwer und eine Träne rollte ihm die Wange herunter. „Herby sagte bei ihrer Beerdigung, dass für mich die Sonne wieder aufgehen würde, aber... dieser Tag ist jetzt acht Jahre her. Und... ich will nicht mehr... ich kann nicht mehr. Ohne sie ist mein Leben nichts. Aber weißt du“, er sprach Clark direkt an, „ich kann mich noch nicht einmal umbringen... Wir sind unverwundbar, regenerieren uns immer vollständig. Das bedeutet, dass wir nicht sterben können. Ich habe mich vom Sonnenlicht zurückgezogen, damit sich meine Kräfte nicht regenerieren. Tage erst, dann Wochen und Monate. Ich habe mich im Keller unseres Hauses vergraben. Mit niemanden mehr gesprochen. Ich wurde auch schwächer, aber ich lebe immer noch. Kryptonit gibt es nicht mehr auf der Erde. Ich habe es schon vor Jahrzehnten komplett vernichtet. Alle aus der Familie haben versucht mich dort heraus zu holen. Aber wozu, wenn sie nicht mehr da ist...?“

Clark saß dort und hörte die Worte und doch hatte er das Gefühl seine wirkliche Bedeutung nicht wirklich fassen zu können. Das war alles so unglaublich. Zu unglaublich, um wahr zu sein? Eigentlich war diese ganze Geschichte so märchenhaft, aber Clark spürte eine Eingebung in sich, dass er all das glauben konnte. Dieser Mann dort, das war er selbst, nur eben älter. Wie alt war er? Und er hatte Lois verloren, sie war offensichtlich gestorben. Wann? Und wie? Aber er hatte auch gesagt, dass er Lois verloren hatte, nachdem sie zusammen gewesen waren. Sie würden also wirklich ein Paar werden. Und doch konnte er sich an diesem Gedanken nicht wirklich freuen, wenn er sich klar machte, dass er sie auch wieder verlieren würde.

Lois schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen. Sie war es, die als erste ihre Sprache wiederfand und begann zu fragen: „Ich werde sterben, wie?“, mit stockender und rauer Stimme.

Superman zeigte ein kurzes, aber freudloses Lächeln. „Oh, keine Sorge. Du wirst alt werden. Sehr alt. Es war ein ganz natürlicher Tod. Offensichtlich überträgt sich etwas von meinen Kräften auf dich. Vielleicht durch die Nähe oder die lange Zeit. Eine bessere Erklärung haben wir niemals gefunden. Du wirst 156 Jahre alt werden...“

„WAS?!“ Lois beugte sich entsetzt vor, fast sah es so aus, als wollte sie ihr Gegenüber anspringen.

„Doch, es ist wahr. Du hast die normale Lebensspannen eines Menschen bei weitem übertroffen. Aber dieses Phänomen finden wir auch bei allen Lebenspartnern von unseren Kindern und den Enkeln...“

„WAS?!“ Lois hatte sich gerade wieder entspannter zurückgesetzt. Doch bei den Worten Kinder und Enkel war sie in dieselbe geschockte Angriffshaltung gegangen. „Ich und Kinder...?“

Superman schien sich zu erinnern und lächelte. „Stimmt ja, du hattest dir damals niemals vorstellen können, Kinder zu haben. Die Arbeit... immer auf der Suche nach der nächsten Story, dem nächsten Preis. Als wir dann erst einmal zusammen waren, schien es auch dir wie der nächste natürliche Schritt zu sein. Es sind vier...“

„VIER?!“ Mit jedem weiteren Wort, das Superman ihnen erzählte, zauberte sich ein immer zufriedeneres Lächeln der Glückseligkeit in Clarks Gesicht. Doch für Lois schien es nur ein Schock nach dem nächsten zu bedeuten. „156 Jahre und vier Kinder... Und Clark und ich... wir... wir...?“

Superman schien genau zu wissen, worauf sie hinaus wollte. „Ja, ihr heiratet. Doch bis dahin ist es noch ein recht steiniger Weg. Viele Hindernisse galt es zu überwinden. Aber...“, sein Blick glitt in die Ferne, „es hat uns nur noch weiter zusammengeschweißt.“

Lois hing inzwischen an seinen Lippen. „Waren wir... sind wir... werden wir – verdammt noch mal, Zeitreisen! Das ist kompliziert. Du und ich oder besser Clark und ich, werden wir glücklich sein? Waren wir es?“

Superman sah Clark an. „Ich glaube, du weißt es bereits, nicht wahr? Die gelbe Sonne der Erde gibt uns die physische Kraft, Lois gab mir meine mentale Kraft. Sie hat mich mit Leben erfüllt. Ich war ein Teil einer Einheit. Und sie? Ich habe sie öfters gefragt“, dabei lenkte er seinen Blick auf Lois, „es war kompliziert für uns beide, gerade in den ersten Jahren. Doppelte Identität, eine Ehe zu dritt, immer zurückstecken, wenn meine Kräfte irgendwo auf der Erde gebraucht wurden oder die Sorgen, wenn mich jemand bedrohte. Dann die Frage um die Kinder, geht es, wollen wir – beide? Und wie wird es für die Kinder sein? Bekommen sie auch die Kräfte? Wie gehen sie damit um? Doch sie hat mir immer gesagt, dass sie nicht einen einzigen Tag missen wollte, dass sie es niemals bereut hat, sich auf mich eingelassen zu haben. Als sie starb...“, hier stockte er und selbst Clark hatte das Gefühl, jemand würde ihm das Herz aus der Brust reißen. „waren ihre letzten Worte... dass sie mich liebt... und dass sie alles genauso wieder machen würde, wenn sie könnte.“

Superman sah die beiden an und doch schien sein Blick in die Ferne gerichtet zu sein. In diesem Moment war er bei ihr, bei seiner Lois. Die Tränen rollten ihm die Wange herunter.

Lois war offenbar genauso ergriffen wie Clark sich fühlte. „Aber wie können wir oder ich dir helfen?“ Alle Gedanken an Vernichtung waren weit weg. Hatten jegliche Bedeutung verloren.

Superman richtete auf ihre Frage hin seine Aufmerksamkeit wieder in das Hier und Jetzt. „Helfen...? Gar nicht. Ihr könnt mir nicht helfen. Du“, er sah Lois an, „gehörst zu ihm.“Sein Blick ging zu Clark. „Du bist seine Lois. Meine gibt es nicht mehr...“

Nun war es an Clark, sich hilflos zu fühlen und doch verspürte er diesen unbeugsamen Drang, etwas tun zu müssen. „Aber wir können doch nicht einfach nichts tun.“

„Ich wollte sie nur noch einmal sehen. Das ist wirklich alles. Mir kann man nicht helfen. Ich muss mich einfach an das halten, was ich noch habe. Wir haben vier fantastische Kinder... Ich habe sie die letzten Jahre ziemlich rüde behandelt. Vielleicht sollte ich ihnen doch eine Chance geben. Nein, ihr beide könnt nichts tun. Ich wollte sie doch nur noch einmal sehen...“

Superman verdeckte seine Augen mit der Hand. „Es tut mir so leid, dass ich so viel durcheinander bringe...“

Wenn es etwas gab auf dieser Welt, das Clark nachvollziehen konnte, dann war es diese Trauer. Zu wissen, dass er Lois verlieren würde, auch wenn es erst in einer Ewigkeit sein sollte, zog ihn in ein tiefes, dunkles Loch der Traurigkeit.

Lois sah ihn an und es war kaum auszumachen, wer von ihnen dreien in diesem Moment mehr litt. Sie setzte gerade zu einer weiteren Bemerkung an, als es plötzlich an ihrer Tür klopfte. Lois sah überrascht auf und fragte auf dem Weg zur Tür noch: „Wer kann das sein?“ und ihr Blick durch den Spion schien ihr auch nicht weiter zu helfen. Sie öffnete.

„Guten Abend, Miss Lane, Mister Kent und Clark. Ich habe fast geahnt, dass ich dich hier finden würde...“ Der Mann, der nun Lois' Apartment betrat ließ ein tiefes Seufzen verlauten. Er war nicht besonders groß, schätzungsweise um die 50 Jahre alt und auf eine eigentümliche Weise altmodisch gekleidet. Dieser Eindruck rührte nicht nur von seiner Melone oder seiner Nickelbrille her. Alles an diesem Mann schien der Zeit entrückt zu sein.

Superman sah den Besucher aus verweinten Augen an. „Es tut mir leid, Herby, ich glaube, ich habe einige Verwirrung gestiftet...“

Herby, den Namen hatte Superman schon vor einiger Zeit erwähnt, er wirkte freundlich und nachsichtig. Auch wenn er bei dem Wort 'Verwirrung' heftig genickt hatte. Er wand sich nun lächelnd an Clark und Lois, die dem ganzen Treiben bisher schweigend, aber gespannt zugesehen hatten: „Ich sollte mich besser vorstellen, ihr beide kennt mich nicht, noch nicht, mein Name ist Herbert George Wells...“

Clark glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. „H.G. Wells? Doch nicht etwa der Schriftsteller?“ Der ältere Mann nickte daraufhin nur freundlich. „Sie sind doch schon seit Jahrzehnten tot.“

Wells lächelte weiterhin entspannt. „Das ist eher kompliziert, manchmal bin ich auch tot...“

„Moment mal“, schaltete sich Lois dazwischen, „H.G. Wells war ein Zeitreisender. Clark, da schließt sich doch der Kreis.“

Da hatte Lois Recht, ein Zeitreisender, ein älteres Ich seiner Person, eine Lois, die bereits vor acht Jahren mit 156 Jahren gestorben war... Langsam gab alles einen Sinn. „Mister Wells, und was wollen Sie hier?“

Ihr später Besucher rieb sich daraufhin seinen Schnauzbart. „Hm... auch das ist kompliziert. Die Kurzform lautet: Diesen alten Clark in seine Zeit zurückbringen. Aber ich fürchte, vorher werde ich wohl einige Erklärungen abgeben müssen. Etwas, was ich eigentlich gar nicht so gerne mache. Wenn der Mensch in das Gefüge der Zeit eingreift, richtet er meist mehr Schaden an als Gutes zu bewirken. Aber das werdet ihr beide erst in ein paar Jahren wirklich verstehen. Clark, du wusstest das...“ Die letzten Worte sprach er ermahnend zu dem Clark im Superman-Outfit.

Superman nickte daraufhin schuldbewusst. „Aber Herby, ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten. Meine Welt ist nichts mehr ohne sie. Ich kann mich einfach zu nichts mehr motivieren. Alles, was ich tun könnte... es... wozu? Du hast zu mir gesagt, meine Sonne würde wieder aufgehen. Aber ohne sie bedeutet es mir nichts. Herb, ich mag nicht mehr...“ Aller Schmerz dieser Welt sprach aus diesen Worten.

„Oh Clark.“ Wells klopfte Superman freundschaftlich auf die Schulter und setzte sich neben ihn. Er atmete tief durch. „Hab ich dich denn jemals angelogen?“ Superman schüttelte unwillig den Kopf und so fuhr der sympathische ältere Herr fort: „Ich habe es dir schon vor Jahrzehnten erklärt...“, dann sah er kurz Lois und Clark an, „euch werde ich es erst in einiger Zeit erzählen: Lois Lane und Clark Kent sind Seelenverwandte. Wo immer seine Seele ist, da ist auch die ihre. Auf ewig verbunden...“

„Aber meine Lois ist nicht mehr... Sie ist tot, kommt nie mehr wieder...“, unterbrach Superman ihn verzweifelt.

„Nein, Clark“, sprach Wells nun beruhigend auf den älteren Clark ein, „ihre körperliche Hülle hat die Erde verlassen. Ihre Seele ist unsterblich. Wahrscheinlich wandelt sie in einem jungen Körper über die Erde, stolz, ehrgeizig, mit scharfem Verstand, unnachgiebig und plappert wahrscheinlich gerade ihre Eltern in den Wahnsinn...“ Wells lächelte bei diesen Worten. „Sie muss nur erwachsen werden. Und dann müsst ihr beide euch finden.“

Superman sah den älteren Freund an und das erste Mal an diesem Abend gab es so etwas wie Hoffnung in seinem Blick. „Sie kommt wieder...?“

Wells nickte warmherzig. „Ihre Seele... ja. Aber du solltest dir überlegen bis dahin nicht mehr als alter, griesgrämiger Mann herum zu laufen. Lass dich wieder auf das Leben ein, dann kommt es auch zu dir. Du hast eine riesengroße Familie, Menschen, die dich lieben – geh auf sie zu.“

Superman und Wells umarmten sich herzlich und in diesem Moment begann der strahlende Held etwas von seinem Strahlen zurück zu gewinnen. Wells klopfte dem älteren Superman freundlich auf die Schultern. „Aber sag mir bloß, wie bist du hierher gekommen? Wie bist du an eine Zeitmaschine gekommen?“

„Ich hab sie gebaut.“ Wells sah ihn daraufhin ungläubig an. „Du hast mir mal einen Plan dagelassen, weißt du noch? Es war bei unserer ersten Begegnung, du bist mit Tempus gekommen und brauchtest Kraftstoff. Doch Tempus sah seine Chance, mich als Kleinkind zu vernichten. Da hast du diesen Plan dagelassen...“ Mit der gerade wiedergewonnenen Zuversicht klang dieser Superman nun genauso, wie Clark sich immer bemühte als Superman zu klingen.

Wells schüttelte lächelnd seinen Kopf. „Den Plan hattest du noch?“ Superman nickte nicht ohne Stolz. „Nein, das hätte ich doch niemals gedacht, dass dieser Plan noch existiert. Nein, nein, nein...“

„So, und nun zu euch beiden...“, Wells wand sich nach diesem kurzen, bewegenden und wenig schlüssigen Moment an Lois und Clark. Die beiden hatten dem Schauspiel bisher still und ehrfürchtig zugesehen. Clark war wirklich gespannt, was nun noch kommen sollte. All diese Informationen, die er die letzte Stunde erhalten hatte, der Ausblick auf seine eigene Zukunft, auf ihre gemeinsame Zukunft, ein Leben mit Lois, Kinder, Familie und dann noch ein Leben mit...? Das war durch nichts mehr zu steigern. Er spürte eine tiefe Zufriedenheit in sich. Zuversicht, Mut. Doch Wells holte ihn recht schnell von seiner Wolke sieben. „Ich kann euch natürlich nicht mit diesem Wissen weiter leben lassen.“

Nun schaltete sich Lois schlagkräftig ein: „Sie werden uns das eben erlebte kaum wieder wegnehmen können.“ Stolz sah sie den älteren Besucher an.

„Ach Miss Lane, es tut mir so leid, aber ihr beide müsst euren Weg gehen. Mit all den Schwierigkeiten, den Steinen im Weg, den Göttern, die scheinbar gegen euch sind. Ihr braucht das, um genau so stark zu werden, wie ihr es dann seid.“

Mad Dog Lane erwachte und brachte schon mal ihre Ellenbogen in Kampfposition. „Was wollen Sie machen, uns einen Vergessenstrunk einflößen?“, fragte sie ihn provozierend.

Doch Wells ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Nein, Miss Lane, meine Mittel sind etwas einfacher und dafür effektiver...“ Mit diesen Worten holte er unter seinem altmodischen Jackett ein etwa handtellergroßes Gerät heraus. Es sah aus wie eine überdimensionierte Fernbedienung, hatte aber nur fünf Knöpfe und ein kleines Display. Wells begann nun darauf herum zu tippen.

Lois rief aufgebracht aus: „Clark! Tu etwas. Irgendetwas.“

Doch Clark hörte seine eigene Stimme nur noch wie von Ferne: „Lois... ich sehe dich... in der Zukunft...“ Er hatte das Gefühl als würde ihn etwas an seinem Nabel ziehen. Der Raum um ihn herum, Lois' Apartment, begann undeutlicher zu werden, zu verschwinden. Einen kurzen Moment fühlte er sich ganz leicht und dann...

... dann war alles wieder normal. Genüsslich biss er seinen Zimt-Donut und las den Artikel noch einmal Korrektur. Lois kam von ihrem Schreibtisch auf ihn zu. Er hob seinen Blick und sah sie gespannt an.

„Clark, wir beide sollten mal ein wenig entschlussfreudiger sein. Wir sollten versuchen einen Termin zu finden und dann sollten wir es einfach tun. Was hältst du von einem Date?“ Lois kaute auf ihrem Bleistift und kam mit ihrem Kalender zu ihm.

Doch er hatte sie ganz genau verstanden. Er war so froh, dass sie den Mut hatte auszusprechen, was er schon so häufig vorformuliert hatte. Er wollte mit Lois ein Date haben, lieber heute als morgen, und doch hatte er sich niemals getraut. Was, wenn sie nein sagte? Sie nahm den Bleistift aus dem Mund und nahm sich einen von seinen Zimt-Donats. „Lois, das ist wirklich eine sehr gute Idee – Ja. Was ist mit Donnerstag?“

Lois blätterte in ihrem Kalender ein paar Seiten vor. „Nein, Donnerstag ist nicht gut, da trifft sich die Nationale Organisation der weiblichen Journalisten. Wie wäre es Mittwoch?“

„Hm, tut mir leid, Mittwoch gibt es einen sehr interessanten Vortrag der Mikro-Entomologen.“ Er sah ihren ungläubigen Blick und setzte erklärend nach: „Es interessiert mich nun mal. Wie sieht es bei dir heute aus?“

Sie schüttelte wieder ihren Kopf. „Heute ist meine Prüfung zum braunen Gürtel im Taekwon-Do. Freitag?“ Lois sah ihn hoffnungsvoll an. Dann stockte sie plötzlich als ginge ihr ein abwegiger Gedanke durch den Kopf. „Sag mal, Clark, hast du auch so ein merkwürdiges Gefühl von Déjà Vu?“

In der Tat, das hatte er. Aber sie konnten doch diese Worte unmöglich schon einmal zueinander gesagt haben. Das würde er niemals vergessen oder verdrängen. Nein, es musste Einbildung sein. „Lois, es ist ganz gleich... ich meine, in deiner Gegenwart kommen meine Gefühle schon öfters mal ein wenig durcheinander. Doch davon lass ich mich nicht abhalten, im Gegenteil. Ich würde sehr gerne am Freitag mit dir ausgehen.“ Überglücklich und zufrieden mit sich und der Welt strahlte Clark über das ganze Gesicht.

ENDE


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Offenbarungs-Reihe IX Teil 1

Beitragvon Magss » Do 25. Mär 2010, 09:20

Ich melde mich mal wieder mit einem weiteren Teil meiner lockeren und vollkommen unzusammenhängenden „Offenbarungs-Reihe“. Diese ist aber nun doch etwas länger geworden, es werde drei Teile, damit auch die unter euch mit der „5-Seiten-Vorliebe“ nicht überfordert werden... ;-)

Wieder stand mir KitKaos als wunderbare Beta-Leserin zur Seite. Ganz großes Dankeschön dafür.

Inhalt: Zeitlich habe ich es in der 2. Staffel angesiedelt. Clark beobachtet etwas an Lois, das ihn zutiefst beunruhigt. Doch als er sie darauf anspricht, wehrt sie ab. Verharmlost die Angelegenheit, es ist eben Lois. (Ich hoffe nur, unsere Medizinfrau haut mir diese Story nicht um die Ohren. Hier und da musste ich wohl schon einige Fakten etwas überziehen für eine gewisse Dramatik.)
Trotz allem würde ich mich über Kritik freuen, positiv wie negativ, solange es konstruktiv ist.

Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, verdiene kein Geld damit.






Déjà Vu


Clark atmete einmal tief durch, um den Kommentar, der ihm schon auf den Lippen lag, schnell wieder herunter zu schlucken. Eigentlich hatten sie wirklich genug zu tun heute: Da gab es noch hier und da ein Interview zu führen, sie sollten das verlassenen Firmengelände noch inspizieren; vielleicht sollten sie auch Jimmy anfordern, um Fotos zu machen; und sie mussten den Artikel natürlich auch noch schreiben. Jedenfalls hatten sie überhaupt keine Zeit, von einem Herrenausstatter zum nächsten zu laufen, während Perry dachte, sie seien der 'Water-Fish-Affäre' auf der Spur.

Er wollte gerade etwas Vernünftiges einwenden, als Lois schon die Tür zu 'Barney's & Son' auf stieß. „Komm schon, sei kein Frosch! Es dauert nur ein paar Minuten.“

Das hatte sie bei den letzten beiden Geschäften auch schon gesagt, seufzte Clark innerlich und verdrehte die Augen. Sam Lane hatte übermorgen Geburtstag und Lois wollte ihm etwas schenken. Die jahrelange Funkstille zwischen ihrem Vater und ihr war gerade dabei aufzubrechen und sie wollte ihm zeigen, dass sie an ihn dachte. Aber sie hatte auch gesagt, sie wüsste nicht, was er lesen würde oder wofür er sich interessierte. Wenn sie ihm also keinen Cyborg schenken wollte, käme nur etwas zum Anziehen in Frage.

Clark war ihr in das Geschäft für den feinen Zwirn gefolgt. „Was wirst du ihm schenken? Eine Krawatte?“

Lois blieb abrupt stehen und drehte sich zu Clark. Ihr Blick wurde verschwommen und sie zog dabei ihre Stirn in Falten. „Krawa...“, faselte sie, "Ich hab gerade... ein Gefühl von Déjà Vu... Ah!“, blitze es in ihren Augen, „Ich weiß es, Perrys Geburtstag – damals hatte ich auch ein Déjà-Vu-Gefühl... Muss wohl am Thema Krawatte liegen...“ Sie sah Clark – der leichte Schwierigkeiten hatte ihren Gedanken zu folgen – an, als sei dies die natürlichste Sache der Welt.

Wie zufällig waren sie neben einem Drehständer für Krawatten stehen geblieben. Clark ließ seine Finger über die seidigen Schlipse gleiten, fischte einen dezent gemusterten in gesetztem Beige-braun heraus und zeigte ihn seiner Partnerin. Die Zielperson für dieses gediegene Kleidungsstück musste wohl ein Alter von mindestens 130 Jahren haben. Jedenfalls sagte Lois' Blick das aus. „Jaja... Ideen muss man haben...“

Und obwohl Clark schon nicht mehr daran geglaubt hatte, verließen sie das Geschäft nur wenige Minuten später mit einer aufwendig verpackten Krawatte. Der Verkäufer war ausgesprochen taktisch vorgegangen. Erst das dritte Modell, das er Lois gezeigt hatte, hatte sie wirklich angesprochen. Während der junge Verkäufer ihr die hervorragende Verarbeitung nahe gebracht hatte, um sie vollends zu überzeugen, hatte Clark nur die Primärfarben Blau mit Rot und einer Spur Gelb gesehen und erneut die Augen verdreht. Aber immerhin hatten sie dann gehen und sich wieder ihrem Fall widmen können.

Der Boden im Bereich der Tür von 'Barney's & Son' war natürlich, wie es sich für ein modernes Geschäft gehörte, eben und ohne jede Stolperfalle, keine losen Teppiche oder unübersichtlichen Stufen. Trotzdem kam Lois beim Verlassen des Etablissements ins Straucheln. Das wäre kaum der Erwähnung wert gewesen, Clark ging neben ihr, fing sie kurzerhand auf und verhinderte so Schlimmeres. Doch es war heute schon das dritte Mal, dass ihr so etwas passierte. „Hey, Lois! Was ist nur los mit dir? Stimmt etwas mit deinem Absatz nicht?“

Erstaunlicherweise reagierte die selbstbewusste Starreporterin des Daily Planet nicht mit einem eiskalten Blick, sondern verunsichert: „Nein, nein... mein Absatz ist okay, hab ich schon nachgesehen. Ich... Ich weiß auch nicht, was das ist...“ Das Hilfesuchende in ihrem Blick beunruhigte Clark. Es wäre viel eher ihre Art gewesen, einen Spaß darüber zu machen oder ihm einfach mit diesem typischen Mad-Dog-Lane-Blick abzuschießen. Gab es da etwas, das sie bedrückte? Sie konnte doch mit ihm reden...

~ ~ ~

Diese Begebenheit fiel Clark erst zwei Tage später wieder ein. Wieder war es ein für Lois so untypisches Verhalten, das seine Erinnerung auffrischte. Sie ging auf die Rampe im Redaktionsbüro zu und urplötzlich hatte Clark ein Gefühl von Déjà Vu. Er sah sie ins Stolpern geraten, sah sie schon lang hinschlagen, war drauf und dran, ihr zur Hilfe zu kommen, als er sich klar machte, dass es dieses Szenario nur in seine Vorstellung gab. Er schüttelte gerade noch seinen Kopf, als er plötzlich sah, was sich gerade noch nur in seinem Kopf abgespielt hatte: Lois stolperte, als hätte sie Magneten in ihren Schuhen, die ihre Füße mit fester Kraft anzogen. Diese Rampe war sie doch schon mindestens tausendmal hinunter gegangen. Den Weg müssten ihre Füße doch im Schlaf finden. Doch stattdessen schienen sie das Terrain vergessen zu haben. Lois war normalerweise nicht ungeschickt. Sie war sportlich, gewandt und kannte jeden Quadratmeter dieser Räumlichkeiten. Erst in diesem Moment, als er darüber nachdachte, drängte sich ihm auch das Gefühl auf, dass sie den gestrigen Tag offenbar versucht hatte, ihren Bürostuhl nicht zu verlassen. 'Jimmy, könnten du mir dann auf dem Weg die Listen mitbringen?', 'Clark, bist du so lieb und bringst mir einen Kaffee mit?' Gab es da einen Zusammenhang? Heute wäre auch die Frage nach einem möglicherweise abgebrochenen Absatz überflüssig. Sie trug flache Schuhe ohne Absatz. Sollte er sich Sorgen machen? Oder machte er sich schon zu viele Sorgen? Gerade wenn es um Lois ging, neigte er dazu, das war ihm klar.

Doch den Impuls, sie darauf anzusprechen, bekam er erst, als er noch eine weitere Begebenheit beobachtete. Lois saß an ihrem Schreibtisch und tippte konzentriert. Sie starrte auf den Bildschirm und griff ohne hinzusehen nach ihrem Kaffeebecher, führte diesen ganz in Gedanken zu ihren Lippen und dann sah es so aus, als würde er ihr aus der Hand gleiten. Einfach so. Direkt über der Tastatur. Gerade noch im letzten Moment griff sie mit der linken Hand nach und konnte so das Desaster verhindern. Verschreckt sah sie den Becher daraufhin an, als fragte sie sich, ob der etwas dafür könnte.

All diese Fakten zusammengenommen beunruhigten Clark. Er stand auf und beschloss zu handeln, ging zu ihrem Schreibtisch und sagte zu seiner Kollegin leise, damit es niemand anderes hören konnte, aber auch so bestimmt, dass sie nicht viel nachfragen würde: „Lois, wir müssen reden! In den Konferenzraum!“

Sie kam seiner bestimmten Aufforderung ohne jede Verzögerung nach. Das lag aber sicher nur daran, dass sie sich von Clark neue, interessante Fakten zu ihrem Fall erhoffte. Er schloss die Tür hinter ihnen und sah sie besorgt an. Wie sollte er beginnen? Sie hasste solche Gespräche, also am besten geradewegs drauf los: „Lois, was ist mit dir?“

„Was? Was meinst du?“, herrschte sie ihn an.

„Ich beobachte das jetzt schon seit ein paar Tagen“, ließ er sich nicht einschüchtern, „andauernd kommst du mit deinen Füßen ins Stolpern. Was ist denn das? Und dann eben die Geschichte mit dem Kaffeebecher...“

Die Tatsache, dass sie sich an diesem Punkt des Gesprächs von ihm abwandte, ihn nicht ansah, dass sie die Arme um ihren Oberkörper schlang, als wäre ihr kalt, während sie ihm leise vorwarf: „Du beobachtest mich? Wenn ich das gewusst hätte...“, zeigte nur um so deutlicher, dass er ins Schwarze getroffen hatte, dass es etwas war, das ihr selbst bereits aufgefallen war.

Warum hatte sie nicht einfach einen Ton sagen können? „Also, was ist los? Was geht da vor?“ Er machte sich nun wirklich Sorgen.

Sie schüttelte den Kopf. „Nichts! Nichts. Es ist gar nichts.“ Doch jedes ihrer Worte klang so wenig überzeugend, so unsicher, dass Clark in diesem Moment immer sicherer wusste, dass er 100-prozentig richtig lag. Da war etwas. Und es war etwas, das sie beunruhigte.

„Lois! Versuche doch bitte nicht, mir etwas vorzumachen! Ich merke doch, dass da etwas ist. Komm, du kannst mit mir reden“, versuchte er sie zu überzeugen.

Lois hatte ihren Blick auf die Kollegen außerhalb des Konferenzraumes gerichtet; sie betrachtete sie durch die herunter gelassenen Jalousien hindurch, doch sicher sah sie die anderen gar nicht. Dann drehte sie sich langsam um und blickte Richtung Boden. Clark sah den Kampf in ihr, ob sie sagen sollte, was doch so offensichtlich war oder doch lieber bei ihrer Verweigerung blieb, sah, wie sie die Hände fast krampfhaft ineinander faltete. „Ich... ich weiß nicht, was es ist. Es geht seit ein paar Tagen...“ Clark atmete erleichtert aus, die Vernunft hatte gesiegt. „Es ist, ich weiß nicht, was es ist, es fühlt sich an, als würde mir mein Fuß nicht gehorchen...“ Ihr Blick, nun direkt an ihn gerichtet, drückte tiefe Verzweiflung aus.

„Fuß oder Füße?“, fragte Clark sehr sachlich.

„Nein!“, versicherte sie ihm schnell. „Es ist nur der rechte, der linke ist vollkommen in Ordnung.“

„Und wie fühlt es sich an?“ Noch konnte er sich so gar kein Bild machen.

„Das ist ja das Komische, der Fuß fühlt sich... irgendwie taub an.“

„Taub?! Lois, du hast ein Taubheitsgefühl im Fuß und sagst nichts?! Und das schon seit Tagen?! Das könnte etwas sehr Ernstes sein... Gibt es da sonst noch etwas?“, fragte er sie ängstlich.

Nun drehte sie sich wieder zu den Glasscheiben, um ihn nicht ansehen zu müssen. „Nun ja, er ist... taub eben. Keine Ahnung, als hätte ich mir einen Nerv eingeklemmt. Was weiß ich denn. Und nachts... wenn ich entspanne... schmerzt er.“ Sie sprach mit jedem Wort leiser.

Normalerweise war es ein schier unmögliches Unterfangen, Lois dazu zu bewegen, einen Arzt zu konsultieren. Sie hasste Ärzte. Clark hatte schon mehr als einmal überlegt, ob es daran liegen konnte, dass ihr Vater sie in jungen Jahren wohl zu überreden versucht hatte selber Ärztin zu werden. Ganz so, als würde die Ablehnung dieses Berufsstandes ihren immer noch gegenwärtigen Kampf gegen ihren Vater darstellen. Doch in dieser Situation war es vergleichsweise leicht für Clark, seine Kollegin genau dazu zu überreden. Und sie ließ sich sogar ohne jede Gegenwehr dazu bringen, gleich einen Facharzt, einen Neurologen, aufzusuchen. Denn dass sie es hier nicht mit einer banalen Erkältung zu tun hatte, war offenbar auch Lois klar.

All das zeigte Clark, dass auch Lois sich wirklich ernsthafte Sorgen um sich selbst machte. Wahrscheinlich hatte sie bisher alle Anzeichen hervorragend verdrängt. Aber sie musste etwas tun, bestärkte er sich in seinem rigorosen Vorgehen.

So saß Clark also nur ein paar Stunden später im Wartezimmer eines Dr. Harris. Sie hatten wirklich Glück gehabt; dieser Mann galt als eine Koryphäe in Metropolis, war ständig ausgebucht, aber offenbar schuldete er Perry noch einen Gefallen. Und da dieser ihr Bemühen, einen Termin bei einem Neurologen zu bekommen mitbekommen hatte, wartete Clark nun also hier in diesem Wartezimmer, während sich Lois im Behandlungszimmer behandeln ließ.

Warum dauerte das so lange?! Er saß hier bereits mehr als eine Stunde und hatte bereits alle ausliegenden Zeitschriften durchgelesen. Er war über allen denkbaren Klatsch und Tratsch aus der High Society bestens informiert. Wusste von allen Schauspielern, wann sie ihr letztes Lifting, ihre letzten Affären gehabt hatten. Kannte sich in allen vermuteten Pleiten aus. Doch all das hatte er gar nicht wissen wollen. Er wollte Klarheit. Er wollte, dass Lois aus diesem Zimmer kam, sagte, es sei nur eine Kleinigkeit, ganz leicht zu behandeln und alles sei nun wieder gut. Nur dafür dauerte es schon viel zu lange.

Wieder nahm er eine der Zeitschriften und las nun auch noch alle Anzeigen durch.

Mehrmals schon hatte er den Gedanken gehabt, einfach durch die Wand hindurch zu sehen und das Gespräch, die Untersuchung mitanzuhören. Doch genauso oft hatte er diesen Gedanken wieder verworfen. Es gehörte sich einfach nicht. Die Minuten strichen so langsam dahin, dass er inzwischen glaubte, die Uhr im Wartezimmer ging nicht nur einfach zu langsam, sie lief wahrscheinlich gelegentlich rückwärts. Immer dann, wenn er nicht hinsah. Selbst der Sekundenzeiger bewegte sich manchmal kaum. Die Zeit streckte sich endlos in die Länge. Er machte sich immer mehr Gedanken, immer mehr Sorgen.

Und als Clark sich absolut sicher war, dass wenn in den nächsten zehn Sekunden nichts passierte, dann würde er einfach den Verstand verlieren, da erst öffnete sich die Tür, die er die ganze Zeit angestarrt hatte, und Lois trat heraus. Sie reichte die Hand in das Zimmer und verabschiedete sich offensichtlich von dem Arzt. Lois wirkte so ernüchtert und gefasst. Das versetzte Clark einen Stich ins Herz.

Sie kam endlich auf Clark zu und sagte sehr beherrscht und mit leiser Stimme: „Könntest du mich bitte einfach nach Hause bringen?“ Mehr nicht. Keine Andeutung – und keine Entwarnung. Clark war sich sicher, dass sein Herz einen Schlag aussetzte. Die Art, wie sie ihre Bitte so bestimmt vorgebracht hatte, die Tatsache, dass sie nicht freudestrahlend rief: 'Alles ist bestens!', das erdrückte ihn fast. Doch nun musste er sich erst einmal um Lois kümmern. Das ging vor.

Den ganzen Weg nach Hause sprach sie kein Wort und Clark wusste auch nicht, was er sagen sollte. Sollte er sie beschwichtigen, trösten oder zum Auflockern einen Scherz machen? Ganz sicher nicht. Dieses Schweigen machte ihn so hilflos. Aber er wollte ihr die Zeit geben, die sie brauchte.

Nachdem Lois die fünf Schlösser ihrer Apartmenttür wieder hinter sich verschlossen hatte, ging sie geradewegs in die Küche und begann sich einen Kaffee zu kochen. Keinen Instant-Kaffee, wie sie es sonst oft am Abend machte, wenn es schnell gehen sollte, nein, sie mahlte die Bohnen, setzte Wasser auf – es sollte wohl lange dauern, sie wollte sich offenbar beschäftigen.

Nachdem sie das Kaffeepulver in den Filter gefüllt hatte, wurde ihr wohl klar, dass sie Clark nicht weiter auf die Folter spannen konnte. Noch mit dem Löffel in der Hand, begann sie langsam und leise zu erzählen: „Der Arzt hat mir literweise Blut abgenommen, dürfte kaum noch etwas da sein... Er hat mich gefragt, wann mein letzter Aufenthalt in einem exotischen Reiseland war... Vielleicht, dass ich mir von dort irgendeine Infektionskrankheit mitgebracht habe. Aber ich konnte ihm nur Kanada, Nordeuropa und Smallville anbieten. Und noch nicht einmal Smallville hat er als besonders exotisch angesehen...“ Sie zeigte ihm ein schwaches Lächeln, doch es erreichte ihre Augen nicht und so gelang es ihr nicht wirklich, ihn mit dieser kleinen Stichelei zu necken.

„Lois, was hat er gesagt, das dir solche Angst macht?“ Eigentlich hatte Clark sich vorgenommen, ruhig und besonnen vorzugehen. Sie aussprechen zu lassen, zu ermutigen, dass alles gut würde. Aber auch er hatte schlicht und ergreifend Angst.

Noch kochte das Wasser nicht, es begann gerade einmal leicht zu sprudeln, doch Lois hielt den Griff bereits in der Hand. Sofort bereit, das kochende Wasser über das Kaffeepulver zu gießen, um nur ja keine Zeit zu vergeuden. „Was mir wirklich Angst macht...?“, sie hatte ihren Blick fest auf den Kessel gerichtet, „Es gab da so ein paar Dinge, die ihn wohl wirklich beunruhigt haben. Zum einen die Tatsache, dass die Lähmung und die Taubheit von den Extremitäten immer weiter zum Körper voranschreiten – und zum anderen diese Geschwindigkeit. Er hat nicht mehr als einen Verdacht, sagte, er hätte so etwas noch niemals erlebt.“ Nun sah sie ihn direkt an. Es war die pure Panik, die Clark in ihrem Blick sah, während sie sich noch immer an dem Kessel festhielt.

Dass selbst der Arzt erstaunt war, bedeutete wirklich nichts Gutes. Clark überlegte krampfhaft, was er ihr Ermunterndes sagen konnte. „Er denkt, es könnte eine Infektion sein, richtig?“ Lois nickte, während sie nun den ersten Schwall kochenden Wassers auf das Kaffeepulver goss. „Das bedeutet, er hat eine Spur, eine Idee. Und sicher gibt es dagegen doch Medikamente... Antibiotika?“

Lois beobachtete das Wasser, wie es durch den Filter lief. „Ja sicher, wahrscheinlich gibt es die. Aber er sagte auch, es passt alles irgendwie nicht zusammen. Und was, wenn sie Wochen brauchen um den Erreger zu finden? Die ersten Anzeichen habe ich schon vor drei Wochen bemerkt... und wenn es in dem Tempo weiter voran schreitet, habe ich in drei bis vier Wochen eine Lähmung, die Herz oder Lunge betreffen könnte. Und was dann? Wie kann ich damit überleben? Ich habe Dr. Harris gefragt, was dann passiert, doch er wusste darauf auch keine Antwort... Clark, ich habe Angst!“, flüsterte sie. Es wäre nicht nötig gewesen, dass sie diese Worte aussprach, er wusste das auch so.

~ ~ ~
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Offenbarungs IX Teil 2

Beitragvon Magss » Fr 26. Mär 2010, 09:31

Teil 2

Lois saß am Esstisch in ihrer Küche. Sie rührte mit höchster Konzentration in ihrem Kakao, drehte den Löffel im Kreis und versuchte die leichte Haut, die sich auf der Oberfläche gebildet hatte, auf den Löffel zu drehen um diesen dann auf die Untertasse zu legen. Sie mochte Haut auf dem Kakao nicht, also würde sie versuchen, sie auf diese Art zu entfernen – wie immer. Dann könnte sie den Kakao ungehindert genießen. Sie versuchte das nun schon seit fast zwei Minuten. Clark war hin und her gerissen, ob er ihren verzweifelten Versuch weiterhin nur beobachten sollte oder ob er ihr helfen sollte und damit das Gefühl der Hilflosigkeit verstärken. Es waren inzwischen die banalsten Dinge, die sie nicht mehr alleine bewerkstelligt bekam. Es zerriss ihm fast das Herz.

Der erste Besuch bei Dr. Harris war inzwischen fast drei Wochen her. Seitdem war Lois manchmal mehrmals täglich bei ihm gewesen. Sie hatten ihr, wie Lois sich auszudrücken pflegte, mehrere Liter Blut abgenommen, es auf die exotischsten Erreger hin untersucht, immer wieder neue Tests mit ihr gemacht, doch alle Ergebnisse waren negativ ausgefallen. Der Arzt hatte das jedes Mal wieder als etwas Positives gesehen, er war immer glücklich, dass es dieser spezielle Erreger nicht war.

Es waren mehrere Konsile einberufen worden. Die anderen Fachärzte überschlugen sich fast in ihrem Eifer, doch auch sie hatten keine bessere Idee, womit sie es hier zu tun hatten. Clark war sich eh nicht wirklich sicher, ob sie alle wirklich mit dem gebührenden Einsatz dabei waren, oder ob nicht der eine oder andere in Lois nur eine hervorragende Chance sah, einen hochangesehenen Fachartikel zu veröffentlichen. Einig waren sie sich nur darin, dass sie es mit einer Infektion zu tun hatten, ihre Leukozytenwerte waren so hoch, dass einfach alles auf eine Infektion hindeutete. Nur dass niemand wusste, was es war. Es blieb also immer die Frage im Raum, was die Symptome bei Lois hervorrief.

Symptome, die von Tag zu Tag zunahmen. Auch hatte sie immer mal wieder leichtes Fieber und Schüttelfrost. Alles nicht besonders stark ausgeprägt, aber das ursprüngliche Symptom, die Lähmung und Taubheit der Extremitäten, nahm dafür umso stärker zu. Erst war es nur der rechte Fuß, dann die rechte Hand. Als nächstes war der linke Fuß befallen und dann folgte die linke Hand. Und nun, nach diesen drei Wochen waren sie wirklich schon sehr weit fortgeschritten. Über das rechte Bein hatte sie praktisch keine Kontrolle mehr.

Clark spürte Lois' Angst sehr deutlich, auch wenn sie immer wieder versucht hatte, die Situation mit einem Scherz zu entlasten. „Mensch, bin ich froh, dass nicht auch noch das Gesicht betroffen ist. Stell dir vor, was für eine Fratze ich dir zeigen würde. Wahrscheinlich wärst du schon davon gelaufen“, war so eine dieser Bemerkungen. Manchmal kostete es ihn all seine Kraft um nicht in Selbstmitleid zu verfallen. So blieb ihm nichts anderes übrig als da zu sein und ihr, so gut es eben ging, bei den Alltäglichkeiten zu helfen. Er versuchte so gut es ging seine eigene Angst zu unterdrücken und ihr zur Seite zu stehen.

Er tröstete sie, wenn sie in Tränen ausbrach. Er half ihr suchen, wenn sie eine Idee hatte, was noch in Frage käme, für den Fall, dass die Ärzte doch etwas übersehen hatten. Er begleitete sie zu allen Terminen. Er ging ihr zur Hand, wenn sie wieder eine banale Sache nicht mehr greifen konnte. Und er war da, wenn sie wütend wurde, wenn sie schrie und schimpfte, wenn sie ihre Wut auf die ganze Welt auf ihn niederprasseln ließ. Er war dann einfach da und gab ihr die Möglichkeit, ein wenig Dampf abzulassen. Ihm war ja klar, dass sie nicht wirklich ihn meinte – und doch machten ihn gerade diese Wuttiraden sehr hilflos. Aber er ertrug das. Er schluckte seine eigenen Ängste hinunter und gab einfach alles, um für sie da zu sein.

Clark fragte sich immer wieder, was er tun würde, wenn er fast sicher sein konnte, nur noch wenige Wochen oder Tage zu haben. Ob es etwas gab, was er dann unbedingt noch tun wollte, einen Ort, den er noch einmal sehen wollte, vielleicht eine bestimmte Handlung, bevor... Doch noch nicht einmal in Gedanken konnte er so eine solche Formulierung bis zum Ende denken. Alles in ihm sträubte sich, das Wort 'Tod' zuzulassen. Er konnte sich einfach nicht damit abfinden, dass ihr Ende unmittelbar bevorstand. Er war nicht bereit dazu.

Da hatte er all diese Kräfte – und sie nützten ihm in dieser Situation nichts. Gar nichts! Er hätte die Welt für seine Partnerin verrückt, aber im Kampf gegen diesen unsichtbaren und vollkommen unbekannten Feind konnte er nichts ausrichten. Jede Minute wünschte er, dass einer der Ärzte, eines der vielen Labors, anrief und freudig ausrief: „Ja, wir haben ihn! Jetzt wissen wir auch, was wir tun können...“

Doch das Telefon blieb stumm.

Lois legte den Löffel auf ihrer Untertasse ab. Sie hatte es mit der ihr eigenen, sturen Beharrlichkeit geschafft, die lästige Haut um den Löffel zu wickeln und nun konnte sie den Kakao uneingeschränkt genießen. Sie sah ihn stolz an, wie ein kleines Kind, das sich gerade wieder aufgerichtet hatte.

Mit der linken Hand schaffte sie es gerade noch den Strohhalm zu greifen und in die Tasse zu tun, so musste sie diese nicht anheben. Sie trank noch einen großen Schluck Kakao, schloss kurz ihre Augen und dann sah sie ihn mit festem Blick an. „Clark, was würdest du tun, wenn diese Nervensache immer weiter geht und dann irgendwann die Muskulatur der Lunge, mein Herz oder das Gehirn betrifft? Nehmen wir an, ich bin nicht mehr bei Bewusstsein. Was würdest du dem Arzt im Krankenhaus sagen, was dann mit mir passieren soll?“ Sie hatte diese Worte ganz überlegt gesagt und doch sah Clark ihr an, dass nun etwas vielleicht sehr Wichtiges käme. Lois sah ihn nun erwartungsvoll an.

Es war erstaunlich, wie sehr diese Stiche immer wieder schmerzten, obwohl er inzwischen den Eindruck hatte, sie minütlich ab zu bekommen. Er sah in seinen Kakaobecher und grummelte: „Ich will nicht... darüber nachdenken.“

„Hey“, protestierte Lois, „es geht mir aber nicht um Sentimentalitäten oder Trauer. Also, du stehst an meinem Krankenbett, da ist ein Arzt, der fragt, was soll nun passieren, was würdest du dem antworten?“

Die Antwort brach aus Clark unwirscher heraus als er das gewollt hatte: „Das... das weiß ich doch nicht!“ Ein wenig beherrschter fuhr er dann fort: „Ich müsste doch wohl das sagen, was du willst... was wir, keine Ahnung, vorher besprochen haben, oder so. Ich kann doch eine solche Entscheidung nicht für dich treffen.“

Erstaunlicherweise wirkte Lois daraufhin erleichtert. „Ich wusste, dass du so antworten würdest. Deswegen möchte ich dich um eine einzige Sache bitten...“ Sie nahm einen großen Schluck von dem Kakao.

„Lois, alles, was du willst...“ Er würde wirklich alles für sie tun, das wusste er ganz sicher.

Lois lächelte leicht. „Hör doch erst mal zu, bevor du mir dein Jawort gibst... Denn genau das will ich...“

Clark sah sie verwirrt an. „Was?!“

Sie sagte dann ganz ruhig und offenbar sehr überlegt: „Heirate mich!“

Clark blieb die Luft weg. Die Welt schien in diesem Moment stehen zu bleiben. Hatte er sich da gerade verhört? „Bitte?“

Doch sie fuhr genauso ruhig fort, offenbar hatte sie sich jedes Wort genau überlegt: „Du wirst dann mein nächster Angehöriger. Damit bekommst du alle notwendigen Informationen, bist berechtigt... Entscheidungen zu treffen, wenn es nötig wird...“

Entsetzt wehrte Clark ab: „Lois, ich kann einfach nicht über dein... Ende nachdenken...“ Die kühle Sachlichkeit ihrer Argumentation erschreckte ihn.

Sie fixierte ihn mit festem Blick. „Aber ich muss es tun. Und wer ist da sonst? Meine Familie... Ich liebe meine Schwester, auch meine Eltern, obwohl ich ganz besonders den beiden Streithähnen ganz gerne mal etwas auf die Nase geben würde. Sie benehmen sich manchmal wie Kinder. Egal... jedenfalls würde ich meinen Eltern noch nicht einmal einen Hamster in Pflege geben. Als Kinder haben wir das überlebt, aber das zeigt einmal mehr, dass die Lane'sche Hartnäckigkeit sich eben wirklich gegen alle widrigen Umstände durchzusetzen weiß. Die beiden haben sich noch nicht einmal gegenseitig verstanden, geschweige denn, sie hätten mal in Lucys oder meinem Interesse gehandelt. Ich möchte mein Leben nicht in ihre Hände legen – aber ich fürchte, in irgendwelche Hände muss ich es legen. Und das sind meine nächsten Angehörigen, sie würden über mich entscheiden. Wenn wir beide aber heiraten würden, wärst du als mein Ehemann mein nächster Anverwandter. Clark, ich frage dich das als meinen besten Freund, dir vertraue ich. Du würdest nichts tun, was ich nicht will.“

Diesem Gedanken konnte er nichts entgegen bringen und das ausgesprochene Vertrauen berührte ihn, ganz besonders da es von Lois kam. Aber da war noch viel mehr, sie sprach von Entscheidungen. Es brauchte einen kurzen Moment, bis er wirklich erfasste, was sie damit meinte und ein dicker Kloß in seinem Hals hinderte ihn fast am Sprechen. „Lois, du verlangst, dass ich derjenige bin, der womöglich darüber entscheidet, ob du am Leben bleibst oder ob irgendwelche Maschinen abgeschaltet werden?! Das... das kann ich nicht! Das ist zu viel verlangt!“

„Clark!“, warf sie schnell ein, „ich wünsche mir - und dir... dass du so eine Entscheidung niemals treffen musst“, beschwor sie ihn. „Aber wenn schon jemand an meinem Krankenbett stehen wird und die Verantwortung tragen muss, dann möchte ich, dass das jemand ist, der in meinem Sinne handeln. Du bist der Einzige, dem ich das zutraue... Ich vertraue dir. Also - wirst du für mich da sein?“ Ihr Blick hatte etwas flehendes. Es war eine ultimative Frage, das war ihr sicher klar.

Sie sprach von Heiraten, wie oft hatte er sich das schon gewünscht? Und sie sprach von Vertrauen. Diesen Satz von Lois zu hören, war fast eine Offenbarung für ihn. Nur warum musste das ausgerechnet jetzt passieren, wo sie keine Chance mehr hatten? Ihnen die Zeit davon lief. Und hatte er dieses Vertrauen denn verdient? Er war es doch, der sie seit zwei Jahren belog. „Lois... Ich... Ach… Wie kann ich...? Es ist kompliziert…“

Das schien Lois zu erschrecken. „Ah... Okay… ich verstehe schon… Ehrlich gesagt hab ich nicht damit gerechnet, dass du so zögern würdest. Aber du hast recht, Heiraten ist eine große Sache. Eine Entscheidung, bei der man sich wirklich Zeit lassen sollte. Aber Clark... Zeit habe ich nicht!“, sagte sie eindringlich. „Und wahrscheinlich ist es doch sowieso nur für kurze Zeit, wenige Wochen oder vielleicht nur noch für Tage, dann bist du doch wieder frei...“

Dies war kein Stich mehr ins Herz, es war bereits eine ganze Lanze. „Lois, bitte...!“, flehte er.

„Ja, aber so ist es doch“, entgegnete sie bitter. „Wenn diese Krankheit in derselben Geschwindigkeit wie bisher voranschreitet, hab ich vielleicht noch ein paar Wochen. Aber wenn du nicht willst... das ist okay. Ich verstehe das.“ Sie versuchte offenbar gelassen zu wirken, und traf ihn damit mehr als mit jedem Vorwurf.

~ ~ ~

Lucy stand hinter Lois, die in ihrem Bad auf einem Stuhl saß; stehen wäre einfach nicht gegangen. Sie kämmte ihrer älteren Schwester die Haare, nachdem sie sie ihr trocken frottiert hatte. Sie hätte so gerne mehr getan. Aber sie war auch einfach froh, dass sie genau in dieser Zeit in Metropolis war und sich nicht gerade in der Welt herum trieb und erst wieder auftauchte, wenn alles vorbei war. „Gibt es eigentlich irgendetwas, das du vorher unbedingt noch erledigen möchtest?“ Es tat ihr weh, ein Wort wie 'vorher' zu benutzen. Sie sprach immerhin vom Tod ihrer einzigen Schwester! Aber sie kannte Lois, darum herum reden konnte sie erst recht nicht leiden.

Lois lachte. „Den Mount Everest besteigen. Wie Messner... ohne Sauerstoffgerät. Aber in meiner momentanen Verfassung... komme ich noch nicht einmal vom Bad... bis zur Küche ohne Sauerstoffgerät.“ Lois lehnte ihren Kopf zurück, um es Lucy leichter zu machen. „Oh Gott. Ich hätte viel früher damit... anfangen müssen, meine Träume auszuleben. Jetzt wird mir erst bewusst... was ich alles versäumt habe. Ich dachte immer... ich hätte noch so viel Zeit. Verdammt, ich fürchte...“ Lucy merkte deutlich, wie ihre Schwester immer kurzatmiger wurde. Ein Gefühl der Ohnmacht überkam sie. Lois fuhr fort, sie machte immer öfter kleine Pausen zwischen den Worten: „Es gibt da noch einen Wunsch... aber ich fürchte, es ist zu spät... ich werde keine Kraft mehr dafür haben.“ Sie sah ihre kleine Schwester einen Moment an um etwas Energie zu schöpfen. „Clark und ich haben... beschlossen zu heiraten...“

Lucy hielt inne und der Kamm schwebte in der Luft. „IHR HABT WAS?!“

„Ja... das war wirklich komisch... ich habe ihn gefragt... Stell dir vor – ich habe ihm... einen Antrag gemacht! Erst hat er ein wenig gezögert. Doch plötzlich... brach er in Tränen aus und sagte... er würde es tun. Das geht auch um den Wunsch... den ich noch habe... dass einfach jemand da ist... auf den ich mich... voll und ganz verlassen... kann. Wenn ich nicht mehr... in der Lage bin, Entscheidungen... für mich selbst zu treffen. Und... Clark ist einfach... der Mensch, dem ich am... meisten vertraue.“ Es gab Lucy einen kleinen Stich, dass Lois dieses Vertrauen einem anderen schenkte und nicht zum Beispiel ihr. Aber das war wohl der Lohn für ihren Freiheitsdrang.

Lois sprach monoton und kraftlos weiter: „Ich habe... in letzter Zeit viel... darüber nachgedacht und mir ist... klar geworden, ich liebe... Clark. Wahrscheinlich sogar schon... sehr lange. Nur habe ich mir... dieses Gefühl niemals eingestehen können.“ Lucy war verwirrt. Was hatte das nur mit dem Heiraten auf sich? Lois sprach unbeirrt, aber immer leiser weiter: „Ich glaube... ich liebte ihn schon kurz nachdem... wir Partner wurden. Und er liebt mich, das weiß ich... schon seit ewigen Zeiten. Und was machen wir beide? Wir warten... bis ich todkrank bin... bis ich nur noch wenige Tage... zu leben habe, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.“ Das klang aber so, als wenn sie selbst an dieses Wunder nicht mehr glaubte. „Ich habe so lange gebraucht... um das zu erkennen – und nun haben wir keine Zeit mehr. Mein Wunsch... ich fürchte, ich werde nicht... mehr in der Lage sein... meine Ehe zu vollziehen – ich werde niemals erfahren, wie es ist, von Clark geliebt... zu werden. Schon heute habe ich... die Kraft nicht mehr. Die Tendenz sagt uns... nachher, wenn wir uns das Jawort geben... wird es noch etwas schlechter sein. Ist es nicht eine Ironie des Schicksals? Ich heirate den Mann... den ich schon seit fast zwei Jahren... liebe, der mich auf Händen tragen würde, der die Luft vergöttert, die ich ausatme... und jetzt, wo wir uns dieses große Gefühl endlich eingestehen können... habe ich keine Luft mehr um... seine zärtliche Seite kennen zu lernen.“

Lucy band ihr die Haare zu einem Zopf zusammen und steckte noch ein paar Klammern dazu, die die widerspenstigen Locken bändigen sollten. „Luce, tu mir bitte... einen Gefallen“, Lois sollte gar nicht so viel reden. Aber sie konnten es ja schließlich auch nicht auf später verschieben, musste Lucy sich traurig eingestehen. „... Wenn du irgendeinen Wunsch hast... auf dieser Welt, irgendetwas... tu es – schiebe es nicht auf – lebe deine Träume! Versprichst du mir... das? Das ist die einzige Bitte, die ich... an dich habe. Apropos, ich hinterlasse... dir mein Bankkonto. Es sind keine Reichtümer, aber es dürfte... dir ein wenig helfen.“

Lucy konnte ihre Tränen kaum mehr zurück halten. „Lo, ich will keinen Cent von dir...!“

„Doch, nimm es! Wir sind uns in... vielen Dingen sehr ähnlich. Ich will nicht, dass du... denselben Fehler machst wie ich. Bitte lebe dein Leben... und versuche alles, um glücklich zu werden.“

Die Frisur war fertig und Lois war müde, sie wollte sich noch einen Moment ausruhen. Das machte sie immer öfter in den letzten Tagen. Sie hielt kaum noch länger als zwei Stunden am Stück durch. Als Lucy das Telegramm bekommen hatte, dass Lois sie unbedingt sehen wollte, da war ihr erster Gedanke gewesen, 'Da ist etwas Großes im Gange'. Aber sie hatte eher an eine Weltreise gedacht, bei der sie monatelang Lois' Apartment hüten durfte, oder vielleicht ein Umzug nach London, so etwas in der Art. Mit dem unmittelbar bevorstehenden Tod hatte sie nicht gerechnet. Sie war sich auch nicht sicher, ob sie diesen Gedanken wirklich schon erfassen konnte.

„Sag mal, wie hältst du das aus?“, fragte sie Clark, während sie das Wohnzimmer betrat. Er saß auf dem Sofa – saß? Nein, er war vollkommen in sich zusammen gesunken, bis zu dem Moment, wo Lucy das Zimmer betrat. Sie setzte sich zu ihm.

Clark räusperte sich, sah aber Lucy nicht an, während er fast nur flüsterte: „Gar nicht – aber es geht hier doch nicht um mich. Schläft sie?“

Lucy nickte. Sie zog die Beine auf die Sitzfläche und umschlang sie mit den Armen. „Ihr seid euch sicher, dass ihr alle Möglichkeiten in Betracht gezogen habt – wirklich keine Hoffnung?“

Clark nickte resigniert. „Dr. Harris und auch die anderen Ärzte hatten zuerst auf eine Neuroborreliose getippt“, betete Clark Lois' Krankengeschichte herunter, „doch die Liquoruntersuchung war negativ. Tumor konnte ausgeschlossen werden. Multiple Sklerose und Guillain-Barré-Syndrom konnten glücklicherweise auch ausgeschlossen werden. Immer wieder gab es diese Unsicherheiten; dieses Symptom passte für ein bestimmtes Krankheitsbild, ein anderes sprach dagegen. Aber alle Test verliefen negativ. Trotzdem haben sie sich entschieden, sie versuchsweise mit Cortison zu behandeln – keine Wirkung. Das war wirklich erstaunlich, noch nicht einmal die Entzündungszeichen, die erhöhten Leukozytenwerte gingen zurück. Es war merkwürdig. Sie spricht einfach auf keine Behandlung an.“

Lucy hatte kaum ein Wort verstanden, aber sie hatte das Gefühl, es war viel gemacht worden. Außerdem kannte sie ihre Schwester, Lois würde nichts unversucht lassen, jede Möglichkeit in Betracht ziehen. Genauso schätzte sie auch Clark ein. „Wo wollt ihr heiraten, in Metropolis?“

Es war das erste Mal, dass Clark wenigstens die Spur eines Lächelns zeigte. „Sie hat es dir gesagt?“ Unsicher sah er Lucy an, als erwartete er ihren Richterspruch, dass sie beide vollkommen verrückt wären.

„Klar.“ Auch Lucys Mundwinkel wanderten nun nach oben. „Ich hab mir doch gleich gedacht, dass sie die Haare für etwas Besonderes gemacht haben wollte. Aber ich hatte an so etwas wie euer Lieblingsrestaurant gedacht. Ich...“, stockte sie, „ich finde es klasse, was du alles für sie machst.“ Clark war wirklich ein prima Kerl, ein richtiger Freund eben. Es tat ihr in diesem Moment einfach nur weh, dass Lois nicht eher erkannt hatte, was sie eigentlich an diesem Mann hatte.

„Vegas“, beantwortete Clark ihre vorherige Frage. „Hier in Metropolis müssten wir wegen der kurzen Zeit hundert Formulare ausfüllen. Selbst mit Hin- und Rückflug geht es in Las Vegas schneller. Und Zeit...“

Lucy winkte schnell ab. „Ja, ja, ich hab schon verstanden, Zeit hat sie nicht.“

Lucy und Clark saßen noch eine Weile still da. Jeder hing seinen Gedanken nach. Sie machte sich gerade klar, dass ihre Eltern sie umbringen würden, wenn sie erfuhren, dass Lucy gewusst hatte, was Lois plante. Aber sie würde Lois' Wunsch respektieren. Lois wollte den beiden nicht nur ihr Leben nicht anvertrauen, sie wollte sie auch bei dieser Hochzeit nicht dabei haben. Selbst wenn es 'nur' eine formale Heirat sein sollte. Obwohl das Gespräch mit ihrer Schwester ja doch recht deutlich gezeigt hatte, dass es auf jeden Fall für Lois mehr war als eine Formalität. Was es für Clark war, konnte Lucy in diesem Augenblick nicht wirklich einschätzen. Er schien sich entschlossen zu haben, seine wirklichen Gefühle sehr tief zu vergraben. Manchmal wirkte er wie ein Eisklotz.

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Offenbarung IX Teil 3

Beitragvon Magss » So 28. Mär 2010, 10:26

Teil 3

„Okay, Liebes, jetzt ist es soweit. Bist du bereit?“, sagte er zärtlich. Clark hatte seinen Arm um Lois' Schultern gelegt, bereit, sie auf den Arm zu nehmen und sie zur Kapelle zu tragen.

Sie nickte. Auf ihren Wangen lag eine leichte Röte der Aufregung. Sie sah ihn überrascht an. „Was hast du da gerade gesagt...?“

Er griff unter ihre Kniekehlen und hob sie hoch. „... Ob du bereit bist?“

„Nein“, protestierte Lois, „davor. Wie hast du mich genannt?“

Clark merkte, wie seine Wangen dunkelrot anliefen und heiß wurden. Er hatte nicht nachgedacht. Doch Lois bei einem Kosenamen zu rufen, schien ihm so... natürlich. „Liebes...“, stammelte er. Sie würde eh so lange nachfragen, bis er es wiederholt hatte.

Noch eine Stunde später zog sie ihn damit auf, dass er sich ja wirklich alle Mühe gab, den perfekten Ehemann zu spielen. Doch zu dem Zeitpunkt waren sie vor dem Gesetz bereits Mann und Frau. Aber es war kein böses Necken, eher ein liebevolles Spiel. Lois hatte sich offenbar vorgenommen diesem ganzen Tag, diesem Ereignis, dieser Hochzeit mit guter Laune und Heiterkeit zu begegnen. Nach der wirklich auf das Nötigste beschränkten und sehr schlichten Trauung saßen sie nun wieder in ihrem Hotelzimmer. Clark hatte ihnen eine Flasche Champagner bestellt und reichte Lois gerade ihr Glas mit Strohhalm. Mit diesem Stilbruch mussten sie einfach leben.

Er sah sie verzaubert an und die Gefühle in seinem Inneren waren das reinste Chaos. Er hatte Angst. Und wenn er weiter über das nachdachte, was in seinem Inneren vorging, würde er sicher den Verstand verlieren. Auf der einen Seite war er glücklich, etwas für Lois tun zu können, auf der anderen Seite würde er gerne so viel mehr machen. Nur leider konnte ihm niemand sagen, was er tun sollte. Und einfach nur zusehen, wie sie langsam immer weniger wurde, immer mehr von ihrer Existenz einbüßte, machte ihn einfach wahnsinnig.

Lois schien allerbester Laune zu sein. Sie hatte sich offenbar vorgenommen, alles, was mit Krankheit, Tod, Mutlosigkeit und Panik zu tun hatte, heute aus ihrem Bewusstsein zu verbannen. „Clark, ich bin dir wirklich dankbar, dass du das alles für mich...“

„Nein, nein“, unterbrach er sie schnell. Er hätte einfach alles für sie getan. „Das ist nichts.“

„Nichts?!“, rief sie entsetzt aus, lächelte aber noch dabei. „Oh nein, das ist nicht nichts. Das weiß ich sehr wohl. Du bist wirklich so ein guter Freund. Der einzige beste Freund, den ich je hatte. Es ist nur wirklich schade, dass ich keine Möglichkeit mehr haben werde herauszufinden, was du für ein Mann...“, ihr Lächeln wurde nun schelmischer, „was für eine Art von Liebhaber du bist.“

Clark merkte, wie seine Wangen nun wieder heißer wurden. „Lois, bitte...“

„Doch, das hätte ich gerne noch herausgefunden. Bist du eher der ganz Zärtliche oder das leidenschaftliche Feuer, das alles niederbrennt...? Ich kann dich da schwer einschätzen. Also, erzählst du mir von dir... von deiner Vergangenheit?“, fragte sie mit einem spitzbübischen Grinsen.

„Lois... ich...“, nun kam er wirklich ins Schwitzen. Es war schlimm genug, dass er sich auf der einen Seite mit der Heirat von Lois einen Lebenstraum verwirklicht hatte. Einen Traum, in dem er sie natürlich auch geliebt hätte. So gerne hätte er das getan. Auf der anderen Seite war diese Heirat nur eine Formalität und wahrscheinlich von sehr kurzer Dauer. Was hätte er darum gegeben, wenn dies eine wirkliche Liebesheirat hätte sein können. Ohne Angst, Krankheit und Tod. Dann würde er sie jetzt, in diesem Moment, zum Bett tragen, würde sie küssen... Nein, nein! Er musste an etwas anderes denken! Aber ganz gleich, wie er es drehte und wendete, er könnte Lois gar nicht lieben, nicht solange... mit dieser Lüge zwischen ihnen – es ginge sowieso nicht... Er musste endlich...

Dieser Gedanke war die ganze Zeit da gewesen, unterschwellig. Ihm wurde heiß und kalt gleichzeitig.

Hatte sie denn nicht das Recht es zu erfahren? War es nicht die letzte Wahrheit, die er ihr offenbaren musste?

Clark spürte, wie sich sein Magen verknotete, so sehr, dass es ihm die Kehle zuschnürte. Lois sah ihn mit einer Mischung aus Skepsis und Neugierde an, sie schien seinen Stimmungsumschwung sehr wohl bemerkt zu haben. 'Clark, jetzt! Wann, wenn nicht jetzt?', versuchte er sich Mut zu machen.

Er schloss kurz die Augen, ballte seine Fäuste, doch dann gab er sich einen Ruck. Niemand wusste, wie viel Zeit sie noch hatten. „Lois... ich muss dir etwas sagen...“, Erst jetzt öffnete er seine Augen wieder und sah sie an. Sie wollte ansetzten etwas zu sagen, doch er unterbrach sie schnell: „Nein, lass mich... bitte!“ Sie verstummte darauf und sah ihn gespannt an. „Ich habe schon so lange überlegt, aber ich wusste nicht, wie ich es sagen sollte. Und dann kam diese Krankheit, dann hast du mich gefragt, ob ich dich heirate. Eigentlich hätte ich es dir da sagen müssen. Aber ich hatte Angst, dass du dann so wütend wirst, nicht mehr mit mir reden würdest. Und so sehr ich auch weiß, dass mir diese ganze Sache das Herz aus der Brust reißen wird, so hab ich doch auch den praktischen Grund dafür eingesehen. Ich wollte es also nicht gefährden... durch ein Geständnis von mir... Aber nun muss ich es dir sagen...“

„Ich bin sehr gespannt, was jetzt wohl kommt...“, sagte sie hart. Es war erstaunlich, da war doch wirklich ein Abklatsch des so lieb gewonnenen Mad-Dog-Lane-Blicks zu erkennen.

„Ich...“ Clark schwitzte. „Ich habe mich oft gefragt, wie ich es sage. Habe das so manches Mal vor dem Spiegel geübt.“ Ihm wurde schlecht. Er senkte den Blick. „Ich sag's einfach gerade heraus... ich bin Superman.“ Dann atmete er aus, nicht wirklich erleichtert, aber es war heraus, nun gab es kein Zurück mehr.

Ungläubig sah sie ihn an. „Clark, du spinnst.“

Sie glaubte ihm nicht? „Doch! Es ist wahr. Hier...“ Zum Beweis nahm er seine Brille ab, öffnete die obersten Hemdknöpfe, bis der Anzug darunter erkennbar wurde und dann schwebte er ein kleines Stück in die Höhe. Das musste sie einfach überzeugen.

Eine unendlich lange Minute sah sie ihn einfach nur an. Clark war sich sicher, dass ihre Neuronen alle Fakten abglichen, die ihr in den letzten Monaten spanisch vorgekommen waren, seine dämlichen Ausreden, sein ständiges Verschwinden, vielleicht auch die Tatsache, dass Clark und Superman nie zur selben Zeit am selben Ort waren, oder der Umstand, dass sie beide zur gleichen Zeit in Metropolis aufgetaucht waren. Ihren Gemütszustand konnte er dabei nicht wirklich einschätzen. Zwischen blankem Entsetzen und so wütend, dass sie ihn umbringen würde, war einfach alles möglich. Aber sie hatte doch recht. Er hätte es ihr viel früher sagen müssen.

„Du hast mich angelogen“, flüsterte sie. „Zwei Jahre lang hast du gelogen, jeden Tag!“, sagte sie brüchig.

Ja, das war das Schlimmste daran. Er hatte gelogen. „Ich... die Brille, die geheime Identität, ich hielt's für eine sehr gute Idee damals...“, versuchte er sich wenigstens ein wenig zu retten.

Sie rückte von ihm ab und sah bewusst an ihm vorbei. „Du hattest offenbar mehr Zeit, darüber nachzudenken. Also beantworte mir bitte eine Frage, wie soll ich dir je wieder vertrauen?“ Er hatte sie tief getroffen, das war es, was er die ganze Zeit befürchtet hatte.

„Es fing alles an, als ich einfach nur ein normales Leben führen wollte, Freunde, einen Job...“, er warf ihr einen Blick zu, mit dem er hoffte, an ihr Verständnis appellieren zu können, „... ein Mädchen. Lois, ich wusste, dass das unmöglich sein würde, wenn es jeder weiß....“

Lois schüttelte den Kopf und sah ihn nun wieder direkt an. Sie fiel ihm ins Wort: „Moment, Clark... die Menschen würden dich nicht mehr zufrieden lassen...“, sie betonte jedes Wort, als müsste sie sich besonders darauf konzentrieren. Lois sah ihn an, als ginge ihr ein Licht auf. Clark verstand nicht, worauf sie hinaus wollte, aber sie hatte das ausgesprochen, was er gerade hatte sagen wollen. „Clark! Das hast du schon einmal zu mir gesagt.“, rief sie begeistert aus.

„Was?!“ Das machte doch keinen Sinn.

„Doch, ich habe gerade ein Déjà-Vu-Gefühl. Und...“, sie überlegte einen Moment, „... nun tu nicht so, als wenn das weh tut...“

Ohne dass er einen Grund dafür hatte, hielt sich Clark nun seine linke Wange.

„Superman...“ Lois fuhr begeistert fort: „Clark, ich denke an eine Ohrfeige und du hältst dir die Wange – wir haben das schon einmal erlebt! Ich habe es herausgefunden und habe dir eine gescheuert – was du auch verdient hattest – ich würde es jetzt auch ganz gerne tun, aber ich kann mich leider nicht mehr wehren...“ Diese Idee schien sie immer mehr zu begeistern. „Und dann hast du es erklärt... Du hast auch noch gesagt: Superman ist das, was ich tun kann – Clark ist das, was ich bin!“

Clark saß dort und glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Wie konnte Lois von diesen Worten wissen, die doch nur in seinem Kopf existierten? Gemeinsam erlebt? – Der Gedanke war so abwegig, oder? Vor seinem geistigen Auge sah er plötzlich einen Mann. „Da war... noch jemand, ein altmodisch gekleideter Herr mit einer Melone...“, sagte er ganz in Gedanken.

„Wells...“, sagte Lois ganz andächtig. „H.G. Wells, der Schriftsteller, der eigentlich seit 1946 tot ist...“

Clark schüttelte den Kopf. „Lois, das kann nicht sein. Hör uns doch nur einmal zu – das ist verrückt.“

„Ja, das ist es, aber du weißt, dass Wells eine Zeitmaschine erschaffen hat...“

„Im Roman!“, warf Clark ein.

„Ja“, Lois ließ sich nicht abbringen. „Aber was, wenn auch in der Realität? Wenn er wirklich durch die Zeit reisen kann und uns mitgenommen hat? Nach... Smallville, 1966 – dort, wo Superman als Baby auf die Erde kam. Es gibt alles einen Sinn. Clark, da war dieser Kerl aus der Zukunft, der dich vernichten wollte... Und wir waren bei deinen Eltern, sie waren noch ganz jung. Du hast mir Schusters Feld gezeigt! Und wir haben uns geküsst...“

„Ich habe dich doch schon damals geliebt...“, sagte er abwesend. Er konnte es nicht glauben. Zu jedem Wort, das Lois sagte, sah er das Bild in seiner Vorstellung, so real, als hätte er es erlebt. Als könnte er sich daran erinnern. Erinnern? Konnte das sein? Konnten sie sich an ein gemeinsames Erlebnis erinnern, das gar nicht statt gefunden haben konnte? Es war so unwahrscheinlich, aber es würde auch eine Menge erklären. „Die Geburtstagskarte für Perry...“, stammelte Clark, „ich hab sie zerrissen. Auf dem Umschlag stand: 'Clark ist Superman' Das heißt, du hast es herausgefunden und gewusst, wir würden es vergessen, wenn wir wieder da... hier... in unserer Zeit sind...“ Ihm schwirrte der Kopf, aber es kam ihm plötzlich ein anderer Gedanke. „Warte mal, Lois, hat dich nicht Dr. Harris immer wieder gefragt, in welchen exotischen Reiseland du gewesen bist? Die Vergangenheit! – ist das etwa nicht exotisch? Was, wenn dieser andere Kerl, der es auf Superman abgesehen hatte, etwas dabei hatte, eine Art chemischer Waffe? Vielleicht hat er dich angesteckt!“

„Und wenn?“, ihre Stimme wirkte niedergedrückt, „Ich meine, schön zu wissen, wo ich es her habe, aber was nützt mir das – jetzt noch?“

„Er wollte doch Superman vernichten... wenn es nun etwas Kryptonisches ist...?“ Clark sah sie erwartungsvoll an, aber sie schien ihm noch nicht ganz folgen zu können. „... könnte Kryptonit dir vielleicht helfen. Vielleicht ist es eine Art Virus von Krypton – das würde Superman schädigen. Doch vielleicht...“

„Du meinst, ich müsste mich nur Kryptonit aussetzten, dann könnte ich geheilt sein?“ Ihr Tonfall troff vor Sarkasmus.

Clark war nun ganz aufgeregt. „Ich weiß es doch auch nicht. Aber ganz ehrlich, was riskieren wir? Kryptonit hat keinen Einfluss auf Menschen. Wenn es nichts damit zu tun hat, passiert dir gar nichts. Wenn aber doch... es ist eine Chance, wenn auch eine sehr kleine.“

Lois richtete sich auf, so gut sie das noch konnte. „Wie kommen wir auf kürzestem Wege an Kryptonit? Normalerweise verhinderst du doch, damit in Berührung zu kommen.“ Lois stimmte noch nicht ganz in seine Euphorie mit ein.

Clark stand auf. „Klein! S.T.A.R Labs!“, sagte er sehr bestimmt.

„Klein hat Kryptonit?“, fragte sie ungläubig, ging aber nicht weiter darauf ein. „Und wie kommen wir dahin?“

Clark atmete erleichtert aus. Endlich konnte er etwas tun. Und wenn die Aussicht auf Erfolg auch noch so minimal war. Alles war besser als immer nur dasitzen und zusehen. „Ich wollte das schon immer mal vor dir machen...“ Er stand auf, rotierte in das Superman-Outfit und reichte ihr seine Hand. „Auf dem direktesten Weg.“

~ ~ ~

Lois wachte auf und rieb sich genüsslich den Schlaf aus den Augen. Dann streckte sie ihre Arme aus und gähnte ausgiebig. Es war wirklich erstaunlich, wie sehr sie es genoss, wieder die volle Kontrolle über ihren Körper zu haben. Diese einfachen Bewegungen – und doch erfüllten sie sie mit einer tiefen Zufriedenheit. Dann sah sie sich ihre Hand an und bewegte jeden Finger einzeln, ballte sie zur Faust. Welch eine fantastische Leistung des Gehirns, der Mensch dachte 'Zeigefinger reck dich' und er tat es. Das war alles andere als selbstverständlich. Erst jetzt wurde ihr wirklich klar, wie sehr wir doch dazu neigen, Gesundheit als Normalität anzusahen. Oh ja, diese Zeit der Angst hatte ihr viele Einsichten eröffnet in Welten, von denen sie niemals eine wirkliche Vorstellung gehabt hatte!

Fast hätte sie sich umgedreht, da wurde ihr bewusst, dass das kaum möglich war, Clark lag an ihren Rücken geschmiegt und schlief noch. Wie so oft in den letzten Tagen, hatte er sich zu ihr gelegt, wenn sie schlief. Das erste Mal hatte sie ihn darum gebeten, als sie nachts laut schreiend aus einem Albtraum erwacht war. Um dann den Albtraum im Wachzustand zu leben. Sie hatte Angst gehabt, wieder einzuschlafen, aber auch Angst, wach zu bleiben. Clark hatte ihr die Tränen getrocknet, versucht sie zu beruhigen und sich einfach zu ihr gelegt. Sich an ihren Rücken geschmiegt, einen Arm um sie gelegt und ihr damit so viel Sicherheit geboten wie in dem Moment nur möglich war.

Clark... was hatte sie ihm nur alles zugetraut?

Er war mit ihr zu Klein in dessen Labor geflogen. Im ersten Moment hatte sich der eigentlich immer hilfsbereite Wissenschaftler noch weigern wollen. „Superman, Sie immer mit Ihren Sonderaufgaben! Haben Sie jemals daran gedacht, dass meine Arbeit immer liegen bleibt? Ich habe schon so viele Überstunden wegen Ihnen. Was auch immer Sie von mir wollen – es geht nicht!“ Er hatte versucht das streng und sehr ernst zu sagen.

Doch Clark zeigte keine Bereitschaft, darauf einzugehen. Er setzte Lois ab und redete eindringlich auf den Mediziner ein: „Es geht um Lois. Wir brauchen das Kryptonit!“

„Kryptonit?!“ Klein schien hin und her gerissen zu sein. Seine gerade noch vorgebrachte Ablehnung, Clarks deutlich spürbare Sorge und seine eigene Neugierde rangen ganz offensichtlich um Vorherrschaft. Er sah von Lois zu Clark und wieder zurück, schien abzuwägen.

Die Neugierde hatte dann nach einem kurzen Moment gesiegt. Er war so durchschaubar gewesen, dachte Lois in diesem Moment mit einem Lächeln. 'Der verrückte Wissenschaftler; leg ihm einen Köder hin und du hast ihn schon in der Falle.' Clark hatte kurz die waghalsige und vielleicht vollkommen abwegige Idee erklärt. Lois hatte deutlich seine Sorge dabei gehört.

Dann hatte Clark das Labor natürlich verlassen, er durfte ja nicht in die Nähe des Kryptonits kommen. Erst später wurde klar, dass er in dieser Zeit Dr. Harris geholt hatte.

Da saß Lois nun also auf diesem Stuhl, konnte sich aus eigener Kraft kaum noch bewegen und wusste nicht, ob sie sich trauen sollte zu hoffen. Sie fühlte sich wie in einem Eisblock eingefroren, nur dass ihr nicht kalt war dabei. Nichts gehorchte ihr mehr, weil Arme und Beine in diesem Eisklumpen fest steckten. Sie starrte auf den grün leuchtenden Stein vor sich und fragte sich, ob sie den Gedanken, den Stein beschwören zu wollen, zulassen sollte. Es war doch lächerlich, oder nicht? Klein nahm sie nur noch schemenhaft wahr. Der ganze Raum bestand nur aus ihr in dem Eiswürfel, der nicht kalt war, und diesem grünen Leuchten. War es ihre letzte Hoffnung? Was, wenn einfach gar nichts passierte? Wenn es vielleicht schlimmer wurde? Noch schneller? Es wäre doch eine unglaubliche Verschwendung, die wenige Zeit, die sie noch hatte, in diesem unpersönlichen Labor zu verbringen. Kein Sonnenlicht, keine Wärme auf der Haut, keine schöne Musik, kein Schokoeis in der Nähe. Und Klein? Sie mochte Dr. Klein, aber er war nun sicher nicht der Mensch, mit dem sie ihre letzten Stunden verbringen wollte. Sie wollte... 'Clark, wo bleibst du nur?'

Stattdessen saß sie gefangen in dem überdimensionalen Eisberg und konnte noch nicht einmal frieren. Ausgeliefert. Bewegungslos. Sie traute sich nicht zu hoffen. Hätte viel lieber geschrien: Lasst mich hier raus! Ich will leben! Doch wer hätte es gehört? Klein.

Und dann hatte sie etwas gespürt. Es fühlte sich an, als würde jemand ihren Eisklotz in warmes Wasser tauchen. Ganz so, als würde das erste Mal seit Wochen wieder Blut durch ihre Adern fließen. Dieses Gefühl war ein Trugschluss, das war ihr klar, die Durchblutung war niemals ein Problem gewesen. Es brauchte dann noch einen Moment, bis Lois wirklich begriff, dass – ganz gleich, was für ein Gefühl sie in ihren Füßen spürte, ob ein Kribbeln, ein Brennen oder Schmerzen – es vollkommen gleichgültig war. Dass sie überhaupt etwas spürte – das war die Sensation!

Einen kurzen Moment später hatte sie das Bedürfnis ihre Zehen auszustrecken, einfach weil sie sie so lange nicht mehr bewegt hatte. Und sie wurden wärmer. Dann bemerkte sie ein Jucken auf dem Fußrücken. In den vergangenen Wochen hatte Jucken immer bedeutet, dass sie es einfach ignorieren musste, weil sie selbst gar nichts mehr tun konnte. Instinktiv rieb sie die juckende Stelle dann an dem Stuhlbein, bis ihr bewusst wurde, dass sie ihren Fuß wirklich bewegt hatte. Es war, als wäre er aus dem hundertjährigen Dornröschenschlaf erwacht. Da war wieder Leben!

Sie probierte ihre Finger zu bewegen – es funktionierte! Sie, Lois, funktionierte wieder! Erst noch ein wenig starr und hölzern, aber es ging dann auch immer besser. Sie zog ihren Fuß auf die Sitzfläche und begann mit einer Hingabe die juckende Stelle – es war ein Mückenstich – zu kratzen. Selbst als es begann zu bluten, wollte sie nicht aufhören.

Der Eisblock schmolz immer mehr dahin. Bis er sie frei gab.

Lois hatte immer noch in dem Stuhl gesessen, auf dem Clark sie abgesetzt hatte, als Harris eintraf.

„Wie geht es Ihnen, Miss Lane?“ Er hatte nicht auf den Berufskollegen Klein geachtet, nicht auf Clark, der gar nicht erst in den 'Behandlungsraum' mitgekommen war, sondern hatte nur seine Patientin im Sinn gehabt.

Lois verspürte den Drang zu lächeln, unterdrückte dieses Bedürfnis aber. Sie gab Harris auch nicht die Hand, das hatte sie schon seit Tagen nicht mehr gemacht. „Nun, Dr. Harris, sehen Sie meinen Fuß an.“ Er war ihrer Aufforderung gefolgt und hatte auf ihren rechten Fuß gesehen, den sie zu ihm vorgestreckt hatte. Auf dem Fußrücken war eine punktuelle Wunde, gerötet, ein wenig blutig und leicht geschwollen. „Sehen Sie das?“ Ihr Tonfall war provozierend, aber mit diesem stolzen Unterton.

Harris sah sie besorgt an. 'Noch ein Symptom mehr, um das wir uns kümmern müssen', stand ihm auf der Stirn geschrieben. „Ja, ich sehe es. Das sollten wir reinigen und dann...“

Nun konnte Lois den Triumph in ihr nicht mehr unterdrücken. „Es ist ein Mückenstich!“

Das schien den Arzt zu beruhigen. „Nun das wird ja dann nicht so schlimm sein.“

„Nein! Sie verstehen nicht. Der Mückenstich hat gejuckt. Und ich habe gekratzt!“ Sie wartete einen kurzen Augenblick, um ihr Gesagtes wirken zu lassen. „Ich hab es nicht nur gespürt. Ich konnte meine Hand auch soweit bewegen, dass ich kratzen konnte. Und dann, nachdem die erste Linderung eingesetzt hat, konnte ich nicht mehr aufhören. Ich musste immer weiter machen. Sollte es doch blutig werden – aber ich kann es wieder spüren!“

Sie musste noch die ganze Nacht zur Beobachtung dort bleiben. Klein war nicht bereit das Kryptonit aus der Hand zu geben, falls sie es noch einmal bräuchten. Harris hatte ihr immer wieder Blut abgenommen und es untersucht, hatte sie immer wieder gequält und geärgert, indem er die Sensibilität ihrer Hände und Füße getestet hatte.

Und dann hatte sie Dr. Harris am Morgen mit den Worten gehen lassen: „Ich traue mich noch nicht wirklich, von einer Heilung zu sprechen. Auch, wenn alles darauf hindeutet. Wir haben es ja offenbar mit einer außerirdischen Kraft zu tun, für die uns hier jeglicher Vergleich fehlt. Aber wir haben Zeit gewonnen. Und wenn sich Ihr Zustand wider Erwarten verschlechtern sollte, könnte Ihnen eine neuerliche Behandlung mit diesem kryptonischen Stein wieder helfen. Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht nötig. Alles Gute für Sie!“ Dann hatte er gelächelt, das erste Mal, seit Lois vor Wochen in seine Praxis getreten war. Er schien sehr bewegt zu sein. Die Behandlung von Lois hatte ihn über die Wochen mitgenommen. Immer wieder hatte er neue Ideen gehabt, die sie ausprobieren könnten, doch alles war erfolglos geblieben. Wer hätte denn auch ahnen können, dass Kryptonit sie heilen würde?

Lois war geheilt. Sie wusste das. Sie konnte es nicht begründen, aber das musste sie auch gar nicht, sie wusste ja schließlich, dass es so war. Dr. Harris bestätigte ihr dann auch nur noch, was sie instinktiv bereits gewusst hatte; alle Untersuchungsergebnisse der letzten Stunden waren stabil. Die Sauerstoffsättigung ihres Blutes zeigte, dass ihre Lungen vollkommen normal arbeiteten. Alle Bewegungs- und Sensibilitätstest an Armen und Beinen zeigten vollkommen normale nervliche Reaktionen. Keine Veränderungen zu den ersten Tests vom gestrigen Abend.

Als sie ihr Apartment vor wenigen Stunden betreten hatte – und diesmal war diese Formulierung wirklich angebracht gewesen, denn sie hatte es auf ihren eigenen Beinen betreten -, war das erste, was sie tun wollte, schlafen. Einfach nur die Augen schließen und schlafen. Ohne die Angst, nicht mehr aufzuwachen. Dass sie im Schlaf ersticken würde. Keine Zeit mehr haben würde, all das zu erleben, was sie sich noch vorgenommen hatte. Ohne diese Angst vor den Albträumen. Einfach nur schlafen – und sich erholen. Ausruhen.

Indem sie kurz auf die freie Seite im Bett geklopft hatte, hatte sie Clark zu verstehen gegeben, dass sie ihn auch diesmal an ihrer Seite haben wollte. Wortlos hatte er den Platz eingenommen und seinen Arm um sie gelegt. Genauso wie er das immer gemacht hatte. Doch dieses Mal war es anders für Lois gewesen, sie hatte diese Geste das ersten Mal richtig genießen können. Hatte seine Wärme gespürt und dieses Gefühl von Sicherheit, das er immer ausstrahlte. Clark – ihr bester Freund Clark – er hatte so viel für sie getan. Ob sie das je wieder gutmachen könnte? Er war erschöpft, genau wie sie, er schlief sogar jetzt noch.

Sie hatte sich von diesem tonnenschweren Eisklotz befreit. Nein, Clark hatte sie davon befreit, mit dem Stein, der von seinem Heimatplaneten stammte. Clark... Heimatplanet...

Nachdem er ihr gestern die Wahrheit gestanden hatte, hatten sie sich keine Zeit mehr genommen, über dieses Thema zu reden. Krypton... Clark war Superman! Es war so unfassbar! Warum hatte sie das nicht früher schon erkannt? Sie war so blind gewesen. Es ärgerte sie schon ein wenig, es nicht selbst heraus gefunden zu haben. 'Ach, Lois, das ist doch wirklich verrückt! Er hat dir das Leben gerettet!' Ja. Zum hundertsten Male. Aber er hatte auch gelogen. Diese Erkenntnis stach immer noch wie ein Stachel im Fleisch, der nie entfernt worden war.

Aber hatte sie ein Recht, ihm böse zu sein? Er war ja wirklich in einer schwierigen Lage gewesen damals, als Clark beim Planet und Superman in Metropolis aufgetaucht waren. Diese Kräfte, diese Sensation und das alles Auge in Auge mit der besten Enthüllungreporterin weit und breit. Eine doppelte Identität war eine ziemlich clevere Lösung gewesen. Er hatte so viel damit erreichen können, den Job beim Planet, ein ganz normales Leben und nebenher hatte er unablässig die Welt gerettet. Gut, meist mit recht fadenscheinigen Ausreden. Oh verdammt, seine Ausreden! Warum hatte sie sich all die Parkuhren, Videobänder oder Zahnarzttermine gefallen lassen? Sie hatte auch nur das gesehen, was sie hatte sehen wollen. Und wer wusste es schon, sie hätte es vielleicht genauso gemacht.

Den Lauf der Dinge, dass Perry sie erst zu Kollegen, dann zu Partnern machte, dass sie ihn so bald akzeptieren konnte, um ihn dann sogar als Freund zu erkennen, das hatte ja niemand vorhersehen können. Sie nicht und Clark sicher auch nicht. Gerade weil sie ihn anfangs doch sehr auf Abstand gehalten hatte. Und jetzt waren sie sogar...

Lois drehte sich um; sie wollte ihn ansehen. Und sah dann gleich in seine gütigen, schokoladenbraunen Augen.

Clark lächelte sie an, wie die aufgehende Sonne. „Morgen... Seit wann bist du schon wach?“

Lois wollte abwinken. „Ach, mir gehen so viele Dinge im Kopf herum...“

Aufmunternd fragte er sie: „Was?“ Als gäbe es an diesem Morgen nichts mehr, das sie erschüttern konnte.

Lois wandte sich wieder ein klein wenig von ihm ab. „Naja, wie gemein ich zu dir war.“ Clark wollte etwas einwenden, aber sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen. „Doch! Anfangs, als wir uns gerade kennen gelernt haben, war ich doch wirklich herablassend zu dir. Ich habe dich nicht wirklich ernst genommen...“

Clark ließ sich sein Lächeln nicht nehmen. „Aber das hat sich doch geändert, recht bald...“

„Ja schon.“ Es war ihr noch in diesem Moment unangenehm. „Aber dann habe ich dir gezeigt, dass ich wirklich nichts, aber auch gar nichts von Superman verstehe...“ Clark zog seine Stirn in Falten. „Denk doch nur daran, was ich dir als Superman und dir als Clark an einem Tag gesagt habe, als ich über den Heiratsantrag von Lex nachgedacht habe...“

„Autsch...!“

„Genau! Und dann diese Geschichte hier. Diese Ungewissheit, diese Bürde, die ich dir übertragen habe, unter Umständen über mein Leben zu entscheiden... Ich meine... ich weiß sehr wohl, was du für mich empfindest.“ Mit diesen Worten sah sie ihm wieder in die Augen. „Wie schwer das für dich war. Nun ja, über lauter solche Sachen habe ich nachgedacht...“

Nach dieser Ansprache sah er sie ernst an. „... Und dass ich gelogen habe...“

„Ja, auch darüber.“ Ohne wirklich darüber nachzudenken, strich sie ihm liebevoll über den Arm, mit dem er sie hielt. „Ich... ich glaube immer noch, dass du dafür einen kräftigen Lane'schen Wutanfall verdient hast. Und den wirst du wohl auch noch irgendwann bekommen – aber nicht jetzt. Clark“, lächelte sie ihn schelmisch an, „wir haben ein Problem... ein anderes, ein weiteres Problem – wie du willst.“

Die Tatsache, dass er dieses Monster von Wutausbruch noch vor sich haben würde, schien Clark nicht glücklich zu machen. „Was für ein Problem?“ Und doch sagte er das, als könnte ihn nach diesen Wochen nichts mehr aus der Bahn werfen.

„Wir sind verheiratet...“

Clark reagierte gelassen: „Ich denke, das wird nicht sehr schwierig. Wir müssen einen Richter aufsuchen und dann können wir sicher, nachdem wir etwa tausend Formulare und Erklärungen ausgefüllt haben, diese Ehe annullieren lassen. Wahrscheinlich kostet es zehnmal so viel wie die Trauung, aber was soll's...?“

„Ja, das wäre sicher das Einfachste...“ Lois atmete einmal tief durch. Sie drehte sich auf die Seite, um ihm ganz direkt ins Gesicht sehen zu können. Und sie versuchte ihren verknoteten Magen zu ignorieren und sich Mut zu machen: 'Sag es, Lois! Dieser Moment kommt niemals wieder! Jetzt oder nie!' „Clark...“, begann sie ganz ruhig, obwohl sie sich innerlich wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch fühlte, „wenn wir diese ganzen letzten Wochen vergessen, meine Krankheit, die Heirat, was empfindest du für mich?“

Clark schluckte, als müsste er kurz überlegen, wie ehrlich er jetzt sein müsste. „Ich... ich liebe dich. Ich habe dich vom ersten Moment an geliebt. Und ich würde alles für dich tun...“

Der Vulkan fing ganz langsam an sich zu beruhigen, wenn auch nur einen Hauch. „Und ich... ich habe in den letzten Wochen bemerkt, was ich an dir habe. Ich habe viel über dich nachgedacht...“ Clark wollte etwas einwenden, doch sie ließ ihn nicht zu Wort kommen, „und ich weiß inzwischen, dass es kein Zufall war, dass ich dir mein Leben anvertrauen wollte. Clark. Lois Lane vertraut einem Mann! Das hat es noch nie gegeben...“

„Aber es ist doch Superman...“, warf Clark nun ein.

„Nein! Dass du Superman bist, weiß ich erst seit gestern Nachmittag“, entgegnete sie vehement. Dann fuhr sie mit ruhiger Stimme fort: „Dass ich dich liebe, weiß ich schon sehr viel länger. Und es ist Clark, den ich liebe.“ Lois sah Clark in die Augen. Sie sah, wie er sich deutlich entspannte, um ihr dann ein Lächeln zu zeigen, das aus den Tiefen seiner Seele zu kommen schien. Seine Augen strahlten. „Und...“, fuhr sie daraufhin kleinlaut fort, „ich habe mich gefragt, ob wir das mit der Auflösung der Ehe nicht noch ein wenig... hinten anstellen können? Ausgehen. Sehen, wie es funktioniert. Und vielleicht...“

„Du meinst, du willst es so lassen?! Lois, das ist verrückt. Aber irgendwie auch wunderschön...“

„Für irgendetwas muss das Ganze doch gut sein. Und Annullierung oder scheiden lassen, können wir uns immer noch. Aber wir könnten auch einfach sehen, was passiert...“

Lois wollte noch sagen, dass es doch auch sehr spannend werden könnte, sie könnten ausgehen, sich wirklich kennen lernen und das privat. Dass sie wirklich sehr gut zusammen arbeiten könnten, wüssten sie ja schon. Sie wollte ihm sagen, dass Clark ihr inzwischen viel mehr bedeutete als Superman. Superman war eine Schwärmerei, die fast etwas Kindliches, oder doch wenigstens etwas Pubertierendes hatte. Aber sie war erwachsen geworden. Und da war der wirklich Mann, Clark Kent, viel wichtiger geworden. Sie wollte ihm sagen, dass sie nun den Mut hatte, sich diesem, vielleicht größten, Abenteuer in ihrem Leben zu stellen, eine Beziehung mit ihm einzugehen, ihn zu lieben, aber sie bekam keine Chance dazu.

Clark brachte sie sehr einfach und effektiv zum Schweigen, er küsste sie. Erst zart und vorsichtig, doch er wurde mutiger und der Kuss leidenschaftlicher...


ENDE...


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