Diese Offenbarung ist mir ein langer Herzenswunsch, Sie ist nicht so witzig angelegt. Aber die Idee dafür arbeitet schon sehr lange in meinem Kopf.
Ganz lieben Dank an Tahu (Elphie) für ihr schnelles und kreatives Beta.
Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois & Clark", Clark Kent, Lois Lane, Daily Planet, Metropolis, Krypton – all das gehört nicht mir und die Charaktere auch nicht, sondern denen, die die Idee hatten, Jerry Siegel, Joe Shuster oder DC-Comics, um nur einige zu nennen. Nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich, und verdiene kein Geld damit.
Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.
Offenbarung 8 – Clark und Superman„Clark, eines der Dinge, die ich mir für dieses Jahr vorgenommen habe, ist entschlossener zu sein. Warum sehen wir nicht nach einem Termin und tun es einfach. Wir sollten ausgehen... Ein Date haben.“ Lois lächelte zufrieden, war aber nicht sehr gut zu verstehen, sie blätterte in ihrem Kalender, während sie auf Clark zukam. Um beide Hände frei zu haben hielt sie ihren Bleistift mit den Lippen fest.
Aber er hatte sie ganz genau verstanden. Und er war froh um jedes einzelne Wort, das sie zu ihm gesagt hatte. Wie oft hatte er diese Worte schon im Geiste formuliert und sie dann doch nicht ausgesprochen. Er wollte mit Lois ausgehen, lieber heute als morgen, aber waren sie wirklich schon so weit? Doch wenn er noch länger wartete, kam vielleicht ein anderer daher. Nein. Lois hatte vollkommen Recht, sie sollten wirklich ausgehen. Sie saß inzwischen auf seinem Schreibtisch und schlug die Beine übereinander. Den Bleistift hatte sie inzwischen aus dem Mund genommen. Er gab ihr einen halben von seinem Donut. „Ja, sehr gute Idee, wie wäre es mit Donnerstag?“, rief er begeistert aus. Sehr gut, ermutigte er sich selbst, gleich einen Termin vorschlagen, das würde ihr zeigen, wie ernst es ihm war.
Lois blätterte in ihrem Kalender und antwortete wieder mit vollen Mund, diesmal aber vom Donut: „Nein, Donnerstag geht nicht, da trifft sich die Nationale Organisation der weiblichen Journalisten. Wie ist es Mittwoch?“
„Ach, Mittwoch wollte ich zu einem Vortrag der Mikro-Entomologen.“ Er sah ihren ungläubigen Blick und setzte erklärend nach: „Es interessiert mich nun mal. Wie wäre es mit heute?“
Sie schüttelte ihren Kopf. „Heute ist meine Prüfung zum braunen Gürtel im Taekwon-Do. Freitag?“ Lois sah ihn hoffnungsvoll an.
Clark nickte gerade noch und dann hörte er unten auf der Straße eine Sirene. Nein, es waren mehrere Sirenen und sie hatten die unterschiedlichen Tonlagen von Polizei, Ambulanz und Feuerwehr. Verdammt, Lois würde ihm sicher wieder vorhalten, dass er einem persönlichen Gespräch aus dem Weg gehen wollte. Also bemühte er sich hastig zu antworten: „Freitag? Perfekt. Ja wirklich. Das machen wir – Freitag. Ich freu mich schon jetzt darauf.“ Aber nun musste er wirklich los, wer wusste schon, wie viel Verletzte es gab? Er würde es sich niemals verzeihen, wenn er zu spät kam. Instinktiv griff er sich an seinen Krawattenknoten, obwohl er genau wusste, dass er ihn erst öffnen würde, wenn er unbeobachtet war. Lois bekam diesen leicht säuerlichen Gesichtsausdruck, diesen Ja-geh-nur-und-lass-mich-hier-stehen-Ausdruck. Er versuchte seine Lage ein wenig zu verbessern, auch wenn das nur in Spuren möglich sein dürfte: „Lois. Freitag – versprochen. Aber ich muss jetzt wirklich... mein Zahnarzt... es gab keinen anderen Termin. Wirklich.“ Dann stürmte er los.
~ ~ ~
Für das, was dann passiert war, hatte Clark keine Worte, um es zu beschreiben. Dieses Gespräch mit Lois, dass sie ein Date haben sollten und auch beide wollten, hatte am Dienstag Nachmittag stattgefunden. Nach dem Hören der Sirene war Clark als sein capetragendes Ego sofort zu einem Großbrand geflogen. Doch das war nur der Anfang eines Superman-Einsatzes der Superlative gewesen. Stunden hatte er damit zugebracht bei diesem Großbrand in einer Fabrik für Gummibären und andere Gummitiere sein Bestes zu geben. Unzählige Male war er mit Verletzten in die umliegenden Krankenhäuser geflogen. Doch kaum, dass er gedacht hatte, die Lage sei unter Kontrolle, hatte ihn schon die nächste Katastrophenmeldung erreicht. Eine Ölraffinerie im Süden des Landes war auch in Brand geraten. Die nächste Meldung rief ihn zu einem havarierten Öltanker vor der schottischen Küste. Dann war es ein sinkender Containertanker im japanischen Meer, ein entgleister Güterzug bei Toronto und bei einem U-Bahn-Brand in London drohte es hunderte von Toten zu geben. Ein Tornado, eine Schlammlawine nach unglaublichen Überschwemmungen und ein Waldbrand gesellten sich auch noch dazu. Es war wie verhext.
Als er das nächste Mal wieder in Metropolis war, in seiner Wohnung stand, war es Donnerstag Abend. Er war 48 Stunden nicht in Metropolis gewesen, nicht in seiner Wohnung, nicht im Planet, nicht bei Lois. Sie würde ihm den Kopf abreißen. Nun, wenigstens hatte er noch die Chance, dass er das Date einhalten könnte – wenn Lois noch mit ihm sprach.
Doch ganz gleich, wie sauer sie nun war, es hatte keinen Sinn, die Begegnung mir ihr auch noch unnötig lange hinaus zu zögern. Es war jetzt fünf Uhr; zum Planet zu gehen, lohnte sich nicht mehr. Doch er konnte noch ein paar Stunden schlafen. Aber dann würde er zu Lois gehen.
Er würde sie besuchen, in ihrem Apartment. Clark stopfte seinen Anzug in die schmutzige Wäsche und ging ins Bett. Mit seinem Entschluss, in ein paar Stunden zu Lois zu gehen, war er sehr zufrieden. Und nun wollte er nur noch eines, schlafen...
~ ~ ~
Nach zwei Stunden Schlaf, geduscht und rasiert, fühlte sich Clark um einiges besser als noch vorher. Doch es wollte ihm nicht wirklich gelingen, einfach so gut gelaunt und beschwingt zu Lois' Apartment zu schlendern. Ihm war klar, dass der Tornado, der ihn gleich erwartete, jede bisher erlebte Naturkatastrophe an die Wand spielen würde. Aber es hatte gar keinen Sinn, dem ausweichen zu wollen. Er wollte sich mit Lois aussöhnen, er wollte, dass sie ihm verzieh und er wollte dieses Date.
Er lief mit bangen Herzen die Treppe in den fünften Stock ihres Hauses herauf. Während er aus dem Treppenhaus trat, kam Lois gerade aus dem Fahrstuhl. Sie sah ihn mit einer Spur Überraschung und fragend an. Die Frage, die ihr wohl auf den Lippen lag, war offensichtlich: Wo war er die letzten zwei Tage gewesen? Doch stattdessen und statt des auch infragekommenden Gewitters öffnete sie eines nach dem anderen der fünf Schlösser an ihrer Apartmenttür. Schweigend. Daraufhin trat sie in ihr Apartment und gab den Weg für ihn frei, immer noch wortlos und mit einem leicht verächtlichen Blick. Sie nahm ihm den Kaffee ab, den er mitgebracht hatte und sagte betont gelassen: „Hüte dich vor Griechen, die mit Geschenken kommen...“
Ihr Blick hatte etwas funkelndes, wohl aber eher böse funkelnd. Ihre Stimme klang so betont ruhig, gerade so als wollte sie nicht zeigen, was wirklich in ihr vorging. Doch Clark hatte das Gefühl, der Vulkan stand kurz vor dem Ausbruch. Überall war das Donnergrollen bereits zu hören, die Erde vibrierte ganz leicht.
Es würde schwerer werden als er gedacht hatte. Ach verdammt, alles nur, weil sie nicht wusste, was sie vielleicht endlich wissen sollte. Aber dies war nun wahrlich kein guter Moment um lang gehütete Geheimnisse zu offerieren. Immerhin hatte sie seinen Kaffee angenommen und ihn herein gelassen. Lois trank Kaffee zu jeder Tageszeit und diesen mochte sie besonders gerne. Er sollte versuchen die Stimmung ein wenig aufzuhellen. Clark versuchte möglichst gutgelaunt, aber auch nicht allzu selbstbewusst zu erscheinen: „Hallo, Lois.“
Sie sagte immer noch kein Wort und ging nun Richtung Küche.
„Sicher hast du den Barning-Fall inzwischen gelöst...“, versuchte er es mit einem aufmunterndem Lächeln.
Lois kam zurück und schenkte ihm einen Blick, der so vernichtend und geringschätzig war. Wenn Blicke töten könnten... Dann betonte sie jedes einzelne Wort: „Perry hatte
uns bis Mittwoch Zeit gegeben. Heute ist Donnerstag. Natürlich habe ich den Artikel fristgerecht abgeliefert.“ Jedes Wort wie eine Ohrfeige.
„Natürlich...“ Was konnte er nur sagen? Dass er in den letzten zwei Tagen mehr als Tausend Menschen das Leben gerettet hatte? Nein, er wollte sich nicht mit den Taten seiner zweiten Identität brüsten. „Lois, ich...“
Doch sie fiel ihm aufgeregt ins Wort: „Ich... will keine Erklärung hören! Keine! Nichts, was mit mit Zahnarzt, Frisör, Nachbarn, Parkuhr, Videobänder, Käse-des-Monats oder Pudeln zu tun hat. Ich will das alles nicht hören. Aber - wenn du willst, dass ich meinem Partner irgendwann in diesem Leben noch einmal vertraue, dann solltest du einfach aufhören zu lügen. Also sag am besten gar nichts. Okay?“ Mit jedem weiteren Wort hatte sie sich mehr echauffiert. Dann schien die Luft raus zu sein, sie hatte sich inzwischen auf ihr Sofa fallen gelassen. „Willst du den Artikel nun lesen?“ Das fragte sie nun wieder in dem bewusst unterkühlten Ton.
Clark nickte und atmete einmal tief durch. Das würde ein sehr langer Abend werden. Aber immerhin hatte sie ihn nicht umgebracht, sie redete mit ihm. Vielleicht bestand ja doch noch Hoffnung für ihn. Er hatte fast das Gefühl als würde die Sonne aufgehen und langsam ihre wärmenden Strahlen zu ihnen schicken. Doch dieser Glücksmoment dauerte nur einen ganz kurzen Augenblick. Während Lois den Artikel aus ihrer Tasche an der Garderobe holte, ließ er seinen Blick durch ihr Apartment wandern. Und das, was er dabei entdeckte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren: Auf der Anrichte in ihrer Küche stand eine leere Flasche Rotwein und zwei Gläser. Zwei! Auf dem Tischchen vor ihrem Sofa standen Kaffeebecher, aber es waren auch zwei. In einer kleinen Vase, die auf dem Kamin stand, befand sich eine einzelne rote Rose.
Er konnte kaum atmen. Lois hatte Besuch gehabt, über Nacht!, das war offensichtlich. Jemand, der ihr eine rote Rose mitgebracht hatte – es musste ein Mann gewesen sein und er war über Nacht geblieben! Hatte sie wirklich eine Beziehung hinter seinem Rücken oder wollte sie ihn nur provozieren? Provozieren, indem sie so tat, als hätte sie eine Affäre oder indem sie wirklich einen Mann über Nacht bleiben ließ? Clark schwirrte der Kopf.
Natürlich hatte er gar kein Recht, Lois vorzuschreiben, wie sie ihre Nächte verbrachte – und mit wem. Sie waren schließlich
noch kein Paar. Aber Clark hatte doch gedacht, erwartet, gehofft, dass sie auf dem besten Weg dahin waren. Doch nun schien er zu spät gekommen zu sein...
Lois kam mit dem Artikel zu ihm und gab ihn das Papier. Sie setzte sich wieder hin. Doch Clark bekam gar keine Chance, ihn zu lesen, sie redete nun auf ihn ein. Nicht ganz so freundlich, wie sie es normalerweise tat, aber auch nicht mehr ganz so frostig, wie noch vor wenigen Augenblicken: „Ganz gleich, was Perry uns morgen gibt, ich würde ganz gerne etwas mit dir besprechen... Ich möchte, dass wir beide etwas tun, uns um etwas kümmern... Clark, hörst du mir überhaupt zu?“ Sie hatte wohl seinen erschrockenen und verwirrten Gesichtsausdruck gesehen.
Natürlich hätte er sich gerne besser unter Kontrolle, aber die Tatsache, dass Lois die Nacht mit einem Mann verbracht hatte, schockierte ihn so sehr, dass er sein Entsetzen nicht verbergen konnte. Er räusperte sich, noch einmal, bevor er seine Stimme wiederfand. Auch danach war sie eher nur ein Krächzen, doch er konnte wieder reden: „Lois... du hast... da war ein Mann über Nacht bei dir...“
Blitzartig änderte sich ihr Blick, der gerade eine Spur Freundlichkeit gezeigt hatte, wieder in Richtung streng und vorwurfsvoll. „Ich wüsste zwar nicht, dass dich das etwas angeht... Aber du hast Recht, Sherlock Holmes.“ Lois atmete scheinbar gelassen ein und aus, ließ das Gesagte einen kleinen Moment wirken. Sie war sich sicher bewusst, was sie damit bei ihm anrichtete – und scheinbar tat es ihr gar nicht leid, ihn so zappeln zu lassen und leiden zu sehen. Einen Hauch freundlicher fuhr sie dann fort: „Genaugenommen geht es um ihn, über den ich mit dir reden möchte. Es geht ihm nicht gut. Ich denke, jemand sollte ihm, ja, ich weiß auch nicht, helfen, mit ihm reden, was auch immer nötig ist. Und da er dir auch sehr nahe steht, dachte ich mir, du würdest mir vielleicht helfen...?“ Sie sah ihn immer noch ernst, aber auch erwartungsvoll an.
Sie hatte es nicht geleugnet. Wie hatte sie diesen Mann in der letzten Nacht getröstet? Bei dem Gedanken, dass jemand anderes Lois küsste, sie berührte, spürte er einen Schmerz in seinem Herzen, der ihm alle Kraft nahm. Doch wer war es? Er kannte ihn auch, das hatte sie gesagt. Jemand, der ihnen beiden nahe stand – Jimmy? Perry? Beide erschienen ihm so unwahrscheinlich. Würde einer von ihnen Lois eine rote Rose mitbringen? Und bis zum Morgen bleiben? Die Zeichen waren doch sehr eindeutig. Zu eindeutig. Clark lehnte seinen Kopf zurück. Er konnte so schlecht atmen, die Luft hier war so dünn.
Lois sah ihn daraufhin sorgenvoll an. „Clark, ist dir nicht gut?“ Sie fühlte ihm fürsorglich die Stirn. „Du fühlst dich normal an.“
Er ließ kraftlos seine Hände sinken, mit denen er noch immer ihren Artikel festhielt. Sie sah ihn besorgt an. Was sollte er nur sagen? Hatte er das Recht sie zu fragen? Eigentlich sprach alles dagegen und doch konnte er sich nicht zurückhalten, es brach geradezu aus ihm heraus: „Wer war heute Nacht bei dir?“
Lois sah ihn überrascht an und da war auch wieder dieses böse Funkeln in ihren Augen. „Ach, das ist es: Du bist eifersüchtig!“ Ihr Tonfall unterstützte ihren bösen Blick. Während sie nun weitersprach, zeigte sich all ihr aufgestauter Groll. „Du bist wirklich gut. Erst bist du für Tage nicht da. Lässt mich alle Arbeit alleine machen. Ich muss mir bei Perry eine Entschuldigung nach der anderen für dich ausdenken. Und das alles nur, weil du es nicht für nötig hältst, mir zu sagen wo du hingehst. Andauernd verschwindest du. Es ist fast so, als würdest du ein Doppelleben führen. Aber was für eins? Was machst du nur immer? Wohin verschwindest du?“ Oh ja, Groll, Ärger, aber auch Verzweiflung zeigte sich da.
Clark holte Luft, setzte zu einer Erklärung an, doch sie ließ ihn nicht einmal zu Wort kommen, sprach schnell weiter, bevor er auch nur ein Wort gesagt hatte. „Nein! Ich will es nicht hören. Das hab ich dir schon einmal gesagt. Und ich habe dir auch schon gesagt, dass es dich überhaupt nichts angeht, mit wem ich die Nacht verbringe.“ Lois sah ihn einen Moment taxierend an. Diese Wut schien sich ein wenig abgebaut zu haben, sie fuhr nun viel ruhiger fort: „Aber andererseits ist er es ja, über den ich mit die sprechen will. Also werde ich es dir sagen: Der Mann, der letzte Nacht bei mir war, ist Superman. Und wir müssen über ihn reden. Er ist schließlich auch dein Freund. Ich denke, es geht ihm nicht gut. Wir beide sind seine Freunde. Was bedeutet, dass wir ihm helfen müssen – also, bist du dabei?“
Clark hatte geradezu an ihren Lippen geklebt, so gespannt war er zu erfahren, wer es war. Doch als das Wort Superman gefallen war, hatte es ihn wie einen Schlag getroffen. Danach hatte er nur noch halb zugehört. Sie hatte die Nacht mit Superman verbracht! Das glaubte sie wenigstens. Aber er konnte es ja gar nicht gewesen sein. Doch wer oder was war dann bei ihr gewesen? „Lois, Superman...? Das kann nicht sein“, stammelte er nur.
Provozierend sah sie ihn daraufhin an. „Warum nicht?“
Oh verdammt, es konnte nicht sein, weil Superman in der letzten Nacht um die halbe Welt geflogen war. Woher wusste er das? Weil er es selber war. Logisch. Doch genau das konnte er ihr nicht sagen, bevor sie nicht ein gewisses Geheimnis über seine zwei Identitäten wusste. Was er ihr aber nicht sagen konnte. Doch dann fiel ihm etwas ein: „Denk an den Superman-Klon, den Luthor erschaffen hat.“
„Ja, aber den hab ich doch genaugenommen recht schnell entlarvt, sein Macho-Gehabe hat ihn verraten. Kein Wunder, Luthor hatte ihn
programmiert... Aber dieser ist der echte Superman. Glaub mir.“
„Nein“, brach es ungeduldig aus ihm heraus, „er kann es nicht sein.“
Wenn sie eben schon fast soweit war, ein kleines Lächeln zu zeigen, so kehrte sie nun wieder ihre Wut heraus. „Warum nicht? Glaubst du, ich bin nicht interessant oder attraktiv genug für ihn?“
„Nein, Lois“, er war wirklich verzweifelt, wand sich hin und her, „du bist sicher die interessanteste und attraktivste Frau, die Superman sich nur vorstellen kann. Aber er war es nicht. Er kann es nicht gewesen sein.“
„Warum nicht?“ Bei dieser Frage war noch deutlich das pure Interesse zu spüren. Bei den folgenden Worten zeigte sich dann deutlich die ihm sehr bekannte Lane'sche Rage: „Was willst du mir denn bloß sagen? Kannst du nicht endlich mal aufhören immer so kryptisch zu reden?“
Clark brauchte nur ein paar Sekunden. Einen kurzen Augenblick schloss er seine Augen und wog das eine gegen das andere ab. Es war jemand bei Lois gewesen, der sich für ihn ausgegeben hatte. Warum? Und wer? Es galt seine Doppelidentität zu schützen. Um jeden Preis? Lois musste erfahren, was hier geschah, mit ihr geschah. Jetzt? Ja. Ja! Sie sollte es erfahren. Sie hatte ein Recht darauf. Sie sollte wissen, dass es ihm um weit mehr als Eifersucht ging. Er sorgte sich um sie. Mehr als um sonst jemanden.
Der Entschluss war gefasst. Das war schon einmal ein gutes Gefühl. Auch wenn ihm das Herz bis zum Hals schlug. Er versuchte ruhiger zu atmen. „Lois, der Moment ist nicht ideal.“ Seine Stimme wurde aber mit jedem Wort fester, sicherer. „Ich hatte mir das ein wenig anders vorgestellt, aber die Umstände erfordern es. Ich habe diese Ansprache schon tausendmal geübt – und jetzt weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie ich anfangen soll...“ Er sah sie um Hilfe bittend an. Aber natürlich konnte sie ihm nicht helfen. Lois wusste in diesem Augenblick offensichtlich gar nicht, was sie zu erwarten hatte. Doch es gab kein Zurück mehr. Clark holte noch einmal tief Luft und versuchte sich selbst zu motivieren: Sag es einfach gerade heraus. Das half ihm ein wenig. „Der Mann der letzte Nacht bei dir war, kann nicht Superman sein, weil ich Superman bin. Und ich war letzte Nacht überall auf diesem Globus, aber nicht bei dir.“
Lois Augen weiteten sich. Sie schien zu überlegen, wie irre seine Behauptung war. Oh ja, vielleicht sollte er es beweisen. Zur Unterstützung seiner These schwebte er in seiner sitzenden Position einfach ein Stück in die Höhe. Gerade soweit, dass sie klar erkennen konnte, er schwebte wirklich. Gab es einen besseren Beweis?
Clark konnte nun sehen, wie sich bei ihr die einzelnen Puzzlestücke langsam zu einem Ganzen zusammensetzten. Wahrscheinlich beantworteten sich ihr in diesem Moment sehr viele Fragen. Sein ständiges Verschwinden oder die Tatsache, dass er als Superman eigentlich immer in ihrer Nähe war. Doch dann kam auch sie sehr schnell zu dem Anfang ihres Gesprächs. „Oh nein, Clark. Wer war dann letzte Nacht bei mir? Und die beiden Nächte davor?“, rief sie entsetzt aus, während er sich langsam wieder auf dem Sofa niederließ.
„Ja“, entgegnete er tonlos, „das sollten wir herausfinden.“ Sie sprach von drei Nächten! „Was hat er... habt ihr gemacht?“ Nun hatte er diese Frage, die ihm schon seit geraumer Zeit unter den Nägeln brannte, doch gestellt. Er biss sich auf die Zunge. Lois hatte natürlich Recht gehabt, im Grunde genommen ging es ihn nichts an. Sie waren Partner, mehr nicht. Dass er hoffte, es würde eines Tages mehr daraus werden, stand auf einem ganz anderen Blatt.
„Oh, keine Sorge, wir haben geredet“, winkte sie lässig ab, „mehr nicht. Stundenlang. Und was er gesagt hat, hat mich tief berührt. Clark, da war so eine tiefe Traurigkeit in ihm. Es war auch nicht so, dass er eine bestimmte Information von mir haben wollte, er hat die meiste Zeit gesprochen. Ich hatte auch die ganze Zeit das Gefühl, dass das alles war, was er wollte - einfach nur reden.“ Das beruhigte Clark.
Lois hatte ihm das so unumwunden mitgeteilt, er sah das als einen ersten Schritt, dass sie ihm verzieh. Er hatte so lange gelogen, ihr etwas vorgemacht. Doch sie redete noch mit ihm, er lebte noch und sie weihte ihn in das ein, was wirklich passiert war. Er begann zu hoffen. Aber sie hatten ein Problem zu lösen. Wer war Lois' nächtlicher Besucher und was wollte er? „Wird er heute Abend wiederkommen?“ Das schien ihm der einfachste Weg um herauszufinden, wer er war und was er wollte – eine direkte Konfrontation.
„Hm, ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Es könnte sehr gut sein. Als er ging, hat er gesagt: 'Wir sehen uns', aber nicht wann. Oh mein Gott, Clark, sieh mich nicht so an. Ich komme mir vor, als hätte ich dich betrogen.“ Ihre Betroffenheit war deutlich zu spüren.
Clark war sich gar nicht bewusst gewesen, dass er sie auf eine Art und Weise angesehen hatte, bei der sie sich in die Enge getrieben fühlen konnte. Genausowenig konnte ja von 'betrügen' die Rede sein, sie waren ja noch nicht mal ein Paar – noch nicht. Diese emotionale Verstrickung sollten sie für's Erste auch besser außer Acht lassen. Daher wollte er möglichst sachlich und methodisch vorgehen. „Lois, hatte dieser... Supermann letzte Nacht denn auch wirklich Superkräfte?“
„Ja“, brach es verzweifelt aus ihr heraus, „glaubst du wirklich, ich würde mich noch einmal so leicht von einem gefälschten Superman täuschen lassen?“ Er schüttelte seinen Kopf, um ihr zu zeigen, dass er ihr voll und ganz vertraute. „Aber, Clark, vielleicht solltest du dich verstecken. Wenn er dich sieht, dann...“
„... Dann könnte ihn das abschrecken“, setzte er ihren Einwand fort. „Du hast Recht.“ Er stand auf und ging in Lois' Küche und versteckte sich daraufhin hinter ihrer Anrichte.
Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Lois blieb angespannt auf ihrem Sofa sitzen und wartete genauso schweigend. Was würde er tun, wenn dieser falsche Superman vor ihm stand? Kämpfen? Herausfinden, wer er war und was er wollte – das war wichtig. Die Minuten schlichen träge und klebrig dahin. Die Zeiger der Uhr schienen sich gegen sie verschworen zu haben und bewegten sich in einer unendlichen Langsamkeit.
Bis er plötzlich von diesem eigentlich so vertrauten Geräusch aufgeschreckt wurde – dem typischen 'Wusch' das die Landung ankündigte. Aus der Distanz klang es eigenwillig fremd. Clark sah auf und erblickte auf Lois' Fenstersims Superman – lächelnd und mit einer weiteren roten Rose in der Hand. Der gleiche Anzug, die Haarlocke, Augenfarbe, selbst seine Körperhaltung glich Clark bis aufs letzte Haar. Es hatte etwas befremdliches, wie in einen verzauberten Spiegel zu sehen.
Clark zögerte keine Sekunde, er schoss aus seinem Versteck hervor, auf den Mann in rotblau zu. Clark schlug dem erschrocken dreinblickenden Superman die Rose aus der Hand. Stach sich an den Dornen. Bis zu diesem Moment war ihm nicht wirklich klar gewesen, wie eifersüchtig er in Wirklichkeit doch war. Dann griff er Superman brutal an den Hals und hob ihn hoch. Clark war aufs Äußerste gespannt. Er war kampfbereit. Spürte eine Welle der Aggression in sich aufsteigen. Er wollte diesen falschen Helden vernichten.
Doch entgegen all seiner Erwartungen und schlimmsten Befürchtungen wehrte sich dieser Superman nicht. Er hing ein paar Zentimeter über dem Boden, fest in Clarks Griff und rührte sich nicht. Clark sah ihm in die Augen. Dort sah er dann genau das, was Lois ihm schon angekündigt hatte – eine tiefe Traurigkeit blickte ihm entgegen. Doch abgesehen davon, hatte Clark das Gefühl, er blickte in seine eigene Seele. Alles erschien ihm so vertraut und bekannt.
Dann sprach Superman und auch seine Stimme glich der von Clark vollkommen. „Nein... bitte nicht kämpfen. Ich möchte nicht kämpfen – und schon gar nicht mit dir.“ Seine Stimme, sein ganzes Auftreten wirkte so niedergeschlagen, so kraftlos und traurig.
Diesen Mann, diesen Lügner, diesen Blender... Clark wollte, aber er konnte ihn nicht angreifen. Da war etwas, eine Ahnung, die Clark sagte, er war kein Feind, obwohl er auch keine Vorstellung hatte, was er stattdessen war. Clark ließ ihn langsam herunter. „Wer bist du?“, war das Einzige, das er noch herausbrachte.
Superman, nun wieder auf seinen eigenen Füßen, stand vor ihm und fuhr sich mit seiner Hand einmal kurz über seinen Hals. Clark hörte wie Lois aufstand, sicher wollte sie zu ihnen treten. Ohne sich nach ihr umzudrehen, bedeutete Clark ihr mit seiner Hand nicht näher zu kommen. Auch wenn er beschlossen hatte diesen falschen Helden nicht auf der Stelle zu vernichten, noch hatte er keine Vorstellung, was hier vor sich ging. In welcher Gefahr sie sich befanden.
Superman sah Clark direkt in die Augen und sagte beherrscht, bedächtig: „Ich – bin – du...“
Clark sah sein rotblaues Spiegelbild verwundert und skeptisch an und wusste doch instinktiv, dass sein Gegenüber die Wahrheit sagte. Es gab eine Verbundenheit zwischen ihnen, die er nicht erklären konnte und doch tief in seinem Herzen spürte. „Wie...? Und Warum?“, stammelte er ergriffen.
„Ja, ich fürchte, ich schulde dir eine Erklärung.“ Supermans Körperhaltung verlor langsam die angespannte Vorsicht. Er klang immer noch so, als fiele ihm das Reden schwer, kam dann aber Clarks Frage nach: „Eigentlich wollte ich dir auch gar nicht begegnen. Mir war klar, dass das kompliziert werden würde – für dich und für mich. Es ging mir nur darum, Lois zu sehen...“
Entgegen Clarks Empfehlung trat Lois nun doch näher zu ihnen beiden. Jetzt war sie es, die ein wenig atemlos „Warum?“ fragte.
Superman rieb sich gedankenverloren das Kinn. Eine Geste die Clark von sich selber kannte, wenn er nicht genau wusste, was er sagen sollte. Superman ging nun weiter in den Raum hinein, Lois und Clark ließen ihn gewähren, behielten ihn jedoch ständig im Auge. Dann setzte sich Superman auf das Sofa. „Wo fange ich nur an?“ Lois und Clark setzten sich daraufhin auf das gegenüberliegende Sofa, doch Clark kam es so vor, als waren sie nicht in der Lage sich zu entspannen. Superman hingegen saß dort, als ergebe er sich in sein Schicksal, er fuhr gelassen fort: „Ich komme aus der Zukunft, aus eurer Zukunft. Mit einer Zeitmaschine. Es ging mir nur darum Lois zu sehen. Eigentlich wollte ich sie nur von Ferne betrachten, wenigstens ein einziges Mal noch. Aber als ich sie dann gesehen hab, konnte ich nicht widerstehen, ich musste mit ihr sprechen. Ihre Stimme zu hören, ihren Elan zu spüren...“, auf seinen Lippen bildete sich ein vorsichtiges Lächeln, „... ihr Geplapper... Gott,wie ich das geliebt habe...“ Seine Stimme klang nun belegter und sein Blick wurde glasig.
Clark war sich sogar sicher, dass er Tränen sah. Alles was sein Spiegelbild ihnen zeigte, war genau diese tiefe Traurigkeit, von der Lois die ganze Zeit gesprochen hatte.
Superman fuhr sich kurz mit den Fingern über die Augen und fuhr mit einem Zittern in der Stimme fort: „Ich bin alleine und ich halte es nicht mehr aus. Als sie mich verlassen hat, diese Welt verlassen hat, da hatte ich das Gefühl, ich höre auf zu existieren.“ Er schluckte einmal schwer und eine Träne rollte ihm die Wange herunter. „Herby sagte bei ihrer Beerdigung, dass für mich die Sonne wieder aufgehen würde, aber... dieser Tag ist jetzt acht Jahre her. Und... ich will nicht mehr... ich kann nicht mehr. Ohne sie ist mein Leben nichts. Aber weißt du“, er sprach Clark direkt an, „ich kann mich noch nicht einmal umbringen... Wir sind unverwundbar, regenerieren uns immer vollständig. Das bedeutet, dass wir nicht sterben können. Ich habe mich vom Sonnenlicht zurückgezogen, damit sich meine Kräfte nicht regenerieren. Tage erst, dann Wochen und Monate. Ich habe mich im Keller unseres Hauses vergraben. Mit niemanden mehr gesprochen. Ich wurde auch schwächer, aber ich lebe immer noch. Kryptonit gibt es nicht mehr auf der Erde. Ich habe es schon vor Jahrzehnten komplett vernichtet. Alle aus der Familie haben versucht mich dort heraus zu holen. Aber wozu, wenn sie nicht mehr da ist...?“
Clark saß dort und hörte die Worte und doch hatte er das Gefühl seine wirkliche Bedeutung nicht wirklich fassen zu können. Das war alles so unglaublich. Zu unglaublich, um wahr zu sein? Eigentlich war diese ganze Geschichte so märchenhaft, aber Clark spürte eine Eingebung in sich, dass er all das glauben konnte. Dieser Mann dort, das war er selbst, nur eben älter. Wie alt war er? Und er hatte Lois verloren, sie war offensichtlich gestorben. Wann? Und wie? Aber er hatte auch gesagt, dass er Lois verloren hatte, nachdem sie zusammen gewesen waren. Sie würden also wirklich ein Paar werden. Und doch konnte er sich an diesem Gedanken nicht wirklich freuen, wenn er sich klar machte, dass er sie auch wieder verlieren würde.
Lois schienen ähnliche Gedanken durch den Kopf zu gehen. Sie war es, die als erste ihre Sprache wiederfand und begann zu fragen: „Ich werde sterben, wie?“, mit stockender und rauer Stimme.
Superman zeigte ein kurzes, aber freudloses Lächeln. „Oh, keine Sorge. Du wirst alt werden. Sehr alt. Es war ein ganz natürlicher Tod. Offensichtlich überträgt sich etwas von meinen Kräften auf dich. Vielleicht durch die Nähe oder die lange Zeit. Eine bessere Erklärung haben wir niemals gefunden. Du wirst 156 Jahre alt werden...“
„WAS?!“ Lois beugte sich entsetzt vor, fast sah es so aus, als wollte sie ihr Gegenüber anspringen.
„Doch, es ist wahr. Du hast die normale Lebensspannen eines Menschen bei weitem übertroffen. Aber dieses Phänomen finden wir auch bei allen Lebenspartnern von unseren Kindern und den Enkeln...“
„WAS?!“ Lois hatte sich gerade wieder entspannter zurückgesetzt. Doch bei den Worten Kinder und Enkel war sie in dieselbe geschockte Angriffshaltung gegangen. „Ich und Kinder...?“
Superman schien sich zu erinnern und lächelte. „Stimmt ja, du hattest dir damals niemals vorstellen können, Kinder zu haben. Die Arbeit... immer auf der Suche nach der nächsten Story, dem nächsten Preis. Als wir dann erst einmal zusammen waren, schien es auch dir wie der nächste natürliche Schritt zu sein. Es sind vier...“
„VIER?!“ Mit jedem weiteren Wort, das Superman ihnen erzählte, zauberte sich ein immer zufriedeneres Lächeln der Glückseligkeit in Clarks Gesicht. Doch für Lois schien es nur ein Schock nach dem nächsten zu bedeuten. „156 Jahre und vier Kinder... Und Clark und ich... wir... wir...?“
Superman schien genau zu wissen, worauf sie hinaus wollte. „Ja, ihr heiratet. Doch bis dahin ist es noch ein recht steiniger Weg. Viele Hindernisse galt es zu überwinden. Aber...“, sein Blick glitt in die Ferne, „es hat uns nur noch weiter zusammengeschweißt.“
Lois hing inzwischen an seinen Lippen. „Waren wir... sind wir... werden wir – verdammt noch mal, Zeitreisen! Das ist kompliziert. Du und ich oder besser Clark und ich, werden wir glücklich sein? Waren wir es?“
Superman sah Clark an. „Ich glaube, du weißt es bereits, nicht wahr? Die gelbe Sonne der Erde gibt uns die physische Kraft, Lois gab mir meine mentale Kraft. Sie hat mich mit Leben erfüllt. Ich war ein Teil einer Einheit. Und sie? Ich habe sie öfters gefragt“, dabei lenkte er seinen Blick auf Lois, „es war kompliziert für uns beide, gerade in den ersten Jahren. Doppelte Identität, eine Ehe zu dritt, immer zurückstecken, wenn meine Kräfte irgendwo auf der Erde gebraucht wurden oder die Sorgen, wenn mich jemand bedrohte. Dann die Frage um die Kinder, geht es, wollen wir – beide? Und wie wird es für die Kinder sein? Bekommen sie auch die Kräfte? Wie gehen sie damit um? Doch sie hat mir immer gesagt, dass sie nicht einen einzigen Tag missen wollte, dass sie es niemals bereut hat, sich auf mich eingelassen zu haben. Als sie starb...“, hier stockte er und selbst Clark hatte das Gefühl, jemand würde ihm das Herz aus der Brust reißen. „waren ihre letzten Worte... dass sie mich liebt... und dass sie alles genauso wieder machen würde, wenn sie könnte.“
Superman sah die beiden an und doch schien sein Blick in die Ferne gerichtet zu sein. In diesem Moment war er bei ihr, bei seiner Lois. Die Tränen rollten ihm die Wange herunter.
Lois war offenbar genauso ergriffen wie Clark sich fühlte. „Aber wie können wir oder ich dir helfen?“ Alle Gedanken an Vernichtung waren weit weg. Hatten jegliche Bedeutung verloren.
Superman richtete auf ihre Frage hin seine Aufmerksamkeit wieder in das Hier und Jetzt. „Helfen...? Gar nicht. Ihr könnt mir nicht helfen. Du“, er sah Lois an, „gehörst zu ihm.“Sein Blick ging zu Clark. „Du bist seine Lois. Meine gibt es nicht mehr...“
Nun war es an Clark, sich hilflos zu fühlen und doch verspürte er diesen unbeugsamen Drang, etwas tun zu müssen. „Aber wir können doch nicht einfach nichts tun.“
„Ich wollte sie nur noch einmal sehen. Das ist wirklich alles. Mir kann man nicht helfen. Ich muss mich einfach an das halten, was ich noch habe. Wir haben vier fantastische Kinder... Ich habe sie die letzten Jahre ziemlich rüde behandelt. Vielleicht sollte ich ihnen doch eine Chance geben. Nein, ihr beide könnt nichts tun. Ich wollte sie doch nur noch einmal sehen...“
Superman verdeckte seine Augen mit der Hand. „Es tut mir so leid, dass ich so viel durcheinander bringe...“
Wenn es etwas gab auf dieser Welt, das Clark nachvollziehen konnte, dann war es diese Trauer. Zu wissen, dass er Lois verlieren würde, auch wenn es erst in einer Ewigkeit sein sollte, zog ihn in ein tiefes, dunkles Loch der Traurigkeit.
Lois sah ihn an und es war kaum auszumachen, wer von ihnen dreien in diesem Moment mehr litt. Sie setzte gerade zu einer weiteren Bemerkung an, als es plötzlich an ihrer Tür klopfte. Lois sah überrascht auf und fragte auf dem Weg zur Tür noch: „Wer kann das sein?“ und ihr Blick durch den Spion schien ihr auch nicht weiter zu helfen. Sie öffnete.
„Guten Abend, Miss Lane, Mister Kent und Clark. Ich habe fast geahnt, dass ich dich hier finden würde...“ Der Mann, der nun Lois' Apartment betrat ließ ein tiefes Seufzen verlauten. Er war nicht besonders groß, schätzungsweise um die 50 Jahre alt und auf eine eigentümliche Weise altmodisch gekleidet. Dieser Eindruck rührte nicht nur von seiner Melone oder seiner Nickelbrille her. Alles an diesem Mann schien der Zeit entrückt zu sein.
Superman sah den Besucher aus verweinten Augen an. „Es tut mir leid, Herby, ich glaube, ich habe einige Verwirrung gestiftet...“
Herby, den Namen hatte Superman schon vor einiger Zeit erwähnt, er wirkte freundlich und nachsichtig. Auch wenn er bei dem Wort 'Verwirrung' heftig genickt hatte. Er wand sich nun lächelnd an Clark und Lois, die dem ganzen Treiben bisher schweigend, aber gespannt zugesehen hatten: „Ich sollte mich besser vorstellen, ihr beide kennt mich nicht, noch nicht, mein Name ist Herbert George Wells...“
Clark glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. „H.G. Wells? Doch nicht etwa der Schriftsteller?“ Der ältere Mann nickte daraufhin nur freundlich. „Sie sind doch schon seit Jahrzehnten tot.“
Wells lächelte weiterhin entspannt. „Das ist eher kompliziert, manchmal bin ich auch tot...“
„Moment mal“, schaltete sich Lois dazwischen, „H.G. Wells war ein Zeitreisender. Clark, da schließt sich doch der Kreis.“
Da hatte Lois Recht, ein Zeitreisender, ein älteres Ich seiner Person, eine Lois, die bereits vor acht Jahren mit 156 Jahren gestorben war... Langsam gab alles einen Sinn. „Mister Wells, und was wollen
Sie hier?“
Ihr später Besucher rieb sich daraufhin seinen Schnauzbart. „Hm... auch das ist kompliziert. Die Kurzform lautet: Diesen alten Clark in seine Zeit zurückbringen. Aber ich fürchte, vorher werde ich wohl einige Erklärungen abgeben müssen. Etwas, was ich eigentlich gar nicht so gerne mache. Wenn der Mensch in das Gefüge der Zeit eingreift, richtet er meist mehr Schaden an als Gutes zu bewirken. Aber das werdet ihr beide erst in ein paar Jahren wirklich verstehen. Clark, du wusstest das...“ Die letzten Worte sprach er ermahnend zu dem Clark im Superman-Outfit.
Superman nickte daraufhin schuldbewusst. „Aber Herby, ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten. Meine Welt ist nichts mehr ohne sie. Ich kann mich einfach zu nichts mehr motivieren. Alles, was ich tun könnte... es... wozu? Du hast zu mir gesagt, meine Sonne würde wieder aufgehen. Aber ohne sie bedeutet es mir nichts. Herb, ich mag nicht mehr...“ Aller Schmerz dieser Welt sprach aus diesen Worten.
„Oh Clark.“ Wells klopfte Superman freundschaftlich auf die Schulter und setzte sich neben ihn. Er atmete tief durch. „Hab ich dich denn jemals angelogen?“ Superman schüttelte unwillig den Kopf und so fuhr der sympathische ältere Herr fort: „Ich habe es dir schon vor Jahrzehnten erklärt...“, dann sah er kurz Lois und Clark an, „euch werde ich es erst in einiger Zeit erzählen: Lois Lane und Clark Kent sind Seelenverwandte. Wo immer seine Seele ist, da ist auch die ihre. Auf ewig verbunden...“
„Aber meine Lois ist nicht mehr... Sie ist tot, kommt nie mehr wieder...“, unterbrach Superman ihn verzweifelt.
„Nein, Clark“, sprach Wells nun beruhigend auf den älteren Clark ein, „ihre körperliche Hülle hat die Erde verlassen. Ihre Seele ist unsterblich. Wahrscheinlich wandelt sie in einem jungen Körper über die Erde, stolz, ehrgeizig, mit scharfem Verstand, unnachgiebig und plappert wahrscheinlich gerade ihre Eltern in den Wahnsinn...“ Wells lächelte bei diesen Worten. „Sie muss nur erwachsen werden. Und dann müsst ihr beide euch finden.“
Superman sah den älteren Freund an und das erste Mal an diesem Abend gab es so etwas wie Hoffnung in seinem Blick. „Sie kommt wieder...?“
Wells nickte warmherzig. „Ihre Seele... ja. Aber du solltest dir überlegen bis dahin nicht mehr als alter, griesgrämiger Mann herum zu laufen. Lass dich wieder auf das Leben ein, dann kommt es auch zu dir. Du hast eine riesengroße Familie, Menschen, die dich lieben – geh auf sie zu.“
Superman und Wells umarmten sich herzlich und in diesem Moment begann der strahlende Held etwas von seinem Strahlen zurück zu gewinnen. Wells klopfte dem älteren Superman freundlich auf die Schultern. „Aber sag mir bloß, wie bist du hierher gekommen? Wie bist du an eine Zeitmaschine gekommen?“
„Ich hab sie gebaut.“ Wells sah ihn daraufhin ungläubig an. „Du hast mir mal einen Plan dagelassen, weißt du noch? Es war bei unserer ersten Begegnung, du bist mit Tempus gekommen und brauchtest
Kraftstoff. Doch Tempus sah seine Chance, mich als Kleinkind zu vernichten. Da hast du diesen Plan dagelassen...“ Mit der gerade wiedergewonnenen Zuversicht klang dieser Superman nun genauso, wie Clark sich immer bemühte als Superman zu klingen.
Wells schüttelte lächelnd seinen Kopf. „Den Plan hattest du noch?“ Superman nickte nicht ohne Stolz. „Nein, das hätte ich doch niemals gedacht, dass dieser Plan noch existiert. Nein, nein, nein...“
„So, und nun zu euch beiden...“, Wells wand sich nach diesem kurzen, bewegenden und wenig schlüssigen Moment an Lois und Clark. Die beiden hatten dem Schauspiel bisher still und ehrfürchtig zugesehen. Clark war wirklich gespannt, was nun noch kommen sollte. All diese Informationen, die er die letzte Stunde erhalten hatte, der Ausblick auf seine eigene Zukunft, auf ihre gemeinsame Zukunft, ein Leben mit Lois, Kinder, Familie und dann noch ein Leben mit...? Das war durch nichts mehr zu steigern. Er spürte eine tiefe Zufriedenheit in sich. Zuversicht, Mut. Doch Wells holte ihn recht schnell von seiner Wolke sieben. „Ich kann euch natürlich nicht mit diesem Wissen weiter leben lassen.“
Nun schaltete sich Lois schlagkräftig ein: „Sie werden uns das eben erlebte kaum wieder wegnehmen können.“ Stolz sah sie den älteren Besucher an.
„Ach Miss Lane, es tut mir so leid, aber ihr beide müsst euren Weg gehen. Mit all den Schwierigkeiten, den Steinen im Weg, den Göttern, die scheinbar gegen euch sind. Ihr braucht das, um genau so stark zu werden, wie ihr es dann seid.“
Mad Dog Lane erwachte und brachte schon mal ihre Ellenbogen in Kampfposition. „Was wollen Sie machen, uns einen
Vergessenstrunk einflößen?“, fragte sie ihn provozierend.
Doch Wells ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Nein, Miss Lane, meine Mittel sind etwas einfacher und dafür effektiver...“ Mit diesen Worten holte er unter seinem altmodischen Jackett ein etwa handtellergroßes Gerät heraus. Es sah aus wie eine überdimensionierte Fernbedienung, hatte aber nur fünf Knöpfe und ein kleines Display. Wells begann nun darauf herum zu tippen.
Lois rief aufgebracht aus: „Clark! Tu etwas. Irgendetwas.“
Doch Clark hörte seine eigene Stimme nur noch wie von Ferne: „Lois... ich sehe dich... in der Zukunft...“ Er hatte das Gefühl als würde ihn etwas an seinem Nabel ziehen. Der Raum um ihn herum, Lois' Apartment, begann undeutlicher zu werden, zu verschwinden. Einen kurzen Moment fühlte er sich ganz leicht und dann...
... dann war alles wieder normal. Genüsslich biss er seinen Zimt-Donut und las den Artikel noch einmal Korrektur. Lois kam von ihrem Schreibtisch auf ihn zu. Er hob seinen Blick und sah sie gespannt an.
„Clark, wir beide sollten mal ein wenig entschlussfreudiger sein. Wir sollten versuchen einen Termin zu finden und dann sollten wir es einfach tun. Was hältst du von einem Date?“ Lois kaute auf ihrem Bleistift und kam mit ihrem Kalender zu ihm.
Doch er hatte sie ganz genau verstanden. Er war so froh, dass sie den Mut hatte auszusprechen, was er schon so häufig vorformuliert hatte. Er wollte mit Lois ein Date haben, lieber heute als morgen, und doch hatte er sich niemals getraut. Was, wenn sie nein sagte? Sie nahm den Bleistift aus dem Mund und nahm sich einen von seinen Zimt-Donats. „Lois, das ist wirklich eine sehr gute Idee – Ja. Was ist mit Donnerstag?“
Lois blätterte in ihrem Kalender ein paar Seiten vor. „Nein, Donnerstag ist nicht gut, da trifft sich die Nationale Organisation der weiblichen Journalisten. Wie wäre es Mittwoch?“
„Hm, tut mir leid, Mittwoch gibt es einen sehr interessanten Vortrag der Mikro-Entomologen.“ Er sah ihren ungläubigen Blick und setzte erklärend nach: „Es interessiert mich nun mal. Wie sieht es bei dir heute aus?“
Sie schüttelte wieder ihren Kopf. „Heute ist meine Prüfung zum braunen Gürtel im Taekwon-Do. Freitag?“ Lois sah ihn hoffnungsvoll an. Dann stockte sie plötzlich als ginge ihr ein abwegiger Gedanke durch den Kopf. „Sag mal, Clark, hast du auch so ein merkwürdiges Gefühl von Déjà Vu?“
In der Tat, das hatte er. Aber sie konnten doch diese Worte unmöglich schon einmal zueinander gesagt haben.
Das würde er niemals vergessen oder verdrängen. Nein, es musste Einbildung sein. „Lois, es ist ganz gleich... ich meine, in deiner Gegenwart kommen meine Gefühle schon öfters mal ein wenig durcheinander. Doch davon lass ich mich nicht abhalten, im Gegenteil. Ich würde sehr gerne am Freitag mit dir ausgehen.“ Überglücklich und zufrieden mit sich und der Welt strahlte Clark über das ganze Gesicht.
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