Und hier stelle ich euch meine nächste FF vor. Aber vorsichtig, es ist keine Friede-Freude-Eierkuchen-Geschichte.
Eines der größten Hindernisse auf dem Weg zur tatsächlichen, endgültigen Versöhnung von Lois und Clark, den Themenkreis um Dan Scardino und Mayson Drake habe ich ja irgendwann mit 'Böses Erwachen' abgearbeitet. Ein anderes riesiges Hindernis für diese Versöhnung möchte ich hier in dieser Geschichte zur Sprache bringen: die LL-LL-Hochzeit.
Ich möchte hier aber auch eine kleine Warnung aussprechen: Auslöser für diese Story war das FDK zu 'Böses Erwachen', wo einige die Vermutung/Erwartung geäußert hatten, ich würde ja sicher ein Happyend schreiben, weil ich das schließlich immer täte... Nun, damit hattet ihr meinen Trotz geweckt. Also schrieb ich etwas ohne Happyend, aber konnte ich das wirklich so stehen lassen? Oder konnte ich da nicht doch etwas dran ändern? Lest, was dabei herausgekommen ist. Aber die Warnung gilt: es beginnt recht düster, um dann langsam, ganz langsam...
Zeit: logischerweise Ende der ersten Staffel
Inhalt: was wäre, wenn Lois 'Ja' gesagt hätte zu Lex? Ja zu der Hochzeit und Ja zu Lex Luthor? Was hätte das für Auswirkungen auf sie, auf Clark, auf Perry und Jimmy, auf den Planet und auf den Planeten? Auf die Gegenwart und auf die Zukunft?
Disclaimer: Die Serie "Superman - die Abenteuer von Lois und Clark" gehört nicht mir und die Charakter auch nicht, nur die Idee für diese Geschichte ist meine. Ich schreibe nur für mich.
Über Kommentare (und damit meine ich wirklich positive wie negative) würde ich mich natürlich riesig freuen.
Die Eroberung der Zeit
Einstweilen
Das leuchtende Grün des Kryptonits war das Einzige, was Clark noch klar erkennen konnte. Das Einzige, was er noch sah in den kurzen Momenten, in denen er sich soweit konzentrieren konnte, überhaupt etwas zu sehen. Er konnte nicht erkennen, was hinter den Gitterstäben lag. Er sah nur dieses leuchtende, giftige Grün. Dieses Grün, das sich schmerzhaft in seine Augen, seine Haut, seinen Schädel bohrte. Sollte das das Letzte sein, was er überhaupt sah? Die Schmerzen waren unerträglich und nahmen immer weiter zu. Schmerzen, die überall in seinem Körper waren, die von außen in sein Innerstes gingen und Schmerzen, die aus seinem Innersten kamen und an die Oberfläche drangen. Jede Bewegung schmerzte, jeder Gedanke schmerzte bereits. Er würde sich so gerne einfach nur hinlegen und ausruhen. Sich nicht mehr bewegen müssen. Wenn er dem Schmerz schon nicht entfliehen konnte, dann wenigstens mit ihm eins werden. Der Tod erschien ihm inzwischen als etwas Tröstliches, als etwas Erlösendes.
Plötzlich nahm er etwas wahr. Er hörte Schritte? Es war jemand da, es stand jemand in dem Kryptonit-Käfig und sprach mit ihm. Doch Clark konnte sich nicht auf das Gesagte konzentrieren. 'Clark, öffne deine Augen,' versuchte er sich selber zu motivieren. Doch was er sah, war unscharf. Gerade nur schemenhaft erkannte er einen Mann, der zu ihm sprach, ein Mann in einem schwarzen Anzug. Und dann erkannte er die Stimme, es war Luthor! Luthor, der ihn in diese Lage gebracht hatte. Doch was sagte er?
Während Clark das Gefühl hatte, jemand presste ihm das Gehirn aus dem Kopf und riss ihm seine Organe aus dem Körper, rief Luthor: "Heute Nacht, heute Nacht, heute Nacht, wird es unsere große Nacht..." Jedes einzelne Wort hämmerte in seinem Kopf. Verstand er die Worte? Nein. Doch Luthor sprach schon weiter: "...den roten für die Leidenschaft, oder den weißen für die Unschuld?" Clark versuchte etwas zu sagen, er war sich nicht sicher, ob irgendwelche Worte seiner Kehle entrannen. Und dann sprach Luthor wieder: "Ja du hast recht, definitiv der rote!"
Dann entfernte sich Luthors Stimme. Ob er ging oder Clark von seinen Ohren im Stich gelassen wurde, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Er musste versuchen sich zu konzentrieren. Die Nacht, von der Luthor sprach, war die Hochzeitsnacht von Lois und Lex.
Beim Gedanken daran überkam Clark eine Welle von Wut und Schmerz - und dieser Schmerz hatte nichts mit der Wirkung des Kryptonits zu tun.
Wie ein böses Echo hörte Clark Luthor jetzt singen: "Heute Nacht, wird's unsere große Nacht..." Und dann hörte er nichts mehr.
Luthor sang von der Nacht mit Lois. Und Lois war das Einzige, an was Clark jetzt noch denken konnte. Bilder tauchten vor seinen Augen auf, undeutlich, unklar zuerst, aber es war Lois. Je mehr er sich auf sie konzentrierte, umso schärfer sah er ihr Bild vor seinem inneren Auge, während die Welt um ihn herum immer mehr in Unschärfe versank. Lois im Park, die sagte, dass sie ihn aber nicht lieben würde, nicht so lieben würde, sondern nur als Freund. Lois in ihrem Apartment, nur mit einem Nachthemd bekleidet, aber sie hatte ihn doch erwartet, hatte doch Superman gebeten zu kommen. Und dann sagte sie zu ihm, dass sie ihn auch lieben würde, wenn er nur ein ganz gewöhnlicher Mann wäre. Aber wie sollte er ihr gerade das glauben, wo sie doch dem ganz gewöhnlichen Mann im Park einen Korb gegeben hatte? Die Bilder mischten sich immer mehr. Wirbelten durcheinander, Lois im Auto, im Cabriolet, Lois beim Fernsehsender LNN, Lois die mit ihm stritt, die lachte, die ihn fragend ansah. Lois - er sah nur noch ihr Gesicht.
Dann hörte er Musik einsetzen, der Hochzeitsmarsch. Das erinnerte ihn daran, wo er war und was hier passierte, obwohl es ihm schwer fiel, sich auf einen Gedanken zu konzentrieren.
Der Hochzeitsmarsch wurde für Lois gespielt und für Lex Luthor. Luthor, der ihn in diese Falle gelockt hatte, denn es war nichts anderes als eine Falle. Und Clark war darauf hereingefallen. Er hatte es einfach nicht kommen gesehen. Und jetzt lag er hier und hatte noch nicht mal mehr Kraft zum Atmen. Der Hochzeitsmarsch - das hieß es war soweit, jetzt passierte es und er konnte nichts dagegen tun und es schmerzte mehr als jedes Kryptonit. Hätte er es verhindern können? Er wollte so gerne die Augen schließen... Der Hochzeitsmarsch... Lois' Gesicht, der Hochzeitsmarsch, Lois' Augen, der Hochzeits...
***
Lois stand vor dem Spiegel und sah sich in die Augen, in ihre verweinten Augen.
Sollte dies nicht der glücklichste Tag in ihrem Leben sein? Warum nur fühlte sie sich dann so elend, so verlassen? Warum nur war sie hier ganz alleine? Unzählige Menschen liefen um sie herum, richteten ihr Kleid, ihr Brautkleid. Und doch fühlte sie sich so alleine wie noch nie in ihrem Leben. Keiner der Menschen, die ihr wirklich etwas bedeuteten war hier, niemand vom Planet und auch Clark nicht. Warum war Clark nicht hier?
Zum wiederholten Male richtete Lois ihr Make-up, aber nur, damit es von den nächsten Tränen wieder verwischt wurde. Wie sollte sie nur so vor all die Leute treten? Warum war Clark nicht hier? Tat sie wirklich das Richtige? Warum war Clark nicht hier? Sollte sie den letzten Schritt gehen? Warum war Clark nicht hier? Konnte sie jetzt noch zurück? Warum war Clark nicht hier? Wollte sie denn umkehren? Warum war Clark nicht hier?
In wenigen Augenblicken würde sie die Frau von Lex Luthor sein, sie, Lois Lane, die Frau von Lex Luthor, wie würde sich das anfühlen? Wie würde es sich anhören? Immer noch unter Tränen stammelte sie: "Mrs. Lex Luthor... Lois Lane-Luthor... Lois Luthor-Lane... Lois Lane... Kent... Lois Lane..."
Diese letzten Worte kamen wie von selbst, wie vom tiefsten Grund ihrer Seele. Warum dachte sie ausgerechnet in diesem Moment daran, wie ihr Name klingen würde, wenn sie Clark heiraten würde? Warum war Clark nicht hier? Reichte das, was sie für Lex empfand, für diese Verbindung? Warum war Clark nicht hier?
Ihre Mutter trat an sie heran und legte ihr die Arme um die Schultern. "Lois, wenn du dir nicht sicher bist..."
Dieser Satz traf Lois mitten ins Herz. Und die Tränen suchten sich wieder ungebändigt ihren Weg. "Dafür ist es doch jetzt zu spät." Warum nur war Clark nicht hier?
"Nein, Lois, das ist es nicht. Du wirst das tun, was dir dein Herz befiehlt."
Bis zum allerletzten Moment hatte Lois gehofft, er würde seine Drohung, nicht zu ihrer Hochzeit zu kommen, nicht wahr machen. Sie hoffte einfach, dass er trotz seiner harten Worte doch noch kommen würde. Aber bis jetzt war er nicht zu sehen, wie ihr der Blick über die Hochzeitsgesellschaft immer wieder sagte. Jede Minute sah sie zu den Gästen, immer in der Hoffnung, das vertraute, so lieb gewonnene Gesicht in der Menge doch noch zu erblicken...
Aber Clark kam nicht. Er ließ sie tatsächlich im Stich. Er zeigte ihr seine Verachtung. Bei diesem wichtigen Schritt, den sie nun tun würde, den sie gehen würde. Und er, ihr bester Freund, ihr Partner war nicht da.
Und dann setzte die Musik ein, der Hochzeitsmarsch - jetzt gab es kein Zurück mehr.
Lois gab sich einen Ruck. Es war zu spät für eine Umkehr. Clark war nicht hier, weil er nicht ihr wahrhafter Freund war. Wenn er wirklich ihr Freund wäre, wäre er um ihretwillen gekommen um an ihrer Seite zu stehen. Aber Clark war nicht hier, er war wirklich nicht gekommen. Auch die anderen vom Planet waren nicht zu ihrer Hochzeit erschienen - Perry, Jimmy. Und Clark. Niemals hätte sie gedacht, dass sie sich derartig täuschen würde in Clark. Lois richtete entschlossen ihr Make-up, diesmal mit dem festen Willen, dass es keine Tränen mehr geben würde.
Irgendjemand öffnete die Tür zum Saal und sie sah die Hochzeitsgesellschaft. Alle Blicke ruhten jetzt auf ihr.
Lois schritt langsam und im Takt der Musik durch die Menge, sie sah die Menschen um sich herum nicht und sie hörte jetzt auch die Musik immer weniger. Vor ihrem inneren Auge erschienen Bilder. Clark im Büro des Daily Planet mit dem Bleistift hinterm Ohr, Clark, der sie anlächelte, oder Clark, der ihr ihren Kaffee brachte. Dann das Bild von Clark, wie er ihr wütend entgegen schleuderte: "Dann geh doch mit dem Teufel ins Bett!", es war das letzte Bild, das sie sah, bevor sie neben Lex stand.
Lois richtete den Blick nach vorne und war schockiert. "Der Erzbischof?"
Lex antwortete in seiner typischen leicht amüsierten Art: "Ja, der Papst hatte schon etwas vor." Und er fügte noch hinzu: "Du siehst... wundervoll aus."
Und dann nahm das Schicksal seinen Lauf und der Erzbischof begann zu sprechen, doch diese Worte hörte Lois nicht. Für einen kurzen Moment tauchte sie noch einmal ab in die Welt der Erinnerungen. An Clark, der nicht da war, an ihre Freunde von Planet, die nicht da waren. In die Welt der Fragen - soll ich, oder soll ich nicht? In die Welt der Zweifel - kann ich es jetzt noch aufhalten? Will ich es aufhalten?
Bei den Worten: "...bis dass der Tod euch scheidet?", war Lois augenblicklich im Hier und Jetzt. Sie wusste, dies war der Moment, wo ihre Antwort erwartet wurde...
Der neue Machiavelli
Lois zögerte noch, es war nur die Zeitspanne eines Wimpernschlags, doch kam sie ihr wie eine Ewigkeit vor. Und dann antworte sie, erst mit unsicherer Stimme, doch mit jeder Silbe wurde sie fester: "Ich... Ja, ich will!"
"Damit erkläre ich euch zu Mann und Frau."
Ob die Gäste applaudierten, ob der Erzbischof noch irgendetwas sagte, ob Lex etwas zu ihr sagte, Lois konnte sich später nicht mehr daran erinnern. Aber sie merkte, wie Lex ihren Schleier hob und sie küsste. Noch während dieses Kusses hörte sie dann doch den Applaus der Gäste.
Sie hatte es wirklich getan, sie hatte 'Ja' gesagt. Jetzt war sie die Frau von Lex Luthor. Wie fühlte sie sich dabei? Sie konnte es selber nicht recht sagen. Sie war überrascht, dass sie wirklich 'ja' gesagt hatte. Sie war sich nicht sicher, ob sie das hier alles gerade erlebte, es fühlte sich an wie etwas, das nichts mit ihr zu tun hatte.
Lois drehte sich zu den Gästen um, viele reichten ihr und ihrem Ehemann die Hände zur Gratulation. Lois schüttelte Hände von Menschen, die sie nicht kannte. Und sie suchte in der Menge weiterhin die Gesichter von Clark, von Perry oder von Jimmy, aber sie waren nicht da. Sie waren wirklich nicht gekommen. Diese Erkenntnis ließ ihre Schultern ein wenig sacken. Doch vielleicht sollte sie aufhören, diesen alten Freundschaften nachzuhängen, die doch so offensichtlich keine Freundschaften waren. Sie sollte sich auf das konzentrieren, was vor ihr lag - ihre Zukunft. Ihre gemeinsame Zukunft mit ihrem Ehemann Lex Luthor.
Was die Hochzeitsfeier angeht, so hatte Lois später das Gefühl, sie hätte ihren Schleier niemals abgelegt. Alle Erinnerungen waren ein wenig verschwommen, wie in einer Traumsequenz sah Lois die Bilder. Lex hatte natürlich ein Fest der Superlative organisiert. Es waren nicht nur die angesehensten Bürger aus Wirtschaft und Politik anwesend. Es gab Show-Einlagen von den angesagtesten Künstlern. Das Menü für die Gäste wurde von den besten Sternen-Köchen hergestellt und zum Tanz spielte die Metropoliser Philharmonie.
Aber Lois fühlte sich die ganze Zeit etwas verloren, so als gehörte sie nicht ganz hierher. Unter all diesen Menschen gab es nur zwei Personen, die sie wirklich kannte, Lex und ihre Mutter.
Lex hingegen strahlte als hätte er gerade die Welt erobert. Er war bester Laune, war freundlich zu jedem. Während ihres ersten Tanzes fragte er sie: "Und Lois? Bist du glücklich?" Natürlich war Lex ein perfekter Tänzer.
Lois' Antwort kam wie von selbst. "Ja, aber sicher." Aber sie wusste nicht genau, ob diese Antwort aus ihrem Inneren kam. Und doch lächelte sie ihn an. Lex bemühte sich wirklich sie glücklich zu machen, da war sie ganz sicher. Und sie konnte sich nicht beschweren, er war reizend zu ihr. Und auch Lex wollte sie nicht enttäuschen.
Also versuchte Lois zu tun, wovon sie glaubte, dass alle es von ihr erwarteten, sie lächelte und versuchte glücklich auszusehen, versuchte zu jedem nett zu sein, versuchte Smalltalk zu halten, wo er erwartet wurde. Sie versuchte die perfekte Braut zu sein.
Irgendwann kam ihre Mutter auf Lois zu, während sie gerade einen dieser Smalltalks beendet hatte. Ein kleiner dicker Mann mit einer glänzenden Glatze und gänzlich ohne Hals hatte ihr von seinen fantastischen Erfolgen mit Schmieröl erzählt und von den grandiosen Aktiengewinnen, die er machte, seit er mit Lex Corp. zusammen arbeitete.
"Und Lois, bist zu nun zufrieden?"
Lois war wirklich froh, ein bekanntes Gesicht zu sehen. "Ja Mutter, natürlich." Konnten die Menschen nicht endlich aufhören zu fragen, wie glücklich sie war? Sie bemühte sich doch wirklich der Welt zu zeigen, dass sie glücklich war.
Ihre Mutter sah sie ein wenig skeptisch an. "Du hast die richtige Entscheidung getroffen? Eine Herzensentscheidung?"
Nun war es an Lois ihrer Mutter einen skeptischen Blick zu geben. "Aber sicher, sonst hätte ich doch nicht 'ja' gesagt - oder?"
Während bereits der nächste Smalltalk auf Lois zusteuerte und ihre Aufmerksamkeit als Braut und Gastgeberin in Anspruch nahm, beobachtete Lois' Mutter sie noch eine Weile. Und Ellen Lane war alles andere als sicher, dass ihre Tochter wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte oder wirklich wusste, was sie hier tat.
Lois hingegen versuchte in diversen Smalltalks allen Gästen von Rang und Namen, allen die wichtig waren, ihre Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Und irgendwann hatte Lex dann wohl auch mit jedem seiner wichtigen Gäste gesprochen und er wollte dieses Fest beenden. Er kam, immer noch strahlend, auf Lois zu, nahm ihre Hand und sagte leise zu ihr: "Die anderen können feiern bis zum Morgengrauen, das ist mir völlig egal, aber jetzt möchte ich mit dir alleine weiter feiern. Komm mit mir." Damit zog er sie zu einer kleinen Tür und ohne dass auch nur einer der Gäste etwas bemerkt hätte, hatten sie sich davon geschlichen.
Dies war eigentlich so ein Spaß, so recht nach Lois' Geschmack, aber sie war sich nicht ganz sicher, ob sie heute noch spielen wollte. Doch was sollten diese Zweifel? Lex war ihr Ehemann, sie hatte ihn geheiratet, weil sie wusste, dass es das war, was sie tun wollte. Wollte sie das ganz sicher? Und wollte sie das, was jetzt kommen würde? Sie hatte Lex gebeten zu warten bis zu ihrer Hochzeitsnacht und er hatte es akzeptiert.
Durch ein kleines Treppenhaus waren sie inzwischen in Lex' Penthouse angekommen.
Sollte sie diese Stufen nicht eigentlich in freudiger Erwartung hinaufsteigen? Warum nur haderte sie? Warum konnte sie all dies nicht einfach genießen?
Inzwischen waren sie im Schlafzimmer angekommen. Lex machte hier und dort eine Lampe an und sorgte so für eine angenehme Beleuchtung. Der Raum war in einem Ockerfarbton gehalten und wirkte in diesem Licht warm und einladend.
Lois blieb einfach in der Mitte des Raumes stehen. Was sollte sie nur tun? 'Du wirst auf dein Herz hören', kam ihr jetzt die Antwort ihrer Mutter in den Sinn. Und sie erinnerte sich auch daran, was sie zu ihr gesagt hatte: 'Dafür ist es doch jetzt zu spät'.
Lex trat von hinten an sie heran, legte ihr die Hände auf die Schultern und küsste ihr zärtlich den Hals. Sie spürte seinen Atem auf ihrer Haut und die Wärme, die von seinen Händen ausging. Und trotz dieser Wärme – Hitze eher – bekam sie eine Gänsehaut, die mit freudiger Erwartung so rein gar nichts zu tun hatte. Lois drehte sich zu ihm um und sah ihm in die Augen.
"Oh Lois, was soll mir dieser Blick denn sagen? Bist du wirklich so frustriert, dass keiner deiner Freunde gekommen ist?"
Ein wenig unschlüssig nickte Lois.
Lex' Lächeln glich immer noch einem Strahlen. "Lois, meine geliebte Lois. Sieh doch ein, dass sie nie wirkliche Freunde waren. Aber ich - ich werde alles tun, um dich glücklich zu machen." Lex kam ihr noch etwas näher, um sie zu küssen. Doch Lois drehte sich im letzten Moment weg, sie wich seinen Lippen aus.
"Lois, das ist ja viel ernster als ich dachte." Lex legte ihr behutsam die Finger an die Wange und richtete ihren Kopf so, dass sie ihn wieder ansah. "Was willst du jetzt tun?" Nun sah er sie erwartungsvoll an.
Was sollte sie nur tun? Konnte sie auf ihr Herz hören und ihm sagen, dass sie nicht wollte? Oder konnte sie diesen Teil der Vereinbarung jetzt erfüllen? Lois hob den Blick und sah ihrem Ehemann in die Augen. "Lex... können wir bis morgen warten? Es war... wirklich ein anstrengender Tag..."
Lois sah deutlich, dass er einen inneren Kampf mit sich führte und dann sah auch er sie direkt an. "Lois, meine Lois. Ich wollte dass dies ein perfekter Tag für uns wird, für dich wird. Und ich will ganz ehrlich sein, ich bin nicht begeistert, so wird es für mich kein perfekter Tag. Aber wenn es das ist, was du willst... Ich werde dich nicht drängen. Ich werde dir die Zeit geben, die du brauchst. Geh schlafen." Damit drückte er ihr einen Kuss auf die Stirn.
***
Am nächsten Mittag war Lois sich sicher, dass dies nun mit Abstand der schlimmste Tag in ihrem Leben war. Es war als befände sie sich an dem tiefsten vorstellbaren Punkt ihres Lebens. Sie stand in dieser Kalkmine und es war kalt. Sie hatte ihre Jacke im Wagen liegen lassen, weil es ihr völlig egal war, sie wollte nur schnell hierher. Und dann hatte auch noch ein feiner Nieselregen eingesetzt. Und jetzt stand sie hier, fror, spürte, wie sie der Regen langsam durchnässte, stand hier in dieser riesigen Gruppe von Reportern, die alle gespannt darauf warteten, dass die Pressekonferenz begann. Dass sie endlich erfahren würden, was wirklich passiert war.
Und dieser Tag hatte schon so grausam begonnen. Lois wollte die Gedanken an den Morgen verdrängen, aber mit dieser Pressekonferenz würde es noch eine Weile dauern und so wanderten ihre Gedanken unwillkürlich immer wieder zu den Morgenstunden zurück.
Es war der erste Morgen, an dem sie als Mrs. Lex Luthor erwachte. Sie hatte den Vollzug ihrer Ehe am Abend erfolgreich verhindern können, aber ihr war auch klar, dass dies wirklich nur ein kleiner Aufschub war, noch einmal würde sie Lex nicht so wegschieben können. Es lag nicht an Lex, er war reizend, er bemühte sich wirklich, ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Es lag eher daran, dass sie sich immer noch fragte, ob sie den richtigen Schritt getan hatte. Aber sie gab sich selbst keine Antwort, vielleicht aus Angst. Angst davor, dass sie Konsequenzen ziehen müsste. Aber was sollte sie denn tun? Alle ihre Freunde hatten sie verlassen, sie war ganz alleine. Nein, alleine war sie nicht, Lex war an ihrer Seite. Das war jetzt ihre Welt.
Er hatte sie mit einem formidablen Frühstück geweckt, hatte es ihr sogar selber ans Bett gebracht - etwas was er sicher sonst nicht tat. Und nach ihrem ersten Kaffee ging es ihr tatsächlich viel besser, das war schon immer so. Sie freute sich wirklich über die Rosen, die er mitgebracht hatte. Und er plauderte mit ihr, er wollte sie unterhalten.
Dann nahm Lex das Tablett aus ihrem Bett und küsste sie. Nach dieser Nacht, mit vielen wirren Träumen und langen Phasen, in denen sie gar nicht geschlafen hatte, war ihr klar, dass dieser Moment jetzt kommen musste. Konnte sie mit ihm schlafen, ohne das wahrhaftige Gefühl von Liebe in der Tiefe ihres Herzens zu spüren? Aber was war schon Liebe? Bisher hatte sie die noch nie wirklich gespürt, für einen Mann. Geträumt ja, da kannte sie dieses Gefühl bestens, aber im wirklichen Leben? Und Lex war reizend, er war zuvorkommend, er war wirklich um sie besorgt und bemüht. Lex war der perfekte Gentleman, er war gebildet und hatte ihr immer wieder bewiesen, wieviel Gutes er tat. Also hatte sie mit ihm geschlafen.
Während es passierte, dachte sie, dass sie niemals in ihrem Leben vollkommene Erfüllung finden würde. Es lag gar nicht mal an ihm, nur waren da so gar keine Emotionen, die sie berührten. Es war wie eine weitere Seifenblase an Lebensträumen, die zerplatzte. Aber Lois war schließlich Realistin. Wer lebte schon wirklich seine Träume...?
Aber es kam alles noch viel schlimmer. Nachdem Lex gegangen war, er hatte ihr noch gesagt, dass er so glücklich sei wie noch nie in seinem Leben, hatte Lois das Radio angestellt.
"Guten Tag, jetzt hören Sie die Nachrichten auf LNN-Radio mit Sam Porter. Metropolis. Heute, in den frühen Morgenstunden hat die Polizei aufgrund eines anonymen Hinweises die stillgelegte Kalkmine St. Hill, nördlich der Stadt, aufgesucht und dort, wie in dem anonymen Hinweis angekündigt, die Leiche von Superman entdeckt. Bisher hat die Polizei noch keine weiteren Informationen bekannt gegeben. Um zwölf Uhr findet vor Ort eine Pressekonferenz statt..."
Schock, Unglauben. Lois stockte der Atem, sie wusste nicht, was sie tun sollte. Das konnte nicht stimmen, es durfte nicht wahr sein, es durfte einfach nicht passieren! Nicht Superman, er war doch unverwundbar, er war doch so stark... Jetzt wurde sich Lois bewusst, dass sie von ihm bereits in der Vergangenheit dachte. Aber es konnte nicht sein.
Sie schaltete den Fernseher ein und auch hier sah sie die Nachrichten, es kam auf alles Sendern: "Superman tot... noch ungeklärt... allem Anschein nach war der Stählerne doch nicht unverwundbar... eine Welt ohne Superman... bisher hat die Polizei noch nichts zu den Umständen seines Todes bekannt gegeben... wer könnte dahinter stecken... müssen wir jetzt mit einer Zunahme an Kriminalität rechnen?..."
Lois konnte keinen klaren Gedanken fassen; während sie mit Lex geschlafen hatte, war die Leiche von Superman gefunden worden. Aber war er es wirklich? Sie musste zu dieser Pressekonferenz!
Der Regen hatte sie inzwischen völlig durchnässt, als sie ein bekanntes Gesicht in der Menge sah, Bernard Klein. Lois ging mit schwerem Schritt auf ihn zu. Auch sein Anzug war inzwischen vom Regen völlig durchnässt und die Wassertropfen liefen ihm durch die bereits dünn gewordenen Haare. Dass er auch hier war, ließ es wahrscheinlicher werden, was die Nachrichten berichten hatten. Bis jetzt klammerte sich Lois immer noch an den Gedanken, dass dies alles nur ein böser Irrtum sein könnte.
Klein kam auf sie zu. "Miss Lane, ähm Entschuldigung, Mrs. Luthor. Meinen Glückwunsch noch..." Er reichte Lois die Hand.
"Klein, was wissen Sie?" Lois bemühte sich noch nicht mal, die Verzweiflung aus ihrer Stimme zu verbannen und sie wollte gleich auf den Punkt kommen.
"Nun... ich sage einfach Lois, das ist einfacher für mich", Lois nickte nur, "ich habe ihn gesehen, habe auch schon einige Test gemacht, ein paar Untersuchung gemacht. Ich bin der einzige nicht von der Regierung autorisierte Wissenschaftler, den sie überhaupt an ihn heran gelassen haben." Klein stockte, dies zu sagen fiel ihm wirklich nicht leicht. "Er ist es. Es tut mir Leid. Es tut mir so Leid."
"Wie...?" Diese Worte waren nur noch ein kraftloses Flüstern.
"Es gibt keine Anzeichen eines gewaltsamen Todes, keine äußerlich sichtbaren Verletzungen. Es sieht aus wie ein natürlicher Tod. Natürlich völlig unrealistisch für sein Alter, die Polizei wird es untersuchen. Ich denke... nun, ich habe natürlich einen Verdacht, ich denke, es war Kryptonit. Das würde vieles erklären. Wir haben ja immer geahnt, dass es ihn durchaus töten könnte. Die Polizei geht davon aus, dass er hier nur gefunden wurde, verstorben ist er woanders. Aber es gibt keine Spuren, wirklich keine..."
Lois versuchte die Worte zu verstehen, die Klein zu ihr gesagt hatte. Sie wusste, unter anderen Umständen hätte dies alles hier ihre unwiderstehliche Neugierde geweckt, aber in diesem Augenblick spürte sie nur noch Ohnmacht. Eine Welt ohne Superman...?
Lois kümmerte sich nicht darum, dass um sie herum an die hundert Reporter standen. Bisher waren ihre Tränen in dem Regen einfach untergegangen. Aber jetzt begann sie laut zu schluchzen und es war ihr egal, dass die gesamte Presse um sie herum versammelt war und zusah, wie sie jetzt ihren Gefühlen freien Lauf ließ und einfach nur noch weinte.
Erstaunlicherweise machte niemand ein Foto davon oder richtete eine Kamera auf sie. Alle versammelten Reporter wussten, wer Lois Lane war, alle wussten, dass sie die Frau war, die bisher jedes Interview mit Superman gemacht hatte, alle wussten, dass die beiden etwas ganz Besonderes verband.
Und alle wussten, dass hier eine Ära zu Ende ging.
Später konnte Lois nicht mehr sagen, wie sie eigentlich nach Hause gekommen war, aber scheinbar war sie durchaus noch in der Lage gewesen, in dieser Verfassung zu fahren. Nach Hause, das war jetzt der Lex-Tower. Als sie mit dem Fahrstuhl in die obersten Stockwerke fuhr, merkte sie, wie fremd sich das alles anfühlte. Auf dem Weg hierher hatte sie ihren Wagen auch erst mal zu ihrem Apartment gesteuert. Das würde sicher noch eine Weile dauern. Aber mit jedem Stockwerk, das der Fahrstuhl sie höher brachte fühlte sie sich elender.
Und kaum dass sie ganz oben angekommen war, wusste sie auch, dass sie hier gar nicht sein wollte, sie musste jetzt mit jemandem reden, mit jemanden, dem sie vertraute. Und sie würde ganz sicher nicht mit Lex über Superman sprechen. Die Feindschaft zwischen den beiden war dafür keine gute Voraussetzung.
Lois hatte einen Entschluss gefasst. Die Freundschaft zu Clark bedeutete ihr zu viel, als dass sie sie einfach fallen lassen würde. Und ganz besonders in dieser schweren Krise, wo die ganze Welt den Verlust um Superman zu verkraften hatte und wo sie versuchen musste, diesen Verlust zu überwinden. Aber da gab es ja auch noch Clark. Auch Clark war ein Freund von Superman und auch er würde in seiner Trauer leiden. Also beschloss Lois zu Clark zu gehen, auch wenn er nicht zu ihrer Hochzeit erschienen war, auch wenn sie gerade nicht miteinander redeten. In solch einem Moment zeigte sich doch erst, was Freundschaft wirklich wert war. Und sie war bereit diesen Schritt zu gehen und zu verzeihen. Sie würde Clark nicht mehr böse sein, sie wollte jetzt einfach für ihn da sein. Und sie hoffte, dass er für sie da sein würde.
Sie zog die nassen Sachen aus, nahm eine heiße Dusche und zog sich wieder an, einfach nur Jeans uns ein helles T-Shirt. Dann machte sie sich auf den Weg zu Clark, nachdem sie Lex einen Zettel hingelegt hatte. Das war vielleicht nicht die allerfeinste Art, er saß schließlich nur ein paar Stockwerke tiefer in seinem Büro, aber sie würde es ihm erklären, wenn sie wieder da wäre und er würde es verstehen.
Eigentlich sollte Clark um diese Zeit schon zu Hause sein, also fuhr sie in seine Wohnung. Heute hatte sie wirklich Glück und bekam einen Parkplatz direkt vor seiner Tür.
Seine Wohnung war dunkel, auf ihr Klingeln hin reagierte niemand und die Tür war natürlich verschlossen, aber das hatte ja noch nie ein besonders großes Hindernis für sie dargestellt, es war eher nur eine zeitliche Verzögerung. Lois hatte nicht die Spur eines schlechten Gewissens als sie Clarks Wohnung betrat, schließlich war sie hier um zu verzeihen und zu helfen. Clarks Wohnung machte auf sie den Eindruck, dass er schon eine Weile nicht mehr da gewesen war. Die Luft war etwas abgestanden und seine Pflanzen brauchten dringend Wasser. Und dann sah sie seinen Anrufbeantworter, er blinkte, es gab neue Nachrichten. Sollte sie das wirklich tun? Sollte sie seinen Anrufbeantworter abhören? Einen kurzen Moment war sie im Kampf mit ihren Skrupeln, doch die unterdrückte sie dann und betätigte den Knopf zum Abspielen der Nachrichten. Sie war schließlich eine Enthüllungsreporterin und womöglich war irgendetwas passiert...
Jimmy: "Hey Clark, wo steckst du denn bloß? Seit zwei Tagen versuchen wir dich zu erreichen und von dir fehlt jede Spur. Was ist denn bloß los? Wie sollen wir jetzt weiter vorgehen? Ich denke mal, wir treffen uns aber wie jeden Abend in deiner Wohnung. Jack und ich haben einige interessante Neuigkeiten herausgefunden, aber noch reicht es nicht. Wie auch immer, wir sind jedenfalls gleich da und ich hoffe du bist dann auch da. Bis später."
Lois drückte auf den 'Stop'-Knopf, es waren noch mehr Nachrichten da, aber mehr brauchte sie nicht zu wissen. Die Planet-Mannschaft traf sich regelmäßig bei Clark - warum nur? Aber das war jetzt nicht so wichtig, wahrscheinlich würde es ihr sowieso nur wieder das Gefühl geben, ausgeschlossen zu sein. Und sie würden auch heute kommen. Die Nachricht war erst eine halbe Stunde alt. Was bedeutete, dass sie bald hier sein würden. Und Clark war seit zwei Tagen verschwunden. Dafür gab es nur eine Erklärung: Er war nicht in Metropolis. Und wo war er, wenn er nicht hier war? Bei seinen Eltern in Smallville logischerweise. Und genau da würde Lois jetzt auch hingehen, ganz besonders weil Jimmy, Jack und Perry hier bald auftauchen würden. Und wenn sie auch bereit war Clark unter Umständen zu vergeben, dass er ihre Einladung zu ihrer Hochzeit einfach ausgeschlagen hatte, was die anderen anging, so war sie da noch längst nicht so weit.
Auf dem Flug nach Kansas gingen Lois viele Fragen durch den Kopf und irgendwie drehten sie sich alle um Clark. Warum nur war er nicht zu ihrer Hochzeit erschienen? Hasste er sie denn? Konnte er sich nicht einfach für sie freuen? Würde es zwischen Clark und ihr jemals wieder so werden wie es einmal war? Könnten sie wieder Freunde sein? Dass sich die Freundschaft mit Clark wieder einrenkte, war ihr in diesem Moment wirklich das Wichtigste. Ob sie Lex noch einmal anrufen sollte? Sie verlangte ihm schon wirklich einiges ab. Da waren sie gerade mal einen Tag verheiratet und sie flog ohne jede weitere Absprache durch das Land und versuchte eine Freundschaft zu retten. Und das machten Verheiratete doch eigentlich, sie sprachen sich ab, sie sagten einander, was sie vorhatten und wo sie hingingen. Aber dafür würde noch Zeit sein, wenn sie dies hier erst wieder ins Lot gebracht hatte.
Gegen fünf Uhr morgens landete ihre Maschine und bei keinem anderen Menschen sonst hätte sie sich trauen können so früh schon aufzutauchen, aber die Kents waren Farmer und als solche standen sie jeden Tag mit den Hühnern auf.
Eine Stunde später brachte ein Taxi sie direkt auf die Farm der Kents. Lois stieg aus und bezahlte den Fahrer. Während das Taxi wegfuhr sah Lois sich um, alles lag still und friedlich da, doch sie entdeckte niemanden, weder Martha, Jonathan noch Clark. Sie ging auf das Haus der Kents zu und klopfte an der Tür - keine Reaktion. Was war denn bloß los hier?
Lois öffnete die Tür und trat in die Küche, sie hatte Glück, diese Tür war nicht verschlossen, wahrscheinlich weil es nur ein Nebeneingang war. Und kaum stand sie dort in der Küche, da hörte Lois Schritte. Aber bevor sie noch als Einbrecherin zur Strecke gebracht wurde, sollte sie jetzt mal etwas tun, sich bemerkbar machen. Mehr als Vorsichtsmaßnahme für sich selbst rief sie laut aus: "Martha... Jonathan..."
Und dann kam Martha in die Küche und sah Lois an. Aber der Anblick von Martha ließ Lois den Atem stocken. Marthas Augen war verquollen und ganz verweint. In ihrer Hand hielt sie ein Taschentuch, das sie auch gleich wieder gegen ihre Augen drückte.
"Martha... was ist passiert? Ist etwas mit Jonathan?" Dies schien Lois das Naheliegendste, was passiert sein konnte. Doch Martha schüttelte den Kopf und schluchzte. Sie setzte sich an den Tisch und stütze den Kopf in ihre Hände. So aufgelöst hatte Lois sie noch nie erlebt. Diese Frau, die immer so vor Optimismus und Zuversicht sprühte, die immer wusste, was zu tun war, die immer nur Kraft und Lebensfreude ausdrückte, war jetzt zu einem Häufchen Elend geworden. Und das machte Lois wirkliche Angst.
"Aber was ist denn passiert, Martha, ist etwas mit der Farm?"
Immer noch schüttelte die ältere Frau den Kopf und bis zu diesem Moment war Lois noch nie aufgefallen, wie alt Martha wirklich aussah. Lois legte ihr die Hand auf die Schulter. Wenn sie doch nur endlich reden würde.
Martha putzte sich die Nase und wische sich immer wieder die Tränen weg. Dann zog sie den anderen Stuhl hervor und bedeutete Lois sich zu setzten, was sie auch sofort tat. Lois hätte so gerne irgendetwas getan für Martha. Aber sie musste doch erst mal erfahren, was denn überhaupt passiert war.
Martha schien sich jetzt soweit beruhigt zu haben, dass sie sprechen konnte, sie legte Lois ihre Hand auf den Arm und sah sie an. "Lois... es ist Clark... er ist... tot." Und sofort liefen ihr wieder die Tränen die Wangen herunter und ihr Körper wurde erneut von einem Schluchzen erfasst.
Doch Lois konnte nicht glauben, was sie da gerade gehört hatte, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Nicht Clark, nicht ihr Freund Clark, nicht ihr Partner Clark! Alles in ihr sträubte sich, diese Worte zu akzeptieren. Da war es gerade mal ein paar Stunden her, dass sie vom Tod von Superman erfahren hatte und auch das hatte sie noch nicht wirklich verstanden. Es war, als weigerte sich etwas in ihrem Kopf, diese Worte wirklich anzunehmen. Und jetzt Clark? Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein. Was war denn nur passiert?
Lois hätte so gerne irgendetwas für Martha getan, aber wie konnte man eine Mutter trösten, die um ihren Sohn weinte? Während sie immer noch versuchte irgendeine logische Erklärung für diesen fatalen Irrtum zu finden, trat Jonathan in so einem für ihn typischen groß-kariertem Hemd in die Küche und legte seiner Frau seine Hände auf die Schultern. Da erst sah Lois ihm ins Gesicht, sah, dass auch er rot geweinte Augen hatte, sah, dass seine Lippe zitterte, als wollten die Tränen sich gerade jetzt wieder ihren Weg bahnen.
"Was ist passiert? Ich verstehe das alles nicht." Lois' Stimme klang rau, auch sie hatte inzwischen mit diesem Kloß im Hals zu kämpfen, aber noch wollte sie ihren Tränen nicht freien Lauf lassen. Das würde irgendwie bedeuten, dass sie akzeptieren würde, was Martha da Unglaubliches sagte.
Martha warf ihrem Mann einen Blick zu, den Lois nicht deuten konnte, dann holte sie einmal tief Luft und begann zu sprechen, langsam, als würde es sie sehr viel Kraft kosten: "Es war ein Unfall... er kam von der Straße ab... der Wagen ist... ausgebrannt."
Lois' Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern. "Und ihr seid euch sicher, kein Zweifel?"
"Nein, kein Zweifel... Wir haben unseren Sohn verloren und die Welt hat einen ihrer größten Helden verloren." Lois interpretierte diesen Satz viel später, als sie darüber noch einmal nachdachte, als Marthas Ausdruck von Mutterliebe.
Lois bestand darauf unbedingt bis zu Clarks Beerdigung bleiben, doch das redeten Martha und Jonathan ihr aus. Sie hätte gerade ein neues Leben begonnen, sei jetzt verheiratet und würde doch sicher bald auf Hochzeitsreise gehen. Und sicher hatten die beiden recht, Lex hatte noch nicht mal eine Ahnung, wo sie war.
"Aber ich würde mich so gerne von ihm verabschieden", brachte Lois verzweifelt hervor, "ich habe ihm nie Lebewohl gesagt, oder ihm gesagt, was er mir bedeutete..."
Martha legte ihr den Arm um die Schultern ging mit ihr nach draußen und sagte dabei zu ihr: "Lois, ich zeige dir einen Ort, wo du dich von ihm verabschieden kannst. Es ist ein Platz, wo du ihm näher sein kannst als auf jedem beliebigen Friedhof dieser Welt. Es ist der Ort, wo Clark immer sehr gerne war, wohin er sich zurückgezogen hat, wenn er die Welt nicht verstanden hatte. Ich denke es wäre ihm recht, wenn ich es dir zeige..."
Sie hatten sich inzwischen weit vom Farmhaus entfernt und waren auf dem Weg zu den Feldern an einem großen Baum stehen geblieben. Ungläubig sah Lois an dem Baum hoch und entdeckte ein Baumhaus. Fortress of Solitude
"Lois, hier bist du Clark näher als sonstwo... Wir lassen dich jetzt ein wenig alleine mit ihm."
Martha und Jonathan gingen langsam wieder Richtung Farmhaus. Als sie außer Hörweite waren, sagte Jonathan zu seiner Frau: "Und du denkst, es ist richtig, ihr nicht die Wahrheit zu sagen?"
"Ja, Jonathan, das denke ich. Was bringt es, ihr jetzt noch zu sagen, wer er wirklich war. Sie leidet auch so schon genug. Sie würde sich nur noch mehr Vorwürfe machen."
"Aber Martha, wenn jemand herausfinden könnte, was wirklich passiert ist, dann ist es Lois."
"Und? Würde es uns unseren Sohn wiederbringen?"
Lois hörte von dieser Unterhaltung indes nichts, sie stand an diesem Baum und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Sollte sie wirklich zu einem Baum sprechen? Aber Martha hatte gesagt, hier würde sie ihm nah sein. Aber sie spürte Clark nicht. Sie fühlte sich einfach nur alleine gelassen. Doch irgendwann schloss Lois die Augen und sah augenblicklich Clarks Gesicht. Und dann kamen die Worte wie von selbst. "Clark! Clark!", schrie sie, doch dann kamen ihre Worte ruhiger, "Warum tust du mir das an? Warum lässt du mich alleine? Warum bist du nicht zu mir gekommen? Warum hast du nicht geredet? Wir waren doch Freunde. Du warst mein bester Freund... mein einziger Freund, mein Partner. Und jetzt habe ich niemanden mehr. Und ich glaube, ich habe einen großen Fehler gemacht, ach was heißt einen... viele. Ich mache doch andauernd Fehler. Clark, ich weiß nicht, ob ich es alleine schaffe... Clark, ich brauche dich." Lois sank auf ihre Knie und umarmte den Baumstamm, als könnte sie Clark damit noch etwas näher sein und dann ließ sie endlich die Tränen laufen. Sie weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte.
***
An diesem Tag in Kansas hörte ein Teil von Lois auf zu existieren. Es war, als bliebe dieser Teil von ihr, ihre Zuversicht, ihre Liebe, ihr Glauben an das Gute und auch ihr Antrieb und Lebenswillen bei diesem Baumhaus zurück, bei Clark. Für immer und ewig. Nie wieder war sie in der Lage zu einem Menschen solch eine Bindung aufzubauen wie sie sie zu Clark hatte.
Sie verließ Kansas und sah Martha und Jonathan nie wieder. Und so wie sie sich nie wieder fragte, ob die Entscheidung Luthor zu heiraten richtig war, so fragte sie sich auch niemals, ob es nicht ein merkwürdiger Zufall war, dass die zwei wichtigsten Männer in ihrem Leben fast zeitgleich starben. Sie fragte sich diese Fragen nie, weil sie Angst vor der Antwort hatte.
***
Dreizehn Jahre später...
Lex Luthor stand von seinem gediegenem Schreibtisch auf und ging in das andere Zimmer. Er wollte sehen, ob Lois inzwischen wach war. Sie stand immer später auf in letzter Zeit. Oftmals war es schon mittags, ehe sie die Augen aufschlug.
Und ja, sein Gefühl trog ihn auch heute nicht, wie immer. Er wusste immer, was sie tat. Lois saß am Frühstückstisch, einen seidenen Morgenrock über ihrem Nachthemd und trank ihren Kaffee. Das war wichtig, vor ihrem ersten Kaffee konnte man sie gar nicht ansprechen. Aber da sie den jetzt schon hatte, begrüßte Lex sie zuversichtlich mit den Worten: "Guten Morgen, Lois. Ausgeschlafen?" Er ging zu ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. "Oh Lois! Nicht schon wieder. Deine Fahne ist wirklich unerträglich. Wenn du so weitermachst, wirst du noch enden, wie deine Mutter. Keine schöne Vorstellung."
Lois funkelte ihn daraufhin böse an. "Nun, vielleicht findest du mich dann irgendwann so abstoßend, dass du mich endlich in Ruhe lässt. Das wäre es mir wert, meine Leber dafür aufs Spiel zu setzen." Dann stand sie vom Tisch auf, ging an die Bar und goss sich ein Glas ein und trank es in einem Zug leer. Dann sah sie Lex provozierend an. Aber Lex hatte an diesem Morgen keine Lust auf diesen Streit, den Streit, den sie schon so oft geführt hatten.
Er ging wieder in sein Büro. Dort wartete bereits Alice, seine Haushälterin auf ihn und sie strich, etwas peinlich berührt, ihre weiße Schürze glatt als sie ihn fragte: "Mr. Luthor, was soll ich tun, wenn 'sie' wieder nach Schnaps fragt, Sir?", Lex antwortete darauf trocken und unberührt: "Bring ihr eine ganze Kiste, wenn sie will. Soll sie sich doch totsaufen, dann bin ich sie endlich los." Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch und griff nach seinem Telefon. Das Geschäft mit Marokko konnte nicht warten...
Fortsetzung folgt...
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